Protokoll der Sitzung vom 11.06.2015

Das war das Ende der ersten Runde. Es sprach Herr Kollege Zschocke von den GRÜNEN. Wir eröffnen jetzt die nächste Runde. Für die Einbringerin, die AfD-Fraktion, spricht wieder Herr Wendt.

Meine Damen und Herren! Ich habe mich natürlich vorbereitet. Ich wusste, was kommt. Genau die Sachen habe ich mir zurechtgelegt und werde diese einzeln abarbeiten.

(Christian Piwarz, CDU: Na, los!)

Ich beginne mit Kollegen Krauß. Herr Krauß, Sie sprechen von Dreiklang. Ich spreche von einer Fünf-SäulenPolitik. Mir ist bewusst, dass man nur durch fiskalische

Unterstützungsleistungen keinen Blumentopf gewinnen kann. Es müssen mehrere Sachen ineinandergreifen. Ich muss leider meine Rede kürzen, weil die Kritik so groß war. Aber ich sage Ihnen einmal, welche Sachen für mich wichtig sind.

(Lachen bei der CDU)

Weil keiner den Antrag versteht. Deswegen erläutere ich das noch einmal.

Es gibt für mich fünf Säulen.

Das sind einmal finanzielle Geldleistungen und steuerliche Entlastungen, zum Beispiel das Familiensplittingmodell. Das ist eine Infrastruktur. Ich muss mich kurzfassen, deswegen gehe ich nicht darauf ein, Sie wissen, was gemeint ist.

Zeit! Familien benötigen Zeit, damit sie sich entsprechend um die Kinder kümmern und die Kinderzeit angemessen gestalten können.

Familien benötigen Sicherheit. Beispielsweise wirken sich unsichere oder befristete Arbeitsverhältnisse äußerst negativ auf einen Kinderwunsch aus.

Wir benötigen gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz. Darauf möchte ich etwas näher eingehen. Wir müssen unser Verständnis für Familien und Kinder grundlegend ändern, vorleben und einfordern. Wenn Familien mit mehreren Kindern als asozial gelten – so ist es nun einmal in der heutigen Gesellschaft –, Vermieter lieber an Alleinstehende mit Hund als an Familien mit Kindern vermieten oder gegen Kinderlärm geklagt werden kann, dann frage ich mich: Wo sind wir hier in diesem Land?

Sie sehen, ich habe nicht nur eine Säule, sondern fünf. Wir beleuchten jetzt nur eine Säule. Aber ich muss mich kurzfassen.

(Christian Piwarz, CDU: Das haben Sie jetzt schon dreimal gesagt!)

Wir hätten das Ganze natürlich in die Haushaltsverhandlungen einbauen können. Leider lagen da die Steuerschätzungen noch nicht vor. Wenn ich auf die Steuerschätzungen schaue und sehe, was in diesem Jahr in die Kassen geflossen ist, dann ist für mich ganz klar ersichtlich, dass dieses Projekt finanzierbar wäre.

So viel Geld sollte übrig sein. Wir müssen uns für die Zukunft in diesem Land ausrichten.

(Beifall bei der AfD)

Frau Lauterbach, warum haben wir das Gesetz nicht selbst geschrieben? Ganz klar, weil das Auftrag der Staatsregierung ist

(Volkmar Zschocke, GRÜNE: Nein!)

und weil wir alle mithelfen müssen, dass wir ein richtiges Gesetz auf den Weg bringen, ein Gesetz, das endlich dafür sorgt, dass die Geburtenraten steigen und Familien ge

gründet werden. Das sollte die Herausforderung dieses Hauses sein.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Wendt?

Ich habe keine Zeit. – Wenn Sie das nicht verstehen, dann tut es mir leid.

(Christian Piwarz, CDU: Das geht doch nicht von Ihrer Redezeit ab!)

Ja, aber ich bin momentan gerade so im Redefluss. Lassen Sie mich erst einmal ausreden. Sie können dann gern noch kurzintervenieren.

(Annekatrin Klepsch, DIE LINKE: Reden Sie weiter!)

Danke. – Ich gehe weiter. Zum Populismus, Frau Lauterbach, sage ich Ihnen Folgendes: Die SPD hat 1995 einen Antrag eingebracht, in dem es um Begrüßungsgeld für in Sachsen geborene Kinder ging. Hoppla!

(Beifall bei der AfD)

Es ist schon sehr merkwürdig. Sie sollten einmal recherchieren.

(Gunter Wild, AfD: Populistin!)

Ich gehe weiter. Sachsen-Anhalt, ganz aktuell:

25 000 Euro Familiendarlehen, durchgesetzt von der CDU mit Zustimmung der SPD. Ganz toller populistischer Antrag! Frau Lauterbach, noch einmal ganz kurz: Sie sagten, es gebe keine Belege für Erfolge. Doch, die gibt es. Ich möchte Ihnen einmal ganz kurz schildern, wo es diese Erfolge gegeben hat: In Australien hat es diese Erfolge gegeben. Dort ist im Jahr 2004 eine Babyprämie eingeführt worden. Was hat diese Babyprämie bewirkt? Die Geburtenraten sind massiv nach oben geschnellt, und zwar von knapp 1,7 auf jetzt 1,95 Kinder pro Frau. 2006 wurden in Australien 265 922 Säuglinge auf die Welt gebracht, so viele wie seit 1971 nicht mehr. Sie sehen, es gibt Instrumente, die ein Geburtenwachstum bewirken. Man muss nur den Mut haben, diese Instrumente zu bedienen.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt muss ich einmal nachschauen; jetzt habe ich hier natürlich eine Zettelwirtschaft. Frau Pfeil, die Stiftung Mutter und Kind gibt es, richtig. Sie müssen aber zugeben, dass diese Antragsformulare sehr zeitaufwendig und bürokratisch sind. Sie müssen auch zugeben, dass die Stiftung nur begrenzte Mittel zur Verfügung hat und auch nicht jedem geholfen werden kann. – Das sei hierzu gesagt.

Nun habe ich noch etwas zu Herrn Zschocke; ich muss mal nachschauen. Herr Zschocke, Sie sollten einmal unser Wahlprogramm lesen. Wir haben uns, glaube ich, auf fünf Seiten über Familienpolitik ausgelassen. Lesen Sie es einmal. Das Parteiprogramm – dazu hat übrigens die CDU zehn Jahre gebraucht – wird in diesem Jahr initiiert,

das nur als kurzer Hinweis. Ich muss Ihnen auch sagen: Wir haben reale Probleme. Das sind nun einmal die Geburtenraten, die sich auf einem Niveau befinden, das wir einfach wieder so bedienen müssen, dass die Geburtenraten steigen, auf einem Niveau, das meines Erachtens auch die Zukunft unseres Landes negativ beeinflusst. Wir müssen uns in Zukunft so ausrichten, dass wir wieder Geburtenwachstum zu verzeichnen haben. Deshalb ist dieser Antrag umso wichtiger. – Ich habe noch sehr viel zu sagen, aber ich muss jetzt Schluss machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Diese zweite Runde wurde von der einbringenden AfD-Fraktion eröffnet; gesprochen hat Herr Kollege Wendt. – Nun gibt es an Mikrofon 3 wahrscheinlich eine Kurzintervention durch Herrn Kollegen Lippmann.

Herr Präsident, so ist es. – Herr Wendt, nach diesem Redebeitrag würde ich Ihnen empfehlen, dass Ihre Fraktion, die diesem Hause nun fast schon ein Dreivierteljahr angehört, einmal einen Blick in die Sächsische Verfassung wirft und feststellt, wer der Gesetzgeber in diesem Land ist: nämlich nicht die Staatsregierung, sondern der Sächsische Landtag. Von daher waren Ihre Ausführungen dazu etwas grotesk.

Das war die Kurzintervention. – Kollege Wendt reagiert prompt.

Herr Lippmann, das ist absolut richtig. Dann halten Sie sich bitte daran und erstellen Sie ebenfalls Gesetzentwürfe und stellen Sie keine Anträge.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wenn Sie damit argumentieren, stellen Sie bitte demnächst keine Anträge mehr und fordern die Staatsregierung auf, ein Gesetz zu schaffen, sondern schaffen Sie diese Gesetze selbst. – Danke.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ich frage in dieser zweiten Runde zum Antrag der AfD-Fraktion: Gibt es hierzu weiteren Redebedarf? – Diesen kann ich nicht feststellen. Damit hätte, so sie denn sprechen möchte, die Staatsregierung das Wort. – Sie möchte sprechen. Bitte, Frau Staatsministerin Klepsch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Redebeiträge der einzelnen Fraktionen zeigen eines: dass wir uns in einem Punkt einig sind: dass nur Kinder letztlich die Zukunft unseres Landes sichern werden. Doch bei allem Verständnis für solche Gedankengänge, wie sie im Antrag stehen: Eltern mit Geld zu motivieren, sich für Kinder bzw. für mehr Kinder zu entscheiden, ist in der Tat nicht zutreffend. 5 000 Euro motivieren viel

leicht zum Kauf eines gebrauchten Autos oder zu anderen konsumtiven Ausgaben, aber sie motivieren nicht dazu, einem kleinen Erdenbürger das Leben zu schenken; denn kaum eine Entscheidung hat so große Konsequenzen, kaum eine Entscheidung will so gut überlegt sein, und kaum eine Entscheidung ist so persönlich.

Paare entscheiden sich für Kinder, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wenn die Partnerschaft und die wirtschaftliche Situation in der Familie stabil ist, wenn eine familienfreundliche Infrastruktur mit einem guten Kinderbetreuungsangebot vorhanden ist und – auch dies wurde durch meine Vorredner bereits deutlich zum Ausdruck gebracht – wenn der Arbeitsplatz sicher ist. Frau Lauterbach hat in ihren Worten bereits auf die Evaluation von familienbezogenen Leistungen hingewiesen. Die Studie aus dem Jahr 2014 liegt vor. Dieser ist zu entnehmen: „Den spürbarsten Effekt auf die Erfüllung eines Kinderwunsches hatten bedarfsgerechte Kinderbetreuungsangebote“ – weit, weit vor den eigentlichen monetären Leistungen.

Gestatten Sie mir darauf hinzuweisen, dass wir in Sachsen gut aufgestellt sind. 49,9 % der unter Dreijährigen und 95,9 % der Drei- bis Fünfjährigen haben einen Kita-Platz bzw. einen Platz in der Tagespflege. Wir zahlen jährlich 12 Millionen Euro Landeserziehungsgeld an Familien, die ihre Kinder daheim betreuen wollen. Den sächsischen Familien steht ein breites Hilfs- und Unterstützungssystem zur Verfügung: Beratung in unterschiedlichen Lebenssituationen, Angebote für Familienbildung und Bezuschussung von Familienerholung sind hierfür nur drei Beispiele. Ich könnte noch weitere Unterstützungsleistungen aufzählen, aber ich glaube, das ist nicht zielführend; denn unterm Strich bleibt: Es fehlen die Rahmenbedingungen und nicht die reinen Geldzuwendungen, um sich letztlich für ein Kind zu entscheiden. Die 170 Millionen Euro – die Zahlen wurden bereits genannt –, die das Begrüßungsgeld jährlich kosten würde, werden nicht zu einer höheren Geburtenrate führen. Lassen Sie uns viel lieber gemeinsam beim Thema Familienfreundlichkeit ansetzen! Freistaat, Kommunen und Wirtschaft müssen Familienfreundlichkeit ganz oben auf ihre Agenda setzen.

Zum Schluss darf ich Sie alle am 20. Juni nach Oelsnitz zu unserem Sächsischen Familientag einladen.