Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde meine Redezeit heute in dieser Aussprache nutzen, um mehr über das zu reden, was nicht im Siebten Halbjahresbericht steht. Was darin steht, das sind zweifellos wichtige Themen. Das können wir zustimmend zur Kenntnis nehmen.
In der im Jahr 2011 unterzeichneten Subsidiaritätsvereinbarung sind zum einen die Informationspflichten der Staatsregierung gegenüber dem Parlament geregelt, zum anderen aber auch, dass die Staatsregierung die Stellungnahmen des Landtags oder des hierzu ermächtigten Ausschusses bei ihrer Meinungsbildung zu berücksichtigen hat.
Dem zuständigen Vorgängerausschuss wurde zugesichert, dass die Staatsregierung im Rahmen der Selbstverpflichtung über EU-Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung und auf Nachfrage der Ausschussmitglieder eigenständig berichtet.
Nun sind wir noch am Anfang der Legislatur. Ich hatte deshalb eine gewisse Erwartungshaltung an diesen Halbjahresbericht zu wesentlichen Entwicklungen der sächsischen Europapolitik. Die Staatsregierung hat einen Bericht vorgelegt. Ob die Informationspflicht gegenüber dem Landtag damit umfassend erfüllt ist, bezweifle ich aber.
Bereits im März 2012 hat meine Fraktion darauf hingewiesen, dass für eine echte Zusammenarbeit von Staatsregierung und Landtag Voraussetzung ist, dass der Landtag zeitnah, zwei Wochen bis maximal einen Monat nach Ablauf des Halbjahres informiert wird. Jetzt haben wir wieder die Situation, dass, während wir hier über den Siebten Halbjahresbericht sprechen, der Achte Berichtszeitraum schon fast vorbei ist. So ist das im Jahr 2011 angestrebte Ziel von mehr Transparenz für Sachsens Bürgerinnen und Bürger noch nicht erreicht.
Mit der Einrichtung eines Europaausschusses hat der Landtag ein Zeichen gesetzt, welche Bedeutung dem Thema eingeräumt wird. Das begrüßt meine Fraktion sehr. Wir haben uns in der letzten Legislatur stets für ihn eingesetzt.
Europa, das wurde schon gesagt, ist weit mehr als die Verwaltung von Fördergeldern. Wir möchten eine proaktive Beteiligung, um Entscheidungsprozesse für Sachsens Bürgerinteressen innerhalb Europas transparent zu machen. Wir müssen neue Wege der Zusammenarbeit und des Austauschs zwischen Landtag und Staatsregierung finden. Wir sind im Europaausschuss, denke ich, auf einem guten Weg dahin.
Noch kurz zum vorliegenden Siebten Halbjahresbericht. Die Anzahl der Themen, die aus Sicht der Staatsregierung von wesentlicher Bedeutung sind, ist überschaubar. Für die Arbeit im Europaausschuss, aber auch für das Parla
ment wäre es hilfreich, wenn die Staatsregierung die in den nächsten sechs Monaten auf der europapolitischen Agenda anstehenden sächsischen Themen explizit darstellte. Ich gehe davon aus, es sind mehr als die im jetzigen Bericht genannten.
Es gibt ohne Frage Themen im letzten Berichtszeitraums trotz der Umbruchzeit zwischen alter und neuer Legislatur des Europaparlaments und trotz neuer Kommission, die für Sachsen von Bedeutung sind und über die die Staatsregierung nicht berichtet, zum Beispiel die Entscheidung zur Renationalisierung des Anbaus gentechnisch veränderter Organismen und die fehlende Klarheit, wie der Handel von GVO zwischen den Mitgliedsstaaten kontrolliert werden kann. Meine Fraktion hätte sich dazu eine Begleitung im Bericht gewünscht; denn das betrifft sehr wohl sächsische Interessen.
Soziale Aspekte in der Europäischen Union und in Sachsen finden Sie in dem Bericht auch nicht. Wenn diese für die Staatsregierung tatsächlich nicht von wesentlicher Bedeutung sind, dann ist das ein blinder Fleck. Allein die Anzahl der Menschen, die auf der Flucht sind, und die Defizite der europäischen Flüchtlingspolitik zeigen, dass soziale Aspekte in der Europäischen Union und in Sachsen die gleiche Priorität erhalten müssen wie Wirtschaft und Handel.
Es ist eine grüne Kernforderung, dass der Landtag einbezogen werden muss. Wir hoffen, dass die nun für Europa zuständige Staatskanzlei eine frühzeitige und umfassende Beteiligung des Landtags anstrebt und sicherstellt. Wir erwarten mit Spannung den achten Halbjahresbericht.
Gibt es weiteren Regelbedarf vonseiten der Fraktionen? – Das sieht nicht so aus. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung, das Wort zu nehmen. Herr Dr. Jaeckel, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank, dass Sie mir Gelegenheit geben, kurz zu den seitens der Fraktion DIE LINKE vorgetragenen kritischen Punkten an der Befassung des Sächsischen Landtags mit europapolitischen Themen im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung Stellung zu nehmen.
Ich möchte jetzt nicht wiederholen, was meine Vorredner zu dem Zeitraum gesagt haben, zu dem der Bericht entstanden ist und den er abbilden soll. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Europäische Kommission für die neue Periode festgestellt hat, dass der Diskontinuitätsgrundsatz gelten soll: Rechtsnormen und Vorgänge oder Verfahrensvorschriften, die in der alten Periode verwendet worden sind, müssen jetzt neu angefasst und aufgegriffen werden.
Der Berichtszeitraum umfasst den Zeitraum von Mai bis Oktober 2014. Lassen Sie mich meinen Redebeitrag in
zwei Teile teilen. Ich würde Sie als Vertreter der Exekutive ganz gern damit vertraut machen, wie wir mit der Subsidiaritätsvereinbarung umgehen und wie wir insbesondere unser Berichtswesen gegenüber dem Landtag auf der Basis dieser Subsidiaritätsvereinbarung darstellen wollen. Herr Stange, ich werde mich natürlich auch noch zu den grundsätzlichen Schwerpunkten äußern, die in der Subsidiaritätsvereinbarung ebenfalls ihren Niederschlag gefunden haben.
Frau Maicher, die Einbeziehung des Sächsischen Landtags in die Berichterstattung ist auch der Staatsregierung ein wichtiges Anliegen. Grundsätzlich gebietet es aber der Respekt der Staatsregierung gegenüber dem Parlament, sich bei landtagsintern zu führenden Diskussionen Zurückhaltung aufzuerlegen. Das ist der Geist der Subsidiaritätsvereinbarung zwischen der Staatsregierung und dem Sächsischen Landtag.
Es steht uns deshalb auch zu, noch einmal auf Grenzen und Inhalt dieser Vereinbarung hinzuweisen. Die Beteiligung des Sächsischen Landtags im Rahmen der Subsidiaritätsvereinbarung beschränkt sich auf Aussagen zu Frühwarndokumenten und zur Subsidiarität. Wenn Sie den Bericht unter diesem Blickwinkel noch einmal durchschauen, werden Sie feststellen, dass wir insbesondere mit dem Ausblick und der Darstellung der Subsidiarität für unser Land jeweils erläutert haben, wie die europapolitischen Schwerpunkte im Land wirken sollen.
Andere, insbesondere allgemeine europapolitische Äußerungen fallen dagegen nicht unter diese Subsidiaritätsvereinbarung. Sie regelt also nur das Verhältnis zwischen Regierung und Landtag. Sie hat keine binnenrechtliche Auswirkung auf Beratungsgegenstände, die im Landtag von den Fraktionen eigenständig ausgewählt werden können. Deshalb bleiben die verfassungsrechtlich verbürgten Rechte der Fraktionen erhalten. Der Landtag kann sich also jederzeit jenseits des EU-Subsidiaritätsprotokolls und der Subsidiaritätsvereinbarung politisch mit den Themen befassen und die Möglichkeit der Diskussion nutzen. Wir als Landesregierung können uns dort grundsätzlich nicht einmischen und werden es auch in Zukunft nicht tun.
Das war ein Verfahrenshinweis. Nun aber, meine Damen und Herren, noch einen Ausblick auf die besonderen Schwerpunkte, die die Landesregierung im Bereich der Europapolitik sieht. Sie haben in Ihren Redebeiträgen ja darauf hingewiesen, dass wir auch über die Schwerpunkte berichten wollten, die in der sächsischen Europapolitik im Jahr 2015 eine besondere Rolle spielen könnten. Es ist richtig dargestellt worden, dass die entsprechende Formulierung in der Subsidiaritätsvereinbarung uns dazu auffordert, auch darüber zu berichten.
Ohne dem Kabinett vorgreifen zu wollen, sehe ich insbesondere die folgenden Top-EU-Themen: Forschung und Entwicklung, Innovation, Ausbau der digitalen Infrastruktur und des digitalen Marktes, die EU-Förderung nach 2020, die Migrationspolitik – und damit greife ich ein Anliegen aus dem Europaausschuss auf. Von der Fraktion
DIE LINKE wurde kritisiert, dass zu wenig über Grenzkontrollen, Asyl und Migration, Energie, Umwelt und Verkehr berichtet worden sei. Natürlich spielt auch die grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung nach den Schengen-Durchführungsvereinbarungen und dem
Schengen-Berichtswesen eine Rolle – aber, meine Damen und Herren, eben auch nur dann, wenn in der EUKommission etwas dazu passiert. Insofern dürfen Sie erwarten, dass im nächsten Halbjahresbericht etwas dazu aufgeführt wird.
Nun noch einige Bemerkungen zu den Vorrednern und den Abgeordneten der Fraktionen, die hier gesprochen haben.
Herr Stange, bei der Bewertung Ihrer Stellungnahme habe ich folgendes Problem: Eine umfassende Bewertung europapolitischer Themen findet doch auch in den Facharbeitskreisen und Fachausschüssen statt. Nehmen wir einmal das Thema, das Sie angesprochen haben, Frau Maicher, die Politik der Europäischen Union zur Gentechnik. Darüber wird ausführlich im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft beraten. Es kann doch nicht sein, dass wir das im Europaausschuss eins zu eins übernehmen. Dann blähen wir zwar den Bericht auf, aber der Mehrwert für Sie als Abgeordnete dürfte doch äußerst gering sein. Ich gehe davon aus, dass Fachthemen in den Arbeitskreisen und den dafür vorgesehenen Ausschüssen bearbeitet werden. Das muss doch nicht noch einmal in den Halbjahresbericht erneut aufgenommen werden; es wäre sowieso nur eine nachrichtliche Übernahme.
Herr Dr. Dreher von der Fraktion AfD: Das gemeinsame europäische Kaufrecht ist, wie Sie wissen, ein Gegenstand, der die Europäische Union seit 30 Jahren beschäftigt. Es ist nicht Thema des europäischen Kaufrechts, die
Bürger mit einer fremden Rechtsmaterie zu überfordern. Gegenstand des europäischen Kaufrechts ist es, den Vertragsparteien in der Europäischen Union, insbesondere der Wirtschaft, die Möglichkeit zu geben, grenzüberschreitenden Handel zu betreiben.
Das haben Sie auch nicht bestritten, aber Sie haben es eher so dargestellt, als würde dem Bürger jetzt wieder eine unbekannte Rechtsmaterie übergestülpt. Nach den Informationen, die ich dazu habe – und ich habe mir das im gemeinsamen Vertragsrecht sehr genau angesehen –, ist das nicht der Fall, sondern es ist ein Kaufrecht, das den deutschen Prinzipien durchaus Rechnung trägt.
Zur Zuarbeit, das haben Sie richtig dargestellt: Der Berichtszeitraum für den Achten Halbjahresbericht wird am 30. April ablaufen. Wir haben die Ressorts gebeten, bis zum 8. Mai 2015 Bericht zu erstatten. Ich werde dafür Sorge tragen, dass die Berichterstattung dem Landtag in überschaubarer Zeit zur Verfügung gestellt wird, wie es auch bei den letzten Berichten der Fall war. Ich werde mich dieser Sache selbst annehmen.
Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses zur Drucksache 6/1282 ab. Bei Zustimmung bitte ich um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich stelle Einstimmigkeit fest. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses zugestimmt.
Entsprechend § 52 Abs. 3 der Geschäftsordnung liegt Ihnen mit Drucksache 6/1393 eine Sammeldrucksache mit Beschlussempfehlungen und Berichten der Ausschüsse zu Anträgen vor. Wird von den Fraktionen das Wort dazu gewünscht? – Das ist nicht der Fall.
Gemäß § 102 Abs. 7 der Geschäftsordnung stelle ich hiermit zu den Beschlussempfehlungen die Zustimmung