Protokoll der Sitzung vom 29.02.2016

Fünftens. Rassistische Einstellungen und Handlungen müssen als Problem benannt werden. Es ist analytisch falsch, verallgemeinernd von Extremismus zu sprechen. Zu lange hat die Politik, haben Behörden unter Anwendung dieses Begriffes die Bedrohungslage der extremen Rechten verkannt.

(Beifall bei den LINKEN)

Sechstens. Der Sächsische Landtag wird dafür Sorge tragen, dass Fort- und Weiterbildungsangebote zur präventiven Arbeit gegen die extreme Rechte in dem Bereich Jugend- und Sozialarbeit, für Lehrerinnen und Lehrer, für die Verwaltung in den Kommunen sowie für Polizei und Justiz verstärkt werden. Gerade bei der Polizei und den Gerichten und im Justizvollzug mangelt es oft an der nötigen Sensibilität für dieses Thema.

Siebentens. Der Sächsische Landtag plädiert für eine offene Form der Diskussion gemeinsam mit Wissenschaftlern, Zivilgesellschaft und örtlich Engagierten. Als geeignetes Mittel erweist sich dabei ein regelmäßiger Sachsenmonitor, um die Verankerung von Ideologien der Ungleichwertigkeit sowie antidemokratischen, menschenfeindlichen und NS-verherrlichenden Einstellungen in der sächsischen Bevölkerung zu erkennen.

Achtens. Der Sächsische Landtag setzt sich für die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes für ein tolerantes Sachsen als Querschnittsverantwortung der Staatsregierung in Zusammenarbeit mit den Kommunen, Landkreisen und zivilgesellschaftlichen Initiativen ein.

Neuntens. Der Landtag unterstützt antifaschistische und antirassistische Projekte, Initiativen und Bündnisse sowie das Programm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“. Dieses Programm soll dauerhaft fortgeführt werden; die Mittel sind umgehend aufzustocken und der Beirat ist wieder einzuführen.

Zehntens und Letztens. Der Landtag sieht dringenden Bedarf an einer stärkeren Institutionalisierung der Beratungsnetzwerke wie Opferberatung, Aussteigerprogramme sowie der mobilen Beratung.

Des Weiteren benötigt Sachsen eine breite und öffentliche Unterstützung für Kommunen bei der politischen Bildungsarbeit. So sollten durch die Landeszentrale für politische Bildung Multiplikatoren für Schulungsmaßnahmen vor Ort befähigt werden.

Einen Neuanfang kann es in Sachsen geben, wenn die Regierungspolitik nicht weiter an der Legende der Flücht

lingskrise strickt, sondern dem Ideal der Aufklärung folgend auf wirkliche Ursachen und Wirkungen schaut.

Einen Neuanfang kann es in Sachsen geben, wenn sich die obrigkeitsstaatliche CDU einer kritischen Aufarbeitung ihrer Regierungsarbeit stellt.

Einen Neuanfang kann es in Sachsen geben, wenn die Staatspartei CDU ihre Ignoranz gegenüber konstruktiven Vorschlägen der demokratischen Opposition aufgibt.

Einen Neuanfang kann es in Sachsen geben, wenn eine Mehrheit im Landtag endlich eine sozial verantwortliche Politik für die im Land Sachsen lebenden Menschen macht.

Herr Ministerpräsident, hören Sie auf mit der Relativierung und packen Sie es mit an.

Vielen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei den LINKEN)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach Herr Kollege Gebhardt. Nun ergreift für die CDU-Fraktion Herr Kollege Kupfer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ein Sachse, und ich bin stolz auf dieses Land.

(Beifall bei der CDU, der AfD und der Staatsregierung)

Ich bin stolz darauf, was wir gemeinsam in den letzten 26 Jahren aufgebaut haben. Das lasse ich mir, meine Damen und Herren, von niemandem schlechtreden, auch nicht von Ihnen, Herr Gebhardt.

(Beifall bei der CDU)

Ich stelle mich vor die Sachsen, wenn sie pauschal verurteilt oder beleidigt werden.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Das hat überhaupt niemand gemacht! – Uwe Wurlitzer, AfD: Zuhören!)

Ich tue das aber nicht blind, und ich tue das auch nicht einseitig. Die Bilder, die in den vergangenen Wochen über den Äther gegangen sind, die Bilder aus Bautzen und auch aus Clausnitz, haben mich tief erschüttert. Wenn Menschen, von blindem Hass und Intoleranz angetrieben, andere ganz gezielt in Angst und Schrecken versetzen und bewusst deren Unversehrtheit riskieren, dann ist das für mich an Verabscheuungswürdigkeit nicht zu übertreffen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei der AfD – Beifall bei der Staatsregierung)

Das, meine Damen und Herren, betrifft nicht nur fremdenfeindlich motivierte Handlungen, sondern auch Angriffe auf engagierte Bürgerinnen und Bürger, auf Politiker und kommunale Amtsträger. Das darf und das wird sich die Zivilgesellschaft nicht gefallen lassen. Diese Leute dürfen nicht damit rechnen, dass ihre Taten ohne

Konsequenzen für sie ausgehen. Ich kann Ihnen sagen, dass es eine lückenlose Aufklärung der Geschehnisse geben wird. Diese Leute haben den Fleiß und die positiven Eigenschaften der Sachsen in Misskredit gebracht und sie haben uns als Sachsen insgesamt einen Bärendienst erwiesen. Ihnen steht nicht zu, „Wir sind das Volk!“ zu rufen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen hier keine Belehrungen von außen. Wir wissen selbst, was zu tun ist und wie wir handeln.

(Lachen bei den LINKEN)

Im Unterschied zu anderen beschäftigen wir uns zuerst mit den Fakten und haben keine ideologischen Scheuklappen.

(Beifall bei der CDU – Lachen und Zwischenrufe bei den LINKEN)

In der am Freitag stattgefundenen Sitzung des Innenausschusses hat der Polizeieinsatz in Clausnitz zum Beispiel eine vollkommen andere Bewertung erfahren, als dies vorher von einigen kommuniziert wurde.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Na ja, Teile davon!)

Meine Damen und Herren! Unser Land wurde wiederholt durch gemeingefährliche Randalierer und Pöbler in Verruf gebracht. Es tut schon weh, wenn knapp 26 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung in einer Hamburger Zeitung eine Deutschlandkarte veröffentlicht wird, auf der unser Freistaat Sachsen in brauner Farbe dargestellt und als Schandfleck bezeichnet wird.

(Zuruf von den LINKEN)

Das ist nicht Sachsen!

(Starker Beifall bei der CDU, der AfD und der Staatsregierung – Interner Wortwechsel von Abgeordneten der CDU und der LINKEN)

Das haben unsere Bürgerinnen und Bürger nicht verdient. Alle Anstrengungen und Erfolge des Wiederaufbaus und der Entwicklung unseres Landes wurden durch solche unerträglichen Aktionen von Brandstiftern und Pöblern in den Schatten gestellt.

Ja, meine Damen und Herren, wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus. Der Ministerpräsident hat es gesagt, auch vorige Woche im Bundesrat. Aber es ist nicht nachvollziehbar, wenn von bestimmten politischen Strömungen dieses Problem instrumentalisiert wird, nur um unsere erfolgreiche Politik der vergangenen 26 Jahre zu diskreditieren.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Zurufe von den LINKEN)

Die sächsische Union hat seit jeher mit allen Mitteln des Rechtsstaates auf Rechtsextremismus hart und deutlich reagiert.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Wie denn? Wo denn?)

Ich sage es Ihnen gleich, Herr Bartl.

Bereits nach den ersten Ausschreitungen in Hoyerswerda haben wir die „Soko Rex“ bei der sächsischen Polizei gegründet.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Und wieder heruntergefahren!)

2012 wurde das Operative Abwehrzentrum (OAZ) installiert.

(Kerstin Köditz, DIE LINKE: Was war dazwischen?)

Im vergangenen Jahr, im Jahr 2015, haben wir als CDU dafür gesorgt, dass bei der Integrierten Ermittlungseinheit des Justizministeriums (INES) ein Sonderdezernat Politisch motivierte Kriminalität geschaffen wurde.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Jetzt hören Sie genau zu: Das OAZ ist das robuste Instrument eines starken Staates gegen den Rechtsextremismus.