Protokoll der Sitzung vom 17.03.2016

Mit den Bürgerforen und der transparenten Information im Internet haben wir im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens nicht nur einen neuen Weg beschritten, sondern wir haben auch ein Experiment gewagt. Ich kann sagen: Das Experiment ist gelungen. Legida, Pegida, Pöbeleien in den sozialen Netzwerken, Pöbeleien auf der Straße, wie in Bautzen erlebt – manchmal musste man doch in den letzten Monaten den Eindruck gewinnen, wir Sachsen seien zum Dialog und zum demokratischen Diskurs gar nicht bereit oder gar nicht in der Lage. Wir haben das mit unserem Prozess widerlegt. Ich wünsche mir, dass das weit über die Grenzen Sachsens hinaus bekannt wird.

Heute, nach Abschluss der Bürgerdialogforen und nach der Anhörung, kann ich sagen: Der Weg hat sich gelohnt. Das Beteiligungsangebot wurde dankbar angenommen. Ich kann sagen: Mehr als tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Bürgerdialogforen sind zugegen gewesen, 450 schriftliche Stellungnahmen – eine Zahl von vorhin muss ich nach oben korrigieren –, über 800 Stellungnahmen online sind eingegangen. Die tausend Seiten stapeln sich gerade auf den Tischen meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Abteilung 3.

Für diese Erfahrung und die Debattenkultur möchte ich allen Bürgerinnen und Bürgern Sachsens ganz herzlich danken, die sich daran beteiligt haben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Staatsministerin?

Danke, nein. Ich möchte ganz schnell noch sagen, wie es nun weitergeht.

Wir werden alle Hinweise prüfen und auswerten. Wir sind im Kultusministerium mitten dabei. Wir werden die Hinweise und Prüfbitten genauso ernst nehmen wie die 50 schriftlichen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange. Wir werden natürlich keinen neuen Gesetzentwurf schreiben; das war auch nie unser Anliegen. Ich werde niemals alle Hinweise und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger aufnehmen können, weil sie eine solche Bandbreite haben, dass man es niemals jedem recht machen kann. Das war auch nicht das Anliegen unserer Bürgerdialoge. Wir werden genau abwägen und den weiteren Prozess vor der zweiten Kabinettsbefassung auch sehr transparent machen. Wo bringen wir Änderungen ein? Auch dabei lege ich Wert auf Transparenz. Natürlich braucht es hier auch Diskursfähigkeit und die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen und Machbares in den Gesetzentwurf einzuarbeiten. Darauf lege ich Wert. Den gordischen Knoten gänzlich zu durchschlagen und jedem Genüge zu tun, das werde ich sicherlich nicht können, und das ist auch niemals das Anliegen dieser Bürgerdialoge gewesen.

Das Fazit: Die Politik muss zu den Bürgerinnen und Bürgern gehen. Die repräsentative Demokratie braucht mehr Transparenz und Dialog auf Augenhöhe. Demokratie in der Moderne lebt von Vielfalt.

Meine Damen und Herren! Die Bürgerdialoge waren ein Experiment. Das Experiment ist gelungen. Ich bin mir ganz sicher, dass dieser Prozess in die Gesetzgebungsverfahren – und nicht nur in die Gesetzgebungsverfahren – Einzug halten wird und wir Sachsen die parlamentarische Demokratie sehr anschaulich miteinander erleben können.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das war Frau Staatsministerin Kurth. Sie sprach für die Staatsregierung.

Ich sehe am Mikrofon 1 eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention. Bitte, Frau Kollegin.

Frau Staatsministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass sich für Sie die Bürgerforen gelohnt haben. Ich glaube aber, dass es noch wichtiger und entscheidender ist, dass sich die Bürgerforen für die Eltern, für die Schüler, für die Lehrer und für die Kommunen lohnen werden.

(Zurufe von der CDU)

Das wird sich zeigen, wenn Sie ein Gesetz vorlegen. Deshalb, glaube ich, wäre es der richtige Weg, einen neuen Referentenentwurf vorzulegen, weil es so viel Kritik an diesem Referentenentwurf gegeben hat, dass

man eigentlich in den neuen Referentenentwurf wirklich alle möglichen Überlegungen – es gab auch Überlegungen, die sicherlich nicht umsetzbar sind – einbauen muss. Entscheidend ist, dass es sich für die Bürger gelohnt hat – und nicht für Sie!

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe von der CDU)

Das war eine Kurzintervention von Frau Kollegin Falken, die sich auf den

vorhergehenden Redebeitrag der Frau Staatsministerin bezog. Möchten Sie reagieren, Frau Staatsministerin? – Das ist nicht der Fall.

Ich sehe in dieser ersten Aktuellen Debatte keinen weiteren Redebedarf. Die erste Aktuelle Debatte ist damit abgeschlossen.

Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Bargeld ist gelebte Freiheit

Antrag der Fraktion AfD

Frau Petry, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bargeld ist gelebte und – ja, Herr Rößler, auch geprägte – Freiheit. Beides stimmt, und offenbar sehen das auch die sächsischen Bürger so. So titelte die „Sächsische Zeitung“ am 16. März: „Die Sachsen lieben ihr Bargeld“. Allein bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden haben wir monatlich 1 500 Bargeldabhebungen oberhalb von 5 000 Euro und pro Monat 5 000 Einzahlungen oberhalb dieser 5 000-Euro-Bargeldgrenze, die von der Bundesregierung als Einschränkung des Bargeldverkehrs ins Spiel gebracht wurde, wie sie bereits in zwölf europäischen Staaten Realität ist.

Die Einschränkung von bürgerlichen Freiheiten, meine Damen und Herren, muss gut überlegt werden.

(Dirk Panter, SPD: Aha!)

Die Diskussion darüber, Bargeld einzuschränken, weil die allermeisten Bürger das nicht brauchten, verkehrt das, was unser Grundgesetz uns vorgibt, nämlich eben genau diesen Grundsatz der Begründung der unbedingten Notwendigkeit. Wenn es nicht notwendig ist, Freiheiten einzuschränken, dann darf das in einer freiheitlichdemokratischen Gesellschaft nicht passieren.

(Beifall bei der AfD)

Geschieht dies dennoch, dann ist es der gesetztreue Bürger, der grundlos in den Fokus dieser Einschränkung gerät, meistens mit der Begründung, dass es kriminelle Minderheiten in der Gesellschaft gebe, die diese Freiheit ausnutzten. Wenn wir aber weiterhin als Demokraten Politik für Mehrheiten machen und nicht primär für Minderheiten, muss dies auch bei der Benutzung des Bargelds gelten.

79 % der Deutschen sind gegen die Bargeldabschaffung, ergab kürzlich eine Umfrage. Neben der bloßen Benutzung und der Bequemlichkeit, Bargeld zu nutzen, gibt es noch weitere Gründe, die Benutzung des Bargeldes weiterhin unbedingt und ohne Limit zu gewährleisten. Da ist zum Ersten der Datenschutz zu nennen, der durch

Bargeld erst gewährleistet wird. Sie alle wissen, dass die elektronischen Systeme und die weltweite Vernetzung es möglich machen, dass bereits jetzt problemlos nachzuvollziehen ist, wenn Sie mit Ihrer Karte, mit Ihrem Plastikgeld bezahlt haben. Dies ist nachvollziehbar nicht nur für die Geschäfte, in denen Sie gewesen sind, sondern auch für Banken, für das Finanzamt und damit für staatliche Behörden.

Die Ausführungen, dass eine Bargeldeinschränkung angeblich zur Bekämpfung der Kriminalität notwendig sei, entbehrt jeder breiten Grundlage; denn wir wissen, dass Cyberkriminalität, Bitcoins und andere Methoden zur Verfügung stehen, um kriminelle Geldströme ohne Probleme am Bargeld vorbei zu realisieren. Wer glaubt denn ernsthaft, dass mit der Einschränkung der Bargeldbenutzung kriminelle Aktivitäten zurückgehen würden? Die kriminelle Energie und auch die kriminelle Kreativität war zu allen Zeiten groß genug, um Umwege dafür zu finden.

(Zuruf von der AfD: Genau so sieht es aus!)

Hinzu kommt, dass es auch aus Sicht der Haushaltsdisziplin gute Gründe gibt, gegen eine Einschränkung der Bargeldnutzung zu sein. Statistisch konnte erhoben werden, dass der Bundesbürger durchschnittlich 103 Euro im Portemonnaie trägt und dann in der Regel auch nur dieses Geld ausgibt. Eine Einschränkung des Bargeldverkehrs lässt die Haushaltskontrolle mehr und mehr verschwinden.

Die EZB hat diesen Grundsatz zur Maxime gemacht und schlägt nun, seit der Senkung des Leitzinses auf 0 %, sogar vor, dass die Banken gerade in den bedrohten südeuropäischen Staaten noch mehr Kredite ausreichen sollen, obwohl das Ausreichen von Krediten bereits in der Vergangenheit erst zu den Problemen, zur Banken- und zur Staatsschuldenkrise geführt hat.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE – Zuruf von der AfD: Genau so ist es!)

Meine Damen und Herren! Die Kontrolle des Staates bzw. der Banken über den Bürger darf nicht fortgesetzt werden.

Viel zu viel hat der Staat bereits die Möglichkeit, in die privaten Transaktionen seiner Bürger Einblick zu nehmen. Dies sollten wir nicht fortsetzen.

Noch ein weiterer Aspekt, der vielen Bürgern vielleicht nicht bewusst ist: Der Zins ist der Preis auf Kapital für denjenigen, der das Kapital zur Verfügung stellt. Für meine Bankeinlage, die ich der Bank für einen begrenzten Zeitraum überlasse, zahlt die Bank mir im Normalfall Zinsen. Die aktuelle Zinspolitik hat diesen Grundsatz bereits auf den Kopf gestellt. Wir sollten dem fortgesetzten Begehren, weitere Strafzinsen, Negativzinsen einzuführen und damit den Bürger zu enteignen, den Sparer zu enteignen, nicht weiter Vorschub leisten. Auch aus diesem Grund sollten Banken und Staat keine weitere Kontrolle über das Bargeld erhalten. Wir wissen, dass ein Großteil der deutschen Geldreserve nach wie vor eben nicht auf Konten liegt, sondern beim Bürger in bar zu Hause.

So viel für die erste Runde. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Die einbringende Fraktion AfD war vertreten durch Frau Abg. Dr. Petry. Jetzt geht es weiter in der Rednerrunde: CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, Staatsregierung. Für die CDU ergreift jetzt Herr Kollege Patt das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema in einer Aktuellen Debatte bei uns aufzurufen erinnert mich an Psychopathen, die erst Unruhe stiften,

(Lachen der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

um sich dann als Retter anzupreisen – und am Ende das Vertrauen aber völlig beschädigt haben, Frau Petry.

(Beifall bei der CDU, der SPD und vereinzelt bei den GRÜNEN – Dr. Frauke Petry, AfD: Ja, natürlich!)

Ich fordere von einer Parlamentsfraktion schon eine etwas vernunftbezogenere und staatstragende Betrachtung,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Oh ja! Sehr staatstragend!)