Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass das Thema Wissenschaft in diesen zwei Plenartagen gleich zweimal auf der Tagesordnung steht und hier im Landtag eine
Rolle spielt. Zum einen – wir haben es gerade gehört –, weil Wissenschaft ein gutes Beispiel für eine Praxis ist, wo die Internationalisierung Existenzgrundlage ist, wo sie gelebt wird und wo die Zusammenarbeit von Menschen verschiedener Religionen und Nationen ganz selbstverständlich ist.
Auch wenn das Thema nicht immer ganz oben auf der Tagesordnung steht, so ist dies doch für die Entwicklung Sachsens ein eminent wichtiger Bereich, auch wichtig für den weiteren Erfolg unserer rasant wachsenden Gesellschaft und für den Erhalt der Innovationskraft, die dieses Land auszeichnet.
Wir debattieren hier sehr häufig darüber, wofür Geld gebraucht wird in unserem Land, für welche Projekte. Forschung und Innovation sind der Schlüssel dazu, die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand des Landes in den kommenden Jahren zu erhalten. Wissenschaft und Innovation sind die Motoren Sachsens. Aber – das müssen wir auch sagen – es ist kein Selbstläufer. Es braucht dazu eine solide Finanzierung der Universitäten und des Hochschulbaus. Die Unterstützung der Forschung ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil, auch wenn EU-Mittel in der nächsten Zeit weniger werden. Auch ist es wichtig, dass die Technologie weiterhin in ihrer Breite unterstützt wird.
Das alles wird an Folgendem deutlich: Wir hatten vor einigen Monaten die Haushaltsverhandlungen. Das Wissenschafts- und Kunstministerium ist der Bereich, der den zweithöchsten Etat im Freistaat hat. Wir haben eine exzellente Wissenschaftslandschaft, weil man hier, wie das Nationale Leistungszentrum zeigt, das jetzt nach Sachsen kommt, eine hervorragende Infrastruktur vorfindet, ein enges Netzwerk zwischen den Forschungseinrichtungen besteht, hier bestens ausgebildete und motivierte Mitarbeiter arbeiten und weil es möglich ist, den Eigenanteil des Landes in Höhe von 5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Fraunhofer ist ein gutes Beispiel für die Stärke Sachsens auch in diesem Bereich. 14 der 66 in Deutschland tätigen Fraunhofer-Institute befinden sich in Sachsen. Dresden ist die Stadt mit der bundesweit höchsten Dichte an Fraunhofer-Instituten.
Um aus der Landeshauptstadt einen Blick nach Leipzig zu werfen: Die Gründung des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig hat schon zu weiteren Gründungen von zehn kleineren Unternehmen geführt. Auch das ist ein guter Indikator für den Erfolg.
Das Erfolgskonzept der kommenden Jahre in diesem Bereich wird sein, die Breite der Grundlagenforschung als Basis zu halten und darauf aufbauend eine anwendungsnahe Forschung in Verbindung mit unternehmerischer Initiative zu stärken. Das ist auch ein großes Thema in dieser Legislaturperiode: die Überführung der in Sachsen entwickelten klugen und kreativen Ideen in marktfähige Produkte.
Das Leistungszentrum ist ein weiteres gutes Beispiel für das Potenzial, das der Freistaat in diesem Bereich noch hat. Bis zu 18 fachspezifische Spitzenzentren sollen deutschlandweit entstehen, eines davon in Dresden und Chemnitz. Leistungsmerkmal dafür, dass sich das Institut hier ansiedelt, ist eine enge Vernetzung der Universitäten und der außeruniversitären Einrichtungen wie auch die Einbeziehung der Parameter Forschung und Lehre, Nachwuchsförderung, Infrastruktur, Innovation und
Transfer sowie intensive Beteiligung der Wirtschaft. Es gibt auch schon einen Beweis, dass das funktioniert. Etwa 20 Unternehmen haben bereits ihr Interesse bekundet, an diesem Leistungszentrum, das hier neu für Mikro- und Nanotechnologie entstehen soll, mitzuwirken.
Leistungszentren sind gut für die Studierenden, für den wissenschaftlichen Nachwuchs und für die Strahlkraft der Region, und sie sind für uns Wissenschaftspolitiker, ich glaube, für jeden Landtagsabgeordneten, eine gute Motivation, weiter auf Innovation zu setzen, Erreichtes zu sichern, aber auch den Blick für Neues und dessen Förderung offenzuhalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema der heutigen Aktuellen Debatte „Neues Nationales Leistungszentrum Fraunhofer in Sachsen“ steht beispielhaft dafür, wie wichtig uns Forschungsförderung ist. Denn Forschungsförderung und damit Innovation treiben die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung voran und bieten damit die Chance auf dauerhaften und nachhaltigen Wohlstand.
Im Koalitionsvertrag haben wir Schwerpunkte unserer Innovations- und Forschungspolitik, wie gerade schon angesprochen, auf eine engere Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft gelegt. Das Nationale Leistungszentrum ist hierbei ein Baustein.
Attraktivität des Wissenschaftsstandortes bedeutet sicherlich mehr. Kurz sei es deswegen erwähnt: Das bedeutet auch, dass wir die Breite besitzen, aus der sich Spitze entwickeln soll. Das bedeutet verlässliche und planbare Strukturen in Lehre und Forschung. Das bedeutet, Perspektiven und faire Entlohnung für Nachwuchswissenschaftler zu bieten, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung und – auch das war gerade Thema in der Aktuellen Debatte – ein Klima der Weltoffenheit, denn Spitzenkräfte und Spitzenforscher kommen nur dahin, wo dieses existiert.
Sachsen hat vieles davon: Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften mit einem breiten Spektrum in Forschung und Lehre, landesfinanzierte geisteswissenschaftliche Forschungseinrichtungen, zu denen wir
vereinbart haben, das geisteswissenschaftliche Zentrum Osteuropa und das Simon-Duckner-Institut in dieser Legislatur ins Leibniz-Netzwerk zu integrieren oder das zumindest anzustreben. Wir haben zwei Standorte, an denen der Bund aus der Exzellenzinitiative fördert, und drei Standorte, an denen wir mit mehreren DFGForschungszentren glänzen können. Nicht zuletzt – und das ist Thema dieser Debatte – haben wir ein dichtes Netz an Einrichtungen der vier außeruniversitären Forschungsgesellschaften mit – auch das kam gerade zur Sprache – dem deutschlandweiten Hotspot der Fraunhofer
Wir, auch wir als SPD, haben uns im Doppelhaushalt zudem starkgemacht dafür, dass die Landesforschungsförderung im Haushaltsverfahren aufgestockt wurde. Wir fördern daraus die Forschung an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die ganz besonders auf diese Mittel angewiesen sind, aber eben auch die Offensive Biotechnologie und Lebenswissenschaften 2020 sowie die freie Forschungsförderung des Landes. Auch diese ist nicht minder wichtig.
Trotz zurückgehender Mittel aus EFRE und ESF – vor allen Dingen des EFRE – haben wir uns für eine Verbesserung der Forschungsinfrastruktur und hohe Investitionsvolumina starkgemacht. Wir haben zudem Grundlagen dafür geschaffen, dass alle Hochschulen in Sachsen ein Zentrum zur Einwerbung von EU-Mitteln nutzen können. Genau dieses Ziel wollen wir damit stärken.
Nicht zuletzt haben wir die Graduiertenstipendien aufgestockt. Wir wollen – wie gestern im Antrag unterlegt – die Karrierewege für Nachwuchswissenschaftler verlässlicher gestalten.
In der heutigen Debatte ist das Nationale Leistungszentrum das Thema. Hier hat die Koalition in ihrem Haushaltsentwurf 5 Millionen Euro für die Pilotphase dieses Leistungszentrums eingestellt. Ich will jetzt nicht alle Ziele nennen. Diese werden in der Debatte sicher durch die Staatsregierung noch genannt. Es ist ein hoffnungsvolles Pilotprojekt, das nach 2017 auf eine Weiterfinanzierung durch die Bundesexzellenzinitiative abstellt. Falls diese nicht kommt, ist es das Ziel, dass die FraunhoferGesellschaften zusammen mit den beteiligten Universitäten und Industriepartnern die Zusammenarbeit mit eigenen Mitteln fortsetzen. Das ist wichtig. Wir müssen in einer Debatte über die Forschung in Sachsen zunehmend die Nachhaltigkeit im Blick haben.
Die Exzellenzinitiative – einmal durch Rot-Grün ins Leben gerufen – wird auch nach dem Jahr 2017 Bestand haben und jährlich mit mindestens 400 Millionen Euro fördern. Nichtsdestotrotz sind wir aus einer Phase der Exzellenzinitiative heraus, die damals vor allen Dingen auf Profilierung und zunehmende Differenzierung insbesondere der Universitäten in Deutschland abzielte. Die weitere Ausgestaltung und damit die Absicherung von bestehenden Standorten ist noch offen.
Wie immer bei Wettbewerben gibt es das Risiko zu scheitern und damit eben keine Sicherheit auf Versteti
gung und Nachhaltigkeit. Aus genau diesem Grund – das werde ich in der zweiten Runde noch erläutern – ist die Initiative des Fraunhoferzentrums, hier neue Forschungskooperationen zu suchen, grundsätzlich unterstützenswert.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns einig darin, dass die Eröffnung des Nationalen Leistungszentrums für Mikro- und Nanoelektronik Mitte Juni hier in Dresden eine Erfolgsmeldung genannt werden darf.
Ich will etwa 25 Jahre zurückblicken, zum Beginn der Neunzigerjahre. Was mussten wir dort erleben? Sachsen war schon immer ein Standort mit Innovationspotenzial. Dieses war aber bedroht – einerseits durch die Deindustrialisierung und andererseits durch die Privatisierungsstrategien der Treuhand zum damaligen Zeitpunkt. Offenbar war es gut, dass es gelungen ist, einen Teil der Forschungsabteilungen, die es damals in den Großbetrieben und Kombinaten gab, herauszulösen und diese durch die Privatisierung in Forschungs-GmbHs zumindest zum Teil zu erhalten. Das waren die Grundlagen, auf denen wir heute aufbauen.
In Vorbereitung auf die Debatte habe ich noch einmal in den Enquete-Bericht der Technologiekommission von 2013 geschaut. Die Enquete-Kommission hat ganz zu Recht herausgearbeitet, dass es vor allem die Hochschulen sind, die mit ihren Leistungen in Forschung und Leere zur technologischen Modernisierung Sachsens beitragen. Wenn wir uns anschauen, dass allein schon 2010 die Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Hochschulen in Höhe von 722 Millionen Euro deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt des Bruttoinlandsproduktes lagen, dann ist das einerseits eine Erfolgsmeldung. Andererseits müssen wir immer noch konstatieren, dass mehr als die Hälfte der Drittmitteleinnahmen an den Hochschulen aus öffentlich geförderten Forschungsprojekten kommt. Das zeigt uns, dass wir hier noch Schwachstellen der sächsischen Wirtschaftsstruktur haben. Es fehlen die Mittel aus der Industrie, um Forschung in Größenordnungen zu finanzieren.
Ja, Sachsen kann zu Recht stolz sein, denn das Leistungszentrum für Mikro- und Nanoelektronik ist das dritte Pilotvorhaben dieser Art in Deutschland. Es gibt noch eines in Freiburg und eines in Erlangen.
Mich interessiert aber, wie es nach der zweijährigen Pilotphase weitergeht. Für die nächsten zwei Jahre wird das Leistungszentrum aus Mitteln des Freistaates – wir haben es gehört, das sind die 5 Millionen Euro – finanziert, und zwar aus Mitteln der Fraunhofer-Gesellschaft und von Industriepartnern. Danach verlässt man sich, so las ich es auf der Seite der Fraunhofer-Gesellschaft, auf
Bundesmittel. Aber was wird, wenn das nicht funktioniert? Darüber wird zu reden sein. Ich hoffe, dass wir darauf Antworten hören. Ich glaube, wir brauchen insbesondere in diesem Bereich langfristige Pläne.
Die Debatte ist überschrieben mit „Freistaat als attraktiven Wissenschaftsstandort weiterentwickeln“. Über dieses Ziel sind wir uns fraktionsübergreifend einig, das ist keine Frage. Es reicht aber nicht, uns gegenseitig die Wichtigkeit des Wissenschaftsstandortes zu bestätigen, wenn wir nicht auch ehrlich und kritisch über einige Punkte reden. Das ist durch die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten und die Kommentare der Fraktionsvorsitzenden heute Vormittag schon umfangreich passiert. Ich möchte trotzdem noch auf einige Punkte eingehen.
Ich glaube, dass dieser attraktive Wissenschaftsstandort nur weiterentwickelt werden kann, wenn es gelingt, alle Ressorts einzubinden. Im Ergebnis der Debatten, die wir heute früh und in den letzten Monaten immer wieder im Landtag geführt haben, möchte ich davor warnen, dass das Erreichte verspielt zu werden droht oder die goldene Kugel in den Brunnen fällt, wenn es nicht gelingt, beispielsweise die Wissenschaftslandschaft im Bereich der Arbeitsverhältnisse zu optimieren. Es muss sichere Arbeitsplätze an den Hochschulen, in der Wissenschaft geben. Wir müssen auch immer wieder über das Thema Willkommenskultur und Weltoffenheit in Sachsen reden.
Es ist eine Erfolgsmeldung, wenn wir sehen, dass im Zeitraum von 2000 bis 2010 der Anteil ausländischer Studierender um 60 % gestiegen ist. Aber bei den ausländischen Wissenschaftlern liegen wir immer noch unter dem Bundesdurchschnitt. Es reicht eben nicht, sich zu freuen, dass wir ausländische Rektoren an den Hochschulen haben. Der Ministerpräsident hat das vorhin genannt. Es reicht nicht, wenn wir keinen Konsens finden und nicht die Debatte darüber führen, dass wir in allen Bereichen der Gesellschaft Migrantinnen und Migranten brauchen, dass diese uns willkommen sind, nicht nur an Kunsthochschulen oder als Künstler an den großen Kultureinrichtungen.
Für die Stadt Dresden kann ich sagen: Pegida, Asylkritiker und rassistische Diskussionen in den letzten Monaten in der Öffentlichkeit, im Internet usw. haben dazu geführt, dass wir jetzt Meldungen bekommen, dass es einen Besucherrückgang im touristischen Bereich und zunehmend die Stornierung von wissenschaftlichen Kongressen gibt. Das ist ein Problem, das wir ernst nehmen müssen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Dezember 2012 hat die Fraunhofer-Gesellschaft ihr Dresdner Nano-ElektronikZentrum als selbstständige Einrichtung aufgelöst. Das Zentrum wurde heruntergestuft zu einer Abteilung des IPMS und inhaltlich neu ausgerichtet. Das war ein schwarzer Tag für Sachsen.
Umso erfreulicher ist die Gründung des „Nationalen Leistungszentrums Funktionsintegration für die MikroNanoelektronik“ in Dresden und Chemnitz. Es wird sich auf Elektroniktechnologie stützen, die einen raschen Praxiseinsatz verspricht, nämlich auf Computerchips mit organischen Komponenten. Sie besitzen Stromsparschaltkreise, die ihren Energiebedarf wie ein Mikroheizkraftwerk selbst decken, und neuartige Diagnostiksysteme für die Medizin und handliche Lebens- und Arzneimittelscanner.
Durch die Bündelung von sächsischer Chipforschung und Chipproduktion in einem Entwicklungs- und Transferzentrum baut die Fraunhofer-Gesellschaft in Dresden und Chemnitz ein technologisches Hochplateau, das letztlich auch zu Wettbewerbsvorteilen für die deutsche Industrie insgesamt führen wird. Es verdient jede Unterstützung, wenn Ingenieure innovative Nanoelektronik für den raschen Industrieeinsatz entwickeln.
Die Mikroelektronik ist für Sachsen eine Multiplikatorindustrie. Auf jeden Beschäftigten in der Halbleiterindustrie kommen, statistisch gesehen, 1,8 Arbeitsplätze in der Region, bei Dienstleistern und Zulieferern. An jedem Euro, den die Mikroelektronikbranche im Freistaat verdient, hängen weitere 2 Euro Umsatz bei Partnern.