Die Anstaltsbeiräte sollten sich auch weiterhin als Vermittler zwischen Anstaltsleitungen, Vollzugsbediensteten und Strafgefangenen verstehen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion wird sich auch weiterhin für die Umsetzung der in § 2 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes formulierten Ziele und Aufgaben einsetzen. Darin heißt es – ich zitiere –: „Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Dies wird durch eine wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung sowie sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Gefangenen gewährleistet.“
Wir werden weiterhin die Opfer im Blick haben und mit rechtsstaatlichen Mitteln eine angemessene, verhältnismäßige und auf dem Boden unserer Werte stehende Arbeit in unseren Vollzugsanstalten durchführen.
Meine Damen und Herren! Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Abg. Baumann-Hasske. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Auf diese Große Anfrage haben wir in unserer Fraktion und zusammen mit dem Koalitionspartner eine ganze Menge Zeit verwendet. Die Antwort kann sich sehen lassen und wird uns eine gute Grundlage dafür sein, die Rahmenbedingungen für den Strafvollzug fortzuschreiben und dort, wo nötig, zu verbessern. Auch von mir ein ausdrücklicher Dank an Herrn Justizminister Gemkow und sein Haus.
Meine Damen und Herren! Sachsen hat ein recht fortschrittliches Strafvollzugsgesetz. Wir haben das gerade in aller Ausführlichkeit gehört. Es erklärt die Resozialisierung der Strafgefangenen und die Vermeidung von Rückfällen zum wesentlichen Ziel.
Die gesellschaftlich verlangte Vergeltungsfunktion wird durch den Freiheitsentzug erfüllt, steht aber nach dem Strafverfahren und nach der Rechtskraft des Urteils nicht mehr im Vordergrund. Der Vollzug hat nicht der Verwahrung der Strafgefangenen zu dienen, sondern der Arbeit an ihren Defiziten.
Wenn sie aus dem Vollzug entlassen werden, dann sollen sie auf ein ordentliches Leben in Freiheit vorbereitet und persönlich in die Lage versetzt sein, für ihre Familien und für ihre Umgebung in Verantwortung zu handeln. Das wird nicht immer gelingen, kann aber für viele Gefangene nur dann gelingen, wenn es ausdrücklich das Ziel bleibt, wie es im Gesetz formuliert ist.
Strafvollzug soll aktiv an der Resozialisierung arbeiten, die Gefangenen motivieren und ihnen strukturierte Tagesabläufe und Lebensplanungen vermitteln. Dafür hat der Vollzug Lehrer, Sozialarbeiter, Psychologen und natürlich Vollzugsbeamte. Deshalb sind Strafvollzugsbeamtinnen und Strafvollzugsbeamte heute keine „Schließer“ mehr, sondern haben neben der Sicherungsfunktion die Aufgabe, Ansprechpartner der Gefangenen im Alltag und im täglichen Kontakt zu sein. Sie sollen Reaktionen und Aggressionen richtig einordnen, Gefangene begleiten und anleiten.
Vollzugsbeamte haben auch Fähigkeiten, wie sie Sozialarbeiter und Psychologen benötigen. Sie sind dafür ausgebildet. Das zeichnet sie wirklich aus und unterscheidet sie von dem Personal, das in der Vergangenheit da war.
Meine Damen und Herren! Ich habe im vergangenen halben Jahr alle Strafvollzugsanstalten und zwei Maßregelvollzugseinrichtungen besucht und besichtigt. Dabei haben mich die Einstellung und Motivation, die Zielstrebigkeit und der weitgehende Konsens über den Sinn des Vollzugs sehr beeindruckt.
Natürlich gibt es auch immer noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Gefangenen nur den Kriminellen sehen, der kaum besserungsfähig ist und sowieso immer wieder „einfahren“ wird. Das hat ja auch etwas mit langjährigen persönlichen Erfahrungen zu tun, aber die meisten haben längst den Zusammenhang von sozialen Schwierigkeiten, Perspektivlosigkeit und Kriminalität erkannt und sind bereit, im Gefangenen die Person zu sehen, die bei vernünftiger und konsequenter Behandlung im Vollzug ein ordentliches Mitglied der Gesellschaft werden kann.
Meine Damen und Herren! Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die Staatsregierung voraussichtlich den weiteren geplanten Abbau von Stellen stoppen, ja, sogar Neueinstellungen vornehmen wird. Ohne den Haushaltsverhandlungen vorgreifen zu wollen, darf ich aber festhalten, dass hier wie in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes in den kommenden Jahren besonders viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand gehen werden, die zu Beginn der Neunzigerjahre eingestellt worden waren. Diese Bediensteten müssen wie alle anderen durch rechtzeitig ausgebildetes, gutes und junges Personal ersetzt werden. Und Strafvollzugsbeamte muss man selbst ausbilden, die gibt es nicht auf dem Markt.
Dabei gilt es Neueinstellungen so zu gestalten, dass sich die Welle des Ausscheidens möglichst in 30 bis 40 Jahren nicht wiederholen wird.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Punkte aus den Antworten herausgreifen, die mir von besonderer Bedeutung zu sein scheinen. Wir haben in unserer Gesellschaft und in der Folge auch im Strafvollzug ein Drogenproblem. Man kann den vorgelegten Statistiken entnehmen, dass die durchgeführten Kontrollen durchaus zahlreich und wirkungsvoll sind, aber niemand wird leugnen, dass auch in sächsischen Anstalten Drogen konsumiert werden. Sucht ist eines der häufigsten Motive zur Begehung von Straftaten. Wer bei der Begehung einer Straftat schuldunfähig war, wird meist im Maßregelvollzug landen. Dort kann mit ihm intensiv gearbeitet werden. Das Verhältnis von Personal zu Patient ist dort ziemlich gut. Ist er nicht schuldunfähig, wandert er zur Verbüßung seiner Schuld in den Vollzug. Früher bedeutete das kalter Entzug und schlechte Betreuung. Die Folge war ein hohes Niveau an Subkultur in den Anstalten und eine starke Motivation zum Rechtsbruch innerhalb der Einrichtung wegen der Sucht. Das gibt es, so konnte ich erfahren, trotz Angeboten und medizinischer Betreuung in den Anstalten zum Teil immer noch.
Aber es gibt inzwischen im Strafvollzug echte Behandlung. Die JVA Zeithain hat eine vorbildliche Drogenstation eingerichtet, von der auch überregional gesprochen wird. Eines unserer Ziele muss sein, solche Angebote für alle zu haben, die sie brauchen und wollen.
Aber nicht nur Drogen führen zu krankhaften Symptomen; es wird immer mehr erkannt, dass viele Gefangene psychisch krank sind. Resozialisierung kann hier Behandlung, Heilung oder Erlernen des Umgangs mit einer Krankheit bedeuten. Das besondere Gewaltverhältnis im Strafvollzug unter Freiheitsentziehung kann dafür einen Raum bieten, in dem solche Ansätze der Behandlung Erfolg versprechend sind. Sinnvoll hierfür wäre die Einrichtung dezentraler Stationen für psychiatrische Versorgung auch außerhalb des neuen Krankenhauses in Leipzig oder der Jugendanstalt in Regis-Breitingen.
Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir abschließend eine Bemerkung zur Demografie. Wir leben in einer älter werdenden Gesellschaft. Die Lebenserwartung steigt, die Geburtenraten sind rückläufig. Das schlägt sich auch im Vollzug nieder. Ich habe erfreut festgestellt, dass sich der sächsische Strafvollzug diesen Tatsachen stellt und zunehmend Haftplätze für alte Gefangene vorhält. Natürlich stellt sich mit zunehmendem Alter je nach Gesundheitszustand die Frage nach der Haftfähigkeit gemäß § 455 StPO. Doch auch unterhalb dieser Schwelle sieht der Freistaat in einer besonderen Station in Waldheim mit 53 Plätzen Raum für alte Menschen vor.
Meine Damen und Herren! Wir wollen den eingeschlagenen Weg weiter verfolgen. Dazu benötigt der Strafvollzug das erforderliche Personal. Streiten wir darüber, wenn es erforderlich ist. Wenn wir das Notwendige konsequent umsetzen, neigt der Vollzug mit seinem Resozialisie
rungsziel langfristig dazu, sich zunehmend selbst überflüssig zu machen. Nichts wäre billiger, als in einer Zukunft in 30 Jahren nur noch wenige Anstalten mit wenigen Haftplätzen im Behandlungsvollzug zu benötigen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst gibt es nichts zu meckern, dass sich die Koalition mit der Großen Anfrage zur Situation und Entwicklung des sächsischen Justizvollzugs einem Thema zugewandt hat, das höchst selten im Landtag thematisiert wird. Eine Ausnahme bilden nur die Kleinen Anfragen. Endlich, sagen wir da und sind sehr dankbar, keine Frage.
Der Justizvollzug ist gemeinhin ein Terrain, das selten im Blick der Politik und der Öffentlichkeit steht, es sei denn, es hat sich irgendein Skandal ereignet, der die Gemüter erhitzt, sei es der Ausbruch von Gefangenen, eine vom Freigänger begangene Sexualstraftat oder die bekannt gewordene allzu große Nähe zwischen einer Gefangenen und einem Bediensteten oder einer Bediensteten und einem Gefangenen und natürlich auch dann, wenn der Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt geplant ist, wie jetzt in Zwickau. Ansonsten erwarten wir vom sächsischen Justizvollzug, dass er funktioniert und die dort beschäftigten Bediensteten, Angestellten und Mitarbeiter möglichst unauffällig ihren Dienst verrichten und die über kurz oder lang einsitzenden Strafgegangenen möglichst gebessert und durchweg geläutert wieder rauskommen.
Dass die Sache nicht ganz so einfach ist und dass immens Anlass besteht, dass sich dieses Hohe Haus intensiv und weitaus regelmäßiger mit dem sächsischen Justizvollzug befasst, zeigt aus unserer Sicht die Antwort der Staatsregierung auf die Fragestellungen der Koalitionsfraktionen. Die Staatsregierung hat dankenswert umfänglich, sachkundig und weithin objektiv auf die Fragen geantwortet. Das sehen auch wir so. Dabei wird aus unserer Sicht im Kern Folgendes deutlich:
Erstens. Die sächsischen Justizvollzugsanstalten, vielleicht mit Ausnahme der JVA Regis-Breitingen, bewegen sich, was die Belegungssituation, die Entwicklung der Belegungsfähigkeit und die Belegung von Haftplätzen anbelangt, heftig am oberen Limit. Die Zahl vor allem erwachsener Strafgefangener hat sich eben nicht wie weiland 2013 der Sächsische Rechnungshof im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt Sachsens und Thüringens in Zwickau meinte, parallel zur Bevölkerungszahl verringert. In den vorangegangenen zehn Jahren tendenziell rückläufige Gefangenenratenanteile haben sich in den Jahren seit 2010 nicht fortgesetzt, wir haben eher eine steigende
Gefangenenrate. Als der Sächsische Rechnungshof 2013 in seiner damaligen Unterrichtung an den Landtag von 2 671 Gefangenen im Jahr 2020 ausging, hat er sich offensichtlich deutlich geirrt. Unsere Staatsregierung setzt jetzt für 2019 3 400 Gefangene an. Das sind knapp tausend mehr, als aus Sicht des Rechnungshofes vorgesehen war.
Die Entwicklung der letzten Jahre lehrt mithin, dass wir gut beraten sind, die Entwicklung der Gefangenenzahlen als ausgesprochen komplexes Geschehen zu behandeln, bei dem weithin unsicher und unberechenbar ist, welche Faktoren in welcher Weise auf den künftigen Haftplatzbedarf einwirken. Darüber zu reden wäre eine Baustelle für sich. Realität ist, dass wir in einer ganzen Reihe sächsischer Justizvollzugsanstalten seit Jahren und aktuell auch in besonderem Maße mit einer Belegungsfähigkeit fahren, die eigentlich deutlich über dem Ansatz liegt, der fachbezüglich bei 90 % Auslastung liegen sollte. Wir haben zum Beispiel mit Chemnitz, mit Dresden und partiell mit Zwickau Justizvollzugsanstalten, die regelmäßig deutlich über 100 % fahren. Aus vollzugsfachlicher Sicht sind die 90 % aber angesetzt, da ansonsten eine fachgerechte Differenzierung innerhalb der Gefangenenpopulation überhaupt nicht möglich ist, von hinzukommenden praktischen Konstellationen, wie notwendigen Renovierungsarbeiten, Havarien und Ähnlichem, ganz zu schweigen.
Das Problem Belegungsplanung, Belegungsfähigkeit und Belegungsrealität klafft auseinander. Da sehen wir ein zweites Problem in der Antwort der Staatsregierung. Wir haben eine zunehmende Diskrepanz zwischen den Vollzugsstandards, die das am 16. Mai 2013 verabschiedete Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und Strafarrest im Freistaat Sachsen setzt, und der Vollzugswirklichkeit. Wir haben alle dieses Gesetz – das hat Frau Dombois ganz richtig gesagt – als ein gutes, modernes, durchaus fortgeschrittenes gesehen und bewertet und sehr zu Recht eben ein Vollzugsziel formuliert, das wir ganz eindeutig – Frau Dombois hat es wiedergegeben – als modernen und anspruchsvollen Ansatz sehen. Aber nach der Antwort der Staatsregierung ist ein ganz erheblicher Teil, fast die überwiegenden der gesetzten Prämissen des Gesetzes, nicht erfüllt. So sagt § 11 Abs. 1 des Gesetzes: „Die Gefangenen werden in ihren Hafträumen einzeln untergebracht.“ Laut Antwort auf Frage 12 waren am Stichtag 30. November 2015 3 114 Gefangene in Einzelräumen, das entspricht 60,8 %, und hingegen 1 361 Gefangene, knapp 40 %, gemeinschaftlich untergebracht.
Es gibt Justizvollzugsanstalten, darunter die JVA Zwickau, in denen 78,8 % der Gefangenen gemeinschaftlich untergebracht sind. Es gibt jedoch einen Gesetzesbefehl, der wie folgt lautet: Einzelunterbringung. Das ist im Verhältnis zu der gesetzlichen Vorgabe definitiv schwierig, selbst wann man unterstellt, dass ein Teil der Gefangenen – Suizidgefährdete oder Ähnliche – gemeinschaftlich untergebracht werden möchte oder muss. Der § 22 des Sächsischen Justizvollzugsgesetzes besagt – unter dem wohl löblichen Verzicht auf die Arbeitspflicht –, dass
allen Gefangenen, die dies möchten und dazu geeignet sind, nach Möglichkeit eine ihren Fähigkeiten angemessene Arbeit gegeben werden soll. Tatsache ist aber, dass ein ganz erheblicher Teil der Gefangenen offensichtlich ohne Arbeit bleibt oder mindestens Monate warten muss, bevor er arbeiten kann. Wir sind bei einem Schnitt von 57 %. Das ist die Realität.
Drittens gibt es eine Diskrepanz bei den offenen Vollzugsanteilen. Es ist schwierig, wenn wir im Gesetz sagen, dass die beiden Vollzugsformen an sich gleichberechtigt sind. Wer geeignet ist und bei wem keine Missbrauchs- oder Sicherheitsgefahr besteht, der soll in den offenen Vollzug kommen. Wenn wir uns aber die Zahlen in Bezug auf den offenen Vollzug – in Dresden befinden sich 4,5 % und in Chemnitz 1,8 % der Gefangenen in offenem Vollzug – anschauen, dann wird deutlich, dass ein eklatanter Unterschied zwischen dem Gesetzesbefehl bzw. der Gesetzesorientierung und der Realität besteht.
Wie das zu erklären ist, darüber kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass wir gerade in Sachsen häufig Straftäter haben, die besonders gefährlich, besonders missbrauchsgeneigt oder schwierig sind und deshalb so nicht untergebracht werden können. Das kann aber zwei Ursachen haben. Ein Grund kann sein, dass wir nicht ausreichend Plätze für den offenen Vollzug vorgehalten haben. Ein weiterer Grund kann sein, dass das Vollzugspersonal nicht genügend Zeit hat, diese Lockerungsvoraussetzungen entsprechend zu befördern. Wir müssen über diese Fragen nachdenken.
Ich komme zum dritten Punkt. Die Antwort der Staatsregierung lässt aus unserer Sicht erkennen, dass die jetzige Situation der Personalbesetzung und des eigentlichen Bedarfs an Personal eklatant unterschiedlich sind. Das kann man aus den Zeilen herauslesen. Wir haben im Doppelhaushalt 2015/2016 fünf Stellen für den psychologischen Dienst, eine Stelle für die Ergotherapie und zwei Stellen für Sozialdienste hinzugefügt. Es wurden im allgemeinen Vollzugsdienst im Haushaltsjahr 2015 bereits 25 Stellen abgebaut. Im Jahr 2016 sollen weitere 30 Stellen abgebaut werden. Kollege Baumann-Hasske als Vertreter der Regierungsfraktionen sagte, dass sie vielleicht nicht abgebaut werden.
Das ist unter einem Aspekt besonders schwierig: Bereits jetzt ist der Strafvollzug im Grunde genommen unterbesetzt. Wenn man die Justizvollzugsanstalt bereist, als Anstaltsbeirat oder beruflich regelmäßig aus- und eingeht, dann kann man erkennen, dass es im Grunde nur funktioniert, weil die meisten Bediensteten „überobligatorisch“ arbeiten. Sie laufen wie die Hasen. Eigentlich sollen es zwei Bedienstete pro Station sein. Inzwischen ist es die Regel, dass ein Bediensteter zwei Stationen bedient. Nur indem er hinauf- und hinunterläuft, geht der Aufschluss noch.
Dass dies Sicherheitsrisiken mit sich bringt, einen Verschleiß für die Bediensteten bedeutet und sich daraus hohe Krankheitszahlen ergeben, ist wohl jedem klar.
Bedenken wir bitte, dass wir inzwischen bei den Krankheitstagen pro Vollzugsbedienstetem und Jahr bei einem Durchschnitt von 32,97 Tagen liegen. Das ist der Durchschnitt pro Bedienstetem im Freistaat Sachsen. In der JVA Chemnitz sind es beispielsweise schon 44 Tage pro Vollzugsbedienstetem. Es ist klar, dass die Herausforderungen, die Forderungen, die Ausbeutung und das Sichselbst-Ausbeuten, das die Bediensteten bereit sind zu erbringen, die Vorleistung und besondere Loyalität und Motivation zum Beruf, ihren Preis hat. Hinzu kommt noch die Alterspyramide.
Es wird erkennbar, dass wir das nicht länger als Gegebenheit werten können. Wir müssen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Der entsprechende Schlüssel bei der Besetzung des Personals ist den Realitäten teilweise noch nicht angepasst. Wir müssen bei dem Personalbedarfsschlüssel Realitätssinn walten lassen. Eine Frauenvollzugsanstalt braucht einen anderen Personalschlüssel als eine Männervollzugsanstalt. Eine Jugendvollzugsanstalt braucht ebenso einen anderen Personalschlüssel. Das wird bei der Jugendvollzugsanstalt beachtet. Bei der JVA Chemnitz ist dies nach unserer Auffassung noch nicht der Fall.
Wir sind auch deshalb dankbar, dass die Große Anfrage heute auf die Tagesordnung gesetzt wurde, weil sich dazu ein Antrag von uns ebenfalls im Geschäftsgang befindet. Er soll am 12. Mai im Verfassungs- und Rechtsausschuss angehört werden und befasst sich mit dem Thema der Personal- und Arbeitssituation in der sächsischen Justiz. Dort werden wir das, worüber wir heute debattieren, vertiefen.
Diese Sache hat auch einen praktischen Hintergrund. Wir stehen kurz vor der Haushaltsdebatte für die Jahre 2017/2018. Im Besonderen geht der völlig berechtigte Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Strafvollzugs, die sich Tag für Tag dafür einsetzen, dass es funktioniert. Der Dank ist jedoch dürftig und wenig, wenn wir in der Haushaltsdebatte daraus keine praktischen Schlussfolgerungen ziehen. Tatsächlich führt manche Entschließung zum richtigen Ergebnis. Man muss dafür sorgen, dass für die Menschen dort eine Arbeitssituation geschaffen wird, die sie motiviert und entsprechend anerkennt, die jungen Menschen Anlass gibt, dort tätig zu sein, und lukrative Entwicklungsmöglichkeiten für das Personal schafft. In diesem Sinne sollten wir gemeinsam mit der Anfrage und Antwort umgehen und mit der Haushaltsdebatte Schlussfolgerungen ziehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Nachdem die AfD-Fraktion das Thema Justizvollzugsanstalt schon mit einem Dutzend
Kleiner Anfragen bearbeitet hat, freut es uns ausdrücklich, dass sich nun auch die Regierunskoalition diesem Thema widmet. Besser spät als nie, könnte man sagen.