Protokoll der Sitzung vom 08.07.2015

Ein zweiter Punkt ist: Aus dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz soll sich künftig klar ergeben, dass die sachgrundlose Befristung nur zulässig ist, wenn eine Qualifizierung ausdrücklich als Teil des Arbeitsverhältnisses vereinbart ist, das heißt für wissenschaftliche und künstlerische Qualifizierungen.

Ein dritter Punkt: Die Mobilität für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler soll erhöht werden. Das betrifft vor allen Dingen auch Unterbrechungstatbestände – das ist hier kurz angesprochen worden –, zum Beispiel Mutterschutz, Elternzeit, Pflege von Kindern oder Angehörigen, aber auch im Fall eines Arbeitsplatzwechsels innerhalb des Wissenschaftsbetriebs.

Ein weiterer Punkt ist die Regelung zu studentischen Hilfskräften, dass jene, die einen Studienabschluss nicht erfordern, sowohl während eines Bachelor- als auch während eines Masterstudiums ohne Anrechnung auf den Befristungsrahmen bleiben sollen. Auch das ist ein sehr wichtiger Punkt gewesen, weil zum Beispiel studentische Hilfskrafttätigkeiten auf diese Zwölf-Jahres-Regelung angerechnet wurden.

Für ganz bedeutsam halte ich – und darauf bin ich auch gespannt –, dass letztendlich die Anwendbarkeit der Regelung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zur

Befristung wegen Drittmittelfinanzierung auf nicht wissenschaftliches Personal sofort entfallen soll. Das ist insofern spannend, als wir leider entgegen der Intention des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes im Bereich des technischen und Verwaltungspersonals zunehmend

Befristungstatbestände haben, die mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz begründet worden sind. Da schließt sich ein bisschen die Logik an, dass wir sagen, Daueraufgaben sollen bitte auch auf Dauerstellen geleistet werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit habe ich den Rahmen etwas weiter gespannt, weil alle inhaltlichen

Fragen zu dem Antrag im Wesentlichen von den Vertretern der Koalition ausgeführt worden sind, teilweise auch von den anderen, warum wir jetzt zügig herangehen wollen.

Ich will noch ein Wort in Richtung AfD sagen. Wir werden uns auch zukünftig dafür einsetzen, dass Juniorprofessuren und Tenure-Track in unserem System enthalten sind, weil beide Möglichkeiten nicht nur international gegeben sind und dazu führen, dass gerade junge internationale Wissenschaftler erwarten, dass sie einen verlässlichen Karriereweg in Deutschland bekommen, wenn sie gute Leistungen erbringen. Wir erleben es gerade immer wieder bei den Arbeitsgruppenleitern unserer Forschungscluster, dass sie schon erwarten, dass sie ein Tenure-Track-Angebot bekommen, wenn sie dann gute Leistungen bringen und sich nicht noch einmal für eine Professorenstelle bewerben müssen.

Das Gleiche betrifft auch die Juniorprofessur, die jenseits des klassischen Habilitationsverfahrens und gerade auch für Frauen eine ganz wichtige Möglichkeit ist, gleichwertig auch in diesem wissenschaftlichen Karriereweg aufsteigen zu können. Deswegen werden wir beide Wege unterstützen und sind dankbar, wenn der Bund in Zukunft gerade für die Tenure-Track-Karriereperspektive finanzielle Möglichkeiten zur Verfügung stellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben mit diesem Antrag und vielleicht auch in der Debatte mit den Sachverständigen eine gute Grundlage, um in den nächsten Monaten jetzt auch mit den Hochschulen die Mindeststandards zu vereinbaren und dann verbindlich über die Hochschulentwicklungsplanung und über die Zielvereinbarung in den Hochschulen zu implementieren; denn letztlich sind es die Hochschulen, die dafür Verantwortung tragen, dass auch umgesetzt wird, was wir hier miteinander beraten oder mit ihnen vereinbaren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Nach den Ausführungen von Frau Staatsministerin Stange haben jetzt die einbringenden Fraktionen CDU und SPD die Möglichkeit eines Schlusswortes. Bitte, Herr Kollege Mann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag umreißen wir nicht nur einen Wunsch, sondern haben auch einen klaren Rahmen aufgestellt für diesen Prozess, mit den Hochschulen verbindlichere Regelungen für Karrierewege, aber auch Anstellungsverträge zu vereinbaren.

Einzelne Instrumente wurden hier mehrfach genannt; nur noch einmal stichpunktartig: Wir wollen einen Bericht der Staatsregierung über die Personalstruktur der einzelnen Hochschulen mit besonderen Blick auf den Mittelbau. Wir erwarten als Koalition, so wie ich es auch im ganzen Plenum wahrgenommen habe, dass die Hochschulen in

den nächsten Jahren Personalentwicklungskonzepte

erarbeiten. Wir wollen, dass Daueraufgaben definiert und im Wesentlichen durch unbefristete Beschäftigungsverhältnisse abgesichert werden und wir wollen wissenschaftliche Laufbahnen nach der Promotion durch echte Tenure-Track-Professuren verlässlicher machen.

Zudem wollen wir verbindliche Mindeststandards für befristete Arbeitsverträge mit im Antrag klar definierten Mindestlaufzeiten: ein Jahr für wissenschaftliche Mitarbeiter, sechs Monate für wissenschaftliche Hilfskräfte und drei Monate für studentische Hilfskräfte.

Außerdem haben wir mehrfach festgestellt, dass wir breite Einigkeit haben, dass sich die Laufzeit der Verträge in der Qualifikationsphase am Qualifikationsziel orientieren soll. Dies und manches mehr – so zum Beispiel auch Mindeststandards für Lehrbeauftragte und Hilfskräfte über Selbstverpflichtungen – wünschen wir zu erreichen. Wir haben festgestellt, dass wir eine breite Unterstützung haben.

Wenn es nicht ausreicht, was ich vorhin an Positionen aus den Verbänden zitiert habe, vielleicht noch ein aktuelles Ergebnis der gestern vorgestellten Mittelbaubefragung an der Universität Leipzig: Auf 600 Fragebögen haben über 340 auf die offen gestellte Frage nach ihren Forderungen geantwortet. Es wünschen sich 130 – also 40 % – Entfristung, 50 eine berufliche Perspektive, 37 Planungssicherheit, 26 eine Erhöhung der Personalstellen und 23 eine Erhöhung der Vertragslaufzeit.

Sie sehen, wir sind mit den Themen des Antrages genau bei den Anliegen der an den Hochschulen Beschäftigten und am Puls der Zeit.

Auch wenn wir sehr hohe Drittmittelquoten in Sachsen haben und der Wettbewerb und Flexibilität dazugehören, so sollten wir uns doch in Erinnerung rufen, dass mehr als 80, teilweise 90 % dieser Hochschulmittel in Sachsen aus öffentlichen Quellen stammen. Kurzum, dieser Prozess und auch die Arbeitsverhältnisse sind politisch gestaltbar.

Deswegen erachte ich es als ein gutes Zeichen, dass hier der Verhandlungsauftrag, der im Antrag formuliert wird, breite Unterstützung findet. Ich wünsche dem Anliegen des Antrages damit viel Glück und bitte um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das Schlusswort der einbringenden Fraktion sprach Herr Kollege Mann.

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 6/2006 zur Abstimmung und bitte Sie bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist die Drucksache 6/2006 einstimmig beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 7

Bei der Neuregelung der Erbschaftssteuer

Gestaltungsmissbrauch stoppen und Steuergerechtigkeit herstellen!

Drucksache 6/1730, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Für die einbringende Fraktion eröffnet Herr Kollege Scheel die Rednerrunde; bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wie fängt man in diesem Haus eine Steuerdebatte an, die wahrscheinlich nicht jeden sofort vom Hocker reißen wird? Vielleicht einfach mit einer Zahl: 2,6 Billionen Euro werden bis 2020 in Deutschland vererbt – 2,6 Billionen Euro, die von einer Generation auf die nächste übertragen werden, und wenn wir zusammenfassen wollen, was das bedeutet, dann heißt es vor allen Dingen: Viele erben wenig und einige wenige im Westen erben viel.

(Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Das ist noch kein Punkt, der dazu beiträgt, hier Klarheit hineinzubringen, aber wie Erbschaftssteuer und vor allen Dingen die Behandlung von Unternehmen und wie Betriebsvermögen von Unternehmen, die von einer Generation auf die nächste übergehen, behandelt werden; wenn man dazu das Urteil, das vom Bundesverfassungsgericht im Dezember letzten Jahres ergangen ist, liest, dann kommt man sich vor wie in einem kleinen Wirtschaftskrimi.

Seit den Neunzigerjahren wird an dieser Erbschaftssteuer der Nachfolge von Unternehmen, Familienvermögen herumgedoktert – zuerst im Jahre 1992 noch ganz harmlos; da ging es um einfache Verlängerung der Stundungsfristen, mal sieben Jahre daraus zu machen. Drei Jahre später, im Jahre 1995, waren es dann schon zehn Jahre, die die Stundung sein sollte; natürlich sollten darauf auch keine Zinsen gezahlt werden, also Zinsfreistellung. Im Jahre 1996 kam die Bundesregierung auf die grandiose Idee, doch einfach mal 40 % des Betriebsvermögens gar nicht erst einzurechnen, also einen schönen Abschlag davon vorzunehmen.

Aber der größte Coup, den die Unternehmerlobby in Deutschland gelandet hat, war wohl im Jahre 2008 – am 24. Dezember, ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für die Unternehmen in Deutschland –: Müller und Co. durften sich freuen, denn ihre riesige Kampagne hatte endlich Früchte getragen; endlich ist es gelungen, ohne Steuern ihr Vermögen auf die nächste Generation übertragen zu können, das ist ein Skandal, meine Damen und Herren, hier in diesem Lande.

(Beifall des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Was waren denn die tollen Argumente, mit denen Sie gekommen sind? Ein Kernargument hieß immer, diese böse Erbschaftssteuer gefährdet Arbeitsplätze – das wird übrigens noch bis heute vorgetragen. Bis heute ist allerdings die Wirtschaftslobby den Beweis auch nur eines einzigen Unternehmens schuldig geblieben, das durch die Erbschaftssteuer vor 2008 in Gefahr gebracht wurde – und übrigens auch danach.

Im Gegenteil dazu gibt es seit dem Jahr 2012 ein Gutachten, das im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen durch einen wissenschaftlichen Beirat erarbeitet wurde; ein Gutachten, das nachweist, dass Unternehmen durch die Erbschaftssteuer nicht in Gefahr geraten. Trotzdem wurde dieser Coup durchgeführt; ich komme gleich darauf, was da alles drin ist.

Ein Zweites ist drin; es heißt immer, diese Steuer wäre ungerecht, es ist doch alles schon mal bezahlt worden, die haben doch alle Einkommenssteuer gezahlt, die Gewinne sind versteuert worden, wie kann es denn dazu kommen, dass noch einmal eine Steuer darauf genommen wird?

(Uwe Wurlitzer, AfD: Genau!)

Da gebe ich Ihnen gern noch ein Zitat mit auf den Weg; dann müssen Sie nicht mir glauben, sondern einfach ein paar Verfassungsrichtern am Bundesverfassungsgericht, die es schön auf den Punkt bringen.

Ich zitiere: „Die Erbschaftssteuer bestimmt und beschränkt im Blick hierauf den Inhalt des in Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz garantierten Erbrechts. Sie wirkt damit der Gefahr entgegen, dass durch eine zunehmende Ungleichverteilung von Mitteln die Chancen auf gesellschaftliche wie politische Teilhabe auseinanderdriften und sich so letztlich Einfluss und Macht zunehmend unabhängig von individueller Leistung verfestigen und an Herkunft gebunden sind.“ Mit diesem Zweck ist die Erbschaftssteuer ein Instrument, mit dem der Staat ungleichen Lebenschancen entgegenwirkt. Meine Damen und Herren! Die Erbschaftssteuer ist eines der wichtigsten Instrumente, um dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes Geltung zu verschaffen.

Aber was ist denn nun eigentlich passiert? Im Jahr 2008 hat der Bundesgesetzgeber vorgesehen – wahrscheinlich unter dem Eindruck der weltweiten Finanzkrise, die sich schon anbahnte –, dass Unternehmen vererbt werden können, egal wie groß sie sind, unabhängig davon, ob es sich der Erbe überhaupt leisten könnte, eine Erbschafts

steuer zu zahlen – er muss auch nichts Unternehmensrelevantes drin haben, sondern es können sogar bis zur Hälfte Aktien sein, irgendwelche Betreibergeschichten, man nennt das auch Verwaltungsvermögen –, und dass es dafür einen Steuernachlass von 85 bis zu 100 % gibt. So mancher Bürger würde sich darüber freuen, wenn er einen solchen Nachlass bei sonstigen Steuern bekommen würde, und das alles ohne irgendeine Prüfung.

In den Jahren 2009 und 2012 sind nach Angaben des Bundesfinanzministeriums aufgrund dieser neu geschaffenen Paragrafen über 70 Milliarden Euro nicht zur Steuer herangezogen worden. Das Verfassungsgericht hat am 17. Dezember letzten Jahres dazu gesagt: Das, was dort gemacht wurde, in diesem Fall eigentlich schon fünf Jahre lang, ist eine „verfassungswidrige Überprivilegierung“ und muss geändert werden. Das Verfassungsgericht hat insbesondere bemängelt, dass die Lohnsummenregelung – das heißt, wenn innerhalb von fünf bis sieben Jahren die Beschäftigtenzahl gleich gehalten wird, braucht man keine Steuern zu zahlen – 90 % aller Unternehmen treffen würde. Eine Zahl von 20 Mitarbeitern trifft auf ungefähr 90 % aller Unternehmen in diesem Land zu.

Das Verfassungsgericht hat bemängelt, dass es erstens keine Bedürftigkeitsprüfung gibt, dass der Umfang viel zu groß ist, wenn 90 % betroffen sind, und dass es zweitens keine Bedürftigkeitsprüfung bei größeren Unternehmen gibt. Das Verfassungsgericht hat gesagt: Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, zwar kleine Unternehmen von der Erbschaftssteuer auszunehmen, aber nicht einfach willkürlich alle. Aber das ist im Endeffekt passiert: Es wurde beklagt, dass es diese sogenannten Verwaltungsvermögen gibt. Es könne nicht sein, dass nicht betriebsnotwendige Vermögen, also 50 %, einfach mit hineingeworfen werden können und bei der Besteuerung überhaupt nicht relevant sind.