Das war eine Kurzintervention. Jetzt reagiert Herr Staatsminister Dulig. Er hatte nämlich den vorhergehenden Redebeitrag gehalten.
Es mag Ihnen nicht schmecken, aber ich bin in dieser Staatsregierung verantwortlich dafür, dass wir an Lösungen arbeiten.
Wenn Sie sich also hier hinstellen und so tun, als würden Sie heute mit uns darüber reden wollen, dann seien Sie doch bitte ehrlich. Sie haben Ihre Wertung abgegeben. Ihnen geht es um Polemik und nicht um eine Auseinandersetzung im Interesse der Beschäftigten vor Ort. Also lesen Sie mal bitte Ihre eigenen Überschriften.
Das war die Reaktion auf die Kurzintervention. Jetzt kommen wir zur ersten Rederunde. Für die einbringende Fraktion DIE LINKE, sie hat das Thema der Aktuellen Debatte gesetzt, spricht jetzt Herr Kollege Brünler.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den doch sehr energischen Einführungen des Herrn Staatsministers kann ich nur sagen: Wir scheinen mit unserer Debatte einen wunden Nerv getroffen zu haben.
Ansonsten hätten Sie wohl nicht so reagiert, wie Sie reagieren. Dass Sie mit den Beschäftigten solidarisch sind, höre ich gern, aber davon können sich die Beschäftigten erst einmal so noch nichts kaufen. Ich hätte mir allerdings nichtsdestotrotz gewünscht, dass Sie das Gleiche auch den Beschäftigten von Li-Tec in Kamenz, von Globalfoundries in Dresden oder von Siemens in Freiberg gesagt hätten. Dort haben Sie etwas in diese Richtung nicht gesagt, wahrscheinlich weil wir Sie nicht daraufhin angesprochen haben.
Sie haben einige Sachen angeführt. Aber bevor ich sage, was ich eigentlich sagen wollte, hätten Sie vielleicht
darauf warten sollen; denn dann hätten Sie gemerkt, dass das, was Sie uns hier unterstellen, so gar nicht der Fall ist.
Sie haben gesagt, in Ihren Augen sei ein Problem der Abbau des Engineerings in Görlitz und in Bautzen. Damit sind wir ganz bei Ihnen. Das ist in der Tat so. Wir brauchen uns nicht in irgendeiner Art und Weise über die Bestandssicherheit der Werke zu unterhalten, wenn dort die Engineeringabteilung wegfällt. Es ist einfach so, dass im Schienenverkehr sämtliche Anfertigungen Einzelanfertigungen, das heißt individuelle Engineeringleistungen sind. Wenn das Engineering in Görlitz, so wie es geplant ist, abgezogen wird, dann brauchen wir über Bestandsgarantien bis zum Jahr 2018 – so wie Sie es ins Gespräch gebracht haben – oder zum Teil noch länger, weil die Bücher noch für sechs Jahre voll sind, nicht zu reden, denn dann wird es keine Folgeaufträge geben. Vor dieser Situation stehen wir.
Aber bevor wir zu Bombardier noch einmal ins Detail gehen, lassen Sie mich das Ganze zu Beginn ruhig etwas weiter fassen, so wie wir es auch angelegt haben. Die Frage, vor der wir stehen, ist doch eigentlich die: Welche Industriepolitik wollen wir im Freistaat verfolgen, und wo soll der Freistaat in zehn oder in 15 Jahren tatsächlich stehen?
Ich hatte gerade einige große Firmen angesprochen. Es sind die Leuchttürme in diesem Land, die nach und nach in Bedrängnis geraten und bei denen jedes Mal Tausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel stehen. Es ist richtig: Die Rettung und der Einsatz für diese Unternehmen ist ein Stück weit alternativlos, aber es ist deswegen alternativlos, weil es die Folge der Leuchtturmpolitik der Vorgängerregierungen ist.
Wenn ganze Regionen an einer Branche oder oftmals nur an einem Unternehmen, wie jetzt in der Oberlausitz, hängen, wenn Wirtschaftscluster in Sachsen in der Regel nicht Netzwerke bedeuten, sondern einzelne Leuchttürme mit einseitig abhängigen Zulieferern, dann hat man letztlich keine andere Wahl. Dann werden wir solche Situationen wie die mit Bombardier auch immer wieder haben.
Lassen Sie mich den Bogen etwas weiter spannen. Was ist eigentlich unsere Industriepolitik? Sie haben vor einem halben Jahr gesagt, einer Ihrer Schwerpunkte sei die Stärkung der Außenwirtschaft. Wir werden das sicherlich in der Ministererklärung auch am morgigen Tag hören, in der Sie uns wieder voller Stolz vorrechnen werden, dass es in einigen Punkten nach oben gegangen ist. Aber auch dabei lohnt es sich durchaus, einmal die Details anzuschauen.
Wir haben eine Konzentration auf wenige Branchen und auf wenige Unternehmen. Diese Einseitigkeit macht auch die Wirtschaft im Freistaat krisenanfällig, wenn deutlich über ein Drittel auf die Pkw-Industrie entfällt.
Wir haben über VW und die Entlassungen, die in Mosel anstehen, in diesem Hohen Haus schon gesprochen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Zukunft der Gläsernen Manufaktur in Dresden nach wie vor nicht geklärt ist. Dazu rechnen Sie 7 % elektronischer Bauelemente. Um zu sehen, was das bedeutet, brauchen Sie nur auf den Heller zu fahren. Globalfoundries hat mit rückläufigem Absatz zu kämpfen – einem der wichtigsten Anker in Silicon Saxony.
Die Strategie der Staatsregierung besteht im Grunde darin: Hoffentlich merkt es keiner. Des Weiteren gibt es die Digitalisierung, unser zweites großes Vorhaben für unsere Industriepolitik. Da fragt man sich natürlich auch: Wie soll das denn unterm Strich aussehen, wenn hier der wichtigste Anker krachen geht. Wollen wir technologische Treiber werden, oder wollen wir nur irgendwelche Anwendungen programmieren? Dann müsste wieder die Infrastruktur funktionieren. Aber auch dort sieht es nicht so aus, wie es aussehen sollte, um weltweit wettbewerbsfähig zu sein.
Wenn Ihr Ministerium, Herr Staatsminister, das Projekt „easy W-Lan Erzgebirge“ als den großen Wurf verkauft mit sage und schreibe 50 000 Euro als Pilotprojekt, welches weltweit angeblich seinesgleichen sucht, dann brauchen wir uns doch unterm Strich – –
Gut, wenn die Redezeit zu Ende geht, dann werde ich in einem zweiten bzw. dritten Beitrag fortsetzen, denn es gibt noch eine ganze Menge zu sagen.
Wir sind nach wie vor in der ersten Rederunde und haben schon gehört, dass es eine Fortsetzung geben wird. Eröffnet hat Herr Kollege Brünler für seine Fraktion DIE LINKE. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Kollege Ursu.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Brünler, man muss die Tatsachen kennen, bevor man sie verdrehen kann.
Ich bin in zweierlei Hinsicht sehr betroffen. Erstens. Ich bin sehr betroffen als zuständiger Wahlkreisabgeordneter aus Görlitz,
dass so viele Arbeitsplätze dort abgebaut werden und zweitens über den heutigen Versuch der LINKEN, aus dieser ernsten wirtschaftlichen Situation eine ideologische Debatte zu machen.