Protokoll der Sitzung vom 30.04.2015

Das Zweite, das wir begreifen müssen – –

Herr Colditz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Meine Damen und Herren, es handelt sich um eine Kampagne. Ich bin kein Marketingexperte, sonst würde ich jetzt nicht hier stehen – dann würde ich mein Geld auch nicht verdienen.

(Heiterkeit)

Aber eine Kampagne ist ein Prozess, Herr Kollege Tischendorf. Das ist nicht wie im Theater: Licht aus, Spot an – und dann haben wir die Wirkung. Eine Kampagne ist ein Prozess, der längerfristig Wirkung entfalten muss und in dem Kontinuität notwendig ist. Sicherlich, wir haben 2011 mit dieser Kampagne begonnen. Nun können wir

nicht sagen: 2015 haben wir das Ziel erreicht, jetzt ist Sachsen so bekannt, wie wir das haben wollen.

Mittlerweile liegen erste Evaluierungsergebnisse vor, die deutlich machen, dass der Bekanntheitsgrad schon wesentlich besser ist als noch vor vier Jahren, aber wir sind nach wie vor gehalten, dass Ganze kontinuierlich fortzuführen.

Jetzt komme ich zu einer Schizophrenie in der Argumentation.

Herr Colditz, ich frage Sie noch einmal – –

Den einen Satz muss ich noch zu Ende bringen.

Und dann geben Sie mir bitte ein Zeichen.

Auf der einen Seite fordert ihr, die Wirksamkeit dieser Kampagne darzustellen, und gleichzeitig, wenn wir Haushaltsverhandlungen führen und über die kontinuierliche Fortführung dieser Kampagne reden, sagt ihr: Das brauchen wir nicht; das Geld können wir sparen. Was denn nun? Sollen wir kontinuierlich fortführen, damit wir die Wirkung erzielen, die wir uns vorstellen, oder sollen wir zusammenstreichen? Wenn wir zusammenstreichen, haben wir genau das Ergebnis, das ihr wollt, nämlich, dass es keine Wirkung entfaltet. Das kann es nicht sein; das wollen wir so nicht. Wir wollen Kontinuität, wir wollen die Fortführung.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man sich erste Evaluierungsberichte anschaut, kann man nachvollziehen, dass diese Kampagne auch schon gute Wirkungen entfaltet hat. – Jetzt kannst du deine Zwischenfrage stellen.

Und jetzt gestatten Sie die Zwischenfrage. Bitte, Herr Kollege Tischendorf.

Danke, Herr Präsident. – Lieber Kollege Colditz, an welcher Stelle habe ich denn behauptet, dass die Summe aller regionalen Marketingaktivitäten die Landeskampagne sei? An welcher Stelle habe ich das behauptet?

Ich habe es in dem Redebeitrag zumindest so verstanden, dass es aus eurer Sicht, aus Sicht der Antragsteller, so sein muss, dass sich aus den Regionen heraus über die Wirtschaftsförderung der Regionen, über die Tourismusverbände der Regionen nun jede Region in diese Dachkampagne ganz konkret einbringen muss, sodass die regionalen Aktivitäten dort widergespiegelt werden.

Das kann es nicht sein; das kann nicht der Sinn einer Dachkampagne sein. Hier bedarf es eben eines zentralen Managements von Dresden aus – natürlich unter Einbeziehung der regionalen Aktivitäten. Aber ich kann nicht sagen, jeder soll mal seinen Senf dazugeben und seine

Vorstellungen äußern, und dann werden wir am Schluss schon irgendwas erzielt haben. Das wäre dann Chaos.

Gestatten Sie dazu noch eine Nachfrage?

Eine zweite Frage, aber dann möchte ich gerne weitermachen. Ich habe noch viel mehr zu erzählen.

(Heiterkeit – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das geht nicht von Ihrer Redezeit ab!)

Ich frage Sie, Herr Colditz: Könnten Sie sich vorstellen, sich im weiteren Teil Ihres Redebeitrags auf meine Aussagen zu beziehen?

Ich versuche es zumindest. Wobei ich gleich sagen muss – damit bin ich bei meinen Redemanuskript –, dass die Große Anfrage, wie sie hier gestellt worden ist, eigentlich nicht unbedingt eine Grundlage dafür bietet, wirklich eine inhaltliche Diskussion zur Standortkampagne vorzunehmen.

Es sind 22 Fragen gestellt worden. Ich sage jetzt einmal bildhaft und etwas extrem, vielleicht ein bisschen zu scharf: Das ist keine Beschreibung und keine Hinterfragung der Standortkampagne. Was hier gefragt worden ist, ist Erbsenzählerei.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei den LINKEN)

Aber gut – auch das ist ein legitimes Recht der Opposition, so vorzugehen. Der Ansatz dieser Großen Anfrage scheint mir auch weniger zu sein, nachzuweisen, dass diese Standortkampagne sinnfällig ist oder Wirkung entfaltet hat, sondern der eigentliche Ansatz dieser Großen Anfrage – und auch das gehört irgendwie zum parlamentarischen Geschäft – ist es eigentlich, der Staatsregierung oder von mir aus auch der Koalition fehlerhaftes Handeln nachzuweisen und das dann zum Maßstab der Auseinandersetzung zu machen. Das ist ein Stück weit zu billig.

Ich sage einmal eines: Wir haben in diesem Parlament sicher eine Reihe von Themen, über die wir kontrovers streiten können und auch sollten und müssen. Aber hier geht es um unser Land. Wir sind das sächsische Parlament, und hier geht es um unser Land. Es geht darum, dieses Land national und international besser bekannt und attraktiver zu machen, damit Menschen hierher kommen, damit Wirtschaftskontakte entwickelt werden können und damit Bildung und Erziehung, wie sie hier stattfinden, über Ländergrenzen hinaus bekannt werden. Da kann man nun der Opposition angehören oder der Koalition: Das ist eine gemeinsame Verantwortung, die wir haben, und wir sollten uns das nicht gegenseitig zerreden.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir tun als Parlament – damit bin ich bei dem, was ich schon eingangs gesagt habe – gut daran, die Kampagne als das zu sehen,

was sie ist, was sie sein will und was sie tatsächlich darstellt: eine Dachmarke, die die Attraktivität einer Region, sprich Sachsens, im nationalen und internationalen Maßstab verdeutlichen soll, die die Bekanntheit Sachsens und seine Stärken und regionalen Vorzüge aufzeigen und vermarkten soll. Dabei soll Sachsen als Marke allgemein von dieser Kampagne profitieren.

Das bedeutet, dass die Standortkampagne, wie es übrigens auch in den Kommunikationszielen beschrieben ist – es gibt Grundsatzpapiere zu dieser Kampagne; die empfehle ich einmal zur Lektüre –, das Land Sachsen in den Vordergrund rücken soll – das Land, aber nicht die Absender der Kampagne. Das will heißen – und vielleicht beruhigt euch das ein Stück weit –, dass die Kampagne vordergründig keine Veranstaltung der Staatsregierung, der Staatskanzlei oder der parlamentarischen Koalition ist. Vielmehr geht es um die gemeinsame Verantwortung – wie ich eben sagte – aller hier im Land, auch um die Verantwortung des Parlaments für unser Land.

Ich denke, diese Grundpositionen sollten bei aller Kontroverse über Detailfragen zur Ausgestaltung und zur Wirksamkeit dieser Kampagne nicht aus dem Blick verloren werden. Die Koalition wird dazu auch zukünftig einen weiteren Beitrag leisten. Auch die bisherigen Aktivitäten, die sicherlich noch nicht so abgeschlossen sind, dass man sagen könnte, wir seien schon am Ziel, sollen weiterhin wirksam werden.

Wir haben das im Koalitionsvertrag miteinander auch so vereinbart. Laut Koalitionsvertrag geht es darum, die Bekanntheit Sachsens im In- und Ausland weiterzuentwickeln und dabei alle Akteure und Partner in Wirtschaft und Bildung einzubeziehen und typisch sächsische Tugenden wie Pragmatismus, Machermentalität, Innovationsfreudigkeit, Herzlichkeit und Weltoffenheit sichtbar werden zu lassen.

Meine Damen und Herren, wer mich kennt, weiß, dass ich das, was ich hier eben an Attributen benannt habe, noch vor einem Jahr als schwülstig empfunden hätte und hier vielleicht gar nicht diskutiert hätte. Aber ich denke, angesichts der Bilder und Berichte, die in letzter Zeit auch von diesem Land ausgegangen sind, ist es durchaus sinnvoll, Sachsen national und international als das darzustellen, was es wirklich ist.

(Zuruf von den LINKEN)

Es geht auch darum, die Fokussierung darauf zu richten, was Sachsen in den letzten Jahren positiv geprägt hat. Das aktuell notwendige Ziel der Kampagne ist es auch, den Namen und das Image dieses Landes noch mehr als bisher positiv zu besetzen, und das, wohl gemerkt, nicht plakativ und auch nicht, um irgendetwas, das jetzt als Konflikt auf der Tagesordnung steht, zu übertünchen, sondern im Hinblick darauf, dass wir Sachsen als das darstellen, das sich in den letzten 25 Jahren entwickelt hat.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Auch daraus erlangt diese Kampagne eine noch größere Bedeutung, als sie sie vielleicht noch vor zwei oder drei Jahren hatte. Deshalb war und ist es richtig und wichtig, im Haushalt die finanziellen Voraussetzungen für die Fortsetzung und die Ausgestaltung dieser Kampagne zu schaffen.

Seit 1992 – und da bin ich bei dem Ansatz, den Kollege Tischendorf schon ansprach – gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Kampagnen im Land. Absender dieser Kampagnen waren sächsische, auch lokale Wirtschaftsfördergesellschaften, regionale Wirtschaftsunternehmen oder auch die Tourismusverbände. Bei aller Sinnfälligkeit dieser Kampagnen aus der Region oder aus bestimmten Themenkreisen heraus haben sie jedoch in der externen Wahrnehmung und auch in der Außendarstellung teilweise zu unüberschaubaren, stark differenzierten und vielfältigen Angebotspaletten sächsischer Spezialitäten geführt.

Was bislang fehlte – und das ist wiederum der Ansatz dieser Kampagne – war eine übergreifende Standortkommunikation für ganz Sachsen, eine Kommunikation, die intern identitätsstiftend und extern imagebildend wirkt. Diesem Anspruch kann die Standortkampagne bei weiterer konsequenter und professioneller Umsetzung gerecht werden. Dazu sind – hier sehen wir uns auch in der Verantwortung – organisatorische, finanzielle und inhaltliche Voraussetzungen notwendig.

Diese sind mittlerweile auch strukturell etabliert. Ich denke, das machen durchaus auch die Antworten der Staatsregierung auf diese vorliegende Anfrage deutlich.

Neben der Außenwirkung braucht die Standortkampagne auch eine starke Innenwirkung – das ist völlig unstrittig –, die zur Identifikation von uns selbst mit unserer Heimat beiträgt. Wie schon gesagt, machen dies gerade auch die aktuellen Entwicklungen im Land notwendig. Die Vermittlung von Zusammenhängen und Werten wie Gastfreundschaft, Internationalität, Weltoffenheit, Investorenfreundlichkeit und Heimatbezug werden noch stärker als bisher gerade auch in der Innenwirkung dieser Kampagne auszuloten sein.

Meine Damen und Herren! Nach der Landtagswahl 2014 ist die Kampagne belegbar, messbar – hier sind wir auch bei dem Anliegen der Antragsteller – in eine neue Stufe eingetreten. Mit einem TV- und Kinospot sowie mit Außenwirkung beispielsweise an Flughäfen oder an Bahnhöfen wird Sachsen bundesweit und darüber hinaus sichtbar gemacht. Über vier Wochen hinweg war der Freistaat in einem Werbespot im öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehen präsent und erzielte damit eine Reihe von Kontakten. Bereiche von Wirtschaft und Tourismus werden durch Startmotive der Kampagne angesprochen und bundesweit plakatiert. Die Kampagne findet auch und gerade Niederschlag in gemeinsamen Messeauftritten, zum Beispiel bei der Internationalen Grünen Woche, der ITB, der Hannover Messe und anderen Großveranstaltungen in Deutschland.

Mittlerweile gibt es auch eine Verzahnung mit anderen Kampagnen und Institutionen, zum Beispiel „Lehrer

werden in Sachsen“ – das ist die Werbeaktion für das Lehrpersonal an Schulen – oder auch das Thema „Heimat für Fachkräfte“. Die Erstellung diverser Publikationen und die breite Streuung in überregionalen Tageszeitungen, Fachzeitschriften und auch in Social-Media-Kanälen ist mittlerweile ebenfalls zu einer Selbstverständlichkeit geworden.

Meine Damen und Herren! Die Kampagne wird auch zukünftig – darin sind wir uns völlig einig – kein Selbstläufer sein. Sie darf nicht – das muss ebenfalls gesagt werden – zum Routinegeschäft einer damit beauftragten Agentur werden. Sie bedarf einer offensiven, aktiven Strategie der Staatsregierung ebenso wie auch einer politischen und parlamentarischen Flankierung durch uns. Dazu gehört unter anderem – ich habe es bereits angesprochen – auch die Sicherstellung der Finanzierung, wie wir das gerade im Haushalt wieder getan haben.

Aber auch inhaltlich bedarf die Kampagne einer ihrem Wesen entsprechenden Begleitung und Unterstützung. Ich denke hier an eine noch stärkere Vernetzung der Akteure aus der Wirtschaft, aus dem Tourismusbereich, aus Kultur und Wissenschaft und auch durch die Einbindung dieses Wissens und Engagements in Entscheidungen, die in der Staatskanzlei zu treffen sind.

Der Landestourismusverband steht – soweit ich es weiß – mit seinem Wissen, aber auch mit seiner fachlichen Kompetenz zur Verfügung, um sich mit noch konkreteren Vorstellungen einzubringen.

Meine Damen und Herren! Die Standortkampagne „So geht sächsisch.“ ist gut geeignet, Sachsen in seiner kulturellen, wirtschaftlichen, touristischen und wissenschaftlichen Vielfalt, mit all seinen Stärken auch über die Landesgrenzen hinaus zu vermarkten und auf die Attraktivität in Deutschland und darüber hinaus hinzuweisen. Ich denke – und das ist kein Lippenbekenntnis –, das lässt sich auch in konkreten Zahlen darstellen. Ich werde es im Entschließungsantrag noch einmal untersetzen. Man kann davon ausgehen, dass die Aktivitäten gut angelaufen sind und vielversprechend in die Zukunft weisen. Wir werden diese Kampagne deshalb weiter unterstützen, und wir danken an dieser Stelle allen, die sich mit Engagement, Ideenreichtum und Kompetenz in die Umsetzung dieser Kampagne eingebracht haben. Das gilt für die Staatskanzlei ebenso wie für die vielfältigen Initiativen und Unterstützer dieser Kampagne. Nur so wird es auch in Zukunft gelingen, diese Kampagne weiter wirksam werden zu lassen.

Vielen Dank.