Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

(Dr. Frauke Petry, AfD: Oh ja! Sehr staatstragend!)

denn das haben Sie alles übersehen und es geht Ihnen anscheinend auch vorbei: Die Euronoten und Euromünzen sind das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in Deutschland.

(Zurufe von der AfD: Noch!)

Hören Sie doch erst einmal zu! – Die Noten werden ohne Limit angenommen, müssen ohne Limit angenommen werden. Das ist im Münzmonopol, das der Staat hat – hier also das Bundesfinanzministerium –, etwas anders, da braucht man nur 50 Stück anzunehmen. Aber ansonsten gibt es eine unlimitierte Annahmepflicht. Die EZB, also die Europäische Zentralbank, und die Bundesbank sind allein gesetzlich legitimiert und auch verpflichtet zur Bargeldversorgung.

Es müsste also erst ein Gesetz geändert werden – was weder eine Regierung noch eine Bank tun kann, sondern nur das Parlament in Vertretung für den Souverän, um Bargeld abzuschaffen. Solange die Bevölkerung mehrheitlich Freiheit und Souveränität über Zahlungsart und über Datenströme haben will, so lange, liebe Kollegen von der AfD – und das wird vielleicht nicht ewig sein, aber sehr, sehr lange –, so lange wird es auch Bargeld geben.

(André Barth, AfD: Das sieht man ja bei anderen Themen!)

Weil wir eine Aktuelle Debatte haben, möchte ich, Herr Präsident, auch ein aktuelles Beispiel nehmen, um deutlich zu machen, was ich von der Beschränkung von Bargeldzahlungen halte.

Sachsen hat kein Bargeld, Sachsen hat viel Buchgeld. Dieses Geld haben wir, und dieses Geld soll im Auftrag des Parlaments unter anderem zur Verbesserung der Schienenverbindung Leipzig – Chemnitz eingesetzt werden. Aber dann bringt die Chemnitzer OB nicht einmal ein Gespräch mit dem Bahnchef zustande, und unser sächsischer Verkehrsminister lehnt die bewährte Vorfinanzierung von Projekten ab, für die er das Buchgeld eigentlich zur Verfügung hatte.

(Unruhe)

Was ist das Ergebnis? Die neue Taktik unserer Herangehensweise an den Bundesverkehrswegeplan war falsch. In der Vergangenheit haben wir erfolgreich durchgesetzt, dass Sachsen seine Geldmöglichkeiten genutzt hat, um Leistungen vorzufinanzieren und damit am Ende auch Bundesinvestitionen zu erreichen. Das ist tüchtig schiefgegangen, das müssen wir jetzt konstatieren. Aber die fleißigen Pendler, die wir in der Region zwischen Chemnitz und Leipzig haben, fahren weiter – –

Herr Kollege Patt, irgendwie müssen wir jetzt den Bezug wieder hinbekommen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Kommt sofort, im Moment, Herr Präsident. – Die Pendler müssen mit Autos fahren, und diese Autos können auch schon mal als Gebrauchtwagen bezahlt werden müssen, und da reichen 5 000 Euro als Bargeldgrenze nicht aus. Wir haben hier einen Bedarf und haben keine Grenze vorzunehmen,

(Heiterkeit bei den LINKEN)

sondern werden weiter am Bargeld in Deutschland festhalten. Wir sind der Gesetzgeber, nicht die AfD ist der Gesetzgeber allein.

(Lachen bei der AfD – Dr. Frauke Petry, AfD: Das mag sich aber ändern!)

Egal, was Sie mit Bitcoins oder anderen Möglichkeiten machen wollen: Solange wir führender Gesetzgeber sind, wird es Bargeld in Deutschland geben, in ausreichender

Menge. Wir haben das Vertrauen in die Deutsche Bundesbank.

(André Barth, AfD: Die Bundesbank entscheidet schon lange nicht mehr!)

Dieses Vertrauen von Ihnen beschädigt zu sehen verärgert und betrübt mich ungemein. Sie schaffen Misstrauen in der Bevölkerung, was das System der Bundesbank anbelangt, und verkennen die Zuständigkeiten: dass der Gesetzgeber das verändern müsste und nicht ein Ministerium, eine Regierung oder eine Bank allein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Patt sprach für die Fraktion der CDU. Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Kollege Scheel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die AfD hat wieder ein Thema gefunden,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Ist gut, oder?)

ein Thema, das den „Bauch“ der Menschen anspricht und nicht unbedingt den Kopf. Wie Sie es ansprechen, lässt natürlich auch wieder tief blicken, denn Sie können natürlich nur eines: Kritik an der Europäischen Union üben.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das sollten Sie auch machen!)

Sie lassen die Bürger glauben: Die machen das ja nur, weil die Europäische Union und die ganze Finanzkrise immer noch bezahlt werden muss. Dann versuchen Sie gegenüber den Bürgern den Eindruck zu erwecken, als würde es jetzt an ihr Geld gehen.

(André Barth, AfD: Das macht Ihre Frau Wagenknecht genauso, Herr Scheel!)

Dabei redet überhaupt noch niemand davon.

(Zuruf von der AfD: Noch nicht!)

Noch nicht – aber es redet niemand von einer Abschaffung des Bargeldes. Trotzdem kann ich in Ihrer komischen Kampagne, die Sie hier vorgestellt haben, sehen, dass nur von einem geredet wird, nämlich dass angeblich das Bargeld abgeschafft werden soll. Davon ist nicht die Rede – das müssen wir hier noch einmal klarstellen, meine Damen und Herren von der AfD –, sondern es gibt einen Vorschlag des Bundesfinanzministeriums, nach dem sie eine Obergrenze beim Bargeldverkehr von 5 000 Euro einführen wollen.

Warum kommen sie überhaupt auf die Idee? In Deutschland werden jährlich nach Hochrechnungen bis zu 100 Milliarden Euro an allen vorbei über Schwarzmarkt, Korruption, auch organisierte Kriminalität, also mafiöse Strukturen, umgesetzt. Das ist eine Menge Geld. Natürlich gibt es ein Interesse, diese Ströme unter Kontrolle zu

bringen, diese Ströme vor allen Dingen zu verhindern. Das sind die Gründe, die vorgelegt werden, warum man darüber reden will.

Es gibt Länder in der Europäischen Union, die diesen Schritt bereits vollzogen haben. Ich darf unseren Nachbarn Frankreich anführen. Frankreich hat bis letztes Jahr noch eine Grenze von 3 000 Euro gehabt.

(Dr. Frauke Petry, AfD: 1 000 Euro!)

Mittlerweile sind es nur noch 1 000 Euro. Richtig. Auch Italien hat eine solche Grenze von 1 000 Euro.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das muss ja nicht gut sein!)

Ich will jetzt nicht sagen, dass es gut ist. Sie müssen nur zuhören, dann werden Sie sehen, worauf ich hinauswill.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Das sagt der Richtige! – Lachen bei der AfD)

Wir dürfen aber feststellen, dass diese Einführung der Grenzen bei der Frage, ob sich diese Länder im Korruptionsatlas verbessert haben, keine Auswirkungen hatte. Das heißt: Die Ziele, die damit verbunden waren, nämlich Korruptionsvermeidung, Eindämmung von Schwarzarbeit, sind mit diesem Instrument nicht erreicht worden.

Es klingt immer sehr schön. Wer will schon etwas dagegen haben, dass gegen Schwarzarbeit und Korruption vorgegangen wird? Vorsicht an der Bahnsteigkante!, könnte man da sagen. Natürlich geht es auch darum, dass mehr Überwachung stattfindet, dass der Bürger gläserner wird,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Genau!)

dass die Transaktionen, die er vornimmt, unter Kontrolle sind. Natürlich besteht auch die Gefahr, dass eine Einschränkung und Stück für Stück auch eine Abschaffung stattfinden könnte.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Er hat es verstanden! – Jörg Urban, AfD: Bravo!)

Natürlich besteht auch die Gefahr, dass die Zugriffsmöglichkeiten des Staates in Krisen- oder Notsituationen auf die Vermögen der Bürgerinnen und Bürger intensiviert werden.

(Zuruf von der AfD: Stimmen Sie uns doch einfach zu! – Marco Böhme, DIE LINKE: Es ist kein Antrag. Was soll er denn zustimmen?)

Wir haben hier eine Aktuelle Debatte zu einem Thema. Ich versuche, mich diesem Thema sachlich zu nähern und nicht mit Polemiken, wie Sie es tun. Die Polemiken bei Ihnen zielen nur darauf ab, den Leuten zu suggerieren, sie würden ihr Bargeld verlieren. Das ist einfach Unsinn, meine Damen und Herren von der AfD.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Wir haben genau das Gleiche gesagt wie Sie. Bei uns ist es polemisch, bei Ihnen sachlich!)

Jetzt kommen wir zu dem Punkt, wo wir keine Regelungs- aber vor allem Vollzugsdefizite haben.

Wir haben in Deutschland mittlerweile durch den Zoll eine Bargeldobergrenze von 10 000 Euro, wenn Bargeld nach Deutschland eingeführt oder aus Deutschland ausgeführt werden soll. Wie weit wird das kontrolliert? Wie weit haben wir Personal, um – das ist ein wesentlicher Bestandteil davon – die mafiösen Strukturen beim Transfer von Geldern zwischen den Staaten einzudämmen?