Protokoll der Sitzung vom 09.07.2015

Nun sind Sie ganz stolz darauf, dass Sie die Klimaabgabe verhindert haben. Ich frage mich nur, worauf Sie stolz sind: Sind Sie stolz darauf, dass Sie genau das Gegenteil von Planungssicherheit für die Betreiber und Investoren erreicht haben? Sind Sie stolz darauf, dass Millionen Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre geblasen werden? Sind Sie stolz darauf, dass die betroffenen Menschen nun wieder keine Klarheit für ihr weiteres Leben bekommen werden? Vattenfall hat das Interesse an der langfristigen Braunkohleförderung verloren. Ob sie einen Käufer finden, ist fraglich. Notwendig wäre jetzt ein planbarer, geordneter und schrittweiser Rückzug, bei dem alle Beteiligten frühzeitig wissen, was auf sie zukommt. Natürlich sind die Ängste vor dem Verlust des Gewohnten groß und die Vorteile, die danach kommen, nicht greifbar. In einer solchen Situation wirkt aber das Zögern, Verschleppen, Nichtentscheiden und Falsche-HoffnungenMachen wie Gift.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich sage Folgendes deutlich: Sie reden die vielen Unternehmen in der Lausitz schlecht, wenn Sie so tun, als ob die Region derzeit neben der Kohle keine Zukunftsperspektive hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Ja, wir brauchen eine neue Perspektive für 2 000 Kohlearbeitsplätze. Wir müssen aber auch die anderen 190 000 Arbeitsplätze in der Lausitz im Blick behalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Den Braunkohleausstieg muss niemand mehr fordern. Dieser kommt von ganz allein. Wer aber schlecht vorbereitet ist und anstehende Entscheidungen verschiebt, der wird von den Veränderungen überrollt werden und riskiert am Ende wirklich den Verlust von Arbeitsplätzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie sind übrigens ebenfalls schlecht auf die rasant fortschreitenden Klimaveränderungen vorbereitet. Stattdessen träumen Sie mit Ihrem tschechischen Amtskollegen von der großen Zukunft der Binnenschifffahrt auf der Elbe. Dabei brauchen Sie doch nur aus dem Fenster zu schauen, um zu sehen, dass dieser Traum ausgeträumt ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Tillich, bitte nehmen Sie die Messdaten Ihres eigenen Landesamtes ernst. Es gab in den letzten drei Dekaden einen hohen Anstieg der mittleren Jahrestemperatur. Die Folge sind deutlich mehr Hitzeperioden, Überschwemmungen, Sturmschäden, Nässe- und Trockenschäden, Ernteausfälle, mittlerweile hohe Schäden an der Infrastruktur sowie hohe Gesundheitsbelastungen. Wir müssen uns jetzt im Gesundheitssystem, in der Land- und

Forstwirtschaft sowie im Städtebau darauf vorbereiten. Was Sie sofort tun können, ist Folgendes: Geben Sie zum Beispiel den Städten den Baumschutz zurück.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses schwarz-gelbe „Baum-ab-Gesetz“ ist das Gegenteil einer klugen Klimaanpassungsstrategie.

Wenn Sie schon auf die Elektromobilität setzen, dann machen Sie das bitte glaubwürdig. Die Menschen glauben nämlich noch nicht, dass E-Mobilität in Sachsen funktioniert. Holen Sie sich wenigstens einen i3 vor die Staatskanzlei. Lassen Sie sich von der DREWAG eine Ladestation hinstellen. Zeigen Sie als erster Mann im Land, wie die Elektromobilität funktioniert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Nothnagel von der Wirtschaftsförderung Sachsen, das wissen Sie, macht es bereits vor. Machen wir das bei einem Teil der Dienstwagen des Landtages einfach ebenso – am besten in Verbindung mit intelligentem Carsharing – , damit alle einen Nutzen davon haben. Wenn Sie und wir nicht selbst demonstrieren, wie es geht, bleibt Ihr tolles „Schaufenster Elektromobilität“ eben nur Schaufensterpolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gut gefallen hat mir, Herr Tillich, was Sie über die Rahmenbedingungen für Innovationen, Investitionen und Internationalität gesagt haben. In den letzten Wochen habe ich Menschen besucht, die eine Idee davon haben, was in der Zukunft wichtig ist. Ich war bei Tüftlern, Handwerkern, Forschern, Studierenden, Professoren, Jungunternehmern, aber auch bei Pädagogen und Erziehern. Kurzum, ich war bei Menschen, die angesichts der enormen Veränderungen, die auf Sachsen zukommen, nicht still sitzen können. Sachsen kann sich einen Stillstand wirklich nicht leisten. Das Land braucht dringend Innovationen. Das Land braucht dringend Innovationen für neue Energien, Klimaschutz, eine bessere Kreislaufwirtschaft, gemeinsames lebenslanges Lernen, Gesundheit oder Pflege und vor allem für ein gutes Zusammenleben in der Gesellschaft. Innovationspolitik wird an Bedeutung gewinnen. Gerade der ökologische Umbau bietet hierbei vielfältige Chancen für neue Produkte und Änderungen der Produktionsverfahren. Wenn Sachsen hierbei die Nase vorn hat, kann Sachsen die Chancen all dieser Zukunftsmärkte auch wirklich besser nutzen.

Sie tun bereits einiges für eine gute Innovationskultur. Das erkenne ich an. Doch eine gute Kultur in diesem Bereich beginnt schon in den Schulen. Besonders in den sächsischen Hochschulen ist die Situation für das wissenschaftliche Personal dramatisch: prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Unsicherheit, fehlende Perspektiven; wir haben das alles gestern ausführlich diskutiert. All das sind denkbar schlechte Voraussetzungen für wissenschaftliche Innovation und Dynamik, meine Damen und Herren.

Auch was Firmengründung und Unternehmensansiedlungen angeht, sind hier noch viele Hemmnisse zu beseiti

gen. Auch das Image von Städten und Regionen hat Einfluss auf eine erfolgreiche Ansiedlungspolitik. Vermeintliche Rückständigkeit, Schlagzeilen über Fremdenfeindlichkeit können sich eben auch ganz schnell zu Ansiedlungshindernissen entwickeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn erst das Etikett der Fremdenfeindlichkeit an einer Kommune klebt, geht das dann so schnell nicht mehr ab. Wenn Sie auf Investoren und auf internationale Fachkräfte aus aller Welt hoffen, dürfen Sie nicht zulassen, dass Fremdenhass heruntergespielt oder ignoriert wird.

Zum Schluss, Herr Tillich, noch eines. Sie sagen: „Gemeinsam haben wir in Sachsen in den zurückliegenden Jahren viel erreicht.“ Zumindest hier im Landtag streiten das Ihre Fraktionskollegen ständig ab. Seit Jahren höre ich bei jedem Antrag von uns: Euer Engagement, das brauchen wir nicht, das machen wir auch ohne die Initiative der GRÜNEN; was die GRÜNEN erreichen wollen, das machen wir selber; das hatten wir sowieso vor; deswegen lehnen wir auch den GRÜNEN-Antrag ab.

Bitte zum Ende kommen.

Also mal ehrlich, was soll dieser Spruch von „gemeinsam viel erreichen“? Sorgen Sie für eine Änderung der parlamentarischen Kultur oder verschonen Sie uns bitte künftig mit solchen Phrasen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Herr Dr. Dreher, bitte.

Frau Präsidentin, ich würde gern eine persönliche Erklärung im Sinne von § 92 Abs. 2 der Geschäftsordnung abgeben, nach der Redner Äußerungen in Bezug auf ihre Person zurückweisen können. Es war die Rede davon, dass in Freital ein paar Abgeordnete mit dem Banner dastanden. Da war ich dabei.

Das geht nur vor einer Abstimmung, aber wir haben jetzt keine Abstimmung.

Es ist vorhin mit Herrn Hütter schon besprochen worden, dass dies am Ende der heutigen Tagesordnung möglich ist.

Meine Damen und Herren! Ich frage noch einmal in die Runde. Die CDU hätte noch Redezeit, die Fraktion DIE LINKE und die SPD haben noch zweieinhalb bzw. drei Minuten Redezeit. Wird gewünscht, davon Gebrauch zu machen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Aussprache zur Regierungserklärung beendet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 1. Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 2

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Neues Nationales Leistungszentrum Fraunhofer in

Sachsen – Freistaat als attraktiven Wissenschaftsstandort weiterentwickeln

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

2. Aktuelle Debatte: Der Abgeordnete im Rechtsstaat,

Freiwild für Polit-Chaoten

Antrag der Fraktion AfD

Ich rufe jetzt auf

1. Aktuelle Debatte

Neues Nationales Leistungszentrum Fraunhofer in Sachsen –

Freistaat als attraktiven Wissenschaftsstandort weiterentwickeln

Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Dazu kann in der Reihenfolge CDU, SPD, DIE LINKE, AfD, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht, Stellung genommen werden. Es beginnt die CDUFraktion; Frau Abg. Fiedler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass das Thema Wissenschaft in diesen zwei Plenartagen gleich zweimal auf der Tagesordnung steht und hier im Landtag eine