Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Wir haben eine Struktur. Sie sollten einmal hinhören, wen Sie hier angreifen, meine Damen und Herren, wenn Sie das unterstützen. Der Deutsche Schützenbund hat 1 400 000 Mitglieder. Der Sächsische Schützenbund – Präsident Frank Kupfer ist hier anwesend – hat ungefähr 14 000 Mitglieder. Den ausdrücklichen Dank für Ihre Arbeit vonseiten der Sportschützen soll ich Ihnen in diesem Zusammenhang übermitteln. Es sind 364 Vereine allein hier in Sachsen, die – da sollten Sie bitte zuhören; einige Fraktionen könnten diese Worte gebrauchen – mit Disziplin, Gewissenhaftigkeit, Gesetzestreue – schon mal gehört? –, Gemeinschaftsgeist usw. diesen Sport durchführen. Frau Nagel, das ist sehr wichtig. Gesetzestreue – schon mal gehört?

(Heiterkeit bei der AfD)

Die organisierte Kriminalität benutzt keine legalen Waffen. Ich weiß gar nicht, wie das sein soll. Die sind alle registriert. Das ist doch völliger Schwachsinn. Die brauchen Kriegswaffen, und die haben die Schützenverbände

und die angeschlossenen Vereine nicht. Die nehmen zum Beispiel die berühmte AK 47, die Kalaschnikow. Die kennt ja jeder, zumindest jene, die mal bei der Armee gewesen sind. Eine automatische Waffe, eine Kriegswaffe, hat kein einziger Schützenverein.

Die erste Forderung ist das Aufheben des 2003 im deutschen Waffenrecht abgeschafften Verbots. Rot-Grün war daran beteiligt, halbautomatische Waffen zu verbieten, die wie vollautomatische aussehen. Das ist natürlich eine Frage. Viele Sportschützen haben eine solche Waffe, die so aussieht. Es ist eine halbautomatische, aber sie sieht aus wie eine vollautomatische. Ich weiß gar nicht so recht, wo das Problem dabei ist.

Die wirtschaftliche Bedeutung für die Schützen ist aber relevant. Sie sind nämlich sehr teuer und schießen sehr genau. Damit treffen sie immer sehr schön ins Schwarze. Artikel 14 Grundgesetz, Eigentum, ist natürlich wieder völlig uninteressant. Man will verbieten, man will enteignen – das ist mal wieder typisch für solche Richtlinien.

Ich gehe auf den letzten Satz der Richtlinie vom 18.11., Seite 11, ein: das Bedürfnis. Nachher gehe ich noch einmal darauf ein, was das ist. Dieses Bedürfnis, nämlich die Möglichkeit, überhaupt eine Waffe besitzen zu können, soll auf fünf Jahre befristet werden. Meine Damen und Herren, schon seit 2009 gibt es in § 36 Abs. 3 Waffengesetz die Überprüfung zu Hause. Die kommen einfach so nach Hause, meine Damen und Herren. Ein Verstoß gegen Artikel 13 Grundgesetz interessiert niemanden und wurde nicht einmal vom BVG angenommen, nämlich die Unverletzlichkeit der Wohnung.

Kollege Spangenberg, die Redezeit nähert sich dem Ende.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ja, ein letzter Satz: Verdachtsunabhängige Kontrollen haben sich mittlerweile als Einnahmequelle für die Kommunen herausgestellt.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ich mache dann weiter. Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Valentin Lippmann, GRÜNE: Ein Unsinn, Herr Spangenberg! Ein Unsinn!)

Damit ist die 2. Aktuelle Debatte eröffnet. Herr Kollege Spangenberg sprach für die Fraktion AfD. Jetzt geht es weiter in der Rederunde mit CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die CDU spricht jetzt Herr Kollege Otto.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Landtagskollegen! Es ist natürlich klar, dass das die AfD als Steilvorlage nutzt, um sich an der EU abzuarbeiten, insbesondere bei diesem sensiblen Thema.

Es ist aber alles nicht so einfach, und vornweg muss man sagen: Dafür ist der Bundestag zuständig und nicht wir hier im Sächsischen Landtag.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Natürlich ist es eine Debatte, die schon eine gewisse Breite hat. Herr Spangenberg hat es gesagt: Es sind sehr viele Mitglieder in den Schützenvereinen und ihnen muss man Beachtung schenken. Das ist auch klar. Ich denke, man sollte versuchen, das der Reihe nach ein wenig aufzustrippen.

Nach den furchtbaren Terroranschlägen ist das Zeigen von Stärke und Entschlossenheit innerhalb der EU angesagt. Deshalb hat man diese Richtlinie mehr oder weniger als eine Art Sturzgeburt auf den Weg gebracht. Es ist eine Sache, die schon seit einigen Jahren in Arbeit ist. Sie ist also nicht neu und nicht nur anlässlich der furchtbaren Anschläge angegangen worden, sondern es ist schon ein längerer Prozess. Man hat ihn jetzt sehr beschleunigt. Auch bei der EU ist es manchmal möglich, dass es sehr schnell geht. Oftmals dauert es sehr lange, aber hier hat man es doch sehr schnell, fast mit heißer Nadel, zusammengestrickt.

Es ist ein Maximalvorschlag, der gemacht wird. Oftmals ist es so, dass, wenn die Mitgliedsländer darüber beraten, das eine oder andere wieder herauskommt. Wir müssen feststellen, dass wir in Deutschland das rigideste und schärfste Waffengesetz in Europa haben. Es wird letztendlich eine Angleichung der Gesetzlichkeiten an die deutschen Regelungen sein, um die es geht. Man ist ein wenig darüber hinausgegangen und will tatsächlich diese halbautomatischen Waffen, die zuvor vollautomatische waren, verbieten. Das ist gar nicht so einfach. Die Eigentumsrechte spielen eine wichtige Rolle.

Aber es geht noch weiter: Die Waffen gibt es nicht nur im Schützenverein, sondern es gibt sie, wenn man in andere Bereiche schaut, sogar im Spielzeugladen. Ich habe mich versichert; ich darf sie nicht zeigen. Ich habe ein solches Gerät von meinem Stiefsohn eingezogen. Er hat es heimlich in einem Waffengeschäft gekauft, wo man so etwas ab 14 Jahren kaufen kann. Ich wollte es Ihnen zeigen, denn es sieht wirklich furchtbar echt aus.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wenn man schon Dinge verbietet, die in diese Richtung gehen, dann auch in diesen Bereichen. Das wäre wirkungsvoller, als den gesetzestreuen Schützen noch mehr Regeln an dieser Stelle aufzuzwingen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Volkmar Winkler, SPD)

Wie mein Kollege Spangenberg bin ich selbst auch Sportschütze, schon von Kindesbeinen an. Ich weiß gar nicht, wann es losging. Ich glaube, mit zehn Jahren war ich das erste Mal bei der damaligen Armeesportvereinigung „Vorwärts“, wer sie noch aus DDR-Zeiten kennt. Ich war auch fast beim ASK in Frankfurt/Oder angelangt,

aber ich bin, nicht zuletzt wegen der Leibesfülle, damals schon gescheitert.

(Heiterkeit im Saal)

Ich war seinerzeit sehr traurig, aber mich hat das Sportschießen nie losgelassen. Irgendwann kam es dann mal dazu: 2009 habe ich mich um eine Waffenbesitzkarte gekümmert und das ganze Prozedere durchlaufen. Es ist alles nicht so einfach: Man muss eine Sachkundeprüfung ablegen. Man muss also in einem Schützenverein sein. Man muss auch dem Dachverband beitreten. Man muss das Bedürfnis nachweisen. Man muss die ordnungsgemäße Aufbewahrung der Waffen nachweisen – es gibt Schränke mit A und B –, dass man Waffen und Munition getrennt lagert. Davon muss man Bilder machen, die man der Ordnungs- bzw. Waffenbehörde per Mail oder auf Fotos zeigen muss. Man muss zwölfmal im Jahr – oder jeden Monat einmal – schießen gehen. Das ist gar nicht so einfach, wenn man terminlich ganz schön ausgelastet ist.

Nach drei Jahren muss man gegenüber dem Ordnungsamt nachweisen, wie oft man geschossen hat. Ich bin persönlich hingegangen und habe mein Schießbuch gezeigt – das hätte ich hier auch gern einmal hochgehalten; das lässt aber die Geschäftsordnung leider nicht zu.

Es ist also wirklich straff reglementiert und man muss das nicht noch weiter verschärfen.

Jetzt läuft gleich die Redezeit ab; das ist ja ganz fatal.

(Leichte Heiterkeit – Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Das kenne ich!)

Herr Spangenberg hat meinen sehr verehrten Europaabgeordneten Hermann Winkler zitiert, der kürzlich eine Pressemitteilung dazu herausgegeben hatte, aus der ich kurz zitieren möchte: „Eine Verschärfung des Waffenrechtes zulasten der Sportschützen und Jäger wird die Problematik um den Terror nicht lösen, zumal dann genau die Menschen benachteiligt werden, die sich unter friedlicher Nutzung von Waffen im Sportverein und bei der Jagd für unsere Gesellschaft einbringen. Es macht keinen Sinn, illegale Waffen, mit denen zu 99 % Gewalttaten verübt werden, durch eine stärkere Reglementierung der legalen Waffenbesitzer zu bekämpfen.“

So ist es, meine Damen und Herren, und die meisten bürgerlichen Abgeordneten sehen es genauso. Es geht also im Kern auf EU-Ebene um eine Regulierung des Waffenbinnenmarktes, was bis jetzt noch nicht geschehen ist. Das ist auf jeden Fall richtig. Hauptziel dabei muss aber auch die Bekämpfung der illegalen Waffen sein.

Jetzt ist die Redezeit allerdings zu Ende.

Jawohl, ich komme zum Schluss. – Ich bin mir sicher, dass das mit Augenmaß gelingen wird.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und ganz vereinzelt bei der SPD – Beifall des Staatsministers Markus Ulbig)

Auf Kollegen Otto folgt jetzt Herr Kollege Stange für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Otto, das mit der Leibesfülle kann ich nachvollziehen;

(Leichte Heiterkeit)

allerdings Ihre Begeisterung für den Schießsport – „Sport“ will ich ausdrücklich betonen – kann ich kulturell nicht nachvollziehen. Das muss ich aber nicht, das ist auch nicht mein Thema.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Aber tolerieren schon, oder?)

Meine Damen und Herren, der EU-Verordnungsvorschlag existierte bereits vor Paris; das heißt, die Terroranschläge sind der Anlass, nicht die Ursache für diesen Verordnungsvorschlag. Das muss man sich noch einmal vor Augen führen, denn dann relativiert sich dieser reißerische Titel des Generalverdachts durchaus auf das, was dann auch wirklich im Vorschlag steht.

Lassen Sie mich noch kurz umreißen, wie viele Personen es in Sachsen betrifft. Die Anzahl der Waffenscheine – der Kollege Lippmann hat dazu eine Kleine Anfrage gestellt, die dankenswerterweise entsprechende Zahlen zutage gefördert hat – ist von 2013 auf 2014 um 3 000 Stück nach oben gegangen: auf 37 579.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Die Waffenbesitzkarte wahrscheinlich?!)

Vielen Dank, genau. Die Mitgliederzahlen in Schießsportvereinen – im Übrigen kann ich die 14 000 da nicht erkennen, Herr Spangenberg – sind von 2013 auf 2014 von 13 268 auf 13 306 in Sachsen angewachsen. Man muss etwas Genauigkeit walten lassen, um das zu erfassen. Die Inhaber von Jagdscheinen in Sachsen sind von 11 014 auf 10 840 zurückgegangen.

Meine Damen und Herren, die Anzahl der Waffen in privatem Besitz in Sachsen ist allerdings nach oben gegangen, und zwar von 2013 auf 2014 von 131 000 auf 135 570 Stück – 135 570 Waffen, die sich in Sachsen in privatem Besitz befinden. – Nur als Wegmarke, ich stelle niemanden unter Generalverdacht; das will ich ausdrücklich betonen, nicht dass Sie mir wieder mit dieser Finte kommen.

Man muss die Begründung allerdings schon etwas weiter lesen, Kollege Spangenberg. Im nächsten Absatz heißt es nämlich korrekterweise: „Diese tragischen Ereignisse sind ein deutlicher Beleg für die multidimensionale Bedrohung durch die organisierte Kriminalität. Sie führen uns vor Augen, warum wir den unerlaubten Handel mit Feuerwaffen durch einen koordinierten und kohärenten Ansatz verstärkt bekämpfen müssen. Eine gemeinsame europäische Verantwortung bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und des Terrorismus wurde auch in den politischen Leitlinien von Präsident Juncker unterstrichen.“

(Detlev Spangenberg, AfD, steht am Mikrofon.)

Um es ganz klar zu sagen: Die Kommission wendet sich weder gegen Sportschützen noch gegen Jägerinnen und Jäger, sondern sie wendet sich gegen den illegalen Waffenhandel und versucht einen kohärenten Ansatz, sprich: einen komplexen Ansatz, um diesen in den Griff zu bekommen.