(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE – Dr. Stefan Dreher, AfD: Das ist ein etwas müder Beifall!)
Wir brauchen eine schulische Bildung, die die gesellschaftliche Realität abbildet. Die Realität ist vielfältig. Diese Vielfalt muss in der Schule und im Unterricht sichtbar werden. Erst dann können auch die nicht heterosexuellen Kinder und Jugendlichen ihr Recht auf Persönlichkeitsentfaltung wahrnehmen. Deshalb ist eine Modernisierung überfällig. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.
Frau Kollegin Buddeberg hat den Antrag der Fraktion DIE LINKE eingebracht. Für die CDU-Fraktion ergreift jetzt Herr Kollege Schreiber das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Buddeberg, Sie haben in Ihrer Rede einen richtigen Satz gesagt, und der hieß, der Inhalt Ihres Antrags bedürfe einer fachlichen Debatte. Ich frage mich ganz ehrlich, warum wir diese Debatte über Ihren Antrag, über den Inhalt Ihres Antrags, der tatsächlich einer fachlichen Debatte bedarf, nämlich genau der Debatte, wie und in welcher Form am Ende der bereits bestehende Orientierungsrahmen für Familien- und Sexualerziehung an sächsischen Schulen verändert und ausgestaltet werden soll, gerade hier führen. Diese Debatte ist eine Debatte, die zunächst nicht in diesen Plenarsaal gehört. Sie ist eine Debatte, die mindestens in den dafür zuständigen Fachausschuss gehört, damit sich die Politiker damit auseinandersetzen, die sich mit dem Thema explizit zu beschäftigen haben, weil sie in diesem Ausschuss Mitglied sind und sich mit dem Thema Bildungspolitik vielleicht mehr und anders und besser auskennen als einer, der beispielsweise nur im Umweltausschuss sitzt und nicht im Bildungsausschuss.
Wir sollten diese Debatte dort führen. Ich behaupte, dann kommt am Ende qualitativ mehr dabei heraus, als wenn wir das hier in dieser populistischen Art und Weise tun.
Ich sage aber auch ganz deutlich: Ich weiß auch, warum wir das heute tun. Nur passte der Kalender mit den Plenarsitzungen des Sächsischen Landtags leider nicht so richtig zum kalendarischen Stattfinden des Christopher Street Day letzte Woche. Wahrscheinlich wäre es Ihrem Antrag angemessener gewesen, wenn wir letzte Woche Plenum gehabt hätten.
Ähnliches gilt für die Debatte, die morgen zum Thema „Gleichstellung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft in Sachsens Kommunen umsetzen“ geführt wird.
Den entscheidenden Punkt in Ihrem Antrag, Frau Buddeberg, haben Sie hier eben nicht dargestellt. Deswegen werde ich das jetzt einmal tun. Vieles, was Sie sagen, ist richtig.
Im Orientierungsrahmen, der, wie Sie richtig sagen, fast zehn Jahre alt ist und der sich seit einiger Zeit in Überarbeitung befindet – – Im Jahr 2013, nämlich am 1. März, gab es dazu eine Anhörung im Schulausschuss. Ich muss
sagen, für mich war es die spannendste Anhörung der gesamten letzten Legislaturperiode, sie war wirklich gut.
(Eva Jähnigen, GRÜNE: Durch unsere Anträge! – Annekatrin Klepsch, DIE LINKE: Das waren rote und grüne Anträge!)
Frau Jähnigen, ich gebe Ihnen den kameradschaftlichen Hinweis: Lesen Sie sich einmal das Protokoll der Anhörung durch. Dann sehen Sie, wie viel von Ihrem Antrag da noch übrig geblieben ist, zumindest bei den Sachverständigen.
Dass wir Ihrem Antrag definitiv nicht zustimmen können, liegt an der Ideologie, die in diesem Antrag steckt.
Moment. – Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht der Meinung wären, dass in der Schule fächerübergreifend gesellschaftliche – denn mit Politik hat das relativ wenig zu tun – Entwicklungen thematisiert und behandelt werden sollten. In der Schule sollten die Grundsteine dafür gelegt werden, dass wir Diskriminierungen und fehlender Toleranz entgegentreten. Dagegen spricht überhaupt niemand.
In Ihrem Antrag sprechen Sie im Punkt 1 davon, „insbesondere im Hinblick auf Information und Aufklärung über die Vielförmigkeit sexuellen Lebens und die Pluralisierung der Lebensstile“ – und jetzt kommt es – „um dadurch die binäre Kategorisierung von Menschen in Frauen und Männer infrage zu stellen“.
Da sage ich Ihnen ganz ehrlich – und jeder weiß, dass ich bei diesen Themen etwas toleranter bin als mancher andere –: Da habe selbst ich ein Problem. Ich bin nicht bereit, infrage zu stellen, dass es in dieser Welt Männer und Frauen gibt. Dazu bin ich einfach nicht bereit. Es gibt nun einmal Männer und Frauen in dieser Gesellschaft.
Frau Buddeberg, Gott sei Dank gibt es Männer und Frauen in dieser Gesellschaft. Auch das ist ein Ergebnis dieser Anhörung.
Nein, es geht nicht darum, dass man nur zwei Geschlechter kennt, sondern es geht hier darum, dass Sie – ich zitiere es gern noch einmal – „die binäre Kategorisierung von Menschen in Frauen und Männer infrage stellen“ wollen.
Da sage ich Ihnen ganz deutlich: Selbst die liberalsten Sachverständigen in dieser Anhörung – denn auch das war da ein Thema – haben ganz deutlich gemacht, dass das überhaupt nicht die Grundlage dafür sein kann, über Diskriminierung, sexuelle Vielfalt etc. miteinander zu sprechen bzw. auch entsprechend aufzuklären. Denn das ist auch die Grundlage dafür. Ich sage es Ihnen ganz offen: Wenn ich als Mann schwul bin oder als Frau lesbisch, dann liebe ich als Mann und lebe als Mann mit einem Mann zusammen. Mit einem Mann!
(Vereinzelt Heiterkeit – Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Ja, das gilt für Sie! Aber das gilt nicht für alle!)
Und als Frau lebt man dann eben mit einer Frau, und das ganz bewusst. Jetzt kommen wir zum eigentlichen Unterschied – was Sie vielleicht meinen. Dann müssen Sie es aber auch so schreiben. Es geht hier um Rollenbilder. Da sind wir relativ nahe beieinander. Man hatte Rollenbilder aus dem vergangenen Jahrhundert oder vielleicht vom Anfang dieses Jahrhunderts, zum Beispiel aus dem Jahr 2006, und man hat Rollenbilder, die sich über die Jahre vielleicht verändern. Das finde ich auch überhaupt nicht schlimm. Das wird auch in Zukunft passieren. Dass man über die verschiedenen Rollenbilder in dieser Gesellschaft spricht und dass es in der Gesellschaft immer Rollenbilder geben wird, ist völlig normal und auch in Ordnung.
Was Sie hier aber vorhaben, und das ist auch das, was ich Ihnen vorwerfe, das ist reine Ideologie, und das lehnen wir ab. Nicht nur deshalb, weil wir es selbst anders sehen, sondern weil die Diskussion in Baden-Württemberg, die Sie hier ebenfalls angeführt haben, ja genau gezeigt hat, dass diese ideologische Debatte dazu führt, dass wir § 36 Abs. 2 des Sächsischen Schulgesetzes dann überhaupt nicht mehr befolgen können. Ich lese Ihnen einmal vor, was in dem von Ihnen zitierten § 36 Abs. 2 des Sächsischen Schulgesetzes steht: „Ziel, Inhalt und Form der Familien- und Sexualerziehung sind den Eltern rechtzeitig mitzuteilen und mit ihnen zu besprechen.“
Was heißt das? Das heißt, dass am Ende eben nicht der Sächsische Landtag – egal, wer hier regiert: eine kunterbunte Koalition, wie auch immer geartet, oder eine konservative Koalition, wie auch immer geartet – allein darüber zu entscheiden hat, wie und in welcher Form Sexualerziehung in den Schulen stattzufinden hat, sondern das ist eine gesellschaftliche Gesamtaufgabe, die wir
auch mit der Gesellschaft diskutieren müssen. Dabei müssen wir auch Mehrheitsentscheidungen und Mehrheitsmeinungen in dieser Gesellschaft respektieren.
Ich sage es ganz ehrlich: Ich möchte, auch wenn der eine oder andere damit sympathisiert, in Sachsen keine Demonstration von einer Masse sogenannter besorgter Eltern haben, mit einem Auslöser, wie es ihn in BadenWürttemberg gab. Das möchte ich nicht haben.
Ja, ja, Frau Buddeberg, das war eine Demonstration, bei der ein paar hier herübergeschwappt sind. Die sind hierher gekommen, die sind durch Deutschland gezogen. Der Ursprung des Ganzen ist aber Baden-Württemberg und die dortige Debatte gewesen. Das möchte ich im Freistaat Sachsen nicht haben, sondern ich möchte, dass wir das auf einem gewissen Niveau machen und die Gesellschaft sowie die Eltern, deren erstes Recht und auch erste Pflicht es ist, über die Erziehung ihrer Kinder zu entscheiden, mitnehmen. Deswegen ist es nicht Aufgabe der LINKEN, in Form eines Antrags festzulegen, wie die Sexualerziehung an sächsischen Schulen künftig stattzufinden hat.
Auch da lese ich Ihnen gern den von Ihnen zitierten § 36 des Sächsischen Schulgesetzes vor. Ich zitiere den Abs. 1 jetzt nicht komplett, sondern nur die entscheidenden Stichworte: „Unbeschadet des natürlichen Erziehungsrechtes der Eltern gehört Familien- und Sexualerziehung zur Aufgabe der Schule.“ Entsprechend sind die Schüler zu bilden, und zwar altersgemäß.
Die Debatten, die wir hier führen – – Entschuldigung, wenn ich das so sage: Auch wenn ich vielleicht etwas spät angefangen habe, aber ich habe das erste Mal in der 8. Klasse von meiner Banknachbarin gewisse Dinge erklärt bekommen. Dass das heute nicht mehr die Zeit ist, das mag ja alles sein. Aber ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Wenn einem Kind in der 4. Klasse zugemutet werden soll – ich sage das so ganz deutlich als selbst dazu Stehender – , sich entscheiden zu müssen, ob es jetzt schwul oder lesbisch oder sonst irgendetwas ist, dann frage ich mich