Herr Kollege Gebhardt, Sie haben sehr viel über Parallelgesellschaft gesprochen. Mir ist deutlich geworden, dass es in der Tat eine Parallelgesellschaft in Sachsen gibt. Diese gibt es aber bei Ihnen, bei den LINKEN, und das, was Sie erzählt haben, hat mit der Realität der Menschen in diesem Land überhaupt nichts zu tun. Man hat wirklich den Eindruck, Sie leben in
Nein. – Wir fahren in der Rednerreihe fort und es ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege Kupfer am Rednerpult das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 1905 war es, als Albert Einstein seine Relativitätstheorie bei einem Berner Patentamt angemeldet hat. Die damalige Wissenschaftselite war aus dem Häuschen. Sie hat sich darüber aufgeregt, und Einstein hat das mit den Worten kommentiert: ^“Wenn eine Idee nicht absurd genug klingt, lohnt es sich gar nicht erst, sie weiterzuverfolgen.“
Wir hatten 1990 eine Wirtschafts- und Währungsunion, und da war es ähnlich: Es gab viele Kritiker. Viele haben gesagt: Das kann nichts werden, das kann nicht gelingen. Der Erfolg gibt uns recht: 25 Jahre nach der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion, nach dem Einigungsvertrag, nach der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes und nach dem Aufbau hier im Osten Deutschlands können wir sagen, dass dieser gelungen ist.
Heute sind wir dankbar für das vorausdenkende, schnelle Entscheiden und Handeln der damaligen politischen Verantwortungsträger, und es erfüllt mich und kann uns mit Stolz erfüllen, dass wir dabei waren. Nach einer aktuellen, von der „Leipziger Volkszeitung“ veröffentlichten Umfrage unter Ostdeutschen, die ihren Wohnsitz seit 1989 in Ostdeutschland haben, waren nur 17 % der Meinung, dass die Wiedervereinigung keine Erfolgsgeschichte war. 18 % der Befragten sagten aus, dass die Lage in Ostdeutschland schlecht sei. In Sachsen meinten das nur 16 %. Das heißt: Mehr als vier Fünftel unserer Bevölkerung sind zufrieden mit dem, was wir in Sachsen erreicht haben, und sie sehen durchaus eine Perspektive für eine gute Zukunft.
Was sagen uns diese Zahlen? Der Aufbau Ost ist gelungen, aber noch nicht zu Ende. Ohne die eigenständige sächsische Identität aufgegeben zu haben, haben wir unseren Freistaat entwickelt. Die sächsischen Traditionsunternehmen wie die Automobilindustrie und der wiedererstarkte Mittelstand sind die Zugpferde für Wirtschaft und Wissenschaft, aber auch für Forschung, und sie binden viele kleine und mittelständische Betriebe der Zulieferindustrie und der Dienstleistungsbranche an sich. Die Wertschöpfung bleibt in Sachsen und die Men
Die finanziellen Hilfen für Sachsen aus den westdeutschen Bundesländern und dem Bund, aber auch die vielen europäischen Programme wurden gezielt und nachhaltig in die Entwicklung dringend benötigter leistungsstarker und moderner Strukturen und in Maßnahmen zur Überwindung des zunächst weggebrochenen und umstrukturierten Arbeitsmarktes investiert. Allein zwischen 1991 und 2005 flossen 1,3 Billionen Euro vom Bund und den westdeutschen Ländern in den Osten. Dass diese Transferleistungen besonders in Sachsen gut angelegtes Geld sind, zahlt sich heute mehrfach aus. Kein anderes neues Bundesland ist über die Jahre hinweg in der Lage gewesen, eine Investitionsquote von über 17 % festzuschreiben; und das,
obwohl wir in den letzten Jahren keine neuen Schulden aufgenommen haben. Gekoppelt an diese finanziellen Unterstützungen, wurden kommunale, private und landeseigene Projekte vorangebracht, die – wiederum Synergieeffekte – für die wirtschaftliche Entwicklung, für die Wertschöpfung, für die Lebensqualität, die Sicherheit und für Entfaltungsmöglichkeiten der eigenen Bevölkerung aufgewandt wurden.
Heute kann jeder selbst über seine Zukunft entscheiden und je nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten seinen Lebenstraum verwirklichen. Wir können dankbar und zu Recht auch stolz sein, dass wir und künftige Generationen in diesen stabilen politischen Verhältnissen leben, und wir können alle optimistisch in die Zukunft blicken.
Sachsen war und bleibt das Land der Leistungskraft, der Ideen, der Innovationen und der Kreativität. Wir haben Durststrecken schneller als andere überwunden, weil die solide Finanzkraft, die Zuverlässigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit für Investitionen wichtige Anreize sind und bleiben, sowie für künftige Generationen attraktiv sind und verbindlichen Charakter aufweisen.
Wir haben frühzeitig, meine Damen und Herren, auf ein breit gefächertes Bildungsangebot gesetzt und viel Geld in Fachpersonal und hervorragende Lernbedingungen investiert, angefangen von der frühkindlichen Bildung in Betreuungseinrichtungen, über das leistungsstarke Schulsystem, die Einrichtung von Schulen in freier Trägerschaft als Ergänzung bis zu den Fach- und Hochschulen sowie den Berufsakademien, die im Verbund mit der Wirtschaft einen sehr wichtigen Beitrag für die duale Ausbildung leisten. Gut ausgebildetes Fachpersonal ist der Schlüssel für den Erfolg. Bildungsqualität hat für uns erste Priorität, und das wird auch so bleiben.
Nach der jüngsten Studie des ifo-Instituts, veröffentlicht in der vergangenen Woche, hat die sächsische Wirtschaft bei den Konjunkturdaten im Osten am meisten zugelegt.
Wachstumsträger sind in stabiler Weise vor allem die Automobilindustrie und der Maschinenbau. Die Chipindustrie und die Firmen der Biotechnologie geben weiterhin wesentliche Impulse. Die große Spezialisierung der Investitionsgüter, der Bauboom und die stärkeren Außenhandelsverflechtungen sind der Grund für diesen Zuwachs.
Wenn wir wissen, dass wir besonders im Außenhandel noch großen Nachholbedarf gegenüber den alten Bundesländern haben, dann wissen wir auch, dass noch eine Menge Luft nach oben für eine weitere positive Entwicklung im Freistaat Sachsen ist.
Sächsische Unternehmer und Handwerker können weiter auf unsere volle Unterstützung bauen. Im laufenden Doppelhaushalt schlägt das Budget der Wirtschaftsförderung im Gesamthaushalt des SMWA mit 21 % zu Buche. Wichtigste Ressource im Rahmen der Bund-LänderProgramme ist die Steigerung der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Dies ist auf 258,9 Millionen Euro im Jahr 2015 und auf 251,1 Millionen Euro im Jahr 2016 angehoben worden. Das „Förderprogramm regionales Wachstum“ wurde darin mit 10 Millionen Euro neu veranschlagt. Kleine und mittelständische Unternehmen können an einer gezielt eingesetzten Technologieförderung partizipieren.
Zur Sicherung des Fachkräftebedarfes wird eine zentrale Anwerbeplattform eingerichtet, welche die Aufgabe hat, Akteure im Rahmen einer Fachkräfteallianz zusammenzubringen. Ich bin erfreut und dankbar, dass es ein solches Instrument gibt, denn der Fachkräftenachwuchs wird in den nächsten Jahren für die Wirtschaft eine entscheidende Herausforderung werden.
Die Weiterentwicklung der sächsischen Strategie zur Fachkräftesicherung, im Kern eine systematische Berufsorientierung, beginnt mit Praktika ab der 7. Klasse in allen Schularten. Das genießt einen hohen Stellenwert und ist unverzichtbar, um junge Menschen schon frühzeitig nicht nur an das Berufs- und Arbeitsleben zu gewöhnen und sich zu orientieren. Die Fachkräfteallianz werden wir mit 7,3 Millionen Euro in diesem Jahr und mit 8,3 Millionen Euro im kommenden Jahr fördern.
Dass der ländliche Raum mir besonders am Herzen lag und immer noch liegt, hat sich sicherlich schon herumgesprochen. Das große innovative Potenzial, das im ländlichen Raum vorhanden ist, beeindruckt mich immer wieder. Wir haben als Fraktion in den letzten Wochen Vor-Ort-Aktionen gestartet. Ich darf zwei Firmen herausgreifen, die mich besonders beeindruckt haben. Das ist zum einen die KOBRA Formen GmbH in Lengefeld. Das ist einer der 23 Weltmarktführer in Sachsen, ein sehr engagiertes Unternehmen. Sie erwirtschaften mit 320 Mitarbeitern einen Jahresumsatz in Höhe von 47,7 Millio
nen Euro, und zwar mit der Fertigung von Betonsteinformen. Das Unternehmen fertigt die Betonsteinformen, die Sie vielleicht in Ihren Gärten und auf Ihren Vorwegen liegen haben, nicht standardmäßig, sondern sie fertigen diese individuell nach Kundenwunsch. Man kann dort mit irgendeiner Fantasiezeichnung hingehen, die Firma baut Ihnen daraus eine Form, mit der Sie Betonsteine gießen können. Das ist eine sehr innovative Sache, und sie ist weltweit anerkannt und damit auch konkurrenzfähig gegenüber anderen Firmen.
Ich habe natürlich gefragt, wie sie zu einem Weltmarktführer geworden sind. Sie haben mir darauf geantwortet, dass das mit der sächsischen Wirtschaftsförderung zu tun hatte, die ihnen den Start am Markt erleichtert habe. Sie haben das flexible Verwaltungshandeln der Kommunen gewürdigt, aber auch die Innovationsfreude und die Fachkompetenz der Mitarbeiter und der Führungskräfte waren entscheidend für diesen Weg. Eine schlanke betriebliche Verwaltung ist der Schlüssel zum Erfolg und auch die im Augenblick noch leicht zu findenden Lehrlinge tragen wesentlich dazu bei. Auch wurde uns mitgegeben, dass wir an den Strukturen der Berufsakademien in Sachsen festhalten sollten, denn das wurde als Standortfaktor und als Standortvorteil ausdrücklich hervorgehoben.
Ein zweites Beispiel ist die ComCard GmbH in Falkenstein, ein Hersteller von Smartcard-Systemen. Sie stellen Scheckkarten her und haben gemeinsam – das war für mich bei diesem Besuch das Einprägsamste – mit dem Vogtlandkreis eine sogenannte KiTa-Card, eine Kindergartenkarte, entwickelt. Sie kann die nach dem gesetzlich geregelten Rechtsanspruch der Eltern auf einen Kitaplatz bestehenden Verwaltungsabläufe optimieren. Damit
werden Mehrfachbelegungen vermieden und es gibt Synergieeffekte zur erleichterten Bedarfsermittlung für den Landkreis und geht weiter bis hin zur Steuerung von Investitionsbedarfen zur Kita-Sanierung und für die Zugangskontrolle zu den Einrichtungen im Katastrophenfall.
Diese KiTa-Card trägt zur Unterstützung der Kommunen bei der Schulnetzplanung und zur Lenkung von Schülerströmen bei. Ich könnte mir vorstellen, dass man dieses System weiterentwickelt und bei der Bewerbung für einen Lehrberuf einsetzen könnte. Wir wissen, dass sich viele Firmen darüber ärgern, wenn sich potenzielle Lehrlinge bei drei oder mehr Firmen bewerben. Wenn der potenzielle Lehrling dann von allen Firmen den Zuschlag bekommt, sucht er sich eine Firma aus und die anderen schauen dann in die Röhre. Eine solche Karte könnte dazu beitragen, dass erkannt wird, wenn sich der potenzielle Lehrling noch woanders beworben hat.
Ich wünsche mir, dass dieses Pilotprojekt, das die Vogtländer gemeinsam mit ComCard gestartet haben, auch auf andere Landkreise und vielleicht sogar deutschlandweit als Beispiel gilt und es andere nachmachen.
Der Datenschutzbeauftragte hat jetzt hoffentlich zugehört. Es ist datenschutzrechtlich alles geprüft, die Firma arbeitet mit den höchsten Sicherheitsstandards, also es brennt diesbezüglich auch nichts an.
Meine Damen und Herren! Eine wichtige Zukunftsaufgabe ist und bleibt die Versorgung mit schnellem Internet. Damit bin ich wieder beim ländlichen Raum, bei dem wir Nachholbedarf haben. Wir dürfen der digitalen Entwicklung nicht weiter hinterherhinken. Wir haben es uns in der Koalition als Aufgabe definiert, und wir werden diese Aufgabe auch mit Engagement angehen.
Alle Haushaltsentscheidungen, meine Damen und Herren – das ist nicht neu –, werden am demografischen Faktor gemessen. Wir wissen, dass die Bevölkerungszahl weiter schrumpft, und zwar in den letzten 25 Jahren um 15 %. Wir haben nach einer Bertelsmann-Studie, die in den letzten Tagen veröffentlicht wurde, bis zum Jahr 2030 mit einem weiteren Bevölkerungsrückgang von fast 6 % zu rechnen. Das ist eine Entwicklung, der wir entgegensteuern wollen und müssen und es auch tun. Es ist aber auch eine Entwicklung, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Wir müssen unser Handeln, unsere Entscheidungen, besonders die Investitionsentscheidungen, immer daran messen, ob diese Investitionen auch in 20 oder 30 Jahren noch von den Menschen finanziert werden können.
Seit Langem wissen wir, dass Deutschland und damit auch Sachsen im Bereich des Fachkräftebedarfs zunehmend von Zuwanderung abhängig sein wird. Darauf haben wir uns eingestellt. Das ist für unsere Bevölkerung insgesamt auch kein Problem. Allerdings liegt eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Emnid vom Juni vor, die besagt, dass die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen an erster Stelle als wichtigstes Problem die Zuwanderungs- und Migrationspolitik sehen; und das noch vor Arbeitslosigkeit und vor Kriminalität.
Gegenüber der letzten Erhebung ist das eine Steigerung um 16 Prozentpunkte. Auch in der Frage, welche Herausforderungen in den nächsten Jahren auf den Freistaat Sachsen und die Bürgerinnen und Bürger zukommen, antworteten die meisten Menschen, dass das Thema Zuwanderung für sie primär sei, und das auch wieder vor der Schaffung von Arbeitsplätzen. Derzeit sind in Sachsen 20 710 Asylbewerber untergebracht, allein im Jahr 2015 haben wir bislang 10 690 Neuzugänge zu verzeichnen, die Tendenz ist steigend. Dem stehen nach unanfechtbarer Ablehnung insgesamt 4 392 ausreisepflichtige Asylbewerber gegenüber.
Eines, meine Damen und Herren, will ich hier klarstellen: Sachsen bekennt sich zur Aufnahme von Flüchtlingen und politisch Verfolgten.
Aber die Bürger wollen auch, dass das Asylrecht seinem Schutzzweck entsprechend konsequent angewandt und kompromisslos durchgesetzt wird.
Dazu zählt die zügige Antragsbearbeitung genauso wie die konsequente Rückführung abgelehnter Antragsteller.
In diesem Zusammenhang gilt es auch weitere Abschiebungshindernisse abzubauen. Nicht ohne Konsequenzen hinnehmbar ist die häufig auftretende Situation, dass Antragsteller auf Asyl bei der Identitätsfeststellung nicht ausreichend mitwirken oder sich gar im Falle einer Ausreiseverfügung dieser entziehen.
Diese Umstände dürfen nicht verschwiegen werden. Missbrauch ist inakzeptabel und auch nicht vermittelbar.
Der Deutsche Bundestag hat in der letzten Woche mit seiner Verschärfung des Asylrechts deutliche Signale gesetzt. Bundesminister de Maizière stellte unmissverständlich fest: „Es muss klar unterschieden werden zwischen jenen, die Anspruch auf Schutz haben, und jenen, die diesen Anspruch nicht haben“ – und meint damit die Neuordnung des Ausweisungsrechts.
Die geltenden Regelungen zur Abschiebehaft wurden konkretisiert. So zählen als weitere Gründe falsche oder unvollständige Angaben gegenüber den Behörden, ein fehlender Pass, Geldzahlung an Schlepper und die Umgehung von Grenzkontrollen bei der Einreise.
Das von der Bundesregierung geschnürte Maßnahmenpaket zur Beschleunigung von Asylverfahren ist ausdrücklich zu unterstützen und zu begrüßen. Neben der Verstärkung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mit Personal kann die Clusterbildung der Herkunftsländer von Asylsuchenden wesentlich zur Verkürzung der Antragsverfahren beitragen.