Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion legt uns heute einen Antrag vor, der sich mit der Bevölkerungsentwicklung in Sachsen befasst. Das denkt man zumindest, wenn man die Überschrift liest, doch handfeste Maßnahmen, die dem Negativtrend bei der Bevölkerungsentwicklung, insbesondere im ländlichen Raum, engegenwirken sollen, findet man in dem Antrag überhaupt nicht. Stattdessen wird die demografische Katastrophe, die immer nur beschönigend von allen hier demografischer Wandel genannt wird, allen Ernstes als Chance begriffen, die es zu nutzen gilt.
Welche Chance, frage ich Sie, sich jedoch aus der anhaltenden Geburtenarmut ergeben soll, die zusammen mit der Abwanderung junger Menschen zu einem fortschreitenden Ausbluten des ländlichen Raumes führt, ist mir und der NPD-Fraktion schleierhaft.
Wir verfolgen in dieser Frage einen ganz anderen Ansatz, denn uns kann es nicht darum gehen, sich mit dem demografischen Niedergang abzufinden und die Folgen dieser hausgemachten Existenzvernichtung lediglich zu verwalten. Uns geht es um Existenzsicherung und demografische und sozioökonomische Wiederbelebung des ländlichen Raumes. Das unterscheidet uns nicht nur von der SPD, sondern von allen anderen Fraktionen hier im Hause.
Vor allem der sächsische Ministerpräsident Tillich gefällt sich darin, auf die wachsende Wirtschaft und den steigenden Export zu verweisen, um dadurch besser von der weiteren Entvölkerung der sächsischen Regionen ablenken zu können. Die Mehrheit der sächsischen Bürger, die nach wie vor im sächsischen Raum lebt und arbeitet, hat insofern keinerlei Rückhalt in der Landespolitik, die nach wie vor nur auf ihr Leuchtturmkonzept, also auf die Entwicklung einiger weniger Metropolen, setzt.
Die NPD ist daher die einzige politische Kraft in Sachsen, die es nicht akzeptiert, dass einzelne Regionen durch Abwanderung und Überalterung einen langsamen Tod auf Raten sterben. Wir wollen Sachsen in all seinen gewachsenen Landesteilen erhalten und fordern daher eine auf Geburtenförderung ausgerichtete Familienpolitik sowie eine grundlegende Neuausrichtung der sächsischen Finanz-, Investitions- und Infrastrukturpolitik. Als einzige Partei in Sachsen stellen wir als NPD insofern auch das Globalisierungsdogma infrage, das die eigentliche Ursa
Um ein weiteres Ausbluten der Regionen zu verhindern, fordert die NPD daher Maßnahmen wie die Dezentralisierung der Industrie durch eine staatliche Förderung der Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Regionen, geeignete Rückkehr- und Neuansiedlungsprogramme für die sogenannten Schrumpfungsregionen in Sachsen, die Förderung und den Aufbau neuer Familienstrukturen als Grundlage für ein gutes Leben und gewerbliche Arbeit in der Heimat, einen verstärkten Ausbau der regionalen Infrastruktur und Daseinsvorsorge, also der öffentlichen Verkehrsmittel, der Straßen, der Breitbandversorgung, der Schulen, der Kitas, Arztpraxen usw., eine Stärkung der kommunalen Finanzen durch eine Reform der Finanzverfassung für Bund, Länder und Kommunen sowie eine zusätzliche finanzielle Unterstützung für die notleidenden Regionen in Sachsen durch einen zeitlich begrenzten Solidarpakt zur Bewältigung der strukturpolitischen Globalisierungsfolgen.
Dieses Investitionsprogramm in unsere Zukunft wäre bei dem entsprechenden politischen Willen relativ zügig und leicht umzusetzen. Es bietet entscheidende Vorteile, denn es verbindet die Ansiedlung von Menschen mit der Ansiedelung von Arbeit. Keines von beiden Zielen ist ohne das andere zu erreichen.
Auch die Dezentralisierung der Wirtschaft ist kein Zauberwerk, sondern ist heutzutage mithilfe technischer Errungenschaften wie Internet sowie moderner Verkehrstechnik und Logistik ohne Weiteres möglich und wird von den Unternehmen ja auch praktiziert. Durch eine konsequente Förderung würde dieser Trend verstärkt werden und zur Wiederbelebung vieler Regionen beitragen. Bekannt ist auch, dass Land und leer stehende Immobilien in den sogenannten Schrumpfungsregionen genügend vorhanden sind, was einen erheblichen Standortvorteil darstellt, insbesondere angesichts des immer größer werdenden Mangels an Wohn- und Gewerberaum in den Städten der Metropolregionen.
Eine engere Ankoppelung des Arbeitslebens an Familie und Heimat würde zudem die von uns angestrebte Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, besonders bei der stärkeren Einbindung auch der älteren Generation. Dadurch würde auch die Wahl, eine Familie zu gründen, für viele Menschen erheblich erleichtert werden.
Die Dezentralisierung der Arbeit würde zudem Handel, Handwerk und öffentliche Infrastruktur in den Regionen stärken und die Steuereinnahmen der Kommunen verbessern – Letzteres besonders in Verbindung mit einer kommunalfreundlichen Steuerreform. Schließlich würden starrere Kompetenzen der Kommunen im Bereich der Wirtschaft und Daseinsvorsorge die regionale Wirtschaft beleben und etwa in der Energiewirtschaft eine verbrauchsnahe Energieerzeugung begünstigen – ein Umstand, dem auch vor dem Hintergrund des geplanten
Solche wirklich zukunftsweisenden Konzepte zur Stärkung des ländlichen Raumes und schließlich auch zur Förderung der Geburten legt die SPD mit ihrem heutigen Antrag wahrlich nicht vor. Vielmehr geht es wieder einmal nur um Berichterstattung und um ein ominöses Dorferneuerungsprogramm, das diesen Namen allerdings kaum verdient. Wir werden uns deshalb, weil der Antrag auch nicht wirklich schädlich ist, der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Mir liegt noch eine Wortmeldung für eine zweite Runde vor. Die SPD nicht. Bei der CDU Herr Fritzsche? – Nein. Dann gibt es in der zweiten Runde keinen Redebedarf. Ich frage die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen möchte. – Herr Beermann, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Weichert hat es gesagt. Es wurde schon fast alles gesagt, nur nicht von jedem.
Ich möchte mit einer Einschätzung von Prof. Dr. Tilman Mayer beginnen, der der herausragende Demografieforscher in Deutschland und deswegen, wie es sich in Deutschland gehört, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Demografie ist. Prof. Dr. Tilman Mayer hat über die sächsische Demografiepolitik gesagt, Sachsen ist Vorreiter einer aktiven Demografiepolitik. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ist auch Ihr Verdienst.
Das, was in der letzten Legislaturperiode hier im Hause von Ihnen erarbeitet wurde und was sich auch in der heutigen Debatte widerspiegelt, ist eine ernsthafte Auseinandersetzung – die Enquete war ein Zeichen dafür –, ein Phänomen, das sich erst nach und nach in anderen Teilen Deutschlands durchsetzt. Wir diskutieren hier auf einem Niveau, das, wenn ich anderswo unterwegs bin, es dort nicht gibt.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir von meinem Manuskript etwas abzuweichen. Ich gebe es gleich zu Protokoll. Doch ich möchte noch drei Dinge sagen.
Das Erste ist: Demografie, demografische Entwicklung hängt nicht nur mit der Zukunft zusammen, sondern ganz entschieden auch mit der Vergangenheit. Was wir im Moment gewärtigen, ist ein Zuzug in Sachsen. Viele Menschen, die Sachsen in den letzten Jahren verlassen haben, kommen wieder zurück, haben hier Arbeitsplätze bekommen und wollen wieder in Sachsen leben und arbeiten. Warum werden wir dann nicht mehr? Warum nimmt die Bevölkerung weiter ab? Es sind die fast halbe Million Kinder, die zwischen 1990 und heute nicht geboren wurden. Es ist eine persönliche Entscheidung, die man weder korrigieren noch den Menschen vorschreiben
Zweitens. Demografiepolitik im Sinne eines Glasperlenspieles zu betreiben und zu sagen, das müssen die Städte machen und das muss der ländliche Raum machen, ist nicht zielführend. Vorhin wurde der öffentliche Personennahverkehr erwähnt, abgesehen davon, dass wir im Jahr 2014 das Niveau der vergangenen Jahre wieder erreichen. Das sind, wie ich vorhin mitbekommen habe, 600 Millionen Euro, die wir in diesen Bereich jedes Jahr hineingeben. Das ist doch keine quantité négligeable; das ist etwas, was zeigt, dass gerade auch die Regierungsfraktionen und die Staatsregierung natürlich wissen, dass Demografie und ländlicher Raum eine ganz besondere Herausforderung sind. Frau Abgeordnete, die Reihe von Veranstaltungen, die der Kollege Frank Kupfer gemacht hat, war äußerst erfolgreich. Sie konnten auch keine Einladung bekommen. Zur letzten Veranstaltung wurde öffentlich eingeladen, wenn ich mich richtig erinnere. Manchmal ist doch ein Blick in die Zeitung etwas Zielführendes oder wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
Drittens. In der Demografiepolitik kann man viel kritisieren, ohne jetzt auf die Einzelheiten einzugehen. Man kann im Gesundheitsbereich bei den Menschen die Angst wecken, dass sie nicht medizinisch versorgt sind. Wir verweisen auch auf das, was Kollegin Clauß gerade in der Lausitz macht. Sie hat dort ein Telemedizinprojekt, das lange vorbereitet wurde, bei dem viele versuchen, eine gesundheitliche Versorgung zu organisieren – bis hin zur Frage von Ortsbussen, die ein Stück den Personennahverkehr ersetzen. All das können Sie bei uns auf den entsprechenden elektronischen Plattformen ersehen.
Ich möchte noch auf etwas hinweisen, was meines Erachtens nicht zu kurz kommen darf, wenn man diese vielen einzelnen Forderungen hört. Natürlich kann ich mit Geld jedes Problem lösen. Nur das zentrale demografiepolitische Element ist die verantwortungsvolle Haushaltspolitik in Sachsen; denn wir müssen aufpassen, dass wir nicht jetzt schon das ausgeben, was aus demografiepolitischen Gründen später die Kinder, die nicht da sind, gar nicht mehr erwirtschaften können.
Das ist die große Klammer, die uns zentral auch von anderen Regierungen unterscheidet, einige gerade im Osten der Republik, die mit dem Demografiephänomen viel intensiver konfrontiert sind. Die westlichen Bundesländer machen das mittlerweile auch. Aber das Geld zusammenzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Schulden weniger werden und nicht mehr, entspricht proportional der Tatsache, dass wir künftig weniger Menschen sein werden und deswegen auch weniger Steuern individuell zahlen wollen.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, denke ich, dass wir auf einem guten Wege sind. Der Antrag der SPD ist wahrscheinlich dem Wahlkampf geschuldet. Wir denken auch als Staatsregierung, dass dieser Antrag zu
Für die Staatsregierung sprach Herr Staatsminister Beermann. Wir sind jetzt am Ende der Redner angekommen. Jetzt hat die einreichende SPD-Fraktion die Möglichkeit für ihr Schlusswort. Bitte, Frau Kollegin Köpping.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich würde zunächst mit Herrn Beermann beginnen. Lieber Herr Beermann, wir müssen uns zunächst einmal einigen, was wir wollen. Sind wir nun ein Zuzugsland, wie wir es vom Wirtschaftsministerium hören? Oder sind wir ein Land, wie wir es gestern beim Einsparen bzw. bei der Staatsmodernisierung hörten, das weiterhin 350 000 Menschen verlassen werden? Das ist der erste Grundsatz, auf den wir uns einigen müssen.
Ich würde gern noch einmal auf die Konferenz in Niederösterreich eingehen, auf die Kollege Tiefensee hingewiesen hat. Sie war wirklich sehr eindrucksvoll, ich war nämlich dabei. Dafür gab es eine Einladung. Insofern habe ich dort gehört, was andere Länder machen. Ich finde, dass wir Sachsen nicht so arrogant sein sollten zu sagen, nur wir können es und alle anderen nicht. Ich habe in keinem Wort meiner Rede gesagt, dass wir in Sachsen nichts tun, was den demografischen Wandel betrifft. Wir haben gesagt, wir möchten einen Bericht haben, in dem steht, was passiert. Wenn wir so gut sind, wie wir sind, dann frage ich mich, warum das in unseren Dörfern keine Wirkung zeigt; denn wenn Sie sich dort umschauen, wandern die Menschen nach wie vor ab.
Vielleicht kann ich noch einmal eine Sache aufklären. Das ist der sogenannte Kümmerer. Kollege Hauschild hat das in seinem emotional sehr aufgebrachten Vortrag erwähnt. Der „Kümmerer“ ist kein lustiger Begriff. Das ist ein international anerkannter Begriff für ländliche Räume. Beim „Kümmerer“ haben wir den Vorschlag gemacht, dass er an das „Programm Soziale Stadt“ angelehnt sein könnte, in dem wir Quartiermanager haben. Wer sich das „Programm Soziale Stadt“ einmal angeschaut hat, weiß, dass das eben nicht alles im Ehrenamt gemacht wird, sondern vieles auch mit einer gewissen Entgeltbereitstellung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das heißt, wir setzen nicht nur auf blankes Ehrenamt und wollen die Menschen in den ländlichen Regionen überfordern.
Für jeden Hinweis – das ist an die GRÜNEN gerichtet – bin ich sehr dankbar. Alles kann man besser machen. Alles kann man auffüllen. Ich glaube nämlich, dass der demografische Wandel für Sachsen noch ein großes Thema sein wird. Gerade in den letzten Wochen haben wir in der Presse gelesen – Kollege Weichert hat es mir auch noch einmal auf den Platz gelegt –, was passiert, wenn wir in Richtung Abwasser, Wasser, Beiträge und, und, und keine Korrekturen vornehmen. Dort sagen die
Über all diese Punkte, die man in einem Antrag nicht alle benennen kann, sondern die wir in vielen anderen Anträgen benannt haben, denke ich, sollten wir uns für die Zukunft Gedanken machen. Deshalb werbe ich trotzdem noch einmal für unseren Antrag und bitte um Ihre Zustimmung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 5/14050 zur Abstimmung und bitte Sie bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen. damit ist die Drucksache 5/14050 nicht beschlossen.
Sachsen ist Vorreiter einer aktiven Demografiepolitik. Diese Aussage stammt von Prof. Dr. Tilman Mayer, dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Demografie. Die Staatsregierung hat in der Vergangenheit viele Maßnahmen zur Gestaltung des demografischen Wandels ergriffen.
Die Bedeutung des Themas für die Regierungspolitik zeigt sich bereits in einem eigenen Kapitel im sächsischen Koalitionsvertrag. Die Herausforderungen des demografischen Wandels können nur mit einer echten Querschnittspolitik gelöst werden, die vorausschauend die sektorale Herangehensweise überwindet. Daher haben wir die landespolitischen Entscheidungen unter ein strategisches Dach gestellt.
Mit dem Handlungskonzept Demografie, das die Staatsregierung zu Beginn der Legislaturperiode erarbeitete, besteht für das staatliche Handeln eine gemeinsame Orientierung über langfristige Entwicklungsziele und vorrangige Aufgaben. Wir haben in dieser Legislaturperiode wichtige Weichen für demografiefeste, zukunftssichere Strukturen gestellt und prozessbegleitende Maßnahmen ergriffen.
Dazu gehören der neue Landesentwicklungsplan von 2013, die Leitlinien ländlicher Raum von Oktober 2012 – zehn Ideenbörsen, Abschlusskongress in LimbachOberfrohna im Februar 2014, Fachregierungserklärung von Staatsminister Kupfer im April –, die Fachkräftestrategie von April 2012, die Maßnahmen zur Sicherung der Ärzteversorgung im ländlichen Raum – zum Beispiel ein 20-Punkte-Programm, Ausbildungsbeihilfe für Medizinstudenten –, das Konzept zur Sicherung eines qualitativ hochwertigen öffentlichen Schulsystems im ländlichen Raum. Mit dem erweiterten Schulschließungsmoratorium – Grundschulen und Oberschulen – aktuell werden Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen zur Sicherung des Schulnetzes im ländlichen Raum durch das SMK erarbeitet, zum Beispiel jahrgangsübergreifender Unterricht an kleinen Grundschulen sowie Abweichungen bei Zügigkeiten und Mindestschülerzahlen an Oberschulen.