Protokoll der Sitzung vom 04.02.2016

Das kann nicht sein, denn natürlich gibt es verschiedenste Gründe, warum bei einer Begehung, die einmalig stattfindet, verschiedene Arten nicht auffindbar sind. Das kann der Frost im Frühling gewesen sein oder verspätete Blütezeiten verschiedener Arten oder aber auch die Tatsache, dass die Wiese zum Beispiel neu entstanden ist

oder anderweitige Umwelteinflüsse Einfluss genommen haben oder dass die Prüfer an dem Tag nichts gefunden haben. Ich finde es hoch problematisch, dass das für die Umweltvereine rückwirkend derartige Auswirkungen auf die Fördermittelvergabe hat – was dazu führt, dass immer weniger Umweltvereine dieses Risiko eingehen, solche Pflegemaßnahmen professionell umzusetzen. Damit

werden immer weniger Flächen professionell gepflegt, und das muss sich ändern.

Zum Beispiel könnten sich die Prüfkriterien ändern, dass man also prüft, ob der Umweltverein bestimmte Leistungen und Maßnahmen durchgesetzt hat – neben der eigentlichen Artenprüfung. Dort kann man noch viel machen und das sollte man im Ausschuss diskutieren.

Das alles hätte ich gern mit Ihnen im Umweltbeirat besprochen.

(Beifall bei den LINKEN)

Ihre Redezeit geht zu Ende.

Doch wenn Sie mich dazu nicht gewählt haben, ist das in diesem Sinne nicht möglich.

(Zurufe von der CDU)

In den verbleibenden fünf Sekunden möchte ich sagen, dass es dafür nicht nur den Umweltbeirat braucht, sondern man – zusammen mit den Umweltvereinen – auch weiter für eine hohe biologische Vielfalt in diesem Freistaat kämpfen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Herr Böhme für die Fraktion DIE LINKE. Für die SPD – besteht kein Redebedarf mehr. AfD? – Bitte, Herr Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Vielfalt der Arten und auch der Biotope in Sachsen ist nach wie vor rückläufig, auch wenn es Ausnahmen gibt, zum Beispiel den Wolf. Für den wird aber auch eine große Extrawurst gebraten. Der Schwund von Arten und von Biotopen setzt sich immer weiter fort, obwohl der Freistaat jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge für den Naturschutz ausgibt. Hier sehe ich unabhängig von der konkreten Fördermittelbewilligung ein großes Problem für die Zukunft des Naturschutzes in Sachsen.

Die sächsische Naturschutzpolitik konzentriert sich in der Fläche zum großen Teil auf temporäre Naturschutzmaßnahmen, die nie bleibende Werte schaffen. Ich möchte das erläutern: Die Pflege von Kulturbiotopen, die Förderung von zeitweisen Brachflächen oder sogar die pfluglose Bodenbearbeitung mithilfe von Totalherbiziden werden als Naturschutz gewertet. Echte Investitionen in bleibende Biotopstrukturen erfolgen wenig. Das Waldmehrungspro

gramm zum Beispiel wurde nach einer erfolgreichen Anlaufzeit finanziell so schlecht ausgestattet, dass heute kaum noch ein Grundstückseigentümer bereit ist, neue Waldflächen anzulegen. Oder auch das Programm zur Neuanlage von Feldgehölzen, das in der vergangenen Förderperiode dazu geführt hat, dass in vielen ausgeräumten Agrarlandschaften wieder Feldgehölzstrukturen

entstanden sind, ist in der neuen Förderperiode so ausgedünnt, dass es nicht mehr so gut funktionieren wird.

Es sind aber genau diese einmaligen Investitionen in die Natur, die bleibende natürliche Biotopstrukturen schaffen – im Gegensatz zu all den Pflege- und Bewirtschaftungsmaßnahmen, die immer nur so lange existieren, wie es jedes Jahr aufs Neue Fördergelder gibt. Auch die kostenintensive Sanierung von Weinbergsmauern hat sehr wenig mit Naturschutz zu tun. Es ist vielleicht Wirtschaftsförderung für die Weinbauern.

(Zuruf von der CDU: Landschaftsförderung!)

Das ist gut und richtig. Vielleicht ist es auch Kulturförderung. Die Weinbergsmauern gehören zu unserer Kulturlandschaft.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Aber Naturschutz ist es nicht.

Mit einer Schwerpunktsetzung auf die Waldmehrung oder auch auf die Anlage von Feldgehölzen könnte man endlich mit dem Aufbau eines sächsischen Naturschutzverbundnetzes beginnen, das seit zehn Jahren oder länger in den Schubladen der Naturschutzbehörden schlummert und verstaubt. Dazu wäre aber eine deutliche Flexibilisierung der festgefahrenen Naturschutzpolitik in Sachsen nötig, die den privaten Naturschutz endlich als wichtigen Akteur akzeptiert und nicht nur als Bittsteller um Fördermittel.

Wenn Sachsen zum Beispiel seit 1990 jedes Jahr 50 Kilometer Feldgehölzpflanzungen gefördert hätte – und das ist im Rahmen der bereitstehenden Fördergelder problemlos möglich –, dann gäbe es heute in Sachsen 1 250 Kilometer Biotopverbundstrukturen. Die Akteure für ein solches Programm stehen bereit. Es sind Grundstückseigentümer, es sind die Naturschutzverbände, es sind die Landwirte und die Forstwirte.

Steuern Sie um! Nehmen Sie diese Akteure mit. Dann müssen wir uns auch in Zukunft keine Sorgen um den Naturschutz in Sachsen mehr machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Mit Herrn Urban sind wir am Ende der zweiten Runde angekommen. Wir könnten eine dritte eröffnen, aber nicht durch die einbringende Fraktion. Sie hat keine Redezeit mehr. Gibt es noch Redebedarf aus den Fraktionen? – Nein. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Thomas Schmidt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte hat gezeigt, wie komplex das System des Naturschutzes ist. Da ist es relativ einfach, vieles ineinanderzuschachteln und miteinander zu verknüpfen, was eigentlich nicht zusammengehört, um eine Verwirrung zu schaffen, welcher Zustand in Sachsen im Naturschutz herrscht. Das möchte ich ausdrücklich zurückweisen.

Herr Günther, Sie haben hier Flächenmaßnahmen mit Richtlinien wie NE vermischt. Sie haben alte und neue Förderperiode vermischt. Sie haben ein Wirrwarr geschaffen, das man nicht durchschauen kann, wenn man sich dabei nicht auskennt. Ich weiß nicht, ob Sie es nicht besser wissen oder ob Sie es bewusst getan haben; so kenne ich Sie eigentlich nicht. Aber die Überschrift der Debatte an sich, dass der Naturschutz in Sachsen vor dem Aus steht, können Sie selbst nicht ernst meinen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Dieses komplexe System Naturschutz stellt immer wieder neue Herausforderungen. Darum gibt es das. Sonst braucht man es nicht zu tun. Das hat auch immer etwas mit viel Geld zu tun. Dieser Herausforderung stellt sich der Freistaat Sachsen, und zwar in zunehmendem Maße. Glauben Sie mir, wir brauchen den Vergleich mit anderen Bundesländern überhaupt nicht zu scheuen.

Wir haben in der Förderperiode 2000 bis 2006 120 Millionen Euro ausgegeben, 2007 bis 2013 140 Millionen Euro und in der jetzt laufenden Förderperiode 200 Millionen Euro. Darin sind die Dinge nicht enthalten, die zum Beispiel über die Landesstiftung Natur und Umwelt laufen. Sie haben das Problem mit den Tagfaltern angesprochen. Ja, auch dort haben wir im letzten Jahr ein Projekt gestartet. Das kostet 300 000 Euro. In diesen Mitteln ist nicht enthalten, womit uns die Landesstiftung Natur und Umwelt im ganzen Land begleitet. Aber es geht auch um Forschungsprojekte. Das Wasser wurde angesprochen. Erst in der letzten Woche haben wir ein Forschungsprojekt der TU Dresden zur Eliminierung von Mikroschadstoffen mit 446 000 Euro unterstützt. Auch das ist in den Mitteln nicht enthalten. Auch das findet in Sachsen ganz bewusst statt. Das sollte man nicht negieren.

Wir stehen am Beginn einer neuen Förderperiode. Das wurde von vielen angesprochen. Ein solcher Start ist nicht einfach. Wenn Sie sagen, Herr Urban, dass es unbefriedigend ist, wenn die Antragsfristen oder die Bearbeitung so lange dauern, gebe ich Ihnen völlig recht. Das ist auch für uns unbefriedigend. Deshalb nehmen wir uns dieses Themas an. Wir müssen erstmalig aufgrund der Vorgaben der Europäischen Union durch diese Calls, diese Aufrufe, die Maßnahmen starten. Da kann es durchaus vorkommen, dass man in den Rankingkriterien noch einmal nachsteuern muss. Das ist völlig richtig. Dort ist es bei der Auswahl zu Situationen gekommen, dass viele Maßnahmen gleich sind und überzeichnet waren, eine Auswahl faktisch nicht stattfinden kann. Dort haben wir nachge

steuert. Das wird in Zukunft nicht mehr vorkommen. Diese Kritik ist berechtigt, und diese Kritik nehmen wir an. Das kann ich Ihnen versichern.

Wir haben auch in dieser neuen Förderperiode versucht, das Thema Naturschutz sehr komplex zu betrachten. Da gibt es Flächenmaßnahmen, die Richtlinie „Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen“. Es geht um unsere Gewässer. Es geht um unsere Teiche und Teichbewirtschaftung, gefördert durch eine Richtlinie „Naturschutz“, natürlich auch die investiven Maßnahmen in der Richtlinie „Natürliches Erbe“, aber auch die Kofinanzierung von Programmen des Bundes. Ich denke, es gibt viele Möglichkeiten, die man ergreifen muss oder ergreifen kann.

Es gibt auch neue Herausforderungen oder Themen. Das ist die Vorfinanzierung. Es ist uns auch bewusst, dass es nicht so einfach ist, wenn man plötzlich Gelder, die man vorher im Herbst bekam, jetzt erst im März/April bekommt. Kollege Hippold hat darauf hingewiesen; vielen Dank dafür. Wir haben auf eine einfache Art und Weise mit der Sächsischen Aufbaubank Möglichkeiten geschaffen: Sobald entweder ein Bescheid erteilt oder der Eingang des Antrages beim LfULG bestätigt wurde, kann über die SAB für den, der es nötig hat, eine Vorfinanzierung erbracht werden. Ich denke, das ist eine Möglichkeit, mit der wir unseren Antragstellern helfen, über diese Zeit zu kommen.

Wenn die EU es vorgibt und wenn wir europäische Mittel verwenden, müssen wir uns auch an die Rahmenbedingungen halten. Das ist einfach so. Aber ich habe es an dieser Stelle bereits mehrmals gesagt und werde es, wenn Sie es wollen, immer und immer wiederholen: Es gibt eigentlich kein Geld des Freistaates, des Bundes oder europäisches Geld. Das ist alles Geld des Steuerzahlers. Das müssen wir verantwortungsvoll verwenden, egal, woher es kommt. Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, dieses Geld sinnvoll im Land einzusetzen. Ich denke, das tun wir mit unseren Richtlinien in der Förderung unserer Agrar- und Umweltmaßnahmen, der investiven Maßnahmen und mit allem, was darüber hinausgeht.

Wir stehen auch im Gespräch mit den Umweltverbänden. Ich möchte Ihnen sagen, das ist mir persönlich auch sehr wichtig: Der erste Verband, mit dem ich schon in der ersten Woche sprach, nachdem ich Minister wurde, war der NABU. Die waren ganz überrascht. Ohne dass sie das angefordert hatten, habe ich sie eingeladen. Mit dem BUND war es ähnlich. Der Austausch ist mir sehr wichtig. Wir sind an dem Input, der aus den Verbänden kommt, stark interessiert.

Wir werden einen Änderungsantrag – nicht nur in diesem Bereich sondern auch in anderen Bereichen der europäischen Förderung mit Blick auf ELER – stellen. Die Möglichkeiten, Änderungsanträge zu stellen, sind in dieser Förderperiode begrenzt. Der Antrag, sofern wir ihn stellen, muss perfekt sein. Es geht ebenso um andere Agrarumweltmaßnahmen oder den ökologischen Landbau. Wenn wir einen Antrag stellen, werden wir uns vorher genau überlegen müssen, an welcher Stelle man umsteuern muss oder vielleicht etwas überkompensiert wird. Wenn so eine Masse von Anträgen in den einzelnen Bereichen vorhanden ist, dann muss man sich auch fragen, ob man vielleicht zu viel getan hat. Das ist hoch interessant. In manchen Punkten beschert es uns das Dreifache an Anträgen, mit denen wir ursprünglich einmal gerechnet haben. Bei anderen Themen, zu denen es eine geringere Anzahl von Anträgen gibt, wird man vielleicht etwas erhöhen müssen. Das schauen wir uns ganz genau an. Wir werden das mit den Leuten diskutieren, die es am Ende betrifft. Das kann man auch unter kooperativem Naturschutz verstehen.

Jedenfalls steht der Naturschutz in Sachsen keineswegs vor dem Aus. Dafür werden wir weiterhin Sorge tragen.

Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das war Herr Staatsminister Schmidt. Wir sind jetzt am Ende auch der 2. Aktuellen Debatte angekommen. Sie ist damit abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Staatsminister

In diesem Fall betrifft es die Staatsministerin. Für die Staatsregierung berichtet zunächst die Staatsministerin für Kultus, Frau Brunhild Kurth, zum Thema „Bilanz der sächsischen KMK-Mitgliedschaft 2015“. Hierfür stehen ihr nach § 54 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung bis zu 10 Minuten zur Verfügung. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

(Präsidentenwechsel)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Jahr 2015 hatte Sachsen die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz inne. Für dieses Präsidentschaftsjahr hatte ich mir vier Schwerpunkte für meine Arbeit, für inhaltliche Schwerpunkte des Freistaates Sachsen, gesetzt. Das waren: die Qualitätssicherung, die Förderstrategie für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler, die Vergleichbarkeit und Mobilität im Bildungsbereich und das Erinnern und Erneuern, das sich

als roter Faden durch KMK-Präsidentschaftsjahre zieht. Meine Damen und Herren! Ich bin froh sagen zu können, dass ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen die gesetzten Schwerpunkte im Jahr 2015 umsetzen konnte. Ich denke, dass wir mit dem Erreichten in Sachsen sehr zufrieden sein können.