Protokoll der Sitzung vom 09.07.2015

(Zurufe von der AfD: Sie schwindeln! – Lügen Sie doch nicht!)

Was auf jeden Fall stimmt: dass Sie eine Pressemitteilung inklusive Bilder herausgegeben haben.

(Zurufe von der AfD: Hören Sie doch auf! – Schämen Sie sich!)

Sie haben suggeriert, in diesem Asylbewerberheim würden sich herumlungernde junge Männer mit neuen Handys im Prinzip den ganzen Tag nur die Zeit vertrei

ben. Diese Männer kämen, so Ihre Darstellung, ausschließlich aus Nordafrika und dem Kosovo.

Dass in diesem Asylbewerberheim 350 Menschen aus aller Herrgottsländer Aufnahme gefunden haben und dort 50 Kinder und 100 Frauen – davon 27 schwanger – leben, ist Ihnen wohl nicht aufgefallen?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Hütter, Sie können an dieser Stelle eine Zwischenfrage stellen. Die Kurzintervention ist erst am Ende des Redebeitrags möglich.

Ich möchte eine Zwischenfrage stellen, Herr Präsident. – Herr Panter, ich bitte Sie um Beweise für Ihre Anschuldigungen. Haben Sie Beweise? Dann möchte ich diese gern jetzt von Ihnen benannt haben. Ich bin lediglich an dem Tag, an dem Herr Tillich dort zu Besuch war, ebenfalls anwesend gewesen. – Beweise bitte!

Ich war vor etwa zehn Tagen in dem Asylbewerberheim „Leonardo“ und sprach dort mit dem Heimleiter. Ich sprach ihn auch auf Ihre Pressemittelung einschließlich der Bilder, die Sie mitschickten, an. Ich darf übrigens ironisch hinzufügen: Wie gut, dass viele Menschen nicht wissen, was das Recht am eigenen Bild ist. Denn so etwas macht man einfach nicht.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Unglaublich, was Sie hier machen!)

Ich habe mit dem Heimleiter gesprochen. Er hat explizit gesagt, dass Sie zweimal unangemeldet dagewesen seien.

(Carsten Hütter, AfD: Das ist die Unwahrheit! – Weiterer Zuruf von der AfD: Keine Ahnung!)

Er hat auch gesagt, dass Sie von ihm Hausverbot bekommen haben.

(Zuruf von der AfD: Setzen Sie sich hin!)

Dann bleiben wir doch einfach bei der Pressemitteilung. Die können auch Sie nicht leugnen; die liegt auf meinem Tisch. Diese Pressemitteilung und die dazugehörigen Bilder wollen Sie doch nicht wirklich infrage stellen.

Ich muss sagen: Das ist infam. Mich widert solches Verhalten an. Ich finde solchen Schmierenpopulismus dieses Hauses unwürdig.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Ich bin der Meinung, dass es höchste Zeit ist, dass wir die Menschen, die zu uns kommen – die meisten von ihnen sind junge Menschen –, nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrnehmen, als Chance für unseren Freistaat, als

Chance für die Menschen, die hier leben, und als Chance für die Zukunft, die wir gemeinsam gestalten wollen.

Ich möchte in einem Freistaat leben, in dem alle Menschen sagen können: Hier fühle ich mich wohl. Hier lässt es sich gut leben. Hier gehöre ich dazu. Hier kann ich auch etwas für meine Zukunft tun.

Damit komme ich auf die Eingangsfrage zurück: Was ist eigentlich in Zukunft wichtig für Sachsen? Anders formuliert: In welchem Sachsen wollen wir leben? In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Unser Ziel muss es sein – auch der Ministerpräsident hat es deutlich zum Ausdruck gebracht –, dass die Menschen in unserem Land gut leben können. Dieses Ziel war wichtig, ist wichtig und bleibt wichtig. Dies zu erreichen ist möglich, indem wir Angebote für gute Bildung bereitstellen, das Führen eines selbstbestimmten Lebens ermöglichen, gute Rahmenbedingungen für Unternehmen, Handwerksbetriebe und Freiberufler schaffen, für faire Arbeitsbedingungen und gute Löhne sorgen, die natürlichen Ressourcen schützen und eine gute Infrastruktur zur Verfügung stellen. Letzteres bezieht sich sowohl auf den Straßenbereich und den ÖPNV als auch auf die soziale Infrastruktur, zu der Kitas, Schulen und Krankenhäuser gehören.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Sachsen der Gegenwart ist ein gutes, wenn auch sicherlich mit manchen Fehlern behaftet. Wir sind in dieses Haus gewählt worden, um es besser zu machen. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten – mit klugen Ideen, mit Gewissenhaftigkeit, mit der nötigen Offenheit gegenüber anderen Vorstellungen und mit ganz viel Energie.

Sehr wichtig ist natürlich, dass den Sonntagsreden, die man oft hört, am Montag auch Taten folgen. Da noch nicht alles gut ist, ist es umso wichtiger, dass wir auf den Zukunftsfeldern arbeiten; wir tun das. Deswegen senken wir den Kitaschlüssel schrittweise. Deshalb stellen wir mehr Lehrerinnen und Lehrer sowie mehr Polizistinnen und Polizisten ein. Deswegen fördern wir auch Sprachkurse für Migrantinnen und Migranten.

Kollege Gebhardt, zum Thema Inklusion: Sie deuteten an, dass man dort scheinbar – „anscheinend“ möchte ich eher sagen – noch nichts spürt. Es wird aktuell ein Aktions- und Maßnahmenplan erstellt. Die Leute, die daran arbeiten, spüren durchaus, dass sich etwas bewegt. Wir brauchen einfach noch ein klein wenig Zeit; die würde sicherlich jeder brauchen. Wenn Sie ein erstes Zeichen sehen wollen, dann schauen Sie auf die 5 Millionen Euro, die wir für die schulische Inklusion bereitgestellt haben. Erste Erfolge sind also bereits spürbar.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Erich Kästner hat einmal gesagt: „Es gibt nichts Gutes, außer, man tut es.“ Deshalb wollen wir auch genau da herangehen. Wir wollen, dass alle Menschen, die hier Geborenen und die Zugewanderten, die Jungen, die Alten, Frauen und Männer, gleichermaßen in diesem Freistaat

sagen können: Hier in Sachsen, hier bin ich Mensch, hier darf ich‘s sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die SPD-Fraktion sprach Herr Kollege Panter. Jetzt gibt es eine Kurzintervention an Mikrofon 7, vorgetragen von Herrn Barth. Bitte.

Ja, Herr Kollege Panter, zur Sachverhaltsaufklärung: Nicht der Herr Kollege Hütter war zweimal im „Leonardo“, sondern ich war zweimal dort.

(Beifall bei der AfD – Carsten Hütter, AfD: Wie wäre es mit einer Entschuldigung? – Unruhe)

Ich möchte Ihnen dazu noch eine weitere Erklärung abgeben. Das erste Mal war ich im „Leonardo“, da war es noch eine Noteinrichtung unseres Landkreises. Das zweite Mal war ich im Leonardo am vierten Tag, nachdem dort bereits Demonstrationen waren.

(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD – Dr. Stefan Dreher, AfD: Ruhe!)

Ich bin von der Polizei durchgeführt worden. Der Heimleiter ist gekommen und hat mit mir gesprochen. Es war eine etwas angespannte Situation, weil gerade ein Bus angekommen war. Ich habe mich wieder zurückgezogen. Er hat mir eine E-Mail-Adresse überreicht, dass ich ihn kontaktieren kann. Flüchtlinge, die im Eingangsbereich standen, Herr Panter, haben mich angesprochen: Haben Sie Herrn Drechsler mal in die Augen geschaut? Ich habe Nein gesagt. Da hat mir ein Flüchtling erklärt, dass Herr Drechsler gerade in diesem Moment leicht angetrunken gewesen sei.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das ist ja unterste Schublade! – Dr. Stefan Dreher, AfD: Wissen Sie es besser? – Unruhe)

Das war eine Kurzintervention von Herrn Barth auf den vorhergehenden Redebeitrag. Jetzt könnte reagiert werden. Bitte, Herr Panter.

Herr Barth, erst einmal vielen Dank für die Sachverhaltsaufklärung. Sie offenbaren damit nur, dass dieses unwürdige Verhalten, das Sie an den Tag legen, Ihre gesamte Fraktion erfasst hat.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Das ist doch dummes Geschwätz! Meine Güte! – Beifall bei der SPD, der CDU und den LINKEN)

Das zum einen. Über das Hausverbot, das Ihnen erteilt wurde, haben Sie gar nicht gesprochen. Ich meine, wenn Sie mir vorwerfen, ich solle doch bitte Beweise vorlegen – – Ich habe auch gesagt, was die Informationen waren, die mir zugänglich gemacht wurden. Wenn Sie von mir Beweise sehen wollen, würde ich Sie bitten, dass Sie

solche Vorwürfe, wie Sie sie gerade an den Heimleiter gemacht haben, bitte auch belegen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Ich sehe eine zweite Kurzintervention, vorgetragen von Herrn Kollegen Wurlitzer auf die Rede von Herrn Kollegen Panter.

(Hennig Homann, SPD: Bitte keine Gewaltandrohung wieder!)

Das war keine Gewaltandrohung das letzte Mal, wenn Sie sich das Video genau anschauen. Herr Panter hatte damals gesagt, mir würde gerade eine Nase wachsen. Ich habe gesagt: Vorsicht, dass ich Sie damit nicht steche.

(Beifall bei der AfD)

Ich finde es nicht verkehrt, wenn Mitglieder des Landtages oder in dem Fall Mitglieder des Kreistages vor Ort gehen, um sich selbst ein Bild zu machen, um letztendlich nicht auf Hörensagen angewiesen zu sein.