Sebastian Scheel

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Vielen Dank, Herr Präsident! Ich würde gern von der Möglichkeit einer Kurzintervention Gebrauch machen.
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Kollege, ich kann den Katzenjammer nicht so ganz verstehen, wenn es um ein Anhörungsrecht geht, das wir hätten in Anspruch nehmen müssen. Soweit ich weiß, ist jede Fraktion im Haus berechtigt und in der Lage, eine solche Anhörung zu beantragen, wie wir es hin und wieder zu Gesetzentwürfen Ihrer Fraktion, der Koalition oder der Staatsregierung tun.
Wenn Sie ein solches Interesse wirklich gehabt hätten und dies der Wahrheitsfindung hätte dienen sollen, dann wären selbstverständlich auch Sie gefordert gewesen, dieses Anhörungsrecht im parlamentarischen Verfahren geltend zu machen. – Erster Punkt.
Zweiter Punkt: Wenn es um die Frage der Spitzabrechnung geht, dann schlagen wir im Gesetzentwurf vor, dass es um eine temporäre Regelung gehen soll. Dafür gibt es Gründe. Die Staatsregierung hat die Kommunen, die Verwaltungen aufgefordert, Ressourcen für die Unterbringung von Flüchtlingen vorzuhalten. Sie haben sich teilweise langfristig in Verträgen gebunden, um diese Ressourcen vorzuhalten.
Nun wissen wir alle, dass die Zahlen, wie sie einmal angedacht waren, nicht kommen. Jetzt bleiben die Kommunen, da es nur eine Pro-Kopf-Pauschalerstattung gibt, auf diesen Kosten sitzen. Um dieses Problems Herr zu werden, haben wir – dazu gab es in der Tat eine Anhörung – im Einklang mit der kommunalen Familie genau diese Spitzabrechnung gefordert, und sie ist, denke ich, immer noch das richtige Modell.
Des Weiteren freuen wir uns, dass die Pauschalen erhöht wurden. Wir hätten uns noch mehr gefreut, wenn sich die Koalition auch hier im Einklang mit der kommunalen Familie hätte durchringen können, eine Evaluationsklausel in den Gesetzentwurf hineinzubringen – nämlich ins Haushaltsbegleitgesetz –, um dauerhaft zu sichern, dass diese Pauschalen auskömmlich sind. Warum Sie sich dem
bis heute verweigert haben, ist für mich nicht schlüssig. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Ich könnte jetzt auch so lange warten, bis Sie die Abstimmung aufrufen. Ich beantrage nur schon einmal für meine Fraktion eine namentliche Abstimmung nach § 105 der Geschäftsordnung.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Jetzt fällt es mir natürlich etwas schwer. Wir haben ja einen eigenen Ministerpräsidenten, der auch diesem Kompromiss zugestimmt hat: den Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Wir haben als ostdeutsche Länder mit diesem Länderfinanzausgleich, so wie er jetzt vereinbart wurde, ein positives Ergebnis, einen Kompromiss, mit dem offensichtlich alle leben können.
Den Gefallen, Kollege Piwarz, werde ich Ihnen wohl nicht tun.
Wenn wir hier schon so traut zusammenstehen und uns gegenseitig feiern, wie toll wir alle verhandelt haben, kann ich zumindest darauf hinweisen, dass es in den letzten drei Jahren nicht unbedingt absehbar war, dass wir eine gemeinsame Lösung finden. Ich darf daran erinnern, dass sich die Bundesländer untereinander wie die Kesselflicker gestritten haben, was der richtige Weg ist, sich mit Klagen überzogen und mit Vorschlägen übertroffen haben, wer wem wie viel Geld wegnehmen sollte. Ich darf auch daran erinnern, dass es in der Frage der Regionalisierungsmittel, als dieser erste Kompromiss dazu geschlossen wurde, für den Osten nichts Gutes ahnen ließ, dass nämlich der Westen sich aus der Solidargemeinschaft mehr oder weniger verabschieden wollte.
Wir haben in den letzten Jahren auch erlebt, vor allen Dingen im letzten Jahr, dass der Bundesfinanzminister versucht hat, einen Keil zwischen die Bundesländer zu treiben. Ich darf daran erinnern, dass es im April letzten Jahres eine Sitzung gab, an der nur Sachsen als ostdeutsches Bundesland beteiligt war, als der zweite Vorschlag des Bundesfinanzministers vorgestellt wurde und es schon eigenartig anmutete, dass der Vorsitzende der Länderkammer, der damalige Ministerpräsident Woidke, nicht informiert wurde. Da wurden taktische Spielchen gemacht, die nichts Gutes ahnen ließen. Deswegen ist es insofern ein großer Erfolg, dass es der Ländergesamtheit gelungen ist, mit einer Stimme gegenüber dem Bund aufzutreten. Das ist der eigentlich große Erfolg, auch für den Föderalismus, dass man versucht, auch die Gegensätzlichkeiten, die Probleme hintanzustellen und eine gemeinsame Position zu finden. Das war nicht ganz einfach. Das war wie ein Zaubertrick, der dort gelungen ist.
Die Geberländer sollen 2 Milliarden Euro weniger zahlen, die ostdeutschen Länder 2 Milliarden Euro mehr bekommen. Alle bekommen etwas ab. Wie ist das herzustellen? Naja, wenn sich 16 finden und einen Plan schmieden, kann man als kleine Räuberbande einen überfallen. Das ist in diesem Fall der Bundesfinanzminister.
Die Kommentatoren haben gesagt, es gibt 16 Gewinner und einen Verlierer, den Bundesfinanzminister. Insofern ist das gefundene Modell eine gute Lösung, weil die Gehässigkeiten und Probleme herausgenommen wurden, weil das Geld nicht aus dem Haushalt fließt, sondern vorher verteilt wird; aber es zeigt auch, dass der Westen sich durchgesetzt hat. Ohne die Zuweisung des Bundes würde der Osten schlechter dastehen. Wäre es nicht gelungen, dem Bund 9,5 Milliarden Euro abzutrotzen, würde der Osten nicht so gut dastehen.
Kollege Panter hat schon darauf Bezug genommen: Es gibt einen Anteil von 2,6 Milliarden Euro, der einfach statisch ist. Das heißt, er wird sich nicht mit der Einnahmenentwicklung der Steuern in den nächsten Jahren mitentwickeln. Wir hängen damit auch am Wohlwollen des Bundes. Die große Debatte, die wir in einigen Jahren führen werden, erfordert viel Kraft, damit die Zusagen des Bundes auch über das Jahr 2030 hinaus bleiben. Dafür ist heute nicht der Tag, wir wollen heute alle miteinander feiern. Deswegen möchte ich nicht zu viel Wasser in den Wein gießen und sage: Ja, wir haben einen vernünftigen Kompromiss, auf den wir aufbauen können. Den tragen Rot-Rot in Brandenburg und Rot-Rot-Grün in Thüringen mit.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir schon dabei sind, dann können wir auch auf viele kleine Einzelheiten eingehen oder über Sachen sprechen, die abgewehrt wurden.
Was aus unserer Sicht schwierig war, war Folgendes: Es gab eine lange Zeit Debatten darüber, in Deutschland eine konkurrierende Sozialgesetzgebung einzuführen. Der
Bund hatte das Ansinnen, dass die Länder die Hoheit darüber bekommen sollten, welche Leistungen Behinderten, Kindern und Jugendlichen zufließen sollten. Das wäre für den Freistaat Sachsen, wahrscheinlich allgemein für den Osten, aber auch für Länder, die ebenfalls schwach sind, eine Katastrophe gewesen. Das hätte bedeutet, dass wir mit Blick auf den Wettbewerb und die Schuldenbremse, mit Blick auf die Gesetzgebung eine Tendenz nach unten hätten verzeichnen können. Damit wäre die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen in ganz Deutschland für Menschen, die Hilfe nötig haben und Unterstützung brauchen, in Gefahr gewesen. Diese Gruppen wären der Gefahr ausgesetzt worden, finanziell schlechtergestellt zu sein. Das findet nicht statt. Das ist einer der großen Gewinne, die der Kompromissvorschlag mit sich gebracht hat.
Ich teile die Sorgen, wenn es darum geht, was mit der Infrastrukturgesellschaft passiert. Die Bundesfernstraßen dem Bund in die Verantwortung zu geben, mag erst einmal logisch klingen. Es sind nämlich Bundesfernstraßen. Natürlich ist auch eine Gefahr damit verbunden. Was passiert mit diesem Eigentum? Wie kann gesichert werden, dass das Eigentum des Bundes auch Eigentum des Bundes bleibt und am Ende keine Privatisierung stattfindet? Wie kann gesichert werden, dass nicht hinten herum – über die Aufnahme von Krediten – privates Kapital hineingezogen wird oder eine Teilprivatisierung stattfindet? Dazu gibt es eine Protokollerklärung des Landes Thüringen. Wir werden sehr gespannt beobachten, inwieweit die Änderung des Grundgesetzes sicherstellt, dass das Eigentum des Bundes auch Eigentum des Bundes bleibt. Es muss bei einem öffentlichen Zugriff auf die Straßen bleiben. Es darf keine Privatisierung der Straßen mit Mautsystemen oder anderen Dingen geben. Das ist eines der größten Probleme.
Es wird eine Unlogik bleiben, dass einzelne Länder einen Sonderstatus erhalten haben. Wie es Brandenburg gelungen ist, 11 Millionen Euro extra für die politische Führung herauszuhandeln, ist mir unklar. Sie werden wahrscheinlich wissen, wie es dazu gekommen ist.
Ich finde es immer noch faszinierend, wie ein Bundesland ausgerechnet für die politische Führung höhere Kosten haben soll. Der Bund hat gemeint, dass das verfassungsrechtlich angreifbar wäre. Er hat zu vielen Punkten gesagt, dass es verfassungsrechtlich schwierig wäre und eigentlich nicht umsetzbar sei. Man solle das Ganze besser sein lassen.
Die Antwort des Bundes fünf Monate nach dem Vorschlag der Länderchefs war schon eine Frechheit, das muss man einmal so sagen. Zuerst einmal lässt man die Länder fünf Monate auf eine Antwort warten. Daraufhin liefert man eine Antwort, die eigentlich nur ein Schlag ins Gesicht der Staatskanzleichefs der Länder war. Das war schon eine besondere Qualität in der Auseinandersetzung. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass miteinander nicht
gerade zart umgegangen wurde. Es geht natürlich auch um Geld.
Insofern kann ich nur Folgendes festhalten: Es gibt natürlich bei jedem Kompromiss Licht und Schatten. Wir möchten den Schatten nicht vergessen. Wir werden sehen, wie das gute Dutzend an Grundgesetzänderungen, die wahrscheinlich notwendig sein werden, um diesen Kompromiss mit Leben zu erfüllen, durch die Länderkammer und den Bundestag kommen. Dies muss innerhalb eines sehr engen Zeitplans passieren. Im Zusammenhang damit möchte ich daran erinnern, dass wir eigentlich Ende dieses Jahres fertig sein müssten. Das war die ursprüngliche Verabredung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten. Wir befinden uns unter Zeitdruck, weil demnächst irgendetwas stattfindet: die Bundestagswahl. Wir wissen, wie es ist: Wenn die Bundestagswahl näherkommt, nimmt der politische Konfliktstoff zu. Ich wünsche allen Beteiligten viel Erfolg und Glück bei der Umsetzung bzw. Änderung der Grundgesetzartikel.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Das geziemt sich nicht – so etwa haben Sie Ihren ersten Redebeitrag begonnen. Frau Petry, ich weiß nicht, ob es klug ist, sich in diesem Hause als Sittenpolizei aufzuspielen.
Ich weiß nicht, ob es klug ist, gerade Sie, die Sie ja doch das eine oder andere Mal auch auffällig werden durch Grenzüberschreitungen, Grenztangierungen – –
Ich möchte auf Ihren vermeintlichen oder tatsächlichen Schießbefehl abstellen –; da würde ich mir doch wünschen, Sie würden dort etwas zurückhaltender sein, denn Sie haben Ihre eigene Scharia im Kopf, und die muss offensichtlich geschützt werden.
Selbsterklärte Patrioten ziehen durch unser Land. Sie sind jeden Montag zu bestaunen – hier in Dresden leider immer noch.
Wir dürfen im Internet auf Facebook immer wieder feststellen, dass die Form der Auseinandersetzung, des politischen Diskurses kein Diskurs mehr ist, sondern offensichtlich nur noch Selbstvergewisserung und gegenseitige Schuldzuweisung. Insofern kommt man schon zu dem Schluss, den Heiner Müller 1991 schon einer Tageszeitung ins Buch geschrieben hat: Zehn Deutsche sind natürlich dümmer als fünf Deutsche – und bei Ihnen sitzen ja nun 14.
Insofern weiß ich nicht, ob es hilfreich ist, auch hier wieder nach vaterlandslosen Gesellen zu suchen.
Das ist ja offensichtlich Ihr Ziel: Sie wollen wieder Leuten klarmachen, das sind die Unpatrioten, und Sie wären dann wohl angeblich die Patrioten, die fürs Gute im Lande stehen.
Es ist schon sehr spannend, wenn wir einmal auf Deutschland und auf die großen Dichter und Denker schauen, die wir doch als große Deutsche feiern, die immer ein sehr schwieriges Verhältnis zu Deutschland hatten, gerade zu ihrer Zeit – ob es Schiller, Goethe, Heine oder Büchner sind –: Alle haderten mit Deutschland, und das aus Gründen.
Vielleicht könnte man es so formulieren: Wirklich große deutsche Patrioten haben immer mit diesem Land gehadert. Wenn Sie also davon sprechen, würde ich mir von Ihnen wünschen, dass die Ausfälle – die Problemlagen, die es in diesem Land gibt und die man nicht wegreden sollte – –
Man sollte sie nicht wegreden, sondern genau hinschauen, warum Leute auf die Straße gehen. Warum haben sie so viel Frust? Ich frage mich aber, ob Sie sich darüber bewusst sind, dass Sie hier eine Rolle spielen. Die Rolle, die Sie gerade einnehmen wollen, ist, sich diese Stimmungen zunutze zu machen und eine Anti-EstablishmentPolitik zu betreiben. Wohin das führt, das wissen wir eigentlich relativ genau: zu Auseinandersetzungen, die die
Gesellschaft nicht zusammenbringen, sondern spalten würden.
Wir haben es gerade in Amerika erleben dürfen, wie es ist, wenn sich jemand als Anti-Establishment hinstellt und so tut, als würde er die Interessen der Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen, aber eigentlich nur Ressentiments schürt und sich dies zunutze macht.
Das ist Ihre Politik, und der werden wir nicht auf den Leim gehen. Dementsprechend ist diese Debatte so überflüssig wie ein Kropf.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Aufgrund der Thematik und der direkten Ansprache des Ministerpräsidenten würde ich nach § 85 gern ein Herbeirufen des Ministerpräsidenten beantragen. Er telefoniert zwar draußen, aber vielleicht hilft es. Aha, er ist schon dabei, weil ich hier am Mikrofon stehe. Wunderbar. Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren!
Die Koalition ist offensichtlich in Feierlaune. 273 % Planübererfüllung – das sind die Berichte aus der Ernteschlacht. Herzlichen Glückwunsch auch von unserer Seite. Wunderbar, wir dürfen uns freuen.
Sie haben eine Aktuelle Debatte zum Thema „Gute Investitionen in Sachsens Zukunft“ angeregt. Offensichtlich ist Zukunft das neue Lieblingswort von CDU und SPD. Wir haben einen Fonds „Brücken in die Zukunft“. Wir haben den Zukunftssicherungsfonds und jetzt auch eine Aktuelle Debatte zur Zukunft.
Nun ist es mit der Zukunft immer dasselbe: Sie kann sich leider nicht dagegen wehren, von Ihnen in Beschlag genommen zu werden. So müssen wir einfach hinnehmen, dass Sie diesen Titel für sich in Anspruch nehmen. Insofern ließe es sich lustvoll einschlagen, auch auf die Frage, welche Investitionen mit welchen Wirkungen erteilt werden. Das will ich gar nicht tun.
Nur ein kleiner Schritt zurück. Als die Zukunft noch Zukunft war, haben Sie ein paar Entscheidungen getroffen. Ich weiß nicht, ob der eine oder andere, der verzweifelt nach einem Kitaplatz sucht, ob die eine oder der andere, der verzweifelt nach einem Schulplatz sucht, ob die wirklich der Auffassung waren, dass Ihre Entscheidungen für die Zukunft dieses Landes die richtigen waren, meine Damen und Herren von CDU und auch SPD.
Sie haben schon darauf hingewiesen, dass es um den Fortschrittsbericht geht. Investitionen in den Fortschritt sind das eine, aber wir müssen natürlich auch einmal Resümee darüber ziehen, was eigentlich Aufholprozess heißt, Aufholprozess der neuen Länder gegenüber dem Westen.
Meinetwegen auch Nachholprozess, das ist vollkommen egal. Ich betreibe hier keine Semantik. Wir wollen über Themen und Inhalte reden, Kollege.
Dieser Fortschritt – das ist schon angesprochen worden – stagniert, und das nicht erst seit gestern, seit diesem Jahr oder seit 2015. In den letzten fünf bis zehn Jahren kommen wir nicht über die gläserne Decke.
Das Bruttoinlandsprodukt ist ebenfalls angesprochen worden. Wir bewegen uns um die 70 %. Gestern erst hat sich Kollege Ragnitz in den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ darüber ausgelassen. Das sind immer noch 30 % Abstand zum Westen.
Wenn wir uns ein paar Kennzahlen nehmen, zum Beispiel aus dem Bericht zum Stand der deutschen Einheit, dann wird das Ausmaß ziemlich deutlich, aber auch die Ursachen, an denen das liegen kann. Im Osten arbeitet jeder Zehnte in einem Unternehmen, das mehr als tausend Beschäftigte hat. Im Westen ist das jeder Vierte. Daran macht sich ein Großteil der Probleme fest, die wir im Osten haben und die dazu führen, dass wir nicht über diese Schwelle von 70 bis 75 % kommen. Das betrifft die Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft.
Kollege Pecher hat meines Erachtens zu Recht auf ein Thema hingewiesen, das wir gleich noch einmal vertiefen können. Die Bundesbeauftragte für die neuen Länder, Frau Gleicke, hat das Thema sehr deutlich und intensiv angesprochen. Es geht um die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Ostens und natürlich auch Sachsens, weil das nun einmal im Osten liegt. Das Problem ist die fremdenfeindliche Einstellung. Davon geht – ich zitiere – „eine große Gefahr für die gesellschaftliche, aber auch die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Länder“ aus. Wenn wir uns das vergegenwärtigen, zeigt sich, dass Sie das Thema noch zu kurz angetippt haben.
Es ist schön, dass Sie damit rechnen dürfen, dass ich dieses Thema anspreche.
Geht es bei Investitionen nur darum, eine schöne bauliche Hülle zu schaffen, oder geht es darum, Gesellschaft zu formen, der Gesellschaft die Möglichkeit zu geben, Zivilgesellschaft zu produzieren? Welche Verantwortung hat Politik dabei?
Insofern freue ich mich zu hören, dass das Problem, das die Bundesregierung angesprochen hat, zumindest der Koalitionspartner SPD verstärkt bei der Frage berücksichtigt, welche Investitionen das Land braucht. Das sind Investitionen in die Köpfe. Wir freuen uns über diese Einsicht.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, wir beantragen die punktweise Abstimmung über die Punkte I bis IV.
Natürlich. Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wir würden dieses Modell gern in Anspruch nehmen. – Danke.
Vielen Dank, Herr Präsident! Lieber Kollege Bienst, vielleicht können Sie mir eine einfache Frage erläutern: Wie viele Jahre braucht im Durchschnitt ein Kind von der Geburt bis in die Schule?
Frau Präsidentin, ich darf für meine Fraktion nach § 47 in Verbindung mit § 105 der Geschäftsordnung eine Schlussabstimmung erbitten.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wenn ich Herrn Patt so höre, würde ich mir natürlich wünschen, dass es wirklich ein solcher Höhepunkt der parlamentarischen Auseinandersetzung wäre.
Nein, er muss sich erst noch mit Herrn Wurlitzer abstimmen, wer wo, wann war oder auch nicht war. Aber das ist vielleicht nicht das Thema heute.
Leider hat der Bericht des Sächsischen Rechnungshofes nicht immer den Stellenwert, den er eigentlich bekommen müsste, denn das Parlament besitzt ja die Kontrollfunktion. Die Kontrolle der Regierung ist eine unserer vornehmsten Aufgaben, und der Rechnungshof ist das Instrument, welches das Parlament dabei unterstützt.
In Ihrem Vorwort selbst haben sie das Verfassungsgericht zitiert und gesagt, dass der Rechnungshof eine Art Wächterfunktion im Freistaat Sachsen wahrnimmt, was die Finanzkontrolle angeht, und damit eine wesentliche und wichtige Unterstützung unserer Arbeit darstellt. Jedes Jahr kommen wir hier zusammen, um auch dafür Danke zu sagen; denn die Kolleginnen und Kollegen, sowohl im Kollegium als auch die Mitarbeiter, die ihnen zur Seite stehen, sind es, die ein großes Pensum wegtragen.
Es ist nicht ganz einfach, denn es ist eine gewisse Asymmetrie. Es ist ja gerade beschrieben worden: ein paar Hundert Leute, die sie haben, gegen eine Staatsverwaltung von 80 000 Bediensteten mit untergeordneten Behörden. Es ist nicht ganz einfach, immer alles im Blick zu behalten. Wir sind dankbar, dass sie für uns diese Aufgabe zum großen Teil wahrnehmen, sodass wir über Fehlentwicklungen und Probleme reden können.
Wenn wir den Bericht, den der Rechnungshof uns diesmal vorgelegt hat, in den beiden Bänden, mit 31 Ziffern in Band 1 und 8 Ziffern in Band 2, zur Kenntnis nehmen, dann möchte ich heute nicht zu allen Ziffern sprechen, aber zumindest einige ausgewählte Punkte zur Sprache bringen.
Die ersten beiden Punkte betreffen einen Sachverhalt, der mir Sorge macht. Ich würde ihn so skizzieren: Man kann den Eindruck bekommen, dass es der Staatsregierung auf wichtigen Feldern nicht gelingt, eine kohärente und systematische strategische Arbeit auf die Füße zu stellen.
Das ist in der Tat ein Problem. Ich verweise auf den Punkt 7, das Gesundheitsmanagement in der Staatsverwaltung. Wir alle wissen, wie überaltert – Entschuldigung, wie „unterjüngt“ – unsere Staatsverwaltung ist.
Mit diesem Zustand geht natürlich einher, dass der Krankenstand tendenziell zunimmt. Nun könnte man der Ansicht sein: Eine Staatsregierung, die das Problem erkennt, würde mit voller Kraft alles tun, was in ihrer Macht steht, um die Leute gesund zu halten.
Wir hatten im Jahr 2012 1,2 Millionen Fehltage, krankheitsbedingt. Es ist ein Anstieg zu verzeichnen. Dann ist es nicht erklärbar, dass es nicht gelingt, überhaupt nur eine Leitlinie für das Gesundheitsmanagement – für das ein Entwurf seit 2014, also seit über zwei Jahren, vorliegt – im Kabinett einmal zu bestätigen und man an das Thema systematisch herangeht. Es ist auch wenig verständlich, dass es nicht gelingt, eine zentrale Steuerung bei diesem doch wichtigen Thema vonseiten der Staatsregierung ins Leben zu rufen. Der Haushalts- und Finanzausschuss möchte sich ja bis Ende des Jahres berichten lassen, was denn da vielleicht machbar wäre.
Es ist auch nicht ganz verständlich, warum diesem wichtigen Thema die Staatsregierung – wenn ich es hochrechne – in den Jahren 2008 bis 2012 nicht einen Euro pro Mitarbeiter und Jahr zur Verfügung stellt, um sich diesem Thema zu widmen.
Ich denke, wir müssen in Zukunft sehr viel intensiver und energischer gerade in Fragen der Gesundheitsvorsorge vorgehen, bei der Ermöglichung von Rahmenbedingungen und Arbeitsbedingungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Beamtinnen und Beamten, damit sie lange Jahre für den Freistaat Dienst tun können, und das bei bester Gesundheit.
Leider hat der Haushalts- und Finanzausschuss in diesem Fall – wobei ich sagen würde, das ist ein wesentlicher Fall; denn es steht unter „Allgemeines“ – nur eine Kenntnisnahme empfohlen. Ich denke, wir müssen hier sehr viel stärker dranbleiben.
Zweiter Punkt – angesprochen wurde es schon, allerdings nicht detailliert; es wurde nicht darauf eingegangen, worum es eigentlich geht –, die Querschnittprüfung der Beteiligungsverwaltung, Punkt 8. Auch hier ist wenig planvolles Arbeiten zu erkennen. Auch hier liegt offensichtlich eine Überforderung der Staatsregierung vor. Eine Arbeitshilfe, wie man denn an Beteiligungsverwaltung herangehen könnte, liegt im Entwurf seit dem Jahr 2009 vor.
Seit 2009, ja.
Da ist schon mal eine ganze Legislaturperiode ins Land gegangen. Trotzdem gelingt es dem SMF offensichtlich nicht, hier mal eine Entscheidung zu treffen, ob es denn eine wirklich sinnvolle Grundlage sein kann. Erst nach
dem der Rechnungshof auf die Frage aufmerksam wurde, wird diese Arbeitshilfe bestätigt.
Großartig! Da haben sie sich doch ganz schön viel Zeit gelassen. Der Rechnungshof bemängelt zu Recht, dass es an einer Strategie im Umgang mit den Unternehmen fehlt. Wir müssen uns einmal vergegenwärtigen, wie viele Mitarbeiter, wie viel Haushaltsvolumen letztlich in den diversen Beteiligungen des Freistaates stecken. Darüber hatten wir hier vor Kurzem eine interessante Debatte.
Für mich lässt es sich auch nicht erklären, warum sich die Staatsregierung so vehement dem verweigert, was im Bund passiert: nämlich endlich einen eigenen Corporate Governance Kodex – also, wie gehe ich transparent, öffentlich mit meinen Beteiligungen um? – für den Freistaat Sachsen zu entwickeln, damit wir klare Regeln haben und nicht nach Gutsherrenart mit unseren Beteiligungen umgegangen wird. Das will sich mir nicht erschließen.
Ich fordere die Staatsregierung nochmals inständig auf, dass wir einen Beteiligungsbericht bekommen, der nicht nur Übersichten enthält und auf im Bundesanzeiger veröffentlichungspflichtige Dokumente der Unternehmen verweist, sondern dass Sie dem Parlament, den Abgeordneten in diesem Haus ein paar Sätze auf den Weg geben: Was haben Sie mit den Unternehmen vor? Wie sehen Sie die Entwicklung? Welche Problemstellungen sehen Sie als Staatsregierung bei der Steuerung dieser Unternehmen? Wir werden in Zukunft nicht umhinkommen – das sehen wir bei diversen Fällen –, dass wir uns dieser Frage verstärkt widmen müssen.
Aber hier hat sich die Koalition immerhin zu einer zustimmenden Kenntnisnahme bemüßigt gefühlt – wie auch immer. Gestehen Sie mir zu – ich mag ja vielleicht denklogisch nicht ganz so auf Ihrer Wellenlänge sein –, aber wenn ich etwas zustimmend zur Kenntnis nehme, dann hat es doch etwas von Bestätigung. Zumindest jeder draußen, der diese Frage hört, wird denken, dass das doch etwas Bestätigendes habe. Welche Volten Sie jetzt aufführen: Diese zustimmende Kenntnisnahme quasi lapidar abzutun, finde ich schon interessant. Aber das wird nur von Ihnen aufklärbar sein.
Jetzt komme ich zu zwei anderen Fragen. Das eine ist die Frage, ob die Staatsregierung überfordert ist, planvoll an bestimmte wichtige Fragestellungen im Freistaat heranzugehen. Die zweite Frage, die mich umtreibt und die ich schwierig finde, ist der Umgang mit dem Budgetrecht des Parlamentes.
Immer dann, wenn die Staatsregierung und teilweise auch die staatsregierungstragenden Fraktionen vor der Entscheidung stehen, ob eine Befassung des Parlamentes notwendig ist oder nicht, treffen Sie immer die falsche Wahl, nämlich: nicht notwendig. Dafür bekommen Sie regelmäßig Kritik. Diese kommt nicht nur von der Opposition, sondern auch vom Juristischen Dienst und wahr
scheinlich auch wieder einmal vom Verfassungsgericht. Das war auch in der Vergangenheit der Fall.
Jetzt schauen wir uns einmal Nummer 9 an: Fortbildung für Regierungssprecher. Da haben Sie doch allen Ernstes ohne Grund einem Spitzenbeamten, der in fünf Monaten in den Ruhestand geht, für 50 000 Euro auf Weisung allein des Staatskanzleichefs eine Schulung zukommen lassen.
Diese haben Sie auch noch falsch verbucht, damit Sie sie dem Parlament nicht als Information geben müssen. Der Rechnungshof spricht hier ganz klare Sprache: Es ist in dieser Frage einfach Parlaments- und Budgetrecht umgangen worden, und das kann doch eigentlich nicht sein. Sie können doch nicht die Sächsische Haushaltsordnung jedes Mal wieder überdehnen, brechen oder so gestalten, wie es Ihnen gefällt.
Wir kommen natürlich auch zu dem Thema, wenn in der Nr. 28 zu Darlehen und Kapitalzuführung über ein Beteiligungsunternehmen gesprochen wird und Sie innerhalb eines Jahres zweimal die Schwelle von 5 Millionen Euro genau um 100 000 Euro unterschreiten, sodass sie nicht in den Haushaltsausschuss gehen müssen. Selbst, als es um den gleichen Sachverhalt geht und der Rechnungshof Ihnen das sogar hineinschreibt – sogar das eigene Ministerium sagt, wir müssen eigentlich den Haushaltsausschuss informieren – und Sie wieder die falsche Entscheidung treffen, nämlich den Haushaltsausschuss nicht zu informieren, dann spreche ich von Rechtsbruch, von wissentlichem und willentlichem Rechtsbruch, den Sie hier begangen haben, Herr Staatsminister der Finanzen.
Auch hier haben Sie zumindest eine zustimmende Kenntnisnahme. Es wird auch da wieder Ihr Miraculum bleiben, warum diese zustimmende Kenntnisnahme eigentlich keine Übereinstimmung zum Rechtsbruch des Herrn Staatsministers ist.
Wir müssen im Freistaat aufpassen, dass wir nicht in ein Regieren nach Gutsherrenart kommen. Das Parlament bleibt immer noch der Vertreter des Souveräns.
Insofern kann ich Sie nur auffordern, auch die Feststellung des Rechnungshofes wieder ernster zu nehmen, auch den Bericht und die Debatte darum ernster zu nehmen und auch die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Deswegen stehen wir heute hier: um Schlussfolgerungen aus den Handlungen der Vergangenheit zu ziehen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Aus gegebenem Anlass erlauben Sie mir ein Zitat eines ehemaligen Bundesaußenministers: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!“
Jetzt zum Thema unserer Aktuellen Debatte.
Ich habe nur ein Zitat gebracht.
Wir kommen zu der Frage der Meißner Porzellanmanufaktur.
Habe ich falsch zitiert?
Vielleicht können Sie wenigstens die Zeit anhalten.
Wenn Sie jetzt so weit wären – –
Molière hat einmal gesagt: „Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“
Verantwortung für die staatliche Porzellanmanufaktur hat im Freistaat Sachsen der Finanzminister. Er ist Gesellschafter für den Freistaat Sachsen. Das heißt, er hat Verantwortung für das Kleinod der sächsischen Beteiligungen, für die staatliche Porzellanmanufaktur, das heißt, für 300 Jahre Geschichte, für 300 Jahre Erfindergeist, 300 Jahre sich immer wieder neu erfinden, neu auf Innovationen eingehen, immer wieder neues Porzellan in bester Qualität, künstlerisch wertvoll und ansprechend herzustellen.
Wenn wir von Verantwortung sprechen, müssen wir von 2008 reden. Seitdem ist Herr Kurtzke bis 2014 im Amt gewesen und hat unserer Manufaktur einen Strategiewechsel verabreicht. Porzellan ist bestimmt in einem schwierigen Umfeld, das gilt auch für unsere staatliche Porzellanmanufaktur. Aber dieser Strategiewechsel war kein Mut zu einer neuen Strategie. Das war kindlicher Übermut, sich mit den Großen der Branche weltweit anlegen zu müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wer wirklich glaubt, Meißen, unser Kleinod, könne es mit Hermès aufnehmen, könne es mit LVMH aufnehmen, der muss von irgendetwas in Meißen zu viel getrunken haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Strategie sah vor, in alle möglichen Bereiche des Luxusgeschäftes überzugehen. Sie sah vor – und das wurde auch so umgesetzt –, sich weit vom Kern des Unternehmens, nämlich der Porzellanherstellung, zu entfernen. Das alles geschah mit der Begründung, man könne mit Porzellan kein Geld mehr verdienen. Der Erfolg dieser Strategie blieb aus. Am Ende des Tages musste ein Gesellschafterdarlehen von 7,5 Millionen Euro in Eigenkapital umgewandelt werden.
Am Ende des Tages mussten 2013 12,2 Millionen Euro an Gesellschafterdarlehen ausgereicht werden, 2014 9,8 Millionen Euro, und 2015 wurde noch eine ominöse Stiftung gegründet, die nur einen Zweck hat, nämlich mehr Eigenkapital in das Unternehmen zu schaffen. Das ist Eigenkapital, das nötig wurde, weil Kurtzke es kurzerhand verbrannt hat.
Das Vertrauen, das für ein solches Unternehmen notwendig ist, das auch durch den Gesellschafter notwendig ist, haben Sie insofern verspielt, Herr Staatsminister, als nicht eine dieser Entscheidungen mit dem Parlament irgendwie kommuniziert, geschweige denn diskutiert oder dort mitgetragen wurde.
Insofern haben wir kein Vertrauen dazu, dass wir mit dem Weggang Kurtzkes dieses Unternehmen endlich auf den Kern zurückführen und eine wirklich vernünftige, auf den sensiblen Markt des Porzellans und im Übrigen auch des Luxusgeschäftes gerichtete Strategie finden, um das Unternehmen wieder dorthin zurückzubringen, wo es hingehört, nämlich in die Herstellung von hochwertigsten Porzellanen und deren künstlerische Aufbereitung.
Jetzt bekommen wir eine neue Information. Am 4. Juli dieses Jahres, also in wenigen Tagen, soll der Aufsichtsrat tagen. Jetzt geistern durch die Gazetten Themen, die die Leute und auch uns aufregen. Angeblich soll es um eine neue Strategie gehen, hin zu mehr technisch produziertem Porzellan. Wir als Fraktion können nur davor warnen, diesem altehrwürdigen Unternehmen eine solche Debatte anzutun. Es könnte sein, dass das wieder eine falsche Strategie ist, die wiederum dem Unternehmen mehr schadet als nützt.
Deshalb können wir Sie nur auffordern, als Gesellschafter hier aktiv zu werden und nicht wieder fünf Jahre zu warten, bis Sie sich die Plausibilisierung einer solchen Strategie geben lassen, wie es beim letzten Mal passiert ist. Sie müssen jetzt handeln und dem Unternehmen die Möglichkeit geben, wieder aus eigener innerer Kraft zu wachsen, denn es soll auch weiterhin im Freistaat Sachsen ein Kleinod unserer Beteiligungslandschaft bleiben. Deshalb streiten wir weiter für die Porzellanmanufaktur.
Ich danke in dieser Runde für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. Herr Patt, ist Ihnen vielleicht entgangen, dass wir die Abstimmung über den Antrag aus einem Grund zurückgestellt haben: weil wir nämlich vorhaben, nach der Sommerpause – –
Ich habe die Frage noch nicht zu Ende gestellt.
Entschuldigung, Herr Patt – –
Ist Ihnen entgangen, dass es darum geht, dass wir nach der Sommerpause über die Geschäftsstrategie noch einmal mit den Verantwortlichen sprechen wollen und nur aus diesem Grund den Antrag zurückgestellt haben?
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich weiß ja gar nicht, wie ich mit so viel persönlicher Ansprache umgehen soll. Zunächst möchte ich eines zum Ausdruck bringen: Ich erinnere mich gerade, wenn ich diese Debattenbeiträge so höre, sehr schmerzhaft an Debatten, die wir vor 2007 in diesem Hause geführt haben. Damals ging es allerdings nicht um das Geschäftsmodell, um die Strategie der Meissner Porzellanmanufaktur, sondern um das Geschäftsmodell und die Strategie der Sächsischen Landesbank.
Das, was Sie hier gerade wieder bringen – man würde den Ruf des Unternehmens beschädigen, man würde lieber hinter verschlossenen Türen sprechen und die Dinge nicht beim Namen nennen, vor allem nicht hier im Hause, auch über die Verfehlung der Staatsregierung im Handeln oder Nichthandeln an dieser Manufaktur sprechen –, erinnert mich so frappierend daran, wie wir in der Frage Landesbank miteinander umgegangen sind, sodass ich Sie alle auffordern möchte, noch einmal darüber nachzudenken, was dann passiert ist.
Wenn wir Probleme erkennen, dann muss es möglich sein, sie zu benennen und auch zu besprechen. Auch der zuständige Staatsminister sollte akzeptieren, dass gefälligst auch der Sächsische Landtag in dieser Frage mitdiskutieren darf. Das ist doch nicht meine persönliche Veranstaltung!
Das geht uns doch alle an, liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Konservativ“ – so nennen Sie sich doch – kommt vom lateinischen „conservare“ und bedeutet „bewahrenswert“. Ich wünsche Ihnen wirklich, dass Sie sich auch in Bezug auf die staatliche Porzellanmanufaktur viel stärker der Beantwortung der Frage verpflichten fühlen, was bewahrenswert ist. Denn wenn wir es so weit kommen lassen, dass handbemaltes Porzellan zu industriell gefertigtem Tischgeschirr wird, dann beschädigen nicht Sie das Image –
dann beschädige nicht ich das Image, sondern das schaffen Sie, meine Damen und Herren von der CDU und auch von der SPD, ganz allein.
Herr Staatsminister, übrigens agieren Sie nicht allein. Sie reden auch nicht allein mit den Leuten. Das ist ein bisschen anmaßend; aber das müssen Sie mit sich selbst ausmachen.
Insofern kann ich Sie, Herr Staatsminister Unland, nur nochmals auffordern:
Erstens. Geben Sie den Beschäftigen eine Beschäftigungsgarantie!
Zweitens. Kehren Sie zum Kern der handbemalten Porzellane zurück!
Drittens. Beenden Sie die Markenstreitigkeiten, die offensichtlich schon wieder losgehen! Beenden Sie diese Markenstreitigkeiten! Denn es hat keinen Sinn, andere Unternehmen in der Stadt Meißen mit Klagen zu überziehen.
Am 4. Juli wird der Aufsichtsrat vielleicht Entscheidungen treffen, die nur schwer rückholbar sein werden. Deshalb sitzen wir heute hier und können nicht bis zum August warten. Deshalb müssen wir heute darüber reden. Das ist die letzte Chance, die wir haben. Vielleicht nimmt das der Staatsminister mit und wir hören erfreuliche Nachrichten, statt uns im Plenum oder im Ausschuss wieder mit diesem mittlerweile schon leidigen Thema beschäftigen zu müssen. Wir alle wollen eine stolze, gut aufgestellte staatliche Porzellanmanufaktur. Daran sollten wir alle gemeinsam arbeiten.
Vielen Dank.
Kollege Kirmes war ja früher Mitglied der SED.
Insofern kann es sein, dass es daran liegt. Aber darauf will ich gar nicht zu sprechen kommen.
Ich möchte Sie nur darüber informieren – vielleicht haben Sie Ihrer Kollegin nicht zugehört –, dass die Porzellanmanufaktur schon heute spülmaschinenfestes Geschirr herstellt, sogar mit Hand bemaltes; „Unterglasur“ nennt man das.
Wir fordern doch nur dazu auf, diese Tugend, diesen Pfad der Porzellanmanufaktur nicht zu verlassen. Vielleicht können Sie uns einfach sagen, ob Sie bereit sind, mit uns an dieser Flanke zu kämpfen. Dann hätten wir eine
Gemeinsamkeit, die wir vielleicht fortführen könnten, Herr Patt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Colditz hat mir schon einiges vorweggenommen. Das macht es mir jetzt etwas schwerer.
Herr Wurlitzer, ich habe mich schon gewundert, dass Sie jetzt ans Pult treten. Wahrscheinlich ist das dem Fakt geschuldet, dass Sie den Beratungsablauf des Rechnungshofberichtes nicht selbst verfolgen konnten. Sie machen uns den Vorwurf – so habe ich es zumindest aus Ihrem Redebeitrag herausgehört –, dass die Parlamentarier die Problemlagen, die in der Mittelverschwendung auftreten, nicht ausreichend berücksichtigen.
Das halte ich für einen falschen Vorwurf.
Wenn Sie ein wenig in die Vergangenheit schauen würden, würden Sie die vielen Debatten sehen, die wir geführt haben. Sie haben unter anderem den City-Tunnel angesprochen. Dazu gab es ein Gutachten des Sächsischen Rechnungshofes, das sich nur mit der Frage der Finanzierung und der Fehlsteuerung im City-Tunnel auseinandersetzte. Wir haben viele Ausschusssitzungen im Haushalts- und Finanzausschuss damit zugebracht und viel Kritik geäußert. Presseerklärungen – das schärfste Schwert der Opposition – gibt es dazu noch und nöcher. Wir haben sogar zum Kollegen Cohausz, wenn ich mich recht erinnere, hier eine Aktuelle Debatte gehabt, und zwar lange bevor es im Rechnungshofbericht stand. Als es ruchbar wurde, was dort stattgefunden hat, haben wir sogar sehr harte Worte gefunden für diese Klientelwirtschaft, die es dort gab. Das Paulinum war mehrfach im Haushalts- und Finanzausschuss Thema, auch die Irrun
gen und Wirrungen, die in der Planungsphase stattgefunden haben mit dem Architektenbüro, das dann pleitegegangen ist. Da musste ein neues gefunden werden, das sich dann wieder einklagte. All das findet ausreichend Berücksichtigung.
Kommen wir zur Personalwirtschaft. Es gibt kaum ein Thema, das in den letzten fünf bis zehn Jahren so viel Beachtung hier im Landtag gefunden hat wie die Fehlsteuerung in der Personalentwicklung durch die Staatsregierung.
Lieber Herr Wurlitzer und Kollegen von der AfDFraktion, Sie glauben jetzt ein adäquates Mittel gefunden zu haben, den Berichtsantrag, mit dem Sie alles erhellen und aufdecken wollen. Ich denke, Ihr Antragsthema ist in der Beratung des Rechnungshofberichtes erst einmal gut aufgehoben. Wir nehmen uns im Haushalts- und Finanzausschuss über Monate Zeit, Punkt für Punkt dieses Rechnungshofberichtes durchzuarbeiten, die von der Verwaltung gegebenen Stellungnahmen dabei mit zu berücksichtigen, nachzufragen, nachzubohren. Ich gebe zu, dass die Voten dann nicht immer zu meiner Zufriedenheit gefasst werden. Ich hätte mir da den einen oder anderen Beitritt oder die eine oder andere Einsicht der Verwaltung, dass das ein Fehlverhalten ist, mehr gewünscht. Aber uns vorzuwerfen, dass wir uns nicht damit auseinandersetzen würden, geht an der Sache vorbei.
Jetzt kommen wir zu den Ergebnissen. Natürlich würde ich mir – wir haben heute erst eine Debatte dazu gehabt – auch wünschen, dass in der Frage der Verantwortung von Politik bzw. der Verantwortung der Entscheider in der Politik mehr Haftung stattfindet, damit das die Leute draußen sehen, die darauf schauen, welche Entscheidungen in der Politik gefällt werden und wo Ausgaben ohne Sinn und Verstand stattfinden.
Im Moment, das muss ich wirklich sagen, sehe ich leider keinen Weg, wie diese Verantwortung auch konsequent mit Sanktionen belegt werden kann. Das ist wirklich bedauerlich, da Politik auch dadurch nach außen kein gutes Bild macht. Ich erinnere an die Frage der Landesbank. Wir haben sehr intensiv gerade zur Verantwortung von handelnden Personen gesprochen. Ob es Politiker waren, die in den Verwaltungsräten oder im Kreditausschuss saßen, die schwerwiegende Entscheidungen getroffen haben, die uns am Ende fast 3 Milliarden Euro kosten werden – sie gehen alle straffrei aus. Das ist bedauerlich. Aber mit Ihrem Antrag werden Sie das nicht ändern.
Wir werden diesen Antrag, weil er eben leider keine Lösung bringt, sondern nur das Beratungsverfahren, das wir ohnehin schon haben, quasi noch einmal aufwirft, ablehnen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Herr Wurlitzer, ich bin jetzt noch einmal ans Pult gegangen, weil ich es wirklich langsam etwas schwierig finde, was Sie hier machen.
Wenn Sie noch mal anfangen, uns allen hier zu unterstellen, wir würden die ganze Zeit nur labern, dann ist das vielleicht das Konzept der AfD. Sie tun so, als würden Sie die Einzigen sein, die hier etwas machen. Das ist doch Unsinn! Das wüssten Sie, wenn Sie sich mit der Materie und mit den Fragen beschäftigen würden. Und dass Politik nicht einfach nur „hier den Schalter umlegen“ ist, sondern dass Verfehlungen, die über Jahre passieren, auch Jahre brauchen, um sie wieder zu reparieren, müssten Sie auch wissen. Darüber diskutieren wir doch hier, und zwar jeden Tag aufs Neue. Sogar die CDU und die SPD bemühen sich, Lösungen für die anstehenden Probleme zu finden.
Das ist doch der Fall! Das muss doch mal gesagt werden! Da bin ich doch gar nicht so!
Wenn Sie sich jetzt aber hier hinstellen und die ganze Politikerkaste, wie Sie uns auch immer alle bezeichnen wollen, als faule, dumme Idioten darstellen, dann müssen Sie nicht glauben, dass wir Ihnen das durchgehen lassen, Herr Wurlitzer.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Zur Zuständigkeit des Sächsischen Landtages hat mein Vorredner schon alles Nötige gesagt. Insofern brauche ich mich jetzt nicht darauf zu kaprizieren. In der Tat gab es auch bei uns einige Fragezeichen, als wir das Thema der Aktuellen Debatte gelesen haben. Bevor ich darauf zu sprechen komme, ein paar Fakten zur Visafreiheit, vielleicht im Anschluss noch zur Türkei.
Wir haben in Deutschland drei Millionen Türkeistämmige. Davon sind 1,5 Millionen mit einem deutschen Pass ausgestattet. 500 000 dieser Menschen sind in Deutschland geboren. Alle diese Menschen sind eine Bereicherung für unser Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Natürlich sind sie geschäftlich und familiär mit der Türkei eng verbunden. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass diese familiäre und geschäftliche Verbindung auch danach schreit, dass man schneller und einfacher zueinander kommt. Deshalb ist die Visafreiheit auch für Türkeistämmige überfällig. Sie ist überfällig, weil Reisefreiheit ein hohes Gut ist. Es ist aus unserer Sicht ein Gut, das für jeden und jede auf dieser Welt eigentlich gewährleistet sein sollte. Es ist traurig, dass es genügend Menschen auf dieser Welt gibt, die, wenn sie eine Reise nach Deutschland unternehmen wollen, immense Hürden zu überwinden haben, die nachweisen müssen, dass sie Geld haben und dass sie überhaupt zurückwollen. Dementsprechend ist es Position meiner, unserer Partei, dass Visafreiheit für alle Menschen ein lohnens- und wünschenswertes Ziel ist.
Es ist traurig genug, dass die Frage der Visafreiheit zur Verhandlungsmasse geworden ist, in einem unwürdigen Schauspiel, in einem miesen, dreckigen Deal, wie ihn einige nennen, der auf dem Rücken der Flüchtlinge mit dem Gut der Reisefreiheit ausgetragen wird.
Bevor wir uns die Türkei anschauen, möchte ich noch einen Ton zur AfD sagen. Genau dasselbe Spiel scheinen Sie jetzt auch wieder zu treiben, indem Sie den Konnex des Genozids an den Armeniern, der stattgefunden hat, zu der kriegerischen Auseinandersetzung der Türkei mit den Kurden im eigenen Land herstellen, offensichtlich vor dem Hintergrund, dass Sie den Kurden in der Türkei eine Fluchtmöglichkeit aus dieser kriegerischen Auseinandersetzung abschneiden wollen. Das ist wirklich traurig und erbärmlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD!
Ich komme gleich noch einmal darauf. Natürlich ist die Türkei, wie wir sie im Moment wahrnehmen, kein netter Partner für uns.
Sie ist ein autoritärer Staat und entwickelt sich immer stärker dazu, meine Damen und Herren.
Es ist eben schon angesprochen worden: Es gibt dort keinen Respekt für frei gewählte Abgeordnete. Ihnen wird einfach aus niedrigen Beweggründen die Immunität abgesprochen. Es werden Kritiker massenweise verfolgt. Seit 2014 gab es 2 000 Verfahren wegen Beleidigung des Staatsoberhaupts innerhalb der Türkei. Die Leute werden in den Knast geworfen.
Die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit – Journalisten werden inhaftiert und verfolgt – werden in diesem Land im Moment mit Füßen getreten.
Wie ich eben schon ausgeführt habe, wird der Krieg in diesem Land gegen eine Minderheit, gegen die Kurden, geführt, denen man das Recht nehmen will, sich selbst zu äußern, ihre eigene Kultur zu leben. Dieser Krieg ist nicht
vereinbar mit den Grundwerten der Europäische Union, meine Damen und Herren.
Insofern kann ich festhalten, dass sich die Türkei im Moment von der Wertegemeinschaft der Europäischen Union entfernt und deshalb jegliche Debatte um einen EU-Beitritt aus unserer Sicht eigentlich gestoppt werden müsste, weil das das Signal wäre, was zumindest Erdoğan in Ankara verstehen würde, wenn sie wirklich vorhaben, in die Europäische Union überhaupt noch ansatzweise reinzukommen, müssen sie auch die Wertmaßstäbe der Europäischen Union respektieren und in ihrem eigenen Land umsetzen. Daran krankt es. Aber die Frage der Visafreiheit darf nicht zur Verhandlungsmasse in dieser Debatte gemacht werden. Menschenrechte gelten immer und überall universal.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es ist schon interessant, welche Angebote hier vonseiten der CDU aufgemacht werden; aber lassen Sie mich zum Antrag kommen, der zwei Themen beinhaltet: Strafzinsen und Vorfälligkeitsabgaben. Der Begriff „Vorfälligkeitsabgaben“ ist offenbar eine Wortschöpfung der AfD-Fraktion, aber ich nehme an, es handelt sich um die Sozialversicherungsbeiträge und die Vorfälligkeit ebendieser. Zum Thema Strafzinsen komme ich am Ende meines Beitrages zu sprechen, weil das offensichtlich Ihr Lieblingsthema ist.
Nun zunächst zum Thema selbst: Herr Pohle ist bereits darauf eingegangen, dass es im Jahr 2005 ein bedrohliches Defizit in der Sozialversicherung, insbesondere in der Rentenversicherung, gab. Wer sich etwas näher mit der Materie auskennt, wird wissen, dass die Rentenversicherung eine sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage beinhaltet. Diese Nachhaltigkeitsrücklage beträgt 0,2 Monatsauszahlungen. Darüber hinaus gibt es eine sogenannte Schwankung, die stattfinden kann, ohne dass irgendein Mechanismus zum Einsatz kommt: Bis zu 0,15 Monatsauszahlungen der Rentenversicherung passiert zunächst einmal nichts. Nur wenn man darunter liegt, ist theoretisch eine Anpassung des Rentenfaktors, das heißt der Beiträge, nötig. Im Jahr 2005 ist dieser Notfall eingetreten; man ist unter die 0,15 Monatsausgaben gesunken. Dann gab es die Debatte zu der Frage, was zu machen sei, die die damalige rot-grüne Koalition zu beantworten hatte. Man hätte eine – in Vorwahlkampfzeiten nicht besonders beliebte – Rentenbeitragserhöhungsdebatte am Hals gehabt oder man bedient sich eines Tricks.
Der Trick, der damals gemacht wurde, war, die Rentenzahlung einmalig um einen Monat nach vorn zu holen. Das hat im Jahr 2006 dazu geführt, dass mit dem damaligen Rentenentlastungsgesetz vom 3. August 2005 diese Vorfälligkeit entstanden ist. Das heißt, einen Monat
vorher wurde vereinnahmt. Damit hatte man die Frage der Nachhaltigkeitsrücklage geklärt, brauchte die Rentenbeiträge nicht nach oben anzupassen und hat damit übrigens, Herr Pohle, auch eine Entlastung der Wirtschaft erreicht, weil diese dann auch die höheren Rentenbeiträge nicht zahlen musste.
Es handelt sich dabei um einen Einmaleffekt, wie wohl schon gesagt wurde, der ungefähr 20 Milliarden Euro umfasste. In der Tat hat diesen Einmaleffekt natürlich die Wirtschaft quasi aus ihren Liquiditätsreserven finanziert. So weit, so richtig. Es gab auch durchaus Kritik der deutschen Wirtschaft, des Handwerkstages, die ja bis heute anhält. Dieser Liquiditätsentzug – das dürfte sich jetzt über die Jahre einigermaßen ausgeregelt haben – bringt auch einiges an Bürokratie mit sich. Wenn ich im Vorfeld schätzen muss, was ich am Ende des Monats eventuell habe, heißt das, ich muss schließlich zweimal rechnen.
Dieses Problem, das eben noch einmal mit angesprochen wurde, ist im Jahr 2006 zumindest schon einmal teilweise mit gelöst worden. Da gab es ein wunderschönes „Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse, insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft“. Dieses Gesetz wiederum hat ein sogenanntes Optionsmodell ermöglicht, mit dem gestattet ist, die Beiträge, die man im Vormonat bezahlt hat, als Pauschale anzunehmen und im nächsten Monat die Abrechnung zu machen. Damit war der bürokratische Mehraufwand sowohl für die Sozialversicherungsträger wie auch für die Wirtschaft eigentlich überschaubar. Das Problem existiert also in der Schärfe, die es am Anfang hatte, nicht mehr. Insofern sehe ich jetzt auch noch keine große Änderungsnotwendigkeit.
Dann kam die Sächsische Staatsregierung unter Staatsminister Morlok, FDP, zu der Auffassung: Wir müssen da mal dringend was machen; es sieht ja auch gut aus, wenn man sich um die Wirtschaft kümmert, vor allen Dingen, wenn man FDP und ein bisschen auf dem Abwärtsgleis ist. – Was haben sie gemacht? Sie haben gesagt: Das ist alles Unsinn; wir müssen das Ganze wieder abwickeln. Wir machen es wie vorher. – Sie sind damit in den Bundesrat gegangen, und der Bundesrat hat gesagt: Liebe Leute, so einfach ist die Welt nicht. Einfach etwas im gesamten Bereich der Sozialversicherung rückabwickeln bringt ja auch ein paar Probleme mit sich, zum Beispiel, dass der eben noch bei der Wirtschaft entstandene Liquiditätsengpass dann in der Sozialversicherung stattfindet – in der Tat auch nur einmalig, aber das könnte ja auch zu Problemen führen.
Insofern: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Eine einfache Rückabwicklung ohne die Probleme, die für die Sozialversicherung dabei entstehen, zu berücksichtigen sollte man nicht unbedingt machen. Deswegen bin ich gespannt – ich habe auch zur Kenntnis genommen, dass die mittelständische Initiative der Union mit daran ist, das noch einmal aufzurufen –, zu welchem Ergebnis Sie am Ende des Tages kommen werden, ob sich der Aufwand wirklich lohnt.
Jetzt kommen wir zur Frage der öffentlichen Haushalte und der von Ihnen genannten Strafzinsen.
Das ist ja Ihr Lieblingsthema. Jetzt kommen wir zu den öffentlichen Haushalten. Wir reden also von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungsträgern. Es gibt eine wunderschöne Berechnung der Deutschen Bundesbank, wie viele Minderausgaben die öffentlichen Haushalte – Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung – durch die Niedrigzinspolitik der EZB bisher hatten. Seit Einführung dieser Niedrigzinspolitik, seit 2008, ist es die stolze Summe von 193 Milliarden Euro, die wir weniger an Zinsen ausgeben, genau das Geld, das man für so wunderbare Projekte wie kostenloses Schulmittagessen, mehr Polizeistellen, mehr Lehrerstellen oder sonst irgendetwas einsetzen kann.
Sie betrachten immer nur die eine Seite, das ist die weitaus kleinere, die des Strafzinses: Da muss ich ja etwas zahlen. Sie sehen aber nicht die andere Seite der Niedrigzinspolitik, nämlich die der massiv geringeren Ausgaben bei den Zinsen. Allein der Freistaat Sachsen gibt mittlerweile im Vergleich zu 2008 ungefähr 300 Millionen Euro weniger für Zinsen aus – Geld, das wir für viele gute und bessere Dinge ausgeben können. Sie werden doch bei aller Kritik, die Sie haben – Sie können gern auf die EZB und die EU schimpfen –, nicht ignorieren, dass der Staat im Moment sehr stark von diesen Niedrigzinsausgaben profitiert.
Insofern bitte ich dies auch mit zu berücksichtigen. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Vielen Dank.
Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! 10 Cent – das ist der Verlust, den Milchbauern im Moment pro Liter Milch machen. Diese Lage, die seit Monaten anhält, ist für viele Milchbauern inzwischen existenzbedrohend geworden. Aus diesem Grund findet in Berlin am 30. Mai dieses Jahres ein sogenannter Milchgipfel statt, auf dem – hoffentlich – auch Entscheidungen zugunsten der Milchbauern fallen, um diese Situation zumindest abzufedern.
Der Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft hat am 20. Mai mit den Verbänden hier vor Ort Gespräche
gesucht, um auch einen Forderungskatalog aufzustellen. Erst gestern wieder wurde aus Ihrem Hause eine Pressemitteilung herausgeschickt, die noch einmal auf das dringende Gebot staatlicher Hilfen hinweist.
Wir sind der Auffassung, dass der Sächsische Landtag in einer solchen Situation nicht schweigen kann, nicht schweigen darf, und haben deshalb einen Antrag vorgelegt, der die Positionen der sächsischen Milchbauern, aber natürlich auch die der Staatsregierung aufgreift und unterstützt. Wir halten es deswegen für dringend geboten, hier im Hause eine Debatte dazu zu führen; denn die Landwirte brauchen endlich Entscheidungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und für Ihre Zustimmung zur Dringlichkeit dieses Antrags.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir haben in der Tat diesen Antrag gestellt, und wir hatten eine sehr interessante und intensive Debatte im Haushalts- und Finanzausschuss. Der Vollständigkeit halber sollte man nochmals auf den Vorgang vor diesem Vorgang zu sprechen kommen. Wir haben zur Kenntnis nehmen dürfen, dass sich Ende letzten Jahres sowohl der Ministerpräsident wie auch der Innenminister einigen konnten und der Öffentlichkeit kundgegeben haben, dass wir einen Stellenabbaustopp im Bereich der Polizei wollen. Dieser Stellenabbaustopp hat natürlich, wenn man ihn denn will, Konsequenzen. Richtigerweise fordern wir diesen Stellenabbaustopp, weil die Polizei überlastet ist
und allein schon die Entscheidung des Landtags für den Doppelhaushalt 2015/2016, diesen Stellenabbau zu vollziehen, aus unserer Sicht ein Fehler war. Daher haben wir auch entsprechende Änderungsanträge gefertigt und hier zur Abstimmung gebracht.
Es bleibt trotzdem ein Fakt, dass das Hohe Haus in der Gesamtheit dem Haushaltsplan eine Zustimmung gegeben hat, in dem dieser Stellenabbau nun einmal festgelegt wurde. Wenn dem so ist, dann hat die Regierung eine Pflicht, diesen zu vollziehen – den sogenannten kwVermerk.
Noch einmal: Ende letzten Jahres kam auch die Regierung mittels des Innenministers und auch flankiert vom Ministerpräsidenten zu der Einsicht, dass dieser Stellenabbau nicht mehr weiter zu rechtfertigen ist. Dementsprechend hat das SMI bereits am 25. November 2015 an den Finanzminister einen Antrag gestellt, diese 122 Stellen für 2015 auszusetzen. Nun wird es das Geheimnis der Staatsregierung bleiben, warum es vom 25. November zum 25. Dezember, zum 25. Januar, zum 25. Februar und selbst noch bis in den März hinein gedauert hat, bis sich dann sogar ein Kabinett mit dieser Frage befassen musste und erst ein Kabinettsbeschluss genug Druck erzeugt hat, um den Finanzminister dazu zu bewegen, dem Antrag des SMI stattzugeben.
Wenn man so langsam arbeitet, braucht man nicht lange warten, dass es zu einer Verfristung kommt.
Als nun aber dieser Antrag vorlag, hat der Rechnungshof – das gehört zur Wahrheit auch dazu – dem Haushaltsausschuss eine Stellungnahme zu diesem Vorgang vorgelegt. Ich möchte nur einen Satz daraus zitieren, der zugegebenermaßen etwas länger ist: „Angesichts des mit der Umsetzung des Stellenabbaustopps im Polizeibereich vollzogenen Paradigmenwechsels bei der Stellenentwicklung in der Staatsverwaltung und den damit verbundenen Personalausgaben hält der Sächsische Rechnungshof eine Parlamentsbefassung in Form eines Nachtragshaushaltes für das Jahr 2016 für geboten. Ein entsprechendes Gesetz kann noch rechtzeitig herbeigeführt werden.“ – Sie verzeihen mir den zweiten Satz.
Genau diese Debatte haben wir aufgegriffen und gesagt: Ja, Sie haben in § 6 Abs. 12 des Haushaltsgesetzes eine Ermächtigung bekommen, allerdings – darauf ist hingewiesen worden – muss ein unabweisbares Bedürfnis bestehen. Wenn es darum geht, was ein unabweisbares Bedürfnis ist, dann haben wir glücklicherweise eine Regel. Denn es gibt eine Festlegung in § 37 des Sächsischen Haushaltsgesetzes: „Als unabweisbar ist ein Bedürfnis insbesondere nicht anzusehen, wenn nach Lage des Einzelfalles ein Nachtragshaushaltsgesetz rechtzeitig herbeigeführt oder die Ausgabe bis zum nächsten Haushaltsgesetz zurückgestellt werden kann.“
Nun kommen wir zu diesem Einzelfall. Dieser Einzelfall besagt, dass die kw-Vermerke für 2015 aufgehoben werden sollen. Das wäre problemlos mit einem Nachtragshaushaltsgesetz möglich gewesen. Herr Michel, ich darf Sie insofern darüber informieren, dass die Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages in § 45 Abs. 3 ganz klar vorsieht, dass dieses Nachtragshaushaltsgesetz innerhalb von fünf Wochen durch den Sächsischen Landtag zu beschließen ist.
Dann zweifeln Sie an der Geschäftsordnung, die wir uns ja alle miteinander gegeben haben. Aber Erfahrung macht bekanntlich klug. Vielleicht sollten wir es einfach mal probieren, damit wir in einem Ernstfall wirklich wissen, wie es geht.
Am Ende des Tages haben wir jetzt die berechtigte Frage: Ist durch die vom Haushaltsausschuss vorgenommene Aufhebung des durch den Landtag beschlossenen Stellenabbaus Recht gebrochen, Recht gebeugt worden oder rechtmäßig gehandelt worden? Dazu hat meine Fraktion im Haushaltsausschuss den Juristischen Dienst gebeten oder als Fraktion beantragt, ein Gutachten zu erstellen, das bis Ende August vorliegen wird. Wir erhoffen uns dadurch Klarheit, damit wir sogar einmal gemeinsam mit der AfD – nein, gemeinsam nicht – hier festhalten können – –
Ja, es fällt schwer. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, das fällt schwer. Aber da es um eine grundsätzliche Frage geht, kann dieses Hohe Haus in der Gesamtheit einen Haushaltsplan beschließen. Und kann dann der Haushaltsausschuss als Teilgesamtheit einfach diesen Beschluss aushebeln? Da haben wir doch auch ernsthafte Zweifel und warten deshalb interessiert auf das Ergebnis des Juristischen Dienstes und halten das Vorgehen, das hier gewählt wurde, aus unserer Sicht für Rechtsbeugung. Wir meinen, dass es sinnvoll wäre, dem Antrag, den wir gestellt haben, zuzustimmen. Denn es geht hier im Einzelfall darum, Stellen zu schaffen, vor allem Ausbildungsstellen, die überhaupt erst am 1. September in Wirkung treten. Auch wäre es kein Problem, die Tarifstellen innerhalb der Fünf-Wochen-Frist neu zu besetzen.
Insofern gab es keine Not. Es war einfach nur Ihre Angst vor dem unendlich schwierigen Thema „Nachtragshaushalt“. Die CDU tut sich mit diesem Thema ja so verdammt schwer. Wir haben erleben müssen, dass sie sogar schon vom Verfassungsgericht in dieser Frage zurechtgewiesen werden musste. Vielleicht erlebe ich es ja noch in meiner Zeit hier im Parlament, dass wir einmal ein solches Instrument auch nutzen. Es ist kein Teufelszeug, Kollege Michel, glauben Sie mir. Andere Landtage bekommen das auch hin.
Vielen Dank für Ihre Zustimmung zu unserem Antrag, zu dem ich jetzt um Einzelabstimmung bitten möchte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass diese Debatte hier im Gesamtplenum geführt wird, damit auch jedem klar ist, worum es geht: um die Frage, wie wir als gesamter Landtag zu den von uns aufgestellten Gesetzen, vor allem zum Haushaltsgesetz, immerhin dem Königsrecht des Parlaments, stehen. Das wollte ich als Erstes einmal festhalten.
Zweitens zu den Anmerkungen, was das Nachtragshaushaltsgesetz betrifft. Es ist vollkommen richtig: Wenn ein Nachtragshaushalt aufgestellt wird, muss alles, was zum Zeitpunkt des Aufstellungsverfahrens bekannt ist, mit einfließen, weil natürlich eines verhindert werden soll: dass Nachtragshaushalt um Nachtragshaushalt um Nachtragshaushalt geschaffen wird. Das bedeutet aber nicht, dass alle Eventualitäten irgendwie mit hineinkommen sollen. Insofern, Kollegin Schubert, muss ich Sie ganz leicht korrigieren.
Ich danke für die Aufmerksamkeit und noch einmal für die Zustimmung zu diesem Antrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich werde jetzt nicht der Versuchung erliegen und die Aktuelle Debatte wiederholen, die wir im März geführt haben.
In der Tat, es ist gerade darauf hingewiesen worden; wir haben damals das eine oder andere Argument ausgetauscht. Die AfD ist eben auf der Suche nach echten und auch vermeintlichen Problemen, die die Menschen umtreiben. Als Wünschelrutengänger haben sie das Thema Bargeld für sich entdeckt und versuchen, noch weiterzugraben, weil ihre Kampagne offensichtlich nicht so richtig ins Laufen kommt.
Sie arbeiten mit Behauptungen. Sie arbeiten nicht mit Tatsachen oder Fragen, die zur Debatte stehen, sondern mit Behauptungen. Eine dieser Behauptungen, die nicht belegt ist, heißt, hier wollten Leute das Bargeld abschaffen: Das ist ja unerträglich, dass das Bargeld abgeschafft werden soll!
Genau mit dieser Argumentation kommen Sie und versuchen sogar noch, den Eindruck zu erwecken, als hätte das eine mit dem anderen irgendetwas zu tun.
Ich nehme das nicht persönlich, ich sage nur, dass Sie hier auch noch auf Walter Ulbricht abstellen und diesen Kontext sogar noch in Ihre Kampagne einbauen. Das ist zwar vielleicht keine Ironie der Geschichte, aber damit haben Sie schon eine Geschmacklosigkeit an den Tag gelegt, die, glaube ich, nicht zu überbieten ist.
Gleichzeitig behaupten Sie, das Ganze habe nur einen Grund, nämlich dass damit endlich die Strafzinsen, die die Bank für die geringe Kreditvergabe bekommt, an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden können.
Sie behaupten, dass das Kernziel des ganzen Themas Bargeldabschaffung und der diskutierten Obergrenzen letztlich der gläserne Bürger sei, die Überwachung des Bürgers schlechthin.