Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

(Beifall bei der AfD)

Zum Schluss noch einige Worte zum aufgerufenen Einzelfall „Einigkeit“, wenn er hier schon einmal im Plenum behandelt werden soll und muss.

Wenn der SIB in seiner Ausschreibung verschweigt, dass für die Anlage des Kleingartenvereins „Einigkeit“ ein Generalpachtvertrag existiert und sie durch ihre bisherige Nutzung dem Bundeskleingartengesetz unterliegt, darf das so nicht hingenommen werden. Auch darauf hat Herr Patt heute in seiner Rede hingewiesen. Im Falle einer Kündigung nach § 9 des Bundeskleingartengesetzes würde sich hier eine Entschädigungspflicht nach § 11 des genannten Gesetzes ergeben, welche der SIB offensichtlich umgehen will.

Bei der Gesamtbeurteilung des Antrags wollte ich eigentlich an dieser Stelle noch auf ein lang bestehendes Alleinstellungsmerkmal der AfD hinweisen. Aber, werter Herr Wehner – – Ich sehe, er ist auch nicht da. Er hat in seiner Rede genau das vorhin im letzten Tagesordnungspunkt angesprochen und auf den Punkt gebracht. Es bleibt zu hoffen, dass alle in diesem Hohen Haus künftig Anträge vor allem nach dem Inhalt und nicht dem Urheber bewerten. Wir werden keinen Antrag ablehnen, nur weil er vom politischen Gegner kommt. Die AfD ist hier diesem Hohen Haus – und das muss einmal gesagt werden – eine Fraktion, die Anträge aller anderen hier vertretenen Fraktionen schon unterstützt hat. Ihr Antrag ist zwar nicht optimal, aber er ist auch nicht so schlecht, dass er abge

lehnt werden muss. Deshalb werden wir Ihrem Antrag zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Nach Herrn Wild spricht jetzt Frau Schubert für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden dem ersten Abschnitt dieses Antrags zustimmen, denn eine umfassende Unterrichtung des Parlaments ist etwas, das wir genauso unterstützen und auch immer einfordern. Dem zweiten Abschnitt können und werden wir allerdings nicht zustimmen. Zum einen – und das werde ich Ihnen nachfolgend darlegen – werden für uns hier die Ebenen der Zuständigkeit vermischt, und zum anderen scheint uns die Begründung eher wie eine Aufarbeitung der Chemnitzer Stadtratspolitik, in der Sie vermutlich keine Mehrheiten für Ihre Absichten finden konnten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Bundeskleingartengesetz ist umfangreich geregelt, wie die juristischen Rahmenbedingungen für Kleingärten sind. Der spekulativen Grundstücksveräußerung zulasten der Kleingärten wird ausreichend vorgebeugt. So ist eine ordentliche Kündigung der Pachtverhältnisse etwa zur Bebauung nur dann möglich, wenn planerisch eine andere Nutzung als die kleingärtnerische zulässig ist oder wenn das Kleingartenland aufgrund geänderter Bebauungspläne einer anderen Nutzung zugeführt werden soll. Für diese Fälle sieht das Gesetz eine Entschädigung und die Bereitstellung von Ersatzland vor.

Deutlich wird hier allerdings eines: Nicht der Freistaat ist derjenige, der Spekulationen mit Gartenland vorbeugen kann, sondern es sind die Kommunen, die es mit der Bauplanung in der Hand haben, ob Kleingartenland den Gärtnern bleibt oder ob es in Bauland umgewandelt werden soll.

Doch ich möchte nicht nur im Juristischen verbleiben. Der deutsche Städte- und Gemeindetag hat sich dieses Themas auch angenommen und gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Gartenfreunde eine Stellungnahme zur nachhaltigen Entwicklung des Kleingartenwesens erarbeitet. Dort können Sie dann lesen: „dass eine Reformierung des Bundeskleingartengesetzes derzeit nicht erforderlich ist“. Es wird hier also kein Bedarf für eine Reform des Regelwerks gesehen.

Kleingärten sind ein unverzichtbarer Bestandteil kommunalen Lebens. Völlig unbestritten ist die Bedeutung der Kleingärten für einen sozialen und ökologischen Städtebau unter dem Leitbild einer kompakten Stadt mit Nutzmischung. Wir GRÜNEN stehen nach wie vor dahinter. Allerdings – so steht es auch in der eben genannten Stellungnahme – sind städtebauliche Umbauprozesse aufgrund des demografischen, ökologischen und ökonomischen Wandels zwingend notwendig. In den Empfeh

lungen des Städte- und Gemeindetages zum Handlungsfeld Kleingartenentwicklung wird deutlich gemacht, dass der Spagat zwischen tatsächlichem Bedarf und bestehendem Überangebot bewältigt werden muss. Die Erstellung von Kleingartenentwicklungskonzepten in den Kommunen für vorbereitende und verbindliche Bauleitplanung ist mittlerweile in vielen Kommunen im Gange. Beispielhaft sei hier Zittau genannt. Die Forderung nach einem professionellen Verlagerungsmanagement – auch das ist eine der Handlungsempfehlungen – ist ein möglicher Ansatz, wie Bürgerinnen und Bürger und Kleingärtnerinnen und Kleingärtner eingebunden und mitgenommen werden können. Das könnte auch in Chemnitz überlegt werden.

Aus Ihrer Begründung geht für unsere Fraktion nicht klar hervor, was genau Sie mit Ihrem Antrag erreichen wollen. Wir sehen, dass hier vor allem die kommunale Selbstverwaltung zuständig ist, und im Stadtrat ist dieses Thema sicher auch der demokratischen Meinungsbildung unterworfen gewesen. Das hatten Sie aber jetzt nicht in Ihrer Begründung. Es ist nicht in Ordnung, sollte hier etwas – wie Sie es schildern – hinter dem Rücken der Kleingärtner entschieden und sollten diese nicht einbezogen worden sein. Mithilfe einer Anfrage oder durch einen Verweis in den Ausschuss können Sie diesen Sachverhalt klar aufklären lassen. Wer sind die privaten Dritten? Was haben sie vor? Gab es das Angebot an die Stadt, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen?

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Nein!)

Dann erschließt sich vielleicht ein konkreter Handlungsbedarf auf landespolitischer Ebene, über den wir hier erneut diskutieren können und auch müssen. Wir beantragen eine punktweise über Abstimmung Ihren Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die erste Rednerrunde wurde durch Frau Kollegin Schubert, Fraktion GRÜNE, beendet. Jetzt frage ich: Soll eine weitere Rednerrunde – – Ja, Sie lassen sich das nicht nehmen, Kollege Bartl. Bitte. Die einbringende Fraktion hat erneut das Wort. Es spricht für die Fraktion DIE LINKE Kollege Bartl.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Jetzt sehen Sie mich einigermaßen fassungslos. Der Antrag ist doch eindeutig.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Wir stimmen zu! Ist doch gut!)

Er sagt im Punkt eins: Wir wollen wissen, was das SIB, das Finanzministerium getan hat, ausgehend von der damaligen Zusage, dass all diese Flächen, die Landeseigentum sind, jetzt verkauft werden – Verkaufsaktion Kleingärten – und zunächst mit privilegiertem Angebot an Kleingärten, Kommunen oder territoriale Strukturen der Kleingärtner gehen. Wir haben einen Fall zur Begründung gebracht, in dem das gänzlich anders gemacht wurde. Und dass der Landtag wissen will, was seit 2012 mit diesen landeseigenen Flächen, die kleingärtnerisch genutzt sind,

geschieht. Das kann nicht die Stadtverwaltung in Chemnitz, auch nicht in Dresden und nicht in Bautzen machen. Das kann nur der Landtag.

(Gunter Wild, AfD: Deshalb stimmen wir ja zu!)

Ich meine jetzt nicht die, die intervenieren, das ist doch kein Problem. Das Problem ist, dass das keine Chemnitzer Angelegenheit ist. Das Beispiel, bei dem wir dem SIB auf die Schliche gekommen sind, wo wir sie „beim Mausen erwischt“ haben, kommt aus Chemnitz. Zufallstreffer. Dass jetzt drei Chemnitzer reden, ist okay. Ich hätte es gern, dass sich die Chemnitzer Abgeordneten zusammentun. Ich habe oft gesagt, wir bringen einmal zu sechst hier einen Antrag ein. Das dürfen Sie doch gar nicht. Was geschieht dann in Ihren Fraktionen?

(Beifall bei den LINKEN)

Dieser Weg geht gar nicht. Das wissen Sie doch. Eher schneit es nach oben.

(Lachen bei der AfD)

Das begreife ich jetzt nicht, Frau Schubert. Der Punkt zwei sagt, dass der SIB, ein landeseigener Staatsbetrieb, eine Verkaufsofferte geschaltet hat, in der er dieses Grundstück, dieses kleingärtnerische Kleinod, zum freihändigen Verkauf anbietet, spekulativ anbietet. Das kann die Stadt Chemnitz nicht aufhalten. Das kann ich auch schwer jemand anderem geben. Jetzt muss der Landtag der Staatsregierung in den Arm fallen und sagen: Das macht man nicht, Ihr wartet ab, was bei unserer Prüfung herauskommt!

Ich komme gleich auf den Deal mit der Überweisung zurück. Die machen wir nur mit, wenn wir wissen, dass in der Zeit nicht hinter dem Rücken des Landtages vollendete Tatsachen geschaffen werden, sprich: das Land veräußert wird. Beschließen, dass das jetzt nicht geschieht, kann nur dieses Haus, kein anderes Gremium.

Letzter Punkt: Es ist die vornehme Pflicht des Parlaments, sich mit Dingen zu beschäftigen – egal wie groß oder klein sie sind – und der Bevölkerung und den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, es nachzuvollziehen. Der Vorwurf, dass es nahezu am Bereich des Kriminellen ist, wenn man im Plenum etwas einbringt, wenn man es noch in den Ausschüssen behandeln kann, geht völlig an der Aufgabe des Parlaments vorbei. In dem Fall, so meinen wir, ist es tatsächlich genauso gelaufen, wie es befürchtet war. 2012 gab es bereits die Vorahnung, dass das zu einer Sache führen wird, die das Kleingartenwesen wegen des Nachahmungseffektes, wegen des schlechten Präzedenzfalles in Gefahr bringen kann. Das Parlament muss das jetzt zu sich zurückholen. Deshalb war der Antrag hier absolut richtig.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Kollege Bartl. Er hat als Einbringer für seine Fraktion eine zweite Rednerrunde eröffnet. Kollege Wild, Sie möchten jetzt eine Kurzintervention machen?

Herr Präsident, ich stand schon hier, als er die letzten Sekunden gesprochen hat. Ich wollte eigentlich eine Frage stellen. Aber das ist nun nicht mehr möglich. Vielleicht antwortet er mir einfach auf meine Kurzintervention.

Der Kleingartenverein hat ja alle Fraktionen hier in diesem Landtag mit diesem Problem angeschrieben, nicht nur DIE LINKE, sondern wir haben alle dieses Schreiben bekommen, diesen Hilferuf aus Chemnitz. Was wäre denn geschehen – das stelle ich jetzt einmal nicht als Frage, sondern ich stelle das in den Raum –, wenn eine andere Fraktion außer der LINKEN, zum Beispiel die AfD, das aufgegriffen und diesen Einzelfall – verbunden mit der Gesamtheit, so wie Sie es ja auch gemacht haben – in dieses Plenum gebracht hätte? Ich stelle mal polemisch die Frage: Hätte es dann nach oben geschneit? Und Sie hätten unserem Antrag zugestimmt?

(Zuruf von der CDU)

Das war eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Wild. Herr Bartl, Sie könnten jetzt reagieren.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Das war keine ernst gemeine Frage!)

Das war eine Kurzintervention. – Also die Reaktion darauf erfolgt nicht. Wir könnten jetzt weitergehen in der zweiten Rednerrunde, so denn Redebedarf bestünde. – Das kann ich nicht sehen. Wir könnten jetzt eine dritte Rederunde eröffnen, Kollege Bartl. – Nein. Damit hat jetzt der zuständige Staatsminister – und das ist in diesem Fall der Staatsminister der Finanzen, Herr Prof. Unland – das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, hat in einer durchaus erfolgreichen Aktion seit dem Jahr 2011 landeseigene Kleingärten an die Territorialverbände der Kleingärtner, an Standortkommunen und an örtliche Kleingartenvereine veräußert. Es handelt sich dabei um 70 Kleingartenanlagen, die an insgesamt 22 Käufer verkauft wurden.

Kleingärten, bei denen zum Veräußerungszeitpunkt nicht davon ausgegangen werden konnte, dass sie dauerhaft als Kleingärten Bestand haben werden, wurden und durften nicht im Rahmen der besonderen Aktion zur Veräußerung von landeseigenen Kleingärten nach dem Bundeskleingartengesetz veräußert werden.

Nicht alle privilegierten Käufer haben von ihrem Erstzugriffsrecht im Rahmen dieser Aktion Gebrauch gemacht. Die Gründe sind unterschiedlich. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters oder aus finanziellen Erwägungen lehnten einige Privilegierte den Erwerb ab, wenn sie dies überhaupt begründeten. Da der Erwerb von Kleingärten keine kommunale Pflichtaufgabe darstellt, scheuten sich auch manche Kommunen, sich Kleingärten anzueignen.

Grundlage der verbilligten Veräußerung an Nutzer war die Tatsache, dass diese Gärten dauerhaft als Kleingärten genutzt werden. Alle Erwerber mussten jedoch eine Mehrerlösklausel für den Fall akzeptieren, dass bei einer Umwidmung der Flächen, zum Beispiel in Bauland, ein höherer Verkehrswert entsteht.

Im vorliegenden Einzelfall der Kleingartensparte „Einigkeit“ liegt die Sachlage anders. Aufgrund der Bauleitplanung der Stadt Chemnitz ist diese Kleingartensparte dauerhaft nicht für Gärten, sondern für Bauland vorgesehen. So hat die Stadt Chemnitz am 2. März 2010 einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst, der auf dem Flurstück der Gartenanlage ein größeres Baufeld vorsieht. Aufgrund der seitens der Stadt vorgesehenen Beplanung kann der Freistaat das Grundstück nicht verbilligt abgeben. Er darf es gemäß § 63 Abs. 3 der Sächsischen Haushaltsordnung nur zum vollen Wert veräußern.

Die Diskussion vorhin war für mich interessant. Wir müssten demnach dann die Sächsische Haushaltsordnung ändern.

Die Diskussion, ob für die Kleingartenanlage „Einigkeit“ in Chemnitz-Kaßberg das Bundeskleingartengesetz

anwendbar ist oder nicht, ist nicht zielführend. Unstreitig ist, dass auch diese Kleingartenanlage unter das Bundeskleingartengesetz fällt. Durch die von der Stadt Chemnitz getroffene Bauleitplanung ist der Bestandsschutz der Anlage weggefallen, egal, ob sie früher im kommunalen Besitz war oder auch nicht. Dadurch steht dem Grundstückseigentümer und Verpächter nunmehr gemäß § 9 Nr. 5 Bundeskleingartengesetz ein Kündigungsrecht zu. Selbstverständlich richten sich die Kündigungen und die etwaige Entschädigung an den Kleingartenpächter nach den Regelungen des Bundeskleingartengesetzes. Insofern ist die Aussage, wonach das Bundeskleingartengesetz Anwendung findet, zutreffend.

Durch den Flächennutzungsplan der Stadt Chemnitz ist eine dauerhafte Nutzung als Kleingarten nicht gewährleistet, weil das Bundeskleingartengesetz selbst eine Kündigungsmöglichkeit im § 9 vorsieht, damit sich die bauleitplanerisch vorgesehene Wohnbebauung entwickeln kann. Aufgrund dieser besonderen Situation wird die Kleingartenanlage „Einigkeit“ jedem angeboten. Der Kleingartenverband kann sich darum auch bewerben.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Für 400 000 Euro!)