Immunitätsangelegenheiten geben nicht zuletzt zum Schutz des betroffenen Abgeordneten klare Regelungen. Die Immunität gegenüber der Strafverfolgung ist in der Regel bei mutmaßlichen Straftaten von Abgeordneten aufzuheben. Denn Abgeordnete sind nach sächsischem wie insgesamt nach deutschem Recht keine privilegierten Bürger einer besonderen Klasse. Die Immunität der Abgeordneten soll lediglich verhindern, dass sie aus politischen Gründen in besonderer Weise einer Strafverfolgung unterzogen und damit gehindert werden, ihre parlamentarische Arbeit in geordneter Form erledigen zu können.
Demzufolge hat der Landtag bzw. der Ausschuss nicht zu prüfen, ob eine Straftat begangen wurde oder ob dafür Beweismittel vorliegen. Er hat lediglich zu prüfen, ob das vorgeworfene Verhalten eine Straftat darstellt und ob sich aus den Umständen Anhaltspunkte ergeben, dass der oder die Abgeordnete durch die Strafverfolgung in der Ausübung des Mandats behindert und der Landtag in seiner Arbeit beeinträchtigt werden soll. Der Landtag ist gehindert, Feststellungen und Wertungen zu treffen, die im Sinne der Gewaltenteilung ausschließlich Aufgaben des Gerichts und der Staatsanwaltschaft sind. Er kann lediglich nach Anhaltspunkten suchen, die auf eine sachwidrige politische Strafverfolgung schließen lassen.
Auch die Behandlung im Plenum des Landtags folgt den klaren Regeln der Geschäftsordnung. Dass es dazu keine Aussprache gibt, dient dem Schutz des oder der betroffenen Abgeordneten. Damit sind keine Wertungen zur Frage verbunden, ob Sitzblockaden oder der Aufruf dazu nach Versammlungsrecht sinnvollerweise der Strafverfolgung unterliegen oder nicht.
Wir haben eine geltende Rechtslage, die für alle gilt, für Abgeordnete nicht mehr und nicht weniger als für andere Bürgerinnen und Bürger. Wer diese Rechtslage ändern will, sollte dazu nicht das Verfahren der Immunität wählen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Auch ich möchte eine Erklärung meiner Fraktion gemäß § 94 Abs. 2 abgeben.
Wir haben der Immunitätsaufhebung nicht zugestimmt. Das bedarf aus unserer Sicht einer Erläuterung unserer dahinter stehenden Überlegungen. Grundsätzlich dient das Immunitätsrecht nicht dazu, Abgeordnete vor Strafverfolgung zu schützen und überzuprivilegieren. Es dient vielmehr dazu, die Arbeitsfähigkeit dieses Hauses zu sichern und Abgeordnete vor willkürlicher Strafverfolgung zu bewahren.
Gleichwohl sehen wir im konkreten Fall Anhaltspunkte im Handeln der Staatsanwaltschaft, die bei uns Zweifel aufkommen lassen, ob hier eine Immunitätsaufhebung angezeigt ist. Wir befinden uns hier – das muss verdeutlicht werden – im enorm schwierigen Bereich der öffentlichen Verlautbarung von Abgeordneten, die gleichwohl einen Kernbestand von Aufgaben der Abgeordneten darstellt, mehr als bei anderen Bürgerinnen und Bürgern. Im konkreten Fall will die Staatsanwaltschaft explizit wegen einer öffentlichen Verlautbarung ein entsprechendes Ermittlungsverfahren zum Abschluss führen.
Bei einem derartigen Verfolgungsinteresse muss aus unserer Sicht ausgeschlossen sein, dass hier nicht Handlungen von Abgeordneten in der Zukunft durch das Damoklesschwert staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren, deren Einleitung zweifelsohne ein tauglicher Sanktionsmechanismus ist, unterbunden werden sollen. Entsprechend muss die Argumentation der Staatsanwaltschaft aus unserer Sicht über jeden Zweifel erhaben sein. Sie ist es in diesem konkreten Fall nicht.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig leitete im Zusammenhang mit der besagten Pressekonferenz insgesamt fünf Ermittlungsverfahren ein. Drei wurden ausweislich der Kleinen Anfragen, Drucksache 6/1012 und Drucksache 6/3557, zügig nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Fall der betroffenen Abgeordneten lief zuletzt noch ein Ermittlungsverfahren gegen die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar. In diesem Fall erfolgte kürzlich ebenfalls eine Einstellung, allerdings nach § 153 Abs. 1 StPO. Hier hatte der Deutsche Bundestag übrigens bis zuletzt die Immunitätsaufhebung nicht vollzogen,
was evident darauf hinweist, dass – wie im Bundestag durchaus erfolgt – ein Parlament in einem ähnlich gelagerten Fall keinerlei Anhaltspunkte für eine Strafverfolgung gesehen hat.
Gegebenenfalls durch die Staatsanwaltschaft auch die Unterschiede beider Verfahren darzustellen, mögliche Zweifel und Fragen auszuräumen und Klarheit in der Sache zu schaffen wurde durch die Ausschussmehrheit negiert. Schon allein aus diesen Gründen bleiben für meine Fraktion hier mehr Fragen und Zweifel, als in dem so sensiblen Bereich der Immunitätsaufhebung angebracht, weswegen wir nicht zustimmen konnten.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Meine Damen und Herren, die Tagesordnung der 30. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags ist abgearbeitet. Das Präsidium hat den Termin für die 31. Sitzung auf morgen, Donnerstag, 17. März, 10:00 Uhr festgelegt. Die Einladung und die Tagesordnung dazu liegen Ihnen bereits vor.
Die 30. Sitzung des Sächsischen Landtags ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen guten Abend, bis morgen früh.