Protokoll der Sitzung vom 23.06.2016

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

und gegebenenfalls zu sagen, wie der Betrag finanziert werden soll. All dies fehlt heute. Wir sind gespannt darauf, Ihre Vorschläge im Rahmen der Haushaltsdebatte zu hören. Deshalb ist es auch gut, dass die Diskussion dann, gut vorbereitet, im zweiten Halbjahr gegebenenfalls wieder geführt werden kann.

Zur Vorbereitung gehört es dann auch, dass wir, wenn wir den Vergleich mit anderen Bundesländern und Stipendienprogrammen suchen, alle Elemente der Förderung, also auch das Kindergeld, die Sachkosten und die Zuschläge für Auslandsaufenthalte, die in Sachsen gezahlt werden, mit in die Betrachtung und in den Vergleich einbeziehen. So liegt die Fördersumme im Einzelfall bereits heute deutlich über den angesprochenen 895 Euro, nämlich bei rund 1 000 Euro. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Zu Ihren weiteren Punkten, was die inhaltliche Ausgestaltung des Stipendiums und die Änderung der Stipendienverordnung betrifft: Zum einen gehe ich davon aus, dass das Ministerium laufend schaut, ob seine Verordnungen und die aktuellen Anforderungen noch miteinander übereinstimmen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Die GRÜNEN greifen jetzt zwei Punkte heraus, die sicherlich schon in den Fokus der Überarbeitung durch das SMWK geraten sind. Vielleicht gibt es weitere, die überdacht werden müssen. Deshalb verstehe und unterstütze ich Ihren Appell, laufend zu schauen, ob das Vergabeverfahren noch dem Stand der Zeit entspricht – jetzt ein oder zwei Punkte explizit herauszuziehen und durch den Landtag beschließen zu lassen hingegen nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Antrag der Fraktion der GRÜNEN werden wir heute ablehnen. Wir haben im Koalitionsvertrag aber festgelegt – ich zitiere –: „Der Landesgraduiertenförderung werden wir eine stärkere Rolle beimessen.“ Das haben wir mit der Erhöhung des Haushaltsansatzes in den letzten beiden Jahren bereits getan. Jetzt gilt es, die inhaltliche Ausgestaltung in den Fokus zu rücken. Das Wissenschaftsministerium ist gefordert. Ich weiß, dass es bereits intensiv daran arbeitet, weil das Thema natürlich nicht nur den GRÜNEN, sondern natürlich auch der CDU-SPD-Koalition ein wichtiges Anliegen ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Herr Abg. Neubert. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Graduiertenförderung handelt es sich um eine Förderung von Studierenden, die ihren ersten akademischen Abschluss bereits erworben haben, also um junge Akademikerinnen und Akademiker zur Erreichung einer Promotion oder zum weiteren Studium mit verstärkter Beteiligung an der Forschung. Um die Qualität in Wissenschaft und Forschung dauerhaft zu sichern, ist es notwendig, den graduierten wissenschaftlichen Nachwuchs gezielt zu fördern. Das geschieht mittels eines Stipendiums, das beim Studentenwerk beantragt und danach bei einer Graduiertenkommission der Hochschule entschieden wird. Die Dauer der Förderung beträgt drei Jahre.

Mit den Forderungen des heutigen Antrags der GRÜNEN sind zwei Dinge benannt, zum einen, dass die Änderung der Landesstipendienordnung dahin geht, dass es künftig einen höheren Satz an Stipendium mit 1 150 Euro gibt. Frau Dr. Maicher hat darauf hingewiesen, dass das in anderen, vergleichbaren Programmen etwa die Summe ist. Ich möchte noch darauf verweisen, dass die Landesregierung Sachsen-Anhalt im letzten Jahr verkündet und der dortige Landtag beschlossen hat, dass ab diesem Jahr

genau diese Höhe von 1 150 Euro realisiert wird. Auch Sachsen-Anhalt ist von 895 Euro gekommen.

Zum anderen soll geprüft werden, ob diese Art der Förderung auf Hochschulen für angewandte Wissenschaften ausgedehnt werden kann. Das befürworten wir ebenfalls. So sollen auch Fachhochschulen immer mehr Schwerpunkte im Bereich der Forschung setzen. Unter anderem wurde das Programm „Talente für Sachsen“ ins Leben gerufen, um für junge Akademikerinnen und Akademiker eine Möglichkeit finanzieller Absicherung zu schaffen. Auch an Hochschulen für angewandte Wissenschaften muss eine Graduiertenförderung realisiert werden. Dafür müssen aus unserer Sicht schnellstmöglich die Voraussetzungen geschaffen werden.

Die Staatsregierung lehnt beide Ansinnen leider ab, sowohl die Erhöhung als auch die Realisierung in den Fachhochschulen, und begründet das mit einer nötigen Erhöhung des Ansatzes für den Haushalt. Das ist natürlich so, aber die Haushaltsverhandlungen stehen bevor, und eine politische Aussage und ein politischer Beschluss des Parlamentes am heutigen Tag würde Folgen auf die Haushaltsverhandlungen haben. Deshalb ist das miteinander zu koppeln, bzw. das können wir heute hier beschließen. Es ist sehr bedauerlich, dass zumindest das Ministerium bisher diese Chance vergibt, an der Stelle mehr Hochqualifizierte in Sachsen zu halten.

(Unruhe im Saal)

Ich verweise

(Glocke der Präsidentin)

nur noch einmal auf Sachsen-Anhalt, wo die Förderung auf 1,7 Millionen Euro erhöht wurde.

Mit der neuen Exzellenzinitiative wird bekanntlich die Förderung von Graduiertenschulen eingestellt. Sie erhalten lediglich noch eine zweijährige Überbrückungsfinanzierung. Das betrifft vor allem kleine Universitäten, die bisher nur deshalb exzellenzfähig waren, weil sie ein Cluster und eine Graduiertenschule hatten. Durch den Wegfall verändert sich die Lage deutlich.

Eine Landesgraduiertenförderung kann das zwar nicht vollständig kompensieren, aber ihren Beitrag leisten. Sie kann – worauf es mir vor allem ankommt – mit einer stärkeren Graduiertenförderung durch die Vergabe von Stipendien forschungspolitische Akzente in der Grundlagenforschung und in den Geistes- und Sozialwissenschaften setzen. Graduiertenstipendien stellen eine sinnvolle Möglichkeit dar, die Grundlagenforschung, also Forschung abseits der favorisierten Pfade angewandter Forschung zu stärken. Sie fördern den individuellen Weg zur Promotion, wie er für die Geisteswissenschaften eher typisch ist.

Die Forschung in großen Verbünden ist in den Geisteswissenschaften mittlerweile zwar auch verbreitet, aber keineswegs so selbstverständlich wie in Natur- und Technikwissenschaften. Die Großforschung erweist sich

für die Geistes- und Sozialwissenschaften nur als beschränkt geeignet.

Im Sinne der Forschungsvielfalt sollte das heute schon fast als altmodisch betrachtete Modell des geisteswissenschaftlichen Forschens, das sich nicht an einer solchen Programmförderung orientiert, stärker gefördert, um nicht zu sagen am Leben erhalten werden. Die Erhöhung und Erweiterung der Vergabe von entsprechenden Landesstipendien könnte die eher in den Geisteswissenschaften verbreitete Forschungskultur stärken. Dafür müssen im Haushalt die benötigten Mittel bereitgestellt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion, bitte; Herr Abg. Mann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auch wenn ich vermute, dass viele von Ihnen denken, es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem, der Stil und auch das Thema verlangen, dazu kurz Position zu beziehen. Der heutige Plenartag klingt also mit der Debatte zum wissenschaftlichen Nachwuchs an unseren sächsischen Hochschulen aus. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern eine Modernisierung der Landesgraduiertenförderung. Herr Stange diskutiert auch noch mit. Wie schön. Sie rufen damit ein Thema auf, das auch uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten am Herzen liegt.

Denn es ist ein Baustein im gesamten Konzept für gute Arbeit an den Hochschulen. Bereits im Koalitionsvertrag – meine Kollegin Fiedler sprach es schon an – zwischen CDU und SPD heißt es: Wir haben uns dort ganz klar zu einer Stärkung bekannt; denn „der Landesgraduiertenförderung werden wir eine stärkere Rolle beimessen. Die Nachwuchsgewinnung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften über kooperative Promotionen soll durch den Aufbau von Kooperationsplattformen gestärkt werden. Den Status von Promovierenden wollen wir verbessern und führen dazu eine verbindliche Datenbank als Mindeststandard ein, also eine Doktorandenliste.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen zu unserem Wort. Erst vor wenigen Tagen eröffnete die Wissenschaftsministerin an der HTWK Leipzig ein Graduiertenzentrum, um die kooperative Promotion in der Wissensregion Leipzig zu stärken. Aber noch wichtiger: Wir haben bereits mit dem Doppelhaushalt 2015/2016 Taten folgen lassen und für eine Mittelerhöhung im heute angesprochenen Titel gesorgt. So steht dort eine Million Euro für Landesstipendien zur Verfügung, eine Summe, die wir gern fortschreiben können. Jedoch befinden wir uns heute eben nicht in der Haushaltsverhandlung. Genau aus diesem Grund ist heute nicht der Tag, dem Antrag zuzustimmen.

Generell aber ist es richtig, dass eine Verordnung nach 15 Jahren auf den Prüfstand darf und angepasst wird. Fordern die GRÜNEN im Antrag noch eine Erhöhung auf

1 150 Euro pro Monat, könnte auch dieser Betrag bald überholt sein. Zieht man zum Vergleich zum Beispiel die Promotionsstipendien des Begabtenförderungswerkes in Verantwortung des BMBF heran, wird man schnell feststellen, dass dort der monatliche Förderbetrag ab Herbst 2016 auf 1 350 Euro pro Monat steigen soll.

(Zuruf des Abg. Falk Neubert, DIE LINKE)

Eine angestrebte Reform sollte dann – Sie sprechen es an – eben auch sozial gerecht sein; denn wie Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange schon in ihrer Stellungnahme ausführte, würde eine Erhöhung bedeuten, dass, wenn man konstante Haushaltsmittel hat, es eine Reduzierung der Förderfälle gibt oder – anders ausgedrückt – weniger sächsische Promovierende in den Genuss der Landesstipendien kommen können.

Genau aus diesem Grund müssen wir in den Haushaltsverhandlungen beraten, ob und wie wir diesen Spagat auflösen. Dazu sollte uns jedoch ein Haushaltsgesetz zur Beratung vorliegen. Dies tut es noch nicht.

Im zweiten Punkt des kurzen Antrags wird eine Prüfung zur Aufnahme von Graduierten an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften begehrt. Diese Prüfung jedoch bedarf aus unserer Sicht nicht eines eigenen Antrages, wird doch im Wissenschaftsministerium kontinuierlich die Praktikabilität des Hochschulgesetzes geprüft. In einer künftigen Hochschulgesetznovelle könnte dieses Thema deshalb aufgegriffen werden, weil die Förderung eines Graduiertenstudiums im kooperativen Promotionsverfahren möglich sein sollte. Hier Barrieren abzubauen ist ganz im Sinne von Durchlässigkeit im sächsischen Bildungssystem.

Wenn viele Punkte im Antrag auch bedenkenswert sind, müssen wir zunächst dafür Sorge tragen, dass die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Dann kann eine nachgelagerte Rechtsverordnung im Regierungshandeln modifiziert, angepasst und modernisiert werden. Aus den genannten Gründen wird meine Fraktion diesem Antrag heute nicht zustimmen, dankt jedoch ausdrücklich für die Debatte und die Anregung zur Sommerzeit.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die AfD-Fraktion; Frau Dr. Muster, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschäftigt sich im letzten Antrag vor der Sommerpause mit der Modernisierung der Graduiertenförderung. Wieder hat die GRÜNE-Fraktion ein absolut untergeordnetes Problem im Hochschulbereich herausgegriffen und sich damit extensiv auseinandergesetzt. Es geht um die Vergabe von Stipendien an Promovierende, die keinen Arbeitsvertrag mit der Hochschule haben.

Wir erinnern uns, dass je nach Studiengang weniger als 10 % der Studienabsolventen überhaupt promovieren. Unter den Promovierenden betrifft die Graduiertenförderung eine noch kleinere Minderheit.

Positiv ist zu erwähnen, dass Frau Maicher das Thema der Graduiertenförderung durch eine Kleine Anfrage und diesen Antrag vorbereitet hat. Doch warum kommt dieser Antrag jetzt in das Plenum? Im Antrag wird die Staatsregierung aufgefordert, die Sächsische Landesstipendienverordnung mit folgenden Zielen zu überarbeiten: Der Grundstipendienbetrag soll pro Monat von jetzt 895 Euro auf 1 150 Euro erhöht werden, die Stipendiensätze sollen alle zwei Jahre an die Lohnentwicklung angepasst werden – die Dauer des Studiums bis zum Studienabschluss soll als Kriterium bei der Auswahl der Stipendiaten künftig wegfallen – und die Stipendienvergabe soll auf andere Hochschulzweige, zum Beispiel der angewandten Wissenschaft, ausgedehnt werden.

Die Antwort von Frau Staatsministerin Stange war klar. Der Staatshaushalt sieht derzeit 1 Million Euro für die Landesgraduiertenförderung vor. Dieser Betrag wird im nächsten Haushalt nicht erhöht. Derzeit erhalten

83 graduierte Studenten ein Stipendium von mindestens 895 Euro im Monat. Bei einer Aufstockung des Graduiertenstipendiums auf 1 150 Euro sinkt diese Zahl auf 66 Studenten.

Ich fasse wie folgt zusammen: Die GRÜNEN möchten eine Erhöhung des Grundstipendienbetrags erreichen. Staatsministerin Stange lehnt eine Erhöhung des Gesamtförderbetrags ab. Konsequenterweise hätten die GRÜNEN einen eigenen Antrag auf Aufstockung der Finanzmittel zur Stipendienvergabe bei den kommenden Haushaltsverhandlungen stellen sollen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das schließt sich doch nicht aus!)

Stattdessen bringen Sie diesen Antrag im Plenum ein. Diese Vorgehensweise ist mir unverständlich.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Na, wissen Sie, was bei Ihren Anträgen immer unverständlich ist?!)

Ich komme nun zum zweiten Punkt: Eine regelmäßige Anpassung der Stipendien an die Lohnentwicklung ist ebenfalls abzulehnen. Ein Stipendium ist gerade kein Lohn. Die Landesgraduiertenförderung dient der finanziellen Unterstützung, aber nicht der umfassenden Lebensfinanzierung der graduierten Studenten. Lohn ist ein vertraglich geregeltes und regelmäßig bezogenes Entgelt für das Ausüben einer festen Tätigkeit bei Arbeitern. Der Lohn soll den Lebensunterhalt umfassend abdecken. Es ist ganz wichtig, diese klare Abgrenzung zwischen Stipendium und Lohn beizubehalten.