Alexander Krauß
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde wohl jetzt zum letzten Mal an dieser Stelle stehen.
Ich kann Ihre Trauer tief nachempfinden, aber ich möchte meinen praktischen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs im Deutschen Bundestag leisten und muss deswegen nach 13 Jahren dieses Haus verlassen. Es war eine große Ehre, hier sein zu dürfen und die Bürgerinnen und Bürger vertreten zu können. Landespolitik findet vielleicht in den Medien weniger Beachtung, aber ich glaube, man ist näher an den konkreten Themen dran, die die Menschen wirklich betreffen.
Ich habe immer gern hier vorn gestanden. Wenn ich jemanden persönlich verletzt haben sollte, bitte ich um Entschuldigung. Das war nicht beabsichtigt.
Die argumentative Auseinandersetzung habe ich hier sehr gern gesucht. Es kann sein, dass das nicht immer geglückt ist. Aber ich glaube, Aufgabe im Plenum ist es, dass man die Klingen kreuzt und sich nicht mit Palmenzweigen Luft zufächelt. Die Debatte finde ich sehr spannend, sie ist wichtig im Plenum, und wir müssen sie auch weiterhin pflegen. Vielleicht wird sie manchmal in der Gesellschaft vernachlässigt, sodass manche Konflikte am Brodeln bleiben. Das ist nicht gut so, sondern ich glaube, hier ist der richtige Ort, öffentliche Debatten zu führen und eine lebendige und gute Debattenkultur zu pflegen.
Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei allen Kollegen, bei allen Mitarbeitern auch der Verwaltung des Landtags, der Fraktionen und der Staatsregierung, mit denen wir zusammengearbeitet haben, insbesondere den Kollegen im Sozialausschuss, aber auch im Wirtschaftsausschuss. Bei meinen Fraktionskollegen habe ich das schon getan. Ich möchte es auch in Richtung des Koalitionspartners tun, weil wir ein bisschen enger mit dem Koalitionspartner zusammengearbeitet haben, als wir es mit den Oppositionsparteien tun. Ich habe die Zusammenarbeit sehr geschätzt; insbesondere mit Dagmar Neukirch haben wir vielleicht am intensivsten zusammengearbeitet. Ich fand die Zusammenarbeit mit Dagmar sehr fair und von Fachargumenten geprägt. Es war eine verlässliche Zusammenarbeit. Dafür ein herzliches Dankeschön. Aber dieses Dankeschön geht an alle in diesem Hause, vielen herzlichen Dank! Glück auf!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will vorausschicken: Jeder soll bei uns im Land so leben, wie er es möchte. Das ist sein gutes Recht, das kann er tun, das ist in Ordnung. Ich will als Zweites vorausschicken, dass Hass und Gewalt immer inakzeptabel sind, egal gegen welche Menschengruppe sie sich dabei richten.
Es gibt dabei auch keine Gruppen, die mehr Rechte haben, dass man gegen Gewalt vorgeht, sondern es ist ein grundsätzliches Menschenrecht, egal, um wen es sich dabei handelt. Hass und Gewalt werden von uns abgelehnt.
Das bringt der Landesaktionsplan für diese Gruppe, über die wir gerade gesprochen haben, auch zum Ausdruck, und das ist gut so. Deswegen freue ich mich, dass schon kräftig gedankt worden ist. Ich will das aber gern auch für unsere Fraktion tun. Ein herzliches Dankeschön an Frau Staatsministerin Köpping, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialministeriums, an die beteiligten Verbände, aber auch an die Staatsregierung als Ganzes, die sich dort insgesamt eingebracht hat. Ich glaube, auch das kann man an dieser Stelle ruhig wiederholen.
Die Mittagszeit naht, vielleicht liegt es daran.
Jetzt gibt es vielleicht ein paar Punkte, bei denen Sie sagen, darüber, dass das so ist, bin ich nicht ganz so froh. Ich bin froh, dass Sie nicht froh sind, weil ich sonst nicht froh wäre.
Wir hätten da meines Erachtens etwas falsch gemacht, wenn Sie jetzt froh gewesen wären, denn eines ist ja auch klar: Die Erarbeitung eines solchen Programms ist kein „Wünsch-dir-was“. Natürlich bringt dann jeder seine Wünsche vor. Aber der Freistaat Sachsen ist nun nicht der Weihnachtsmann, der den Leuten jeden Wunsch erfüllt. Das muss man einmal ganz deutlich sagen.
Es wäre auch schlimm, wenn das anders wäre.
Damit sind wir bereits bei dem zentralen Punkt: Wie gesagt, dieser Aktionsplan hat seine Berechtigung, das ist in Ordnung. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir das machen. Meines Erachtens haben wir es auch in einer guten Form hinbekommen. Aber Politik muss aufpassen, dass sie sich nicht nur um Randgruppen kümmert. Politik muss auch die Mehrheitsgesellschaft im Blick behalten und darauf schauen, welche Bedürfnisse es dort gibt. Ich will dies an einem ganz klaren Beispiel verdeutlichen, wenn wir über dieses Thema reden. Ich wünschte mir, dass wir auch einmal einen Landesaktionsplan für die Stärkung von Familien machen. Das wäre einmal etwas Gutes.
Keine Frage, wir können das gern machen; das ist doch in Ordnung. Aber auch einmal das ins Blickfeld zu nehmen, was die Mehrheitsgesellschaft in diesem Land ist, das müssen wir auch hinbekommen; denn man kommt an den Punkt, an dem die Leute dann fragen, was das mit ihrer Lebenswirklichkeit zu tun hat. Auf diese Frage muss man eine Antwort geben. Deswegen ist es wirklich wichtig, dass man den Blick auf die Gesamtgesellschaft wirft.
Dieser Blick auf die gesamte Gesellschaft ist uns als Volkspartei wichtig, die wir versuchen, wirklich alle Interessen zu bündeln, ob die von Alt und Jung, von Mann und Frau oder diejenigen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Das muss der Blick sein, der von oben darauf geworfen wird.
Frau Kollegin Buddenberg, in einem Punkt gebe ich Ihnen recht,
dem Punkt der fehlenden Datengrundlage. Ich hätte mir auch gewünscht, dass man mehr Zahlen hat. Wir haben einmal zu erfassen versucht, um welche Gruppe es sich denn handelt. Wenn man die Zahlen einmal hat, dann wird man feststellen: Es geht um wirklich kleinste Minderheiten, über die wir in diesem Zusammenhang sprechen. Ich habe mich einmal gefragt: Wie viele Leute lassen sich denn umoperieren? Jeder soll sich umoperieren lassen können.
Wenn er der Ansicht ist, er ist ab morgen eine Frau, dann soll er das machen; das ist seine persönliche Entscheidung. Oder wenn eine Frau sagt, sie möchte ein Mann sein, gilt dies umgekehrt ebenso – jedem sein Himmelreich, keine Frage. Aber wenn man dann einmal in die Statistik schaut und sieht, dass es keine zehn Leute in diesem Land betrifft, die das machen lassen, dann muss man eben auch einmal sagen: Es sind keine zehn Leute, für die hier ein ungeheuer großer Aufwand betrieben wird.
Dann kann man auch einmal nach Folgendem fragen. Man kann ja bei der Geburt nicht nur angeben, dass es ein Junge oder ein Mädchen geworden ist, sondern es ist ja zulässig, dass da steht, es ist irgendetwas anderes. Wenn man aber dann in der Statistik nachsieht oder beim Statistischen Landesamt nachfragt, wie diese Kinder eigentlich geboren werden, und feststellt, sie werden ganz überraschend als Jungen und Mädchen geboren, dann ist auch dies eine Wahrnehmung, die ich einfach weitergeben möchte.
Deswegen kann ich mit der Diskussion, dass es dann 60 Geschlechter gibt oder sonst etwas, relativ wenig anfangen.
Insofern noch einmal mein Blickwinkel: Es ist in Ordnung, auf der einen Seite wirklich dafür zu sorgen, dass es weder zu Hass noch zu Diskriminierung kommt – das ist in unserer Gesellschaft insgesamt unangemessen –, aber auf der anderen Seite auch noch einmal zu sagen, was die wirklich wichtigen Themen in diesem Land und in diesem Leben sind.
Ich glaube, dass wir diesen Blick auch immer wahren müssen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gern noch auf ein paar Punkte aus der Diskussion eingehen, denn wir wollen ja auch ein bisschen diskutieren.
In Richtung AfD: Wenn Sie sich als Hort des Konservativismus darstellen und dann noch auf die Bundestagswahl verweisen, muss ich Ihnen sagen: Sie sind mit einer Spitzenkandidatin ins Rennen gegangen, die alles andere als ein konservatives Familienbild lebt, die in einer homosexuellen Beziehung lebt und dort auch Kinder erzieht. Sie müssen uns beim besten Willen keinen Nachhilfeunterricht geben.
Ich weiß schon. Sie sind ganz tolerant und aufgeschlossen.
Also deswegen mal ein bisschen vorsichtig, das hat mit konservativ nicht automatisch etwas zu tun, was dort für ein Lebensmodell gelebt wird, jedenfalls nicht mit dem konservativen Begriff, den Sie versucht haben einzuführen.
Der Justizminister ist indirekt im Zusammenhang mit dem Amtsgericht Leipzig angesprochen worden. Ich möchte
mich ganz herzlich bei Ihnen und bei den Richtern bedanken, dass sie sehr genau prüfen, wann eine Namensänderung sinnvoll ist und wann nicht. Ich finde, dass man das Geschlecht oder seinen Namen nicht wechseln kann, wie es einem beliebt, sondern ich finde, dass das mit Nachdenken erfolgen muss und dass sich die Justiz davon überzeugt: Ist das aus einer Bierlaune heraus entstanden oder ein fester Wille,
den man irgendwie verfolgt und haben möchte? Eine Namens- oder Geschlechtsänderung muss hinterfragt werden, und das kann nicht erfolgen wie der Kauf einer Fahrkarte, sondern da muss man genauer prüfen.
Zum Thema Polizei. Natürlich muss die Polizei für dieses Thema sensibel sein. Ich finde, es ist relativ egal, um welche Art von Gewalt es sich handelt, ob es innerfamiliäre Gewalt ist, ob es Gewalt ist, die von Neonazis oder der Antifa ausgeht. Wir sollten alle Gewaltopfer gleich behandeln und können nicht sagen, die eine Gruppe ist uns ganz besonders wichtig und die anderen interessieren uns relativ wenig.
Ja, bitte schön.
Nein, das kann ich nicht, weil wir in Sachsen die entsprechenden Regelungen haben, die so sind, wie sie sind, damit es nicht aus einer Bierlaune heraus geschieht.
Und das soll auch so bleiben.
In der Debatte fand ich einen Satz von Frau Buddeberg sehr bemerkenswert, den ich noch einmal zitieren will, also die inhaltliche Aussage: Rücksicht auf die Mehrheit zu nehmen ist die falsche Blickrichtung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, was ist denn eigentlich Demokratie?
Geht es nicht darum, dass man versucht Mehrheiten für seine politischen Überzeugungen zu finden? Machen wir hier nicht Politik für die Menschen, also für die Mehrzahl?
Das muss doch Aufgabe von Politik sein. Das Minderheitenrecht ist keine Frage, aber man muss doch fragen, was ist die Mehrheitsmeinung.
Ansonsten würde man die Demokratie ad absurdum führen. Das hieße ja, man muss genau das machen, was eine Minderheit will und was die Mehrheit ablehnt. Das kann doch nicht sein.
Der Blick muss doch immer darauf gerichtet werden, was die Mehrheit der Bevölkerung in Sachsen denkt. Deshalb war der Satz, den der Ministerpräsident gesagt hat, richtig.
Ich will an ein paar Debatten erinnern, bei denen ich denke, hier gerät etwas aus dem Lot, weil über Themen gesprochen wird, die dieses Land nicht braucht.
Sie haben es in Berlin, in der Bundeshauptstadt, erlebt, dass monatelang über das Thema Unisex-Toiletten gesprochen worden ist, also auch die Frage, darf jemand, der wie ein Mann aussieht, auf eine Frauentoilette gehen oder darf er das nicht?
Muss man die Verwaltungsgebäude umbauen, damit es dann solche Toiletten gibt, dass es auch für Frauen Urinale gibt. Ich finde, solche Debatten interessieren in diesem Land niemanden. Das braucht doch niemand.
Deshalb behalten wir die Mehrheitsmeinung im Blick. Es gab eine interessante Debatte bei der Erarbeitung der Vorschläge, die von den Verbänden kamen, weil der eine oder andere darüber nachgedacht hat, zum Beispiel auch auf Arbeitnehmerseite bei den Gewerkschaften. Denn es gibt viele Frauen, die sich wundern würden, wenn auf einmal Männer mit auf die Toilette kommen und die der Ansicht sind, wie es jetzt ist, ist es ganz gut, dass es eine Unterteilung zwischen Männern und Frauen gibt.
Deswegen fand ich den Diskussionsprozess gut und dass man wirklich einmal gefragt hat, welche Vorschläge
sinnvoll sind und welche nur im Interesse einer Gruppe sinnvoll wären, aber nicht für die Mehrheitsgesellschaft. Insofern fand ich es gut, dass wir zu dem Ergebnis gekommen sind, zu dem wir gekommen sind.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Der eine oder andere hat ja Erfahrung mit Gutachten gemacht. Es kommt immer auf den Gutachter an, was dabei herauskommt. Ich finde es, wenn ein Gericht dann noch einmal nachprüft, ob es ein Gefälligkeitsgutachten war oder nicht, aus meiner Sicht richtig, wenn das so gemacht wird.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen hat eine starke Wirtschaft. Schauen Sie sich das Wirtschaftswachstum an: Es lag im vergangenen Jahr bei uns im Freistaat Sachsen bei 2,7 %. In keinem anderen Bundesland gab es ein stärkeres Wirtschaftswachstum als bei uns in Sachsen. Darüber freuen wir uns. Das ist eine gute Entwicklung.
Ich darf Ihnen sagen: Diese Entwicklung wird anhalten. Das Ifo-Institut bescheinigt uns, dass wir auch in den nächsten Jahren ein überdurchschnittliches Wachstum haben werden.
Warum ist das wichtig? Wirtschaft bringt Menschen in Arbeit. Arbeit bringt Würde und Selbstbestätigung.
Wir haben im Freistaat Sachsen eine Arbeitslosenquote von 6,5 %. Wir sind besser aufgestellt als Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Mittlerweile haben wir auch eine niedrigere Arbeitslosenquote als manches westdeutsche Bundesland: Wir sind besser als Hamburg. Wir sind besser als Bremen. Wir sind besser als das Saarland. Wir sind besser als das größte westdeutsche Bundesland, Nordrhein-Westfalen. Niemand von uns hätte vor zehn Jahren gedacht, dass wir einmal so gut dastehen würden.
Als Erzgebirger erlaube ich mir noch eine Randbemerkung: Wir hatten einmal eine Arbeitslosenquote von über 27 %. Heute sind wir bei 5 %! Die Arbeitslosenquote bei uns liegt mittlerweile unter dem Bundesdurchschnitt. Das
ist eine ganz tolle Entwicklung, die wir in den Regionen Sachsens haben.
Monat für Monat steigen auch die Jobangebote. Ich habe mich am vergangenen Wochenende mit einer Unternehmerin getroffen, die eine Küche betreibt. Sie sagte: Für mich gibt es keine Arbeitslosen mehr. Wir finden keine Leute mehr.
Sicherlich muss man das einschränken: Wenn jemand, der 63 Jahre alt oder krank ist, eine Beschäftigung sucht, dann wird er es immer noch schwer haben. Gleiches gilt für eine Mutter, die alleinerziehend ist. Deswegen ist es gut, dass es Projekte wie „Tandem“ gibt, mit denen versucht wird, auch diese Menschen zu erreichen und in Arbeit zu bringen; da gibt es noch Fälle.
Überall im Land stellen wir fest, dass sich der Arbeitsmarkt vollkommen geändert hat. Wenn Sie durch das Land reisen, dann sehen Sie vor den Gaststätten die Aushänge: „Wir suchen Bedienungen!“, „Wir suchen Köche!“, „Wir suchen Küchenhilfen!“ Vor vielen Fabriken sehen Sie Schilder mit der Aufschrift: „Wir suchen Beschäftigte!“ Das ist eine gute Entwicklung, weil sie gut für die Menschen ist, die dadurch in Arbeit sind.
Wir sehen es auch bei den Auszubildenden. Es gibt mehr Plätze als Bewerber. Mittlerweile bewirbt sich eigentlich der Betrieb um die Lehrlinge und nicht mehr umgekehrt. Mir hat eine Frau, die ein Altenheim betreibt, gesagt: Ich ringe wirklich darum, die Leute zu finden, damit sie bei mir arbeiten. Ich versuche, ein Arrangement für die potenziellen Bewerber zu finden, damit sie sagen: „Okay, bei Ihnen mache ich die Ausbildung“ oder: „Bei Ihnen unterschreibe ich den Arbeitsvertrag.“
Ein anderer Träger bei uns im Erzgebirge zahlte bislang im Rahmen der Altenpflegeausbildung eine Vergütung von 400 Euro im ersten Lehrjahr. Der Träger hat festgestellt, dass er dafür niemanden mehr findet. Also hat man die Ausbildungsvergütung in diesem Jahr verdoppelt. Die Eingangsvergütung für einen Auszubildenden liegt jetzt bei 800 Euro. Das finde ich gut, das ist eine gute Entwicklung.
Wir sehen es auch an den Gehältern: Ein Vollzeitbeschäftigter in Sachsen hatte im Jahr 2015 2 900 Euro, im Jahr 2016 3 000 Euro Monatslohn, ohne Sonderzahlungen. Das sind 100 Euro mehr! Vorher hatte es schon eine Steigerung um 143 Euro gegeben. Auch das ist eine sehr positive Entwicklung.
Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie es früher war. Ich war diese Woche in Crottendorf im Erzgebirge. Dort hat mir ein Mann, der in einem Industriebetrieb arbeitet, gesagt, er habe über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg, bezogen auf den Stundenlohn, eine Gehaltserhöhung um insgesamt 16 Cent bekommen. Solche Fälle werden Sie heute nicht mehr erleben, weil die Leute sich das nicht mehr gefallen lassen und weggehen. Die Leute profitieren also davon, dass es dem Unternehmen gut
geht, denn dann geht es auch den Mitarbeitern gut. Das muss auch so sein.
Sie sehen die positive Entwicklung auch an den Renten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir verzeichnen überdurchschnittliche Rentenzuwächse, weil es der Wirtschaft gut geht, weil mehr Leute in Arbeit sind. In diesem Jahr erleben wir einen Zuwachs bei der Rente um 3,6 %. Im vergangenen Jahr lag der Zuwachs bei 6 %. Daran sieht man: Auch die Rentner profitieren davon, dass es der Wirtschaft gut geht, dass Menschen in Arbeit sind.
Es profitieren auch die Kinder, deren Eltern in Hartz IV sind. Deren Zahl ist nämlich stark gesunken, von 110 000 vor acht Jahren auf knapp 76 000 heute. Auch dieser deutliche Rückgang ist sehr positiv. Es ist schön, wenn Menschen in Arbeit sind, denn davon haben logischerweise auch deren Kinder etwas.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alles Geld, das der Staat ausgibt, muss er verdienen, muss er einnehmen. Wir können froh ein, dass wir fleißige Unternehmer und fleißige Arbeitnehmer im Land haben, die dafür sorgen, dass der Staat Geld einnehmen kann. Sie sorgen dafür, dass die Wirtschaft boomt.
Sie sorgen dafür, dass Menschen in Arbeit kommen. Dadurch sind auch höhere Renten möglich, und die Kinder haben ebenfalls mehr Geld zur Verfügung. Kurz gesagt: Da es der Wirtschaft gut geht, geht es uns allen gut.
Glück auf!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte vorhin die Arbeitslosenzahlen von Sachsen genannt: 6,5 %. Vor wenigen Minuten hat die Bundesagentur für Arbeit die neuen Zahlen vorgestellt. Die Arbeitslosenquote ist weiter gesunken. Wir haben in diesem Land jetzt eine Arbeitslo
senquote von 6,4 %, das sind 3 800 Menschen weniger. Es ist heute also wieder ein guter Tag für Sachsen, weil weniger Menschen in Arbeitslosigkeit und mehr Menschen in Arbeit sind.
Die Regionaldirektion hat begründet, warum die Zahl der Arbeitslosen gesunken ist. Sie sagt, die Einstellungsbereitschaft der Wirtschaft sei gestiegen. Das ist ein gutes Zeichen. In Richtung AfD: Natürlich gibt es auch eine demografische Komponente bei der Arbeitslosenzahl. Aber wir hatten noch nie so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und Jobs wie heute. Das kann man sich anschauen. Was Sie für ein Bild gemalt haben, hatte ich bislang nur von den LINKEN gehört.
Ich kann Ihnen nur raten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD: Gehen Sie bitte zu Unternehmern und sprechen Sie mit denen, wie es auf dem Arbeitsmarkt aussieht. Die werden Ihnen durchgängig sagen: Wir suchen Arbeitskräfte, wir haben Bedarf. Wir würden die Leute gern einstellen. Wie soll ich das jetzt weiter ausführen, was Sie erzählt haben, Herr Kollege Wendt?
Da ist wenig Realität vorhanden; das ist ein wenig traurig.
Zu den GRÜNEN. Ich bin dankbar, dass Frau Kollegin Zais auf das Erzgebirge eingegangen ist. Wenn ich mit den Menschen dort spreche, dann sagen sie, dass sie auch weiterhin gern im Erzgebirge leben möchten, dass sie Jobmöglichkeiten und weit mehr Ausbildungsplätze als Bewerber haben. Aber es gibt auch noch Hemmnisse, zum Beispiel, dass anständige Straßen fehlen. Die Menschen möchten schnell zur Arbeit kommen, und die Fabriken brauchen Lkws, die ebenfalls auf gute Straßen angewiesen sind. Bei jedem neuen Straßenprojekt kann man verfolgen, dass die GRÜNEN Steine in den Weg legen und alles zu verhindern versuchen. Auch noch die letzte Kröte soll dazu gebracht werden, dass sie dort im Spaziergang die Straße überqueren kann. Das ist eine Blockadepolitik der GRÜNEN.
Sie sind eine reine Großstadtpartei. Ihnen geht es nicht um die Wirtschaft, Ihnen geht es nicht um die Menschen. Für Sie ist jede Kröte wichtiger als ein Arbeitnehmer oder ein Kind.
Sie wollen doch gar nicht, dass die Menschen in Arbeit kommen.
Zum Thema Armutsgefährdung. Ich lese Ihnen vor, was gestern eine überregionale Tageszeitung im Wirtschaftsteil berichtet hat: „In Deutschland ist die Gefahr, nicht genug zu verdienen, um sich ein normales Leben leisten zu können, zuletzt in vielen Landesteilen zurückgegangen. Vor allem der Osten holt auf. In den neuen Ländern ist die Armutsgefährdungsquote im vergangenen Jahr deutlich gesunken.“ Das ist etwas, was wir spüren.
Ich möchte zum Begriff Armut ergänzen: Der ist bei uns relativ, Herr Kollege Wendt. Es kommen aus dem Ausland Menschen nicht nur zu uns, weil sie politisch verfolgt sind, sondern auch, weil sie wissen: Wenn man politisch verfolgt ist, hat man hier ein soziales Niveau, von dem man ganz gut leben kann. Zu sagen, dass sie herkommen und dann hier verarmen, ist vollkommener Unsinn. Wir haben die Sozialleistungen genau dafür, egal ob für Deutsche oder für Ausländer. Die sind gleich hoch, damit niemand in Armut rutscht. Deswegen haben wir auch geschaut, was jemand als Hartz-IV-Empfänger bekommt:. Er bekommt so viel wie der untere Teil der Bevölkerung – die unteren 20 %, die jeden Tag früh aufstehen und arbeiten gehen. Und dann sagt man, das Gleiche solle ein Hartz-IV-Empfänger bekommen. Ist das nun arm oder reich? Es sorgt dafür, dass niemand vollkommen durch das Netz fällt. Das ist richtig so. Das muss die Aufgabe des sozialen Sicherungssystems sein.
Ja, Sie können das gern vergleichen, Herr Kollege, was Sie zu Ostzeiten – – Schauen Sie sich an, wie das Lebensniveau dort war. Da müssen Sie sich nicht lange darüber – – Da war jeder Facharbeiter ein armer Kerl nach unserer heutigen Definition.
Zu den Kindern, die mit Hartz IV leben. Wir haben bereits gesagt, dass es einen deutlichen Rückgang bei den Zahlen gibt – zum Glück, denn die Eltern sind in Arbeit gekommen. Es betrifft gegenwärtig 76 000 Kinder. Ich möchte daran erinnern, dass es die LINKEN zutiefst ärgert, dass diese Zahl sinkt, weil das Weltbild zusammenbricht. Obwohl Sie wussten oder wissen könnten, dass es bei uns 76 000 Kinder gibt, die im Hartz-IV-Bezug sind, haben Sie vor nicht einmal einem halben Jahr Plakate geklebt, auf denen geschrieben stand, es gebe 150 000 Kinder.
Das war eine reine Lüge, die Sie verbreitet haben. Freuen Sie sich doch einfach, dass die Zahl der Hartz-IVEmpfänger sinkt, dass mehr Menschen in Arbeit sind, dass es diesen Menschen gut geht! Denn das ist wirklich gut für unser Land.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 15 Jahre Sanierung an den sächsischen Wismut-Altstandorten – das sind 15 gute Jahre für die Menschen hier in Sachsen, insbesondere im Erzgebirge. Aber es sind eben auch 15 gute Jahre für die Natur. Die Sanierung ist eine Wiedergutmachung an Mensch und Natur.
Ich möchte ganz kurz auf die Geschichte eingehen, um den Rahmen dessen zu beleuchten, was wir beim Thema Wismut wissen müssen. Die Wismut ist ein Bergbauunternehmen, das 1946 mit dem Uranerzbergbau begonnen hat. Am Anfang standen die wilden Wismut-Jahre, als man auf Mensch und Natur keine Rücksicht genommen und zum Beispiel die Altstadt von Johanngeorgenstadt abgerissen hat. Die Wismut war damals der viertgrößte Uranproduzent der Welt.
Der Bund hat sich nach der Wiedervereinigung der Sanierungsaufgabe gestellt, und zwar für alle Standorte, die ab 1962 entstanden waren, weil es seitdem eine Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft war. Die Wismut gab es aber auch schon vor 1962; darauf werde ich noch eingehen.
Für die Sanierung der Standorte, die ab 1962 entstanden waren, hat der Bund 6,7 Milliarden Euro in die Hand genommen. Dort sind wirklich blühende Landschaften entstanden, wenn man zum Beispiel an Bad Schlema denkt. Also eine große Leistung, was diese WismutSanierung betrifft!
Wir haben aber, wie gesagt, auch Standorte, die vor 1962 aufgelassen worden waren. Für diese hätte der Bund nicht mehr in der Verantwortung gestanden, sodass wir, das Land, als Einzige übrig geblieben wären, die in der Verantwortung gestanden hätten. Es ist schön – deswegen dieses Jubiläum –, dass sich Bund und Länder dazu entschlossen haben, gemeinsam für die Sanierung dieser Standorte aufzukommen. Es begann mit einem Abkommen mit einem Volumen von 78 Millionen Euro. Dessen Fortschreibung – dieses Abkommen läuft noch – sieht schon 138 Millionen Euro vor, hälftig finanziert von Bund und Land.
Wir haben uns auch im Landtag mit der Thematik befasst, zum Beispiel im Haushaltsausschuss. Ich glaube, hier sagen zu können: Herzlichen Dank an alle Kollegen, die
sich hier eingebracht haben! Unser Dank gilt aber auch der Staatsregierung, dass sie dieses Thema immer als wichtig erachtet hat.
Worum geht es? Es geht um die Sanierung von alten Bergbauhalden bergbaulich genutzter Flächen, wo zum Beispiel Schachtgebäude oder Uranverladestationen
standen, tagesnahe Grubenbaue, Gewässer usw. Ich will ein Beispiel nennen, wo etwas von heute auf morgen passiert ist. Vor vier Jahren gab es in Annaberg-Buchholz einen Tagebruch. Zuerst war da ein Loch mit einem Durchmesser von fünf Metern. Es hat sich dann erweitert auf 17 mal 15 Meter mit einer Tiefe von 14 Metern. Also man kann sagen, da passt ein großes fünfstöckiges Haus hinein. Das Loch hat sich auf einmal auf einem Weg aufgetan. Die Leute kamen nicht mehr zu ihrer Wohnung, in ihr Wohngebiet, und auch die Gärtnerei konnte nicht mehr bedient werden. Die Altlastenstandorte sind vor allem im Erzgebirge, aber eben auch darüber hinaus, zum Beispiel die Collmberghalde in Dresden-Coschütz, Objekte in Zwickau, Freital, Bad Brambach, insgesamt über 1 000, also eine ganz große Breite auch an Standorten.
Lassen Sie mich aber noch einen Satz dazu sagen, wie es weitergeht. Wir hatten in der vergangenen Woche eine Festveranstaltung. Ein herzliches Dankeschön an Staatsminister Dulig und Staatsminister Unland, die nicht nur da waren, sondern eben auch die Position des Freistaates Sachsen vertreten und gesagt haben, wir wollen dort weiter vorankommen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium war vertreten und hat sich dafür ausgesprochen, dass man Gespräche beginnen möchte, um das Abkommen fortzuschreiben. Ich glaube, das war eine sehr wichtige Etappe, die dort in Bad Schlema genommen wurde.
Jetzt muss es aber weitergehen. Der Sanierungsbeirat muss eine Prioritätenliste erstellen, denn wir wissen, dass auch die Kostenschätzungen angepasst werden müssen. Die Kostenschätzungen für das laufende Abkommen sind vom Jahr 2006. Seitdem haben sich die Kosten entwickelt und – ich habe das Beispiel von Annaberg gebracht – es kommen neue Projekte hinzu, denen man sich stellen muss. Das Zeichen, dass es weitergehen soll, ist dankbar angenommen worden. Es ist gut für Sachsen, wenn sich der Bund weiter beteiligen möchte und wir dann jemanden haben, der uns zur Seite steht.
Ich mahne aber auch zur Demut. Wir haben mit dem Bund noch nicht über das Geld gesprochen. Wenn man anfängt, über Geld zu sprechen, wird es meistens ein bisschen interessanter, als wenn man nur eine grundsätzli
che Absichtserklärung abgeben muss. Vor uns liegt noch ein hartes Stück Arbeit. Ich bin aber sicher, dass wir das bewerkstelligen werden. Ich bin dem Wirtschaftsministerium, dem Finanzministerium und auch dem Bund dankbar, dass sie sich dieser Aufgabe stellen wollen. Gehen wir diese Aufgabe gemeinsam an!
Glück auf!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal kurz auf die Debatte eingehen. Punkt 1: Man kann stundenlang darüber diskutieren, wer vielleicht als Erstes die Idee hatte, einen Antrag zu machen. Ich kann nur sagen: Wir überlegen uns sehr genau, wann wir einen Antrag einbringen. Wir tun das sehr überlegt und in Abstimmung mit den Betroffenen. Wir machen das in Abstimmung mit unserem Koalitionspartner. Ich glaube, das ist richtig.
Uns eint – und das ist gut –, dass alle Fraktionen bis auf die AfD gesagt haben, wir wollen uns im parlamentarischen Verfahren mit dem Thema beschäftigen. Das ist eine gute Herangehensweise. Wir nehmen nicht für uns in Anspruch, dass unser Antrag der allein selig machende ist.
Insofern ist es gut, dass es hier noch andere Anregungen gibt. Aber ich habe festgestellt, bei der Zielrichtung sind wir uns einig. Wir wollen eine stärkere Differenzierung. Wir wollen, dass beim nächsten Mal nicht wieder mit dem Holzhammer draufgehauen und erst einmal die Ultima Ratio ausgerufen wird und die größten Einschränkungen für die Geflügelzüchter vorgenommen werden.
Richtig ist auch – und das ist deutlich geworden –, man braucht eine Ursachenforschung.
Wir wissen noch zu wenig über diese Seuchenausbreitung. Deshalb ist es gut, dort etwas zurückhaltend heranzugehen und nicht zu glauben, dass man „die Weisheit mit Löffeln gefressen“ hat, sondern genau hinzuschauen, was die Ursachen, was die Verbreitungswege sind, welche Vögel den Virus aufnehmen etc.
Ja, bitte schön.
Herr Kollege Wild, das habe ich auch nicht behauptet. Ich habe nur gesagt,
dass alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD Anträge zu diesem Thema eingebracht haben.
Entschuldigung, wenn ich mich versprochen habe, nehme ich das gern zurück und entschuldige mich. Ich habe gemeint, dass Sie keinen Antrag eingebracht haben, während alle anderen Fraktionen einen Antrag eingebracht haben. Deshalb sollte man mit seinen Äußerungen ein wenig zurückhaltender sein.
Aber noch einmal: Die Zielrichtung eint uns. Das ist gut. Wir wollen beim nächsten Mal – wir hoffen, dass es nicht beim nächsten Vogelzug ist, sondern sich noch ein wenig Zeit lässt – eine Strategie haben, wie wir anders damit umgehen. Ich glaube, wir müssen schauen, dass es differenzierter passiert, dass man nicht alle Vögel und alle Halter über einen Leisten schlägt, dass man zum Beispiel schaut, wo der Vogelzug wie ist. Natürlich ist der Vogelzug dort stärker, wo Wasserflächen sind. Das ist vielleicht im Gebirge weniger der Fall als im Leipziger Tiefland. Dort muss man Differenzierungen vornehmen.
Man muss auch schauen, welche Vogelarten eine besondere Haltung erfordern – Sebastian Fischer hat es gesagt: Wassergeflügel oder Laufvögel, die einen Lauftrieb haben und deshalb hinaus müssen. Dort sollte man mehr differenzieren.
Was wir mit dem Antrag nicht wollen, ist, zu sagen, die Veterinärbehörden in den Landkreisen oder auf Landes
ebene hätten eine schlechte Arbeit gemacht. Diese Einschätzung ist sehr schwierig, insbesondere wenn uns dieses Wissen der Herkunft fehlt. Dass man dann vielleicht schneller eine Brandmauer einziehen möchte, ist nachvollziehbar.
Uns geht es nicht darum, zurückzuschauen und zu sagen, da habe jemand etwas falsch gemacht, sondern uns geht es darum, nach vorn zu schauen und zu sagen, wie man das beim nächsten Mal besser ausgestalten könnte, sodass auch die kleinen Geflügelzüchter die Möglichkeit hätten, weiterhin zu akzeptablen Bedingungen ihre Zucht zu betreiben – große sicherlich auch, aber ich glaube, die bekommen es besser hin als die kleinen, auf solche Verordnungen zu reagieren.
Das ist der Ansatz. Insofern bitte ich Sie ganz herzlich um Ihre Zustimmung.
Lieber Kollege Jalaß, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie relativ klar gesprochen haben. Ich meine, dabei ist ja auch schon Gewinn. Wenn Sie von „christlicher Ideologie“ sprechen, dann muss man sich einmal durch den Kopf gehen lassen, was Sie zu einem Drittel oder einem Viertel der Einwohner hier sagen: dass sie ideologisch verblendet seien. Das, was Sie hier rübergebracht haben, ist das klassische DDR-Bild über die Kirchen.
Das muss man ganz deutlich herausstellen. Sie sprechen von „christlichem Kladderadatsch“ usw. Ich bin dankbar, dass Sie so deutlich gesagt haben, was Sie wirklich von den Kirchen halten. Das sollte man, bitte schön, auch einmal ins Land hinaus transportieren. Dafür wäre ich dankbar.
Jetzt noch einmal: Sie haben das Argument gebracht, es sei eigentlich relativ egal, aus welchem Grund heraus man Solidarität – wir würden als Christen „Nächstenliebe“ sagen – übt.
Ich glaube, es gibt einen gewissen Unterschied. Das können Sie an der Behindertenpolitik sehen: so wie sie zu DDR-Zeiten gemacht worden ist, mit einem kommunistischen Grundverständnis, und wie wir das heute machen. Ein behinderter Mensch ist in der Ideologie der LINKEN jemand, der nicht zur Wertschöpfung beiträgt, es ist kein Werktätiger.
So ist man auch zu DDR-Zeiten damit umgegangen. Sie haben die Behinderten weggesperrt, Sie haben sich nicht um sie gekümmert. Das ist maximal in kirchlichen Einrichtungen passiert, dass man sich um diese Menschen gekümmert hat, weil man gesagt hat: Sie haben eine Menschenwürde, und diese Menschen kann man fördern.
Da hat man Ihr Menschenbild gesehen, weil Ihnen diese Leute relativ egal waren. Der Behinderte konnte ja nichts zur Wertschöpfung der Gesellschaft beitragen. Da ist unser Menschenbild ein anderes. Bei uns hat jeder Mensch eine Würde, egal, ob er behindert oder nicht behindert ist, ob er alt oder jung ist.
Es zeigt sich dann auch, dass die christliche Fundierung im Weltbild eine andere ist als die, die Sie mit Ihrer Regierungspolitik zu DDR-Zeiten gezeigt haben. Darauf wollte ich gern noch einmal hinweisen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der sozialen Absicherung für Selbstständige ist wichtig – übrigens nicht nur im Osten –, deshalb ist es gut, dass wir darüber sprechen. Ich bin auch dankbar, dass DIE LINKE das Thema aufgerufen hat, weil die Selbstständigen bislang nicht unbedingt die Zielgruppe waren, für die Sie sich übermäßig verkämpft hätten. Sie haben ja ein anderes Gesellschafts- und Wirtschaftsbild, in dem ein Unternehmer bzw. ein Selbstständiger im Regelfall nicht vorkommt.
Insofern sehe ich es als Vorteil an, dass auch Sie sich mit diesem Thema beschäftigen.
Zu den Unternehmern. Es gibt ein Zitat von Winston Churchill, das die Bewertung des Unternehmers durch die Gesellschaft sehr schön beschreibt:
„Es gibt Leute, die halten den Unternehmer für einen räudigen Wolf, den man totschlagen müsse. Andere meinen, der Unternehmer sei eine Kuh, die man ununterbrochen melken könne. Nur ganz wenige sehen in ihm das Pferd, das den Karren zieht.“
Nicht wenige haben vom Unternehmer ein bestimmtes Bild: Das sind Leute, die wenig arbeiten und ganz viel Geld haben. – Meist ist das Gegenteil richtig. Das sind Leute, die keinen Acht-Stunden-Tag haben, die deutlich mehr als andere arbeiten und die mitunter auf einen Stundenlohn kommen, der unter dem der Mitarbeiter liegt. Sie sind auf jeden Fall die Leistungsträger in unserer Gesellschaft. Die ganze Gesellschaft würde nicht funktionieren, wenn wir nicht diese Leistungsträger hätten, die Selbstständigen, die sich Tag für Tag richtig engagieren.
Lassen Sie uns auf die soziale Absicherung blicken und dabei insbesondere auf das Thema Altersvorsorge. Wir haben unterschiedliche Regelungen. Wir verlangen von jedem Angestellten – das stellen wir ihm nicht frei –, sich für die Rente zu versichern; denn wir wollen nicht, dass er im Alter in ein Loch fällt. Es handelt sich also um eine Pflichtversicherung. Wir verlangen von jedem Handwerker, dass er mindestens 18 Jahre lang Mitglied der gesetz
lichen Rentenversicherung ist. Wir verlangen auch von einigen Selbstständigen, zum Beispiel Publizisten oder Künstlern, sich in der Rentenversicherung zu versichern.
Wir haben auf der anderen Seite sogenannte SoloSelbstständige. Wir bekommen mit, dass deren Altersvorsorge nicht ausreicht. In meiner Bürgersprechstunde war ein Gastwirt, der kürzlich in den Ruhestand gegangen ist. Er sagte mir: Ich habe die Kneipe 25 Jahre lang betrieben und bekomme 500 Euro Rente. Davon kann ich nicht leben. Ich habe die letzten 25 Jahre für das Alter eigentlich nicht vorgesorgt. – Das kann man zu dem Zeitpunkt nicht mehr nachholen, wenn man nichts zurückgelegt hat.
Wenn wir uns die Grundsicherung anschauen – das ist Hartz IV im Alter –, dann stellen wir fest, dass mittlerweile jeder Zweite, der in die Grundsicherung hineinkommt, ein ehemaliger Selbstständiger ist. Seit 2005 hat sich die Zahl der Selbstständigen in der Grundsicherung vervierfacht.
Wir haben also bei dem Thema Alterssicherung oder Grundsicherung im Alter eine Problemgruppe, die relativ groß ist, und das sind die ehemaligen Selbstständigen. Ich finde, man muss sich das Problem anschauen und überlegen, was man tun kann.
Das Bundesarbeitsministerium hat im vergangenen Jahr das Ergebnis einer Studie vorgestellt, wonach über die Hälfte der Solo-Selbstständigen nichts für das Alter tut. Noch einmal: Über 50 % tut überhaupt nichts für das Alter! Dass das später schiefgeht, ist klar. Wenn keine Rückstellungen gebildet worden sind, keine private Versicherung abgeschlossen oder nicht in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt worden ist, dann ist man irgendwann auf die Grundsicherung angewiesen.
Deshalb ist es unter den großen Parteien – und selbst bei der FDP – Konsens, dass wir eine verpflichtende Altersvorsorge brauchen, auch für Solo-Selbstständige. Jeder muss etwas für sein Alter tun und kann nicht darauf hoffen, dass der Staat ihn im Alter auffängt. Jeder muss etwas tun! Ich glaube, eine entsprechende Regelung wird der Bundestag in der nächsten Wahlperiode umsetzen.
Wenn es um die Frage des Wie geht, sollten wir den Unternehmern einen Spielraum belassen. Sie sollen die Art der Versicherung selbst auswählen können. Das muss nicht unbedingt die gesetzliche Rentenversicherung sein. Für Ärzte und Rechtsanwälte gibt es bereits Versorgungswerke, die die Altersvorsorge übernehmen. Dort muss sich der Staat nicht einmischen. Wir sollten nur sagen: Ihr müsst euch kümmern! Ihr müsst etwas für das Alter tun! Aber wie ihr es macht, bleibt euch überlassen. Das könnt ihr selbst ausgestalten.
Ich will die Gründe noch einmal nennen. Wir verlangen von allen anderen, dass sie für das Alter vorsorgen. Also finde ich, dass auch die Solo-Selbstständigen die Kosten für die Altersvorsorge in ihr Geschäftsmodell einpreisen müssen. Das verlangen übrigens auch die Unternehmer. Bei mir war eine Unternehmerin, die im Bereich Trockenbau tätig ist. Sie sagte: Ich muss in meiner Kalkulati
on die Altersvorsorge für mich und meine Mitarbeiter einpreisen. Wenn ein Solo-Selbstständiger kommt, der das nicht macht, dann haben wir ungleichen Wettbewerb. – Schon um diesen zu vermeiden, das heißt, damit es nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt, müssen wir die Pflicht zur Altersvorsorge verlangen.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Unternehmer sind die Leistungsträger. Deswegen ist es gut, dass wir uns auch mit deren sozialer Absicherung befassen. Wir haben anständige Alterssicherungssysteme.
Wir müssen es schaffen, dass wirklich alle Selbstständigen in eine Altersvorsorge einzahlen, dass sie sich mit dem Thema Altersvorsorge befassen.
Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen:
Dieses Thema ist bundespolitischer Natur.
Der Familienausschuss im Deutschen Bundestag hat es heute diskutiert.
Das ist abgelehnt worden, aus guten Gründen. Sie haben ja noch nicht einmal darüber gesprochen, wie viel das Ganze kostet, was Sie fordern – 14 Milliarden Euro.
Aber ich möchte es mir nicht einfach machen, sondern schon noch einmal in die Debatte einsteigen und ein paar Argumente einführen.
Sie definieren Kinder, die im Hartz-IV-Bezug sind, als arm. Das war Ihre Definition, die Sie anführen. Ich will dahinter zumindest ein Fragezeichen setzen. Denn genau diese sozialen Sicherungssysteme, die wir haben, sollen ja dazu führen, dass niemand in Armut fällt. Dazu haben wir sie. Dafür sind wir weltweit sehr anerkannt, weil es kaum ein Land gibt, das eine so hohe soziale Sicherung hat wie Deutschland.
Aber schauen wir uns die Zahlen trotzdem an; lassen wir uns einmal auf das Argument ein. Wir wollen natürlich, dass möglichst wenige Menschen, wenige Kinder im Hartz-IV-Bezug sind. Sie haben richtig gesagt, dass wir in Sachsen jetzt 76 000 Kinder unter 15 Jahren im Hartz-IVBezug haben. Vor acht Jahren waren es 110 000. In den letzten acht Jahren gab es also einen rapiden Rückgang um 34 000.
Es gibt eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung vom vergangenen Jahr, in der man die Zahlen von 2011 mit jenen von 2015 verglichen hat. Bei dieser Untersuchung ist eines deutlich geworden: In keinem anderen Bundesland der Bundesrepublik Deutschland ist die Zahl der Kinder im Hartz-IV-Bezug so stark gesunken wie in Sachsen.
Kein Land in der Bundesrepublik Deutschland tut gegen Kinderarmut so viel wie Sachsen, wenn Sie Ihre Definition anlegen.
Im Westen ist die Zahl sogar gestiegen. – Nein, Entschuldigung: Die Zahl der Kinder im Hartz-IV-Bezug ist deutlich gesunken. Das hat etwas mit der Arbeitsmarktpolitik zu tun.
Wir können an die Debatte von heute Morgen anknüpfen: Wenn es uns gelingt, dass die Wirtschaft funktioniert, wenn Arbeitsplätze vorhanden sind, wenn Menschen mit ihrer Hände Arbeit etwas verdienen, dann geht es auch den Kindern dieser Familien gut.
Da kann man einmal schauen, was hier in den vergangenen Jahren geleistet worden ist. Wir haben in Sachsen mittlerweile eine Arbeitslosenquote von 6,9 %. Wer hätte das vor zehn Jahren gedacht?
Wir sind nicht nur besser als Mecklenburg-Vorpommern, als Berlin, als Sachsen-Anhalt und als Brandenburg – nein, wir haben auch westdeutsche Bundesländer über
holt. Wir sind besser als Bremen, besser als Hamburg, besser als das größte westdeutsche Bundesland – Nordrhein-Westfalen.
Dann füge ich als Erzgebirger noch einen Satz hinzu: Wir waren einmal das Schlusslicht in ganz Deutschland, wir hatten in der Arbeitslosenstatistik einmal die rote Laterne. Im vergangenen Monat sind wir zum ersten Mal unter den Bundesdurchschnitt gerutscht. Der Erzgebirgskreis liegt in der Arbeitslosenstatistik unter dem Bundesdurchschnitt. Hätte ich das vor fünf Jahren gesagt, hätten Sie mich für verrückt erklärt – zu Recht.
Jetzt schauen Sie sich die Entwicklung dort einmal an. – Nein, das hat auch etwas damit zu tun, dass wir Industrie haben, die gut funktioniert, dass neue Jobs entstanden sind. Schauen Sie sich an, wie viele neue Jobs entstanden sind. Das ist der Punkt. Deswegen gibt es auch mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, deswegen gibt es weniger Hartz-IV-Empfänger, und das ist gut so.
Dann schauen wir uns einmal an – auch das ist wichtig –, wie dieser Hartz-IV-Satz eigentlich berechnet wird.
Da gibt es die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, bei der man sich die unteren Prozente der Haushalte anschaut: Haushalte, in denen die Mutter um 6 Uhr früh aufsteht, die Schnitten schmiert und das Kind in den Kindergarten bringt, aber nicht toll verdient, weil sie vielleicht Krankenschwester ist. Man schaut dann, was die unteren 20 % bekommen. Das soll auch jemand bekommen, der Hartz IV bezieht.
Das finde ich nicht ungerecht, das ist nicht zu wenig – und bei Kindern gilt das Gleiche. Früher hat man gesagt: Wir nehmen bei Kindern einen prozentualen Abschlag von einem Erwachsenen vor. Was hat man dann getan? Dann hat man sich die Kinder ganz genau angeschaut und ermittelt, was der Bedarf bei einer normalen Familie ist. Das entspricht auch dem Bedarf eines Hartz-IV-Kinds; das ist doch vollkommen anständig. Ich finde, ein HartzIV-Kind soll für Kleider genauso viel bekommen wie mein Kind.
Aber eben auch nicht mehr, denn es muss sich auch ein bisschen lohnen, dass die Leute noch arbeiten gehen.
Dann schaue ich mir einige andere Sozialleistungen an. Beim besten Willen: Wenn ich Sie höre, habe ich das Gefühl, wir lebten hier in bitterster Armut.
Ich will gar nicht darüber sprechen, dass wir vorige Woche mit dem Sozialausschuss in Vietnam waren. Wenn man sich das einmal anschaut, kann man sagen, dass wir hier auf einem Stern der Glückseligen leben. Aber solche Vergleiche möchte ich gar nicht bringen.
Ich möchte nur noch sagen, was wir in den letzten Jahren getan haben. Sie, Frau Kollegin Schaper, haben es schon eingeführt: Das Bildungs- und Teilhabepaket ist auch eine solche Neuerung. Wir geben jenen Zuschüsse zum Mittagessen, die es sich nicht leisten können. Wir bezahlen die Mitgliedsbeiträge für den Sportverein. Wir bezahlen Nachhilfestunden extra. Wir bezahlen Schulausflüge. Wir bezahlen den Schulbedarf extra. In Klammern: Es gibt auch noch ein paar Familien, die ganz normal arbeiten und das ebenfalls finanzieren müssen – nur einmal nebenbei.
Wir sagen: Für Hartz-IV-Empfänger tun wir das – das ist in Ordnung, ich bin auch dafür. Jetzt aber so zu tun, als ob bei uns die große Armut ausgebrochen wäre, finde ich ein bisschen unanständig.
Ich könnte die Sozialleistungen noch fortsetzen: Wer Hartz-IV-Empfänger ist, bezahlt keine Kita-Gebühren. Außerdem haben wir in Sachsen Ermäßigungen für Mehrkindfamilien – was auch richtig ist – und anderes.
Die Hälfte zahlt im Kindergarten ermäßigte oder gar keine Gebühren. Alles richtig; das finde ich gut so. Jetzt aber zu sagen, das sei vollkommen unsozial, damit habe ich schon ein Problem.
Ja, das müssen wir auch tun.
Ich möchte noch einmal beim Geld beginnen, Frau Kollegin Schaper. Wenn Sie sagen – richtigerweise; ich hätte mich gar nicht getraut, das zu sagen –, die Zahl übergewichtiger Kinder sei bei den Hartz-IV-Empfängern besonders hoch und auch die Zahl der Raucher unter den Kindern im Hartz-IV-Bezug sei überdurchschnittlich hoch, muss man doch einmal die Frage stellen: Hat das damit zu tun, dass sie zu wenig Geld haben? Das kann ich zumindest daraus nicht ableiten. Das muss man erfragen.
Was sind die Gründe, wieso das so ist? Es liegt aber nicht daran, dass man zu wenig Geld zur Verfügung hat.
Ja, weil sie wahrscheinlich verpflichtet sind, zu rauchen.
Ja, das ist richtig. Es hat damit nichts zu tun. Wenn ich rauche, dann brauche ich Geld, um zu rauchen. Das ist nachvollziehbar. Deswegen muss man einmal fragen, ob man mit mehr Geld hilft oder ob man nicht mit anderen Instrumenten helfen sollte. Man sollte beim Thema Bildung anknüpfen. Bildung ist der Schlüssel zum sozialen Aufstieg.
Ich finde, dass wir mit unserem Schulsystem viele gute Möglichkeiten bieten. Es gibt Studien dazu, dass dies bei uns besonders durchlässig ist. Gerade unser sächsisches Bildungssystem führt dazu, dass man individuell gefördert wird. Dazu könnte ich Ihnen die Studien nennen.
Wir haben gesagt, es ist richtig, dass wir eine Schule haben möchten. Wir möchten keine Schule für alle. Wir möchten die passende Schule für jedes Kind – jedem Kind seine Schule, jeder soll individuell gefördert werden. Das ist mit unserem Schulsystem möglich: Wir haben keine Einheitsbrei-Schule, sondern eine individuelle Förderung von Kindern.
Lassen Sie mich mit Blick auf das Thema Armut noch einmal auf einen anderen Aspekt eingehen, den wir ansprechen müssen. Wir haben eine Armut an Kindern. Uns fehlen Kinder. Das ist eigentlich die gesellschaftliche Herausforderung, vor der wir stehen – nicht erst seit heute. Wir haben eine Geburtenrate von 1,4 Kindern je Mann und je Frau.
Wir sind das Bundesland mit der höchsten Geburtenrate in Deutschland. Egal, ob wir von deutschlandweit 1,4 oder in Sachsen 1,5 Kindern sprechen, es sind zu wenig. Bestandserhaltend sind 2,1 Kinder je Mann und je Frau. Das ist schade.
Das ist kein Armutsrisiko.
Wir haben doch das Problem, dass diejenigen, die ein hohes Einkommen haben, keine Kinder mehr haben, und nicht diejenigen mit niedrigen Einkommen.
Entschuldigung, nein, das ist nicht der Fall.
Das ist ganz einfach. Gibt es in Afrika pro Familie sieben Kinder, weil sie dort so reich sind? Erzählen Sie nicht solchen Unsinn!
Wir haben eine Wohlstandsgesellschaft und wir sind existenziell auf Kinder angewiesen. Ich möchte den Punkt nicht weiter vertiefen. Es hat nichts damit zu tun, dass die Leute bei uns so arm sind und deswegen die Geburtenrate so niedrig ist. Es ist eine Frage, mit der wir uns beschäftigen müssen, weil sie existenziell ist. Wenn wir die Alterssicherungssysteme stabil halten möchten, dann brauchen wir künftige Beitragszahler und Kinder, die die Gesellschaft tragen und die Alterssicherung für die Senioren, wenn wir einmal alt sind, finanzieren.
Das ist ein Thema, mit dem wir uns tiefergehend beschäftigen sollten.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Sie haben gesehen, dass wir Ihrem Antrag relativ wenig abgewinnen können. Deswegen werden wir ihn ablehnen.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Thema Rente, Rentenangleichung Ost-West – wo stehen wir? Die Rente ist im Osten bei 94 % von dem, was es im Westen für die gleiche Lebensleistung gibt. Bei 94 % sind wir. Das Ziel
der Koalition auf Bundesebene ist es, bis 2024 auf 100 % aufzuschließen.
Ein Vergleich dazu: Wir sind bei den Gehältern bei 83 %. Es gibt also noch eine Lücke. Übrigens kann der Staat nicht festlegen und einfach sagen: Ab morgen gibt es 100 % bei den Löhnen – so gern wir das machen würden. Wie gesagt, die Rentenangleichung Ost-West ist de facto beschlossen und kommt. Aber sie hat einen Pferdefuß, und darauf haben wir in diesem Haus häufig hingewiesen.
Dieser Pferdefuß trifft die Menschen, die bei uns, im Freistaat Sachsen, derzeit arbeiten; denn deren Rentenanwartschaft wird derzeit aufgewertet. Sie bekommen eine höhere Rentenanwartschaft als jemand, der im Westen arbeitet. Sie ist um 12 % höher. Das Durchschnittseinkommen liegt bei einem Vollzeitbeschäftigten im Osten bei circa 2 900 Euro. Er bekommt derzeit die gleiche Rentenanwartschaft wie jemand, der im Westen
3 400 Euro verdient. Ihm geht es also besser. Das muss auch so sein, da – ich habe es vorhin gesagt – die Gehälter bei uns niedriger sind.
Jetzt haben wir bei der Diskussion im Bundesrat etwas gemerkt: dass die Westländer uns keinen Sonderrabatt mehr einräumen. Die Zeiten nach dem Motto „Ihr könnt euch die Rosinen heraussuchen“ sind vorbei. Sie haben deutlich gesagt und dies auch durchgestimmt: Wenn ihr die Rentenangleichung Ost-West wollt, dann gibt es für die jetzigen Arbeitnehmer keinen Aufwertungsfaktor mehr. Ich finde das persönlich sehr traurig und bin nicht froh darüber, weil wir damit Lasten in die Zukunft verlagern. Aber das ist die Situation.
Schauen wir uns das Gesamtpaket Rente an: Was ist in dieser Wahlperiode – es ist ja ein bundespolitisches Thema – alles gelaufen? Als Union lag uns im Jahr 2013 eine Sache ganz besonders am Herzen: die Mütterrente. Wir wollen, dass diejenigen, die Kinder haben – sie bringen ja die Generation hervor, die die Rente verdienen –, auch entsprechend gewürdigt werden. Deshalb haben wir die Mütterrente eingeführt. Um ein Beispiel zu geben: Meine Großmutter hat 200 Euro pro Monat mehr bekommen.
Wenn Altersarmut zutrifft und wenn wir über niedrige Renten sprechen, dann reden wir von Frauen, und es ist gerade für Frauen ein wichtiger Punkt gewesen, dass es diese Mütterrente gibt. Wir haben weniger das Problem bei den Frauen, die ihre Kinder nach 1992 bekommen haben. Bei ihnen gibt es diese 3 Punkte. Wir hatten das Problem bei jenen Frauen, die ihre Kinder vor 1992 bekommen haben und nur ein Drittel dieses Anspruchs hatten.
Was ist noch passiert? Wir haben eine Verbesserung bei der Erwerbsminderungsrente. Rente hat ja auch die Verantwortung, dass jemand, der krank ist und ausscheidet – früher hat man gesagt: wenn er invalid ist –, dann trotzdem noch über die Runden kommt. Wenn jemand ausgeschieden ist, beispielsweise mit 50 Jahren, dann hat man bei der Rentenberechnung so getan, als hätte er bis 60 Jahre gearbeitet. Wir haben gesehen, dass es nicht
mehr gereicht hat, um eine anständige Rente zu haben, mit der man über dem Grundsicherungsniveau liegt. Demzufolge hat man die sogenannte Zurechnungszeit erhöht, zunächst auf 62 Jahre und jetzt auf 65 Jahre. Ich denke, das ist richtig. Denn Rente muss auch vor Krankheit schützen, damit man, wenn man erkrankt, über die Runden kommt.
Wir haben noch andere Punkte – es fehlt die Zeit, darauf einzugehen – wie die Verbesserung der Reha-Leistungen oder die Rente mit 63, die anzusprechen wären.
Wenn wir über das Thema Rente sprechen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann muss man fragen: Wo sind die Prioritäten in der Politik? Politik kann nicht alles. Politik ist kein Wunschkonzert, bei dem man sich alles heraussuchen kann.
Das geht bei den LINKEN, denn bei ihnen ist das Berechnen nicht so die Grundrechenart, die man unbedingt beherrschen muss.
Bei Ihnen fällt ja alles vom Himmel, was Geld betrifft. Das ist bei uns etwas komplizierter. Wir sind der Ansicht, dass der Staat nur das ausgeben kann, was er auch einnimmt.
Das gilt auch bei der Rentenversicherung.
Also, wo sind die Prioritäten? Da haben wir noch Hausaufgaben für die Zukunft mitzunehmen, die wir besprochen haben und über die auch schon diskutiert worden ist.
Ich will Ihnen sagen, was für mich die Hauptpriorität ist, an der wir arbeiten müssen, wenn wir über das Thema Rente sprechen. Meine Priorität ist: Wer sein Leben lang in diesem Land gearbeitet hat, der muss am Lebensende mehr haben als jemand, der nie gearbeitet hat.
Das ist der Punkt, an dem wir darüber nachdenken müssen, ob das richtig ausgesteuert ist.
Wir als Union haben das Konzept der Lebensleistungsrente, wo wir das hineingeschrieben haben. Die SPD nennt das Solidarrente, aber vom Grundsatz her ist es das Gleiche. Wir sind uns in der Zielrichtung einig, dass die Lebensleistung gewürdigt wird.
Ich will Ihnen einmal ein Beispiel aus meiner Bürgersprechstunde von vor zwei Wochen nennen. Da kommt ein Mann zu mir und sagt: Ich habe jetzt 47 Jahre gearbeitet; ich habe Elektromotoren hergestellt. Jetzt, nach 47 Jahren, bekomme ich eine Rente von 700 Euro. Er war also nicht 20 Jahre lang arbeitslos oder sonst irgendetwas, sondern er hat 47 Jahre lang durchgängig gearbeitet und
bekommt eine Rente von 700 Euro. Und da muss ich ihm sagen: Der Grundsicherungsanspruch – also was jemand im Durchschnitt erhält gegenüber jemandem, der nie gearbeitet hat – liegt bei uns in Sachsen bei 727 Euro.
Ich finde, das ist nicht gerecht. Jemand, der Leistung gebracht und in die Rentenversicherung eingezahlt hat, muss am Lebensende mehr haben als jemand, der nur im Unterhemd zum Fenster hinausgeschaut hat.
Ich möchte nicht zu einer Einheitsrente kommen – es ist eine linke Idee, dass jeder das Gleiche bekommt –, sondern dass nach Arbeitsleistung qualifiziert wird. Deshalb müssen wir dahin kommen, dass derjenige, der sein Leben lang gearbeitet hat, eine Rente hat, die über dem Grundsicherungsniveau liegt.
Wir haben noch andere Punkte, aber es fehlt mir die Zeit, darauf einzugehen. Ein Beispiel ist das Thema SoloSelbstständige. Es gibt ja auch parteiübergreifende Diskussionen darüber, dass wir dafür sorgen müssen, dass jeder in die Rentenversicherung einzahlt. Wenn wir uns die Grundsicherung anschauen, dann wissen wir: Die Hälfte, die in der Grundsicherung derzeit ankommen, sind ehemalige Selbstständige, die keine ausreichende Altersvorsorge haben und dann in die sozialen Sicherungssysteme rutschen.