Ich bitte darum, dass wir die Argumente weiter austauschen. Frau Kollegin Kagelmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage an Mikrofon 6?
Frau Kollegin Kagelmann, vielen Dank. Ich wollte Sie fragen, nachdem Sie gerade von einer Systemauseinandersetzung gesprochen haben, ob Sie jetzt ins letzte Jahrtausend zurückgefallen sind, in dem es die Maschinenstürmerei und die Vernichtung von „kapitalistischen Produktionsmitteln“ gab?
Deshalb stand ich auch in Welzow bei einer angemeldeten „Compact“-Kundgebung und war eben nicht im Tagebau. Das ist der Unterschied. Trotzdem bleibe ich dabei: Es handelt sich hier um eine Systemauseinandersetzung – kein gesellschaftliches System, sondern ein Energiesystem. Je deutlicher der Niedergang dieses fossilen Energiesystems ist, desto härter werden die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen –
Als ich mit etwa 30 Jahren zum ersten Mal an einem Tagebaurand stand, nämlich in Nochten, just dort, wo die junge Baggerfahrerin, 25, jung und hübsch, die vor zwei Tagen – man könnte eine PR-Kampagne vermuten –, in der Zeitung groß abgebildet, ihren Bagger steuert –, als ich an diesem Tagebaurand stand, ist mir bewusst gewor
den, dass hier etwas ganz gewaltig schiefläuft und dass wir so schnell wie möglich aus dieser klimaschädlichen Energiegewinnungsform aussteigen müssen.
Dort habe ich mir nämlich die Frage nach der ethischen Dimension von Gewalt gestellt: der Gewalt gegen Natur, der Gewalt gegen Umwelt, der Gewalt gegen kommende Generationen.
Es kann durchaus möglich sein, dass diese Gewalt der Auslöser für andere Gewalt ist, die ich nicht ausdrücklich unterstütze.
Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie viele Klimaberichte Sie noch brauchen. Der 5. hat eindeutig gesagt, dass wir uns schneller bewegen müssen.
In meiner Wahrnehmung haben wir in der Lausitz seit 20 Jahren keinen Strukturwandel. Wir haben einen harten Strukturbruch hinter uns, der ganze Industriezweige plattgemacht hat. Ich erinnere nur an die Glasindustrie.
Wir laufen Gefahr, in den nächsten Strukturbruch hineinzulaufen, weil Sie nicht anerkennen, dass Strukturwandel Zeit und Geld braucht!
Wo ist denn Ihr klares Bekenntnis zu einem Strukturwandelfonds, den wir Ihnen vorgeschlagen haben? Die „Denkfabrik Agora“ rechnet uns vor, dass wir 250 Millionen Euro brauchen für die Kohlereviere. 250 Millionen Euro jährlich, die von den Ländern und vom Bund aufgebracht werden müssen! Wann wollen Sie denn mal anfangen mit Ihrem Strukturwandel?
Was wollen Sie denn den Leuten in Weißwasser einmal sagen, wie das weitergeht mit den Ewigkeitslasten, mit der Trinkwasserversorgung, –
(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU – Alexander Krauß, CDU, steht am Mikrofon.)
Das war Frau Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt sehe ich am Mikrofon 5 eine Kurzintervention, die sich auf den gerade gehörten Redebeitrag bezieht. Bitte, Herr Kollege Krauß.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nach dem Wortbeitrag der LINKEN feststellen, dass sich diese Fraktion nicht von der Gewalt gegen Sachen, auch gegen Menschen distanziert hat. Das war die Botschaft des jetzigen Beitrages.
Das ist nicht der Fall. Wir gehen jetzt weiter in der Rednerrunde. Für die AfD-Fraktion hat Herr Kollege Urban das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auf Initiative von CDU und SPD diskutieren wir heute wieder über die Braunkohleverstromung in der Lausitz, heute vor dem Hintergrund der gewaltsamen Proteste von sogenannten Klimaaktivisten am Pfingstwochenende.
Ja, es ist notwendig, dass wir auch vom Landtag aus ein geschlossenes Signal aussenden an diese Aktivisten, dass wir die Braunkohleverstromung als Brückentechnologie wollen, unabhängig davon, wie weit diese Brücke in die Zukunft reichen muss. Ohne die Braunkohle wären wir heute wegen nicht vorhandener bezahlbarer industrieller Speicherkapazitäten für Elektrizität von Importen von Rohstoffen oder von Importen von Strom abhängig. Das können wir nicht wollen.
Selbst ein Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2045 würde unsere Volkswirtschaft nach einer aktuellen Studie mit zusätzlichen 71 Milliarden Euro belasten, ohne dass dabei europaweit in erheblichem Mengen CO2 eingespart würde.
Ja, auch das goldene Kalb der Klimaschädlichkeit von CO2 steht inzwischen auf immer wackligeren Füßen. Immer wieder weisen Studien darauf hin, dass die Modellierung des CO2-Einflusses auf das Weltklima in hohem Maße ungenau und deshalb eben nicht geeignet ist, um derart tief greifende energiepolitische Entscheidungen wie den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu rechtfertigen.