Nun möchte ich trotzdem versuchen, bei der Ernsthaftigkeit des Themas zu bleiben. Kontrolle von Waffenbesitz ist zweifelsohne wichtig und notwendig. Hierzu bedarf es der Kontrolle der zuständigen Waffenbehörden, also der Landkreisämter und der kreisfreien Städte. Hierbei – das ist ein Thema, über das wir zu reden haben, sicher auch im Rahmen der Rechtsaufsicht – ist der Eindruck vorhanden und auch die tatsächliche Feststellung, dass dies zwischen den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten höchst unterschiedlich wahrgenommen wird.
Auch unterscheidet sich dies jährlich. Die überwiegende Zahl der Kontrollen erfolgt verdachtsunabhängig und unangekündigt. Es handelt sich um stichprobenartige Präventionsmaßnahmen, die die Waffenbehörden nach eigenem Ermessen durchführen. Eine Verpflichtung zur Kontrolle besteht in jedem Fall bei Vorliegen des Verdachts des unrechtmäßigen Einsatzes bzw. Gebrauchs. Dann dürfen die Kontrolleure auch die Wohnung gegen den Willen des Waffenbesitzers durchsuchen.
An dieser Stelle eine Ergänzung der Ihrem Antrag zu entnehmenden Theorie hinsichtlich der gemeinsamen Aufbewahrung von Schusswaffe und Munition. Auch
hierzu ist die Regelung ganz klar: Schusswaffe und Munition sind getrennt voneinander aufzubewahren,
im Übrigen auch in der entsprechenden Sicherheitseinstufung. Das heißt, es hilft nicht, dass Sie im Waffenschrank oben noch ein abschließbares Fach haben, sondern es bedarf der entsprechenden Sicherheitsklassifizierung. Insoweit haben wir die Regelung der getrennten Aufbewahrung von Waffe und Munition auch jetzt schon als entsprechenden Tatbestand.
Für eine lückenlose regelmäßige Kontrolle aller Waffenbesitzer, wie Sie sie im Antrag fordern, wäre ein erheblich höherer personeller Aufwand nötig; übrigens wäre dies auch ein erheblicher persönlicher Eingriff in die Privatsphäre. Noch einmal sei gesagt: Die Kontrollen sind allerdings erforderlich und sollten auch unregelmäßig und bei Verdacht stattfinden.
Mit Blick auf die Kontrollzahlen in Sachsen lässt sich feststellen – das hatte ich schon erwähnt –, dass in einzelnen Landkreisen tatsächlich Luft nach oben ist bei der Durchführung entsprechender Kontrollen. Hier sind die Landkreise in der Verantwortung, die Kontrollquote anzupassen und die Zahl der Kontrolleure zu erhöhen. Möglicherweise kann man auch das Pilotprojekt in Baden-Württemberg hinterfragen, wonach im Einzelfall pensionierte Polizeibeamte entsprechend ihrer Qualifizierung in den Einsatz gebracht werden, um hierbei unterstützend tätig zu sein.
Eines will ich an dieser Stelle klar sagen: Die Verschärfung des Waffenrechts halten wir für unnötig.
Unser Waffenrecht ist auf der Höhe der Zeit und es gehört auch im internationalen Vergleich zu den am strengsten geregelten Gesetzen.
Zur Argumentation hinsichtlich der Entwicklung der Zahlen sei gesagt: Ja, der Anstieg ist zur Kenntnis zu nehmen, und er ist belegt. Es gibt für mich zwei Faktoren, die dabei entscheidend sind. Das ist zum einen die Frage, von welchem Stand ich komme. Wir haben im Verhältnis zu den Altbundesländern einen größeren Anstieg an Waffenbesitzern. Ich will aber deutlich sagen, dass auch dort der Bestand an Waffenbesitzern in der Vergangenheit deutlich höher gewesen ist und dass für den Erwerb einer Schusswaffe im Übrigen immer noch gilt, die erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen, über die ich sprach.
Auch die polizeiliche Kriminalitätsstatistik gibt für das Jahr 2015 keinen Anhaltspunkt dafür, dass wir dringend über eine Verschärfung des Waffenrechts oder über zunehmende Kontrollen und Steuerungen reden müssten. Der Anteil der Delikte pro 100 000 Einwohner ist seit Jahren auf gleichem Niveau – 2013/2014 – und in der Bilanz, insgesamt gesehen, sehr rückläufig. Für das Jahr 2015 ist ein weiterer Rückgang der Deliktzahlen im Freistaat zu verzeichnen. Das ist auch zu entnehmen.
Nun kann man – und muss man – natürlich sagen: Jeder Gebrauch und der Versuch des Gebrauchs einer Schusswaffe ist einer zu viel. Dennoch zeigt sich, wie gesagt, der Rückgang der Delikte. Es ist vor allem davon auszugehen, dass der kriminelle Einsatz im Regelfall eher nicht mit legalen Waffen begangen wird, sondern ein Zugriff auf illegal erworbene Waffen erfolgt, und das ist jetzt schon strafbewehrt und unterliegt der entsprechenden Kontrolle, Verfolgung und Ahndung.
Ebenso ist der prozentuale Anteil der Verstöße gegen das Waffengesetz an den Verstößen gegen strafrechtliche Nebengesetze seit Jahren rückläufig. Ich gebe Ihnen zwei Vergleichszahlen: im Jahr 2010 11,4 % und im Jahr 2014 6,6 %. Im Jahr 2015 gab es im Übrigen noch einmal eine Absenkung. Das lässt darauf schließen, dass die Kontrollen ihre Wirkung grundsätzlich nicht verfehlen.
Entsprechend ist die Forderung nach einer weiteren Verschärfung des Waffenrechts oder weitreichender Kontrollbefugnisse aus unserer Sicht unverhältnismäßig. Damit soll nicht gesagt sein – das zur Verdeutlichung –, dass die Kontrolltätigkeit der Waffenbehörden in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten nicht erhöht werden könnte.
Den Antrag lehnen wir jedoch ab, da die Forderung nach einem verschärften Waffenrecht unverhältnismäßig ist und all jene diskriminiert – nämlich die Sportschützen, die Jäger –, die verantwortungsbewusst mit Schusswaffen umgehen. Es erscheint wenig zielführend, zumal illegale Waffen in 99 % der Fälle für Gewalttaten genutzt werden. Eine stärkere Reglementierung über legale Steuerung für illegalen Waffenbesitz mag ich nicht erkennen, und deshalb wird der Antrag abgelehnt.
lassen Sie mich eingangs zu Ihrem Vergleich mit dem Auto sagen – man kann auch fragen, wo ist die Nuss, und ich gebe Ihnen eine Hilfe –: Der Zweck der Waffe ist nicht in der Mobilität begründet, der Zweck des Autos sehr wohl.
Um es anders zu sagen: Immer wieder liest man in Kinderbüchern die Sage, man könne auf Besen umherreiten. Versuchen Sie es auf einer Knarre!
Es ist unstrittig, dass die Anzahl der waffenrechtlichen Erlaubnisse sprunghaft angestiegen ist. Damit liegt auf der Hand, dass die Kontrollen durch die Waffenbehörden zumindest tendenziell ebenfalls hätten zunehmen müssen, um den gesetzlichen Vorgaben vor dem Hintergrund der wegen Personalmangels bislang unzureichenden Kontrolltätigkeit gerecht zu werden. Deshalb ist es durchaus begrüßenswert, dass wir mit dem vorliegenden Antrag die Situation diskutieren und darauf dringen können, diesen Missstand abzustellen und den Personalansatz zu erhöhen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, natürlich können wir nicht nur die Staatsregierung auffordern, Druck auf die unteren Waffenbehörden auszuüben und deren Personalbestand zu analysieren. Natürlich müssen wir auch die Staatsregierung beauftragen,
die notwendigen Mittel für die Kommunen selbstredend zu deren sachgemäßen Aufgabenerfüllung bereitzustellen.
Wir unterstützen den Ansatz, die Möglichkeit der anonymisierten und straffreien Abgabe illegaler Waffen und Munition umzusetzen. Dies kann geeignet sein, die Menge illegaler Waffen und die Zahl mit ihr verübter Straftaten zu reduzieren, wenngleich fraglich bleibt, ob damit tatsächlich Besitzer illegaler Waffen erreicht werden.
Ebenso ist zu überlegen, wie der Einsatz von Hieb- und Stichwaffen – ich habe gelernt: Stoßwaffen – reduziert werden kann. Hierzu bedürfte es deutlich mehr Kontrollen und damit deutlich mehr Personal, nicht nur bei den Waffenbehörden, sondern auch bei der sächsischen Polizei; denn es entstehen aus einem Unsicherheitsgefühl und wachsendem Bedrohungsgefühl in der Bevölkerung heraus auch Wechselwirkungen zum Anstieg der waffenrechtlichen Erlaubnisse.
Wer also der sprunghaften Verbreitung von Waffen – und da sind Schusswaffen nur ein kleiner Teil, wie der deutliche Anstieg der Inhaber des sogenannten Kleinen Waffenscheines zeigt – wirksam begegnen will, kommt nicht an den Ursachen für diesen Anstieg vorbei. Dieser liegt in einem Vertrauensverlust der Bevölkerung gegenüber den staatlichen Behörden und deren Fähigkeit, die individuelle Sicherheit zu gewährleisten. Ich will das hier nur anreißen. Diese Ursachen tiefer zu diskutieren wäre durchaus geboten, da Kontrollen und Verbote allein kaum genügen werden.
Liebe Kollegen der GRÜNEN! Sie haben zu Beginn der Begründung Ihres Antrages auf eine Studie von Dietrich Oberwittler hingewiesen und einen MDR-Beitrag als Quelle angeführt. Ich darf kurz zitieren: „Der Kriminologe Dietrich Oberwittler vom Max-Planck-Institut Freiburg hat in einer Studie Tötungsdelikte und Amokläufe im
familiären Bereich untersucht. Sein Befund: Jede legal erworbene Waffe stellt ein tödliches Risiko dar und jeder unbescholtene Sportschütze kann zum Mörder werden.“
Die Studie unter dem Titel „Familiale Tötungsdelikte mit anschließendem Suizid in europäischen Ländern/The European Homicide-Suicide Study (EHSS)“ – auf sie geht das zurück – hat allerdings einen soziologischen Kontext, der tiefergehend zu diskutieren sich sicher lohnen könnte.
Das, was jedoch bewiesenermaßen als vollkommener Unsinn gelten darf – damit komme ich zu Ihnen, Herr Hütter –, ist die gegenteilige Behauptung, dass mehr Waffen in der Bevölkerung mehr Sicherheit bedeuten würden. Diesen Unsinn – da darf ich Ihnen weiterhelfen, Sie haben vorhin diese Frage gestellt – haben wir von der Fraktionsvorsitzenden der AfD, Frauke Petry, in der Plenarsitzung am 3. Februar gehört. Ich darf zitieren: „Sie kennen offenbar die Statistiken nicht und damit die Zusammenhänge zwischen Bewaffnung und Kriminalitätsrate in Europa. Sie sollten da einmal ein wenig nachlesen. Die am stärksten bewaffneten Bevölkerungen sind in Europa Finnland und die Schweiz, und die haben interessanterweise die niedrigste Kriminalitätsrate.“
Wir haben dazu im Plenum bereits Stellung genommen. Aber lassen Sie mich eines sagen: Wenn man dieser Logik folgen würde oder folgen möchte
das können Sie im Plenarprotokoll nachlesen –, dann wären die USA eines der sichersten Länder dieser Welt. Das kann nicht im Ernst sinnvoll anzunehmen sein. Es ließe sich also vortrefflich weiter spekulieren, ob das Vorhandensein legaler Waffen tatsächlich Auswirkungen auf die Häufigkeit von Straftaten hat. Dies will ich allerdings heute nicht ernsthafterweise unternehmen.
Unberührt bleibt allerdings der Fakt, dass bekannte rechtsradikale Straftäter nicht in den Besitz von Waffen kommen sollten. Die rechtsterroristischen Gruppierungen wie NSU oder Bürgerwehr Freital 360 stellen das unter Beweis. Deshalb unterstützen wir ausdrücklich die Forderung zu Punkt 1 d) aus dem Antrag. Zwar existieren meines Wissens keine Legaldefinitionen für Bürgerwehren und erst recht nicht für fremdenfeindliche Bürgerinitiativen – da sind die Wissenschaften mittlerweile weiter – und uns ist bewusst, dass es juristisch knifflig ist, den Punkt 1 c) umzusetzen; dennoch kann ich die Motivation nachvollziehen und teile sie. Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit sollte also mindestens jährlich geprüft werden.
Schusswaffen sind und bleiben, meine Damen und Herren, die gefährlichste Form zivil zugänglicher Waffen. Es ist deshalb wichtig, ihre Zugänglichkeit und Verbreitung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Der Staat ist in der Pflicht sicherzustellen, dass nur jene Personen Zugang zu Schusswaffen bekommen, bei denen die höchstmögliche Sicherheit und das entsprechende Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Waffen bestehen.
Zweifelhaft – lassen Sie mich das einfügen – bleibt für mich dennoch, ob Waffen überhaupt in zivilisierte Gesellschaften gehören; ich habe es vorhin zur Kollegin Friedel gesagt. Vielleicht lassen Sie es mich noch einmal illustrieren. Ich könnte nachvollziehen – sofern wir gezwungen wären, unserer Nahrung in gewisser Weise noch nacheilen zu müssen –, dass man sich dann mittels Schusswaffe dieser Nahrung bemächtigen wollte. – Kollegin Friedel stellte zielsicher fest, dazu würde ein Messer genügen, weil die Viecher heutzutage nicht mehr weglaufen können.
Außer bei den Jägern, das ist etwas anderes. Aber die Frage ist doch, ob dann die Waffen tatsächlich in den Haushalt gehören. Das bezweifle ich stark; aber das bedarf sicherlich einer breiteren und andersgearteten Debatte, als wir sie heute führen.
Gleichzeitig muss sich der Freistaat stärker bemühen, die Anzahl illegaler Waffen zu reduzieren. Beides ist nur mit deutlich mehr Personal bei den Waffenbehörden zu erreichen.