Protokoll der Sitzung vom 18.06.2014

Gesetz zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes

und zur Änderung weiterer Gesetze

Drucksache 5/13394, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/14536, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Die Diskussion beginnt mit dem Redebeitrag der CDU, danach folgen DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile Herrn Abg. Seidel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze ist notwendig geworden, da am 1. Mai 2015 das neue Bundesmeldegesetz in Kraft treten wird und damit das Sächsische Meldegesetz ersetzt. Somit werden die bislang unterschiedlichen Herangehensweisen in den Meldegesetzen der einzelnen Bundesländer vereinigt.

Neben der Regelung der Zuständigkeiten geht es insbesondere darum, die derzeit bestehenden Melderegister in unseren Kommunen zum Sächsischen Melderegister weiterzuentwickeln. Damit werden die dem Freistaat zustehenden Kompetenzen ausgeschöpft, um ein modernes, schnelles und wirtschaftlich arbeitendes Meldewesen zu erreichen. Die kommunalen Behörden werden entlastet, da Datenübermittlung und Auskünfte, die regelmäßig und automatisiert erledigt werden können, nur noch aus dem Sächsischen Melderegister erfolgen, in dem die bisherigen kommunalen Kernmelderegister aufgehen werden.

Sachsen muss, wie die anderen Bundesländer auch, gewährleisten, dass rund um die Uhr entsprechende Anfragen von Sicherheitsbehörden möglich sind. Das ist bei kommunalen Meldebehörden in dem Maße nicht möglich. Der Freistaat verfügt mit der Sächsischen Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung, der SAKD, über ein Rechenzentrum mit gut ausgebildeten Mitarbei

tern, die einen hohen Sicherheitsstandard im Umgang mit unseren Daten gewährleisten können und werden.

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung wurde mehrmals im Innenausschuss beraten und öffentlich am 27. März 2014 angehört. In dieser Anhörung kam der Direktor der SAKD, Herr Thomas Weber, zu folgendem abschließenden Urteil – ich zitiere –: „Der vorliegende Gesetzentwurf regelt die Umsetzung der sich aus dem Bundesmeldegesetz ergebenden Aufgaben und gleichzeitig nutzt er die gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten, um an vielen Stellen Vereinfachungen im Verwaltungsvollzug zu realisieren. Das sächsische Melderecht wird modern und schnell. Technische Anforderungen, Änderungen und Anpassungen werden an einer Stelle gebündelt und dort konzentriert umgesetzt.“

In den Beratungen des Innenausschusses verdeutlichte auch unser Datenschutzbeauftragter, Herr Andreas

Schurig, dass diese Vorschläge seiner Behörde bei der Erarbeitung des Gesetzes vollumfänglich berücksichtigt wurden. Ich möchte Herrn Andreas Schurig für die Unterstützung und die Begleitung des Verfahrens namens der Koalition recht herzlich danken. Danke schön, Herr Schurig.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Die Koalition hat zum Gesetzentwurf der Staatsregierung noch einige Ergänzungen vorgenommen, die zum Teil bei der Anhörung angesprochen wurden und uns wichtig sind. So soll dem Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes ein Zugang auf den zentralen Meldebestand des Freistaates Sachsen nach Maßgabe des Bundesmeldegesetzes zur

Erfüllung seiner Aufgaben eingeräumt werden. Ebenso stellen wir sicher, dass unsere Kirchen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der Seelsorge, in Diakonie und Caritas und in der Kirchensteuererhebung bisher auf die Daten der kommunalen Meldebehörden zugreifen konnten, um ihre eigenen Melderegister abzugleichen, dies auch weiterhin können.

Der Grundkatalog des Bundesmeldegesetzes bleibt hier zum einen hinter den Regelungen des aktuellen sächsischen Gesetzes zurück, zum anderen berücksichtigt er naturgemäß nicht die Staatskirchenverträge des Freistaates mit dem Heiligen Stuhl und den evangelischen Landeskirchen.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Die Regelungen ermöglichen landesweit einen sicheren Abgleich der vorhandenen Bestandsdaten mithilfe der beschlossenen bundesweiten technischen Standardisierungsverfahren. Sie führt zu mehr Datensicherheit und reduziert den Aufwand in den Behörden.

Außerdem ist es notwendig, dem Innenministerium die Befugnisse zum Erlass für Rechtsverordnungen zu erteilen, damit bis zum 1. Mai 2015 die Verfahrensausführung zur Übermittlung und zum Abruf von Meldedaten geregelt werden kann und somit eine rechtskonforme Situation zum Bundesrecht vorliegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf und den Änderungsantrag in seiner 60. Sitzung am 5. Juni 2014 endberaten und beschlossen. Er empfiehlt dem Hohen Haus die Annahme des Gesetzentwurfes.

Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich dem Kollegen Jürgen Petzold danken, der mich am 5. Juni 2014, als ich krank war, vertreten hat. Heute ist er leider selbst krank. Ich wünsche ihm von dieser Stelle aus gute Besserung.

Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die Linksfraktion Frau Abg. Köditz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz stellt die landesgesetzliche Umsetzung des Bundesmeldegesetzes dar. Erinnert sei an dieser Stelle an die massiven Proteste gegen die ursprüngliche Intention des Melderechtes. Der Bundestag hatte im Juli 2012 die Widerspruchslösung beschlossen, sprich: Eine Datenübermittlung an Private sollte nur unterbleiben, wenn der Betroffene Widerspruch dagegen eingelegt hatte. In dem sich anschließenden Vermittlungsverfahren einigte man sich auf ein Zustimmungsverfahren für die Meldedatenübermittlung. Das war ein großer Erfolg des öffentlichen Protestes.

Auch das Zustimmungsverfahren ist nicht ohne Kritik. Da aber an dieser Stelle keine landesgesetzliche Kompetenz

eingeräumt wurde, kann dieses Thema heute nicht weiter beleuchtet werden.

Kern der vorliegenden Regelungen ist die Errichtung eines zentralen Meldedatenbestandes. Aus dem kommunalen Kernmelderegister wird das sächsische Melderegister. In der durchgeführten Anhörung bzw. in der Ausschussberatung hat die Sächsische Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung glaubhaft gemacht, dass sie den neuen Anforderungen gewachsen ist. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte hat für den sehr sensiblen Meldebereich signalisiert, dass sämtliche seiner Bedenken aufgegriffen wurden. Es bleibt nur ein problematischer Bereich, und das sind die Kostenregelungen.

Die kommunalen Spitzenverbände kritisieren zum einen eine nicht nachvollziehbare Unterscheidung des Kostenausgleichs im Falle nicht automatisierter Meldebescheinigungen und zum anderen den fehlenden Kostenausgleich für Meldedatenauskünfte an den MDR. Beide Kritikpunkte der kommunalen Ebene blieben unberücksichtigt.

Meine Damen und Herren! Auch wenn es hier nur um einen Zeitraum von zwei Jahren geht und die Kosten überschaubar sind, gebietet Artikel 85 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung eine entsprechende Analyse. Für die kommunalen Meldebehörden stellt es zweifelsohne eine Mehrbelastung dar, wenn bislang gebührenpflichtige Dienstleistungen nun gebührenfrei erbracht werden müssen. Ob und in welchem Umfang sich dieser Tatbestand im Regelungsbereich der erst Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen Änderungen der Sächsischen Verfassung befindet, wurde weder von der Staatsregierung als Einreicherin noch von der Landtagsmehrheit im Ausschuss, von CDU/FDP, dargestellt. Die Fraktion DIE LINKE kann deshalb dem Gesetzentwurf nicht zustimmen und wird sich stattdessen enthalten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN)

Die SPD verzichtet. Die FDP-Fraktion, Herr Biesok, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner haben es zum Teil schon hervorgehoben: Mit der Föderalismusreform aus dem Jahr 2006 wurde die Gesetzgebungszuständigkeit für das Meldewesen von einer gemischten Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern auf den Bund übertragen. Wir bekommen in Sachsen lediglich die Möglichkeit, bestimmte Regelungsbestände weiter auszuführen.

Wir beseitigen damit die Situation, dass uns der Bund mit einem Mantelgesetz lediglich einen Rahmen vorgibt, der in den Ländern unterschiedlich ausgeführt wird, was dazu führt, dass es unterschiedliche Fristen, unterschiedliche Handhabungsweisen und unterschiedliche Verfahren gibt.

Mit der Föderalismusreform wurde die ausschließliche Kompetenz für das Meldewesen auf den Bund übertragen. In § 55 des Bundesmeldegesetzes ist vorgesehen, dass die

Länder eigene Regelungen schaffen können. Wir haben mit diesem Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute vorlegen, diese Möglichkeiten genutzt. Wir haben Regelungen aufgenommen, die der Durchführung des Gesetzes weiter dienen.

Ich möchte noch einmal daran erinnern – auch Frau Köditz hat es gerade angesprochen: Das Bundesmeldegesetz war keine Sternstunde des Parlamentarismus in der Bundesrepublik Deutschland. Als das Gesetz damals zustande kam, war, glaube ich, auch Fußballzeit und man hat sich mehr an der Sportbar des Bundestages vergnügt, als darauf zu achten, welche datenschutzrechtlichen Regelungen man dort einführt. Wir haben in Sachsen – auch ich persönlich – sehr deutlich unsere Stimme erhoben, dass wir mit der Weitergabe von Daten, die unter einer Sperrung des Bürgers liegen, nicht einverstanden sind.

Ich bin Markus Ulbig sehr dankbar, dass er das Thema sofort aufgenommen und die gesamte Staatsregierung darauf eingewirkt hat, dass im Bundestag diese Regelung fällt.

Die Vorstellung eines kommunalen Handels mit Meldedaten für kommerzielle Werbezwecke ist mit liberalem Verständnis von Bürgerrechten und Datenschutz unvereinbar, und das wurde beseitigt.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben nach der Einschaltung des Vermittlungsausschusses eine gute Regelung gefunden. Man hätte vielleicht noch ein wenig mehr machen können, aber ich denke, es ist ein guter Kompromiss zwischen den Interessen des Einzelnen am Schutz seiner personenbezogenen Daten und den Interessen von Unternehmen, Daten zu aktualisieren, die ihnen die Bürger bereits zur Verfügung gestellt haben, oder auch für ihre Interessen zu werben. Ich bin sehr froh, dass es zu einer solchen datenschutzfreundlichen Bestimmung gekommen ist.

Unser Ausführungsgesetz beschäftigt sich in weiten Teilen mit Verfahren über Datenübermittlung und Auskünfte aus dem Melderegister. Das betrifft einerseits die dafür erforderlichen 24 Stunden für Auskünfte von Sicherheitsbehörden aus den Meldedaten. Diese werden zukünftig automatisiert aus dem sächsischen Melderegister erfolgen. Wir haben hierzu eine technische Plattform, die sowohl IT-sicher ist als auch die notwendigen Voraussetzungen schafft, dass diese Daten entsprechend gegeben werden können.

Für die Kirchen haben wir im Rahmen des Verfahrens eine Regelung gefunden, mit der weiterhin gewährleistet ist, dass die Kirchen in der bisherigen Art und Weise auf Daten aus den Melderegistern zugreifen können. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich hätte mir hierzu eine andere Regelung gewünscht. Wir als FDP sind der Ansicht, dass die Kirchen sowohl eine eigene Mitgliederverwaltung aufbauen als auch ein eigenes Beitragssystem unterhalten müssen und sich hierbei nicht staatlicher Stellen bedienen sollten. Aber: Eine solche Regelung können wir in Sach

sen nicht im Alleingang durchsetzen, sondern wir müssen berücksichtigen, dass es dort gewachsene Strukturen gibt, die weiterhin bestehen und gegebenenfalls nur modifiziert und nicht grundsätzlich umgestaltet werden können.

Wir haben uns daher unter strenger Wahrung datenschutzrechtlicher Belange dafür entschieden, es auch weiterhin zuzulassen, dass anerkannte Glaubensgemeinschaften ihre Datenbestände mit den kommunalen Melderegistern abgleichen und ihre Daten aktualisieren können. Wichtig war mir dabei – das haben wir gewährleistet und Herr Schurig als Datenschutzbeauftragter hat diese Regelung begleitet –, dass Daten von Personen, die einer Übermittlung der Daten widersprochen haben oder die keiner Konfession angehören, nicht weitergegeben werden können. Diesbezüglich haben wir einen guten Kompromiss gefunden, der den Interessen der Kirchen und des Datenschutzes Rechnung trägt.

Meine Damen und Herren! Das vorliegende Ausführungsgesetz füllt die vom Bund eröffneten Anwendungsspielräume aus und trägt somit zu einem datenschutzfreundlichen, aber auch effektiven Melderecht in Sachsen bei.

Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Jähnigen, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für uns steht beim Melderecht ganz vorn, dass es bürgerrechtlich orientiert sein muss, weil hier private Daten von Bürgern massiv verwaltet werden. Die Wirtschaftlichkeit ist nur ein weiterer zusätzlicher Aspekt.