Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes am 21.04. wurde klar, dass der Kampf gegen rechts erfolgreich und nachhaltig geführt wird. Es wird aber auch klar, dass ein Kampf gegen links nicht stattfindet.
Ich nehme Sie gern beim Wort, Herr Innenminister – ich zitiere –: „Wer unsere Demokratie mit Füßen tritt, sie am liebsten heute statt morgen abschaffen will, wird ihre rechtsstaatliche Gegenwehr weiterhin deutlich und konsequent spüren.“ – Ich hoffe, dass diesen Worten Taten folgen und dass die linksextremistisch motivierten Straftaten genauso vehement verfolgt werden wie alle anderen.
Ich möchte eines noch sagen, liebe Frau Köditz: Sie haben in Ihrem Beitrag versucht, vom Linksextremismus abzulenken. Sie haben das schön verklärt. Fakt ist, dass wir doppelt so viele gewalttätige Straftaten haben vom Linksextremismus wie vom Rechtsextremismus.
Letztendlich ist jede Gewalttat – egal, ob von links oder von rechts – schlimm und gehört verfolgt. Deshalb muss ich ganz ehrlich sagen: Beide Lager haben enormes negatives und kriminelles Potenzial, welches wir im Blick behalten müssen. Das können wir nur gemeinschaftlich machen, und das können wir auch nur gemeinsam angehen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wurlitzer, nur zur Richtigstellung: Herr Kasek ist nicht Mitglied dieses Hauses. Vielleicht haben Sie das nicht mitbekommen.
Zweitens. Lieber Herr Wurlitzer, liebe Koalition, ja, es ist richtig und ich wiederhole mich da in allen Debatten, die wir zu diesem Thema führen: Gewalt, egal von wem und aus welcher politischen Motivation, ist falsch, ist zu verurteilen und durch den Rechtsstaat zu bekämpfen.
Heute und hier geht es aber um das Landesamt für Verfassungsschutz. Jetzt muss ich aber sagen: Für die Strafverfolgung von Kriminellen und von Gewalttätern ist die Polizei zuständig und nicht das Landesamt für Verfassungsschutz.
Deswegen bitte ich, bei diesem Thema auch schlichtweg beim Verfassungsschutz zu bleiben und nicht wieder alles, weil es politisch opportun erscheint, in einen Topf zu werfen.
Frau Kollegin Köditz, Sie können der Meinung sein, dass eine Aktuelle Debatte nicht der geeignete Rahmen sei, aber wenn die Koalition eine Aktuelle Debatte mit dem Titel „Verfassung schützen, Demokratie stärken – Gefahr von Rechts- und Linksextremismus bekämpfen“ einfordert,
und der Kollege Hartmann die Bedeutung des Verfassungsschutzes lobt, dann gestatten Sie mir doch gefälligst, dass wir – wenn wir der Auffassung sind, dass das Landesamt für Verfassungsschutz diese Aufgabe nicht leisten kann – dies hier auch thematisieren, denn hier ist genau der richtige Ort, das zu sagen.
Damit sind wir am Ende der zweiten Runde angekommen. Herr Lippmann sprach als Redner in der zweiten Runde, und jetzt – Sie haben es schon angekündigt, Herr Kollege Hartmann – möchte die CDU-Fraktion gern eine dritte Runde eröffnen. Bitte, Herr Hartmann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau hier, Herr Lippmann, ist die Stelle, um sich argumentativ auszutauschen.
Wir haben immer wieder deutlich gesagt, dass für uns der Kampf gegen alle extremistischen Strukturen im Mittelpunkt steht, und das schließt den Linksextremismus genauso ein wie den Rechtsextremismus.
Der Rechtsextremismus genießt eine besondere Aufmerksamkeit, weil er im Organisationsgrad und in der Struktur flächendeckend mit seinem ideologischen Potenzial eine große Gefährdung darstellt. Aus diesem Grund haben wir dabei einen Schwerpunkt.
Wir machen nur deutlich, dass der Linksextremismus, insbesondere die Entwicklung des Linksextremismus und der autonomen Szene, in den letzten Jahren eine besorgniserregende Entwicklung genommen hat, die einer verstärkten Diskussion und Auseinandersetzung bedarf und staatliches Handeln zwingend erforderlich macht.
Wenn Sie die ganze Zeit schon gegen den Linksextremismus vorgehen wollen: Warum haben Sie das letzte Mal unseren Antrag vom 12. März, nachdem Herr Schiemann zehn Minuten Plädoyer für diesen Antrag gehalten hat, dann einfach abgelehnt?
Nein, das ist nicht „aus Versehen“ geschehen. Für uns war in diesem Antrag der ganzheitliche Ansatz nicht erkennbar, und deswegen haben wir ihm nicht zustimmen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Demokratie muss jeden Tag neu verteidigt und gelebt werden. Sie ist kein Automatismus, und sie ist nicht selbstverständlich. Deshalb bedarf es eines gesellschaftlichen Konsens, einer gesellschaftlichen Diskussion und der Beteiligung aller gesellschaftlichen und staatlichen Kräfte zur Wahrung der
Demokratie. Das beginnt im Übrigen bei der Beteiligung des Einzelnen an Wahlen und am politischen Diskurs.
Es setzt sich fort über zivilgesellschaftliches Engagement in der politischen Debatte und Auseinandersetzung und im staatlichen Handeln wie auch dem dieses Hohen Hauses. Es bedarf eines Schutzinstrumentes für diese Demokratie. Ein Teil davon ist der Verfassungsschutz. Der Verfassungsschutz ist keine Zensur. Er ist nichts, was politisch beschränkt, sondern er ist etwas, was bewertend auf etwas hinweist, einen Beurteilungsspielraum liefert und Zusammenhänge darstellen soll.
Wir können gern darüber sprechen, welche weiteren Verbesserungen und welche Stärkung des Verfassungsschutzes es geben kann. Im Übringen hat das HannahArendt-Institut im letzten Jahr eine Studie über rechte Intensivstraftäter herausgegeben. Ich glaube, darin sind viele Impulse und Hinweise enthalten, mit denen man auch arbeiten kann. Es ist aber eben nicht Sache des Verfassungsschutzes, zu zensieren.
Letztlich bedarf ein ganzheitlicher Ansatz, was verfassungskonform und was verfassungsfeindlich ist, auch eines Gesamtbildes. Dabei ist nicht das lose Zusammentreffen von Menschen entscheidend, die sich einig wissen im Ärger, sondern dabei ist es wichtig, dass es Strukturen dahinter gibt, Vernetzungen und Organisationsgrade, die eine politische Vernetzung und eine politische Zielsetzung verbindet.
Es ist nicht nur eine Frage von politischer Meinungsäußerung; denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch in diesem Land gilt noch immer – und Gott sei Dank! – die Meinungsfreiheit. Dann muss ich schon ertragen, wenn jemand eine andere Auffassung hat – so unangenehm mir diese erscheinen mag. Das gilt grundsätzlich für linke Positionen genauso wie für so manche dumpfe rechtsextremistische.
Entscheidend ist, ob ich aus dieser Meinung eine Organisationsstruktur schaffe oder gewalttätig werde, um den Staat in seiner Struktur abzuschaffen, ihn zu verändern, oder andere zwingen will, mit dieser Meinung konform zu gehen. Insoweit gibt es schon eine Verbindung, Frau Köditz, zwischen politischer Einstellung, politischer Struktur und Gewalttaten.
Somit reden wir im Bereich der Sicherheitsarchitektur auch über eine Vernetzung von Polizei, Landeskriminalamt und Verfassungsschutz mit anderen Bundesländern. Das funktioniert nur in einer Verzahnung, und das funktioniert auch nur – das möchte ich noch einmal deutlich sagen – durch das Engagement der Zivilgesellschaft in diesem Bereich mit einer intensiven Vernetzung dieser Bereiche. Ich will dafür beispielsweise das Kulturbüro nennen, das viele Erfahrungen und Potenziale einbringt. Sie sind auch ein Teil dieses Themas.
Kurzum, meine Damen und Herren: Demokratie muss jeden Tag neu verteidigt werden. Wir müssen frühzeitig Bestrebungen erkennen. Angriffe auf Rathäuser in Leipzig sind – mit Verlaub – nicht der Ansatz, wie ich mir
politische Debattenkultur vorstelle. Der politische Diskurs findet auch nicht auf den Gleiskörpern der Deutschen Bahn AG statt und schon gar nicht mit Stein- und Pflasterwurf auf Helme der sächsischen Polizei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier appelliere ich an die Verantwortung aller Abgeordneten aller Fraktionen in diesem Hohen Hause, keine Plattform für so etwas zu bieten; der politische Diskurs findet in der Debatte statt.