Protokoll der Sitzung vom 19.06.2014

Meine Damen und Herren! Wenn irgendetwas nicht kritikwürdig an Herrn Meyer-Plath ist, dann ist es diese Mitgliedschaft, die tatsächlich seine Privatangelegenheit ist, wie er es auch gesagt hat.

(Zurufe von der SPD, den GRÜNEN und der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Frau Köditz, ich werde hier keine falsche Solidarität mehr mit einem Verbandsbruder üben;

(Gelächter bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

denn genauso richtig ist es auch, dass Herr Meyer-Plath – hören Sie mir bitte zu! – nie zum Präsidenten des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz hätte berufen werden dürfen; denn er ist knietief in den brandenburgischen V-Mann-Skandal um den wegen versuchten Mordes verurteilten V-Mann „Piato“ alias Carsten Szczepanski verstrickt, dessen V-Mann-Führer Meyer-Plath war. Das ist der eigentliche Skandal an der Geschichte.

(Beifall bei der NPD)

Erinnern wir uns – hören Sie bitte zu, Frau Köditz und Herr Nolle! –: Im August 1998 lieferte „Piato“ eine Quellenmeldung, nach der sich drei wegen Sprengstoffdelikten gesuchte Untergetauchte im Großraum Chemnitz aufhalten und nun drauf und dran wären, sich zu bewaffnen. Eine entsprechende Anfrage wegen eines Waffenkaufes, die berühmte „Hallo, was ist mit den Bums?“-SMS, ging dann auch tatsächlich auf einem Handy des Brandenburger Verfassungsschutzes ein. Es ist bis heute unerklärlich, warum auch diese Information versanden konnte und wieder nichts passierte, obwohl man dem Trio im Untergrund davor und danach wohl nie so nahe kam wie in den Augusttagen 1998, als „Piato“ eben seinem V

Mann-Führer Meyer-Plath berichtete. Hier hört für mich jede falsche Solidarität auf.

Dieser Mann muss zurücktreten, und es ist völlig egal, ob er in einer Burschenschaft ist oder nicht. Das ist der Punkt, auf den ich hinweisen will.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Es übersteigt doch jedes Fassungsvermögen, dass ein Mann wie Gordian MeyerPlath, der den Supergau bei der Fahndung nach dem Trio zumindest mit zu verantworten hat, für sein Totalversagen – das sage ich hier noch einmal ausdrücklich –, hinter dem vielleicht sogar noch Schlimmeres steht als reine Unfähigkeit, weil auch zum Komplex „Piato“ zahlreiche Akten fehlen und vernichtet wurden, auch noch reich belohnt wird, die Karriereleiter hoch fällt und zum Präsidenten des Landesamtes ernannt wird. Das ist mit uns nicht zu machen.

Das, meine Damen und Herren, und eben nicht die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft ist ein bodenloser und unfassbarer Skandal, und das ist sogar – man kann es gar nicht anders ausdrücken – ein Affront gegenüber den Hinterbliebenen der Opfer. Das, meine Damen und Herren, ist auch der wahre Umgang mit dem NSUKomplex in Sachsen jenseits der Sonntagsreden: Man scheut wahre Aufklärung wie der Teufel das Weihwasser.

Während die Staatsorgane immer mehr abschotten und ein unkontrollierbares Eigenleben führen, bekommt der BND gleichzeitig 300 Millionen Euro vom Bund zur Verfügung gestellt, um künftig selbst NSA zu spielen. Dazu wird mein Fraktionskollege Holger Szymanski in einer zweiten Runde mehr sagen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Für die Antragstellerin NPD sprach Herr Schimmer. Die Rednerreihe wird fortgeführt. Das Wort könnte die CDU ergreifen. – Kein Redebedarf. DIE LINKE; Frau Köditz, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Titel der Aktuellen Debatte versprach sehr viel. Von NSA hören wir erst in der zweiten Runde, aber ich glaube kaum, dass wir dort viel anderes hören werden als einen platten AntiAmerikanismus.

Zum Thema NSU wurde einiges hineingefaselt, aus Zusammenhängen herausgezogen. Wir werden zum nächsten Plenum den Abschlussbericht des 3. Untersuchungsausschusses hier behandeln zu den Fragen neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen. Aber bereits in den letzten Monaten war immer wieder zu spüren – nicht nur im Untersuchungsausschuss, sondern auch darüber hinaus –, dass die NPD zu diesem Thema eigentlich nur eine Strategie verfolgt: Der NSU sei ein Konstrukt der Geheimdienste, um der NPD zu schaden.

(Jürgen Gansel, NPD: … staatlich gedeckt natürlich!)

Dieses Konstrukt, diese Verschwörungstheorie werden wir mit Sicherheit noch einige Male hier hören müssen, zumindest so lange, wie dieser Landtag in seiner jetzigen Zusammensetzung noch existiert.

Die NPD fragt: Wer schützt unsere Verfassung vor Geheimdiensten? Soeben wurde davon gesprochen, dass es eine Koalition zwischen Geheimdiensten und Politikern geben würde. Dazu muss ich Ihnen ehrlich sagen: Dann fragen Sie doch erst einmal in Ihren eigenen Reihen! Fragen Sie Ihren Landesvorsitzenden, Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidaten. Er ist doch diese Koalition gewesen.

(Gelächter bei der NPD)

Mehrere Zeitungen haben über die V-Mann-Tätigkeit von Holger Szymanski berichtet.

(Stefan Brangs, SPD: Ja, genau!)

Niemand von Ihnen ist dagegen in Widerspruch gegangen.

(Holger Szymanski, NPD: Unsinn! Können Sie nicht lesen?)

Man kann nun weiß Gott nicht behaupten – –

(Dr. Johannes Müller, NPD: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, Frau Köditz! – Weitere Zurufe von der NPD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Lass sie reden!)

Nein, ich rede jetzt. – Sie können weiß Gott nicht behaupten, dass Ihre Partei nicht gewillt ist, gegen alles und jeden gerichtlich vorzugehen. Aber in diesem Fall haben Sie es nicht getan. Das ist für mich eindeutig das Eingeständnis. Sie haben nicht widersprochen.

Erinnern wir uns doch nur zuletzt an Ihre Klagewilligkeit. Es wird der Bundespräsident verklagt, und er bekommt recht. Er darf Ihre Anhängerschaft „Spinner“ nennen. Wenn Sie mit Ihrer Verschwörungstheorie so weitermachen in Bezug auf diese Mordtaten,

(Zuruf des Abg. Dr. Johannes Müller, NPD)

Überfälle, Anschläge eines Terrornetzwerkes, dann führt es nur dazu, dass Sie wirklich Spinner sind.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach Frau Köditz. Nun folgt eine Kurzintervention von Herrn Schimmer, bitte.

Genauso ist es, Herr Präsident! Danke für die Worterteilung. Ich möchte nach dem Debattenbeitrag von Frau Köditz vom Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen.

Frau Köditz, ich hoffe, Sie haben auch das Interview des Bayerischen Rundfunks mit Stefan Aust und Dirk Laabs zur Kenntnis genommen, in dem beide gesagt haben: Mit das Gefährlichste, was in dieser ganzen Aufklärung des NSU-Komplexes passiert ist, ist, dass der Staatseinfluss immer zur Verschwörungstheorie heruntergeredet wurde. Dabei gibt es so viele Belege, so viele Fakten, die auf einen Staatseinfluss hindeuten, dass es mittlerweile beinahe Beweischarakter hat.

Wie kann es denn sein, dass am 9. November 2011 – an diesem Tag, als der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich zieht – Akten vernichtet werden von einem hochrangigen V-Mann-Führer des Bundesamtes in Köln, der sogar massiv Druck auf eine Mitarbeiterin ausgeübt hat – das ist mittlerweile geklärt worden –, sie solle die Akten vernichten. Und diese Akten wurden niemals rekonstruiert, wie uns weisgemacht wurde.

Die ganzen Treffberichte – also das, was die V-Leute dem V-Mann-Führer gesagt haben – sind niemals rekonstruiert worden; auch beispielsweise mit dem V-Mann Michael See alias „Tarif“, der ganz engen Kontakt zum Trio hatte.

Wir hatten bei dem letzten Mord in der sogenannten Česká-Serie im Internetcafé in Kassel einen Mitarbeiter des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz am Tatort.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Das wird als so gravierend angesehen, dass der Hessische Landtag mittlerweile einen Untersuchungsausschuss

eingesetzt hat, um den merkwürdigen Umgang mit diesem Mord zu klären.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Darüber habe ich gar nicht gesprochen! Sie wollen doch nur von dem Rechtsextremismus ablenken!)

Der damalige Innenminister Volker Bouffier hat also dem V-Mann-Führer und den von ihm geführten V-Männern keine Aussagegenehmigung gegeben. Das sind keine Verschwörungstheorien; das sind massive Belege für eine Verstrickung des Staates in diese ganze Mordserie. Genauso gibt es massive Belege dafür, dass auch der letzte Mord in Heilbronn –

Die Redezeit für die Kurzintervention ist zu Ende.

– von Geheimdiensten observiert und begleitet wurde.

Sie zerstören die Aufklärung, indem Sie alles als Verschwörungstheorie abtun, Frau Köditz!

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Das war eine Kurzintervention. Gibt es eine Reaktion? – Das ist nicht gewünscht.