Protokoll der Sitzung vom 09.07.2015

(Heiterkeit bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Dort hing neben einem AfD-Plakat noch ein großer Zettel: „Drei Wochen wegen Urlaub geschlossen“. Und wohin sollte man sich wenden? An ein Bürgerbüro, Wahlkreisbüro oder Abgeordnetenbüro. Nicht etwa an die Landtagsfraktion, nein, an die Parteiebene!

Genau an dieser Stelle erhebt sich in der Tat die Frage nach der Stellung des Abgeordneten im Rechtsstaat. Dazu gehört die Trennung von Mandat und Partei.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Schauen Sie einmal bei sich genauer hin!)

Ich erinnere daran, wie man wirklich zum Freiwild von Polit-Chaoten werden kann: Da organisiert man als Abgeordnete eine öffentliche Veranstaltung, die gut besucht ist. Drei Wochen später spricht mich mein Fraktionsvorsitzender an: „Kerstin, Frau Petry war bei mir und hat mir das Protokoll der Veranstaltung vorgelegt. Ich möge dich bitte zurechtweisen! Ich habe Frau Petry klipp und klar gesagt, dass ich das nicht tun werde.“

(Beifall bei den LINKEN)

Dafür bin ich meinem Fraktionsvorsitzenden bis heute dankbar. So geht man nicht mit Abgeordneten um; denn wir sind kein Freiwild, auch nicht Freiwild für die PolitChaoten im AfD-Umfeld.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Köditz?

Nein. – Ich möchte auch für unsere Fraktion klipp und klar sagen: Wenn es Angriffe gibt, ist das ganz einfach inakzeptabel.

Inakzeptabel ist es aber auch, falsche Tatsachen zu behaupten – offenbar wegen der Medienaufmerksamkeit – und in Umlauf zu bringen.

(Beifall bei den LINKEN)

Auf dieser Grundlage geführte Debatten sind in etwa so glaubhaft wie der Satz: „Ich trete nicht gegen Bernd Lucke an.“

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Dazu gibt es eine Kurzintervention. Bitte.

Sehr geehrte Frau Köditz, vielleicht nehmen Sie Folgendes zur Kenntnis: In Grimma gibt es zwei Büros. In dem einen Büro sitzt der Kreisverband, in dem anderen Frau Dr. Petry.

(Zuruf der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Woher wollen Sie das denn wissen?

(Zuruf von den LINKEN: Weil sie dort wohnt!)

Ah ja, wunderbar.

Als Zweites, was Frau Dr. Petry betrifft: Dass sie nicht gegen Herrn Lucke antreten würde, hatte sie von November bis Mai gesagt, bis das in unserer Partei eskaliert ist; das haben Sie sicherlich alle in der Presse verfolgt. Dann hat sie die Konsequenz gezogen und ganz offen gesagt, dass sie kandidieren werde. Das ist auch überhaupt nichts Problematisches.

(Beifall bei der AfD)

Frau Köditz? – Kein Bedarf.

Gibt es noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall.

Die Staatsregierung wünscht das Wort. Herr Staatsminister Gemkow, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rechtsstaat und Angriffe auf Abgeordnete – das passt nicht zusammen. Der Rechtsstaat garantiert allen Menschen Grundrechte und schützt sie vor Übergriffen anderer.

Menschen als Freiwild – also eine Gruppe von Menschen, die der Willkür anderer schutzlos preisgegeben sind; Herr Voigt hat dazu schon ausgeführt –, das darf es im Rechtsstaat nicht geben, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Bürger ohne Mandat oder um einen Abgeordneten handelt.

Willkür und Gewalt gegen Abgeordnete richten sich in besonderer Weise gegen das Fundament unserer Demokratie. Die Abgeordneten als Repräsentanten des ganzen Volkes wirken im Landtag an zentraler Stelle des Rechtsstaates. Die Verfassung gibt ihnen dazu eine starke Stellung: Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Sie dürfen nicht daran gehindert werden, ihr Mandat auszuüben. Wegen ihrer Äußerungen in Ausübung des

Mandats genießen sie Indemnität und im Übrigen auch den Schutz der Immunität.

Ein Vertreter des Volkes muss natürlich erreichbar und ansprechbar sein. Er muss für die Fragen und Anliegen der Bürger ein offenes Ohr haben; das wissen Sie alle am besten. Dieser Rückkopplung zwischen den Abgeordneten und den Wählern dienen unter anderem die Wahlkreisbüros der Abgeordneten. Wer diese Wahlkreisbüros zum Ziel von Anschlägen macht, greift auch die demokratische Grundordnung selbst an.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, den LINKEN und der AfD)

Menschen, die sich dazu hinreißen lassen, haben nicht verstanden, dass es in einer Demokratie darauf ankommt, zuzuhören und nicht zuzuschlagen, dass im demokratischen Meinungskampf Worte zählen und nicht Fäuste und dass sich Probleme nicht durch Einschüchterung und Bedrohung lösen lassen.

Die Hemmschwelle zu Bedrohung und Gewalt ist aber nicht nur gegenüber Abgeordneten niedrig. Das lässt sich an verschiedenen Entwicklungen ablesen. Ich denke zum Beispiel an die zahlreichen Berichte von Bürgermeistern und Polizisten, die anlässlich ihrer Amtsausübung angefeindet oder angegriffen wurden.

Leider muss ich dabei auch an meine Heimatstadt Leipzig denken, wo verschiedene Amtsgebäude attackiert wurden, unter anderem das Bundesverwaltungsgericht, das Amtsgericht und die Polizei. Im selben Maß sind auch Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte auf das Schärfste zu verurteilen. Alle diese Angriffe richten immensen Schaden an, und von der materiellen Seite will ich dabei nicht reden. Noch mehr Sorge bereitet mir der drohende Schaden für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Akzeptanz und Toleranz und für die Grundwerte, die Grundlage unseres Zusammenlebens sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeglichen Versuchen der Einschüchterung und Bedrohung und vor allem jeglicher Gewalt und Brandstiftung muss Einhalt geboten werden, egal, ob sich die Täter gegen Bürger, gegen Amtsträger oder gegen Minderheiten, wie Flüchtlinge, wenden, egal ob sie von rechts, von links kommen oder ob sie gänzlich unpolitisch sind. Der Rechtsstaat muss diesen Tätern entschlossen die Stirn bieten.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den LINKEN)

Die Justiz wird das ihre dafür tun. Das allein aber, fürchte ich, wird nicht ausreichen. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, extremistischen Tendenzen entgegenzutreten und im Meinungskampf entschieden gegen Äußerungen und Handlungen, die mit unserer Verfassung nicht vereinbar sind, Stellung zu beziehen. An dieser Aufgabe, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss jeder Einzelne in unserer Gesellschaft mitwirken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den LINKEN und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Die 2. Aktuelle Debatte ist abgeschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst die Staatsministerin für Kultus, Frau Kurth, zu dem Thema „Halbzeitbilanz der sächsischen KMK-Präsidentschaft“. Hierfür stehen ihr nach § 54 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung bis zu 10 Minuten zur Verfügung. Anschließend haben die Fraktionen über eine Dauer von insgesamt 35 Minuten die Möglichkeit, der Staatsministerin Fragen zu ihrem Bericht sowie einem weiteren Themenkomplex zu stellen. Als weiteren Themenkomplex hat die Fraktion CDU das Thema „Erinnerungskultur – 25 Jahre deutsche Einheit an Sachsens Schulen“ benannt. Es gilt wieder die Festlegung, dass in der ersten Fragerunde nur Fragen zum Berichtsthema der Staatsregierung gestellt werden. In den weiteren Runden können die Fragen sowohl dieses Thema als auch den von der Fraktion CDU benannten Themenkomplex betreffen.

Meine Damen und Herren! Ich erteile nun Frau Staatsministerin Kurth das Wort. Bitte sehr, Frau Kurth.

Danke schön. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte zunächst einige Schwerpunkte meiner Halbzeitbilanz der KMK-Präsidentschaft mitteilen.

Seit der Wiedergründung des Freistaates Sachsen liegt der Vorsitz der Kultusministerkonferenz, der jährlich rotiert, erstmals beim sächsischen Kultusministerium. Für meine Amtszeit habe ich mir vier Schwerpunkte gesetzt, die ich zunächst kurz benennen möchte, bevor ich einige Ausführungen dazu tätigen werde: die Qualitätssicherung, des Weiteren die Förderstrategie für leistungsfähige Schüler, die Vergleichbarkeit und Mobilität und das Erinnern und das Erneuern als vierten Schwerpunkt.

Am 30. Juni war Halbzeit meiner Amtsperiode und damit Zeit für mich zu resümieren. Zum ersten Schwerpunkt: Um auch künftig für die Qualität und Vergleichbarkeit der Bildung in ganz Deutschland zu sorgen, hat die KMK ihre 2006 beschlossene Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring zeitgemäß fortgeschrieben. Die verschiedenen Tests und Vergleiche dienen aber nicht dem reinen Selbstzweck. Wir haben keinen Mangel an Daten, meine Damen und Herren.