Protokoll der Sitzung vom 23.06.2016

wurde dazu befragt. Daher stammen die Zahlen. Vorurteile bei den Medien und Regierungsvertretern gibt es natürlich auch. Damit werden wir überzogen.

Nach der Wahl in Warschau, die am 25. Oktober stattfand, hat uns eine Journalistin besucht. Es war die Journalistin Alexandra Rybinska. Sie hat darüber berichtet, wie sehr Medienvertreter von der alten Regierung manipuliert wurden. Das ging bis hin zu Berufsverboten. Sie durften nicht – und nicht frei – berichten. Über das Unglück in Smolensk durfte gar nicht berichtet werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Sie haben nicht viel Neues gesagt, Frau Wilke. Glauben Sie wirklich, dass die Punkte, die Sie in dem Barometer gefunden haben, ausschließlich damit zu tun haben, dass die Medien so berichten wie sie berichten – aus Ihrer Sicht natürlich hochgradig tendenziös? Glauben Sie, dass die etablierten Parteien, wie Sie sie nennen, –

Die Regierungsvertreter.

– so agieren, wie sie agieren?

Ja, natürlich.

Das hat aus Ihrer Sicht mit dem Schüren der Vorurteile, die Sie tagtäglich betreiben, egal um welche Nationalität es geht – über die Nachbarschaftsproblematik hatten wir schon gesprochen –, nichts zu tun.

(Jörg Urban, AfD: Wovon träumen Sie nachts!)

Welche Vorurteile würde ich betreiben?

Ich kann es nicht nachvollziehen, dass ich Vorurteile schüren soll oder die AfD.

(Lachen bei der CDU, den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE – Zuruf von den LINKEN: Mein Name ist Hase!)

Bitte fahren Sie fort, Frau Kollegin.

Vielleicht hat es etwas mit der medialen Grundversorgung zu tun, die neuerdings zum bloßen Funktionsauftrag degradiert wurde. Vielleicht hat es auch etwas mit dem durch Dresden hallenden Schlachtruf von der Qualitätspresse zu tun.

Ich möchte aber noch etwas anderes anführen. Herr Schultze hatte dies erwähnt. Der Deutsche Bundestag war nicht in der Lage, zum Jubiläum des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages eine sehr lange gemeinsam verabredete Resolution zu verabschieden. Die GRÜNEN

haben sich geweigert, die Charta der Heimatvertriebenen als den ersten Schritt zur Aussöhnung mit Polen auch nur zu erwähnen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Die Gründe sind bekannt, sie überzeugen aber nicht, weil die GRÜNEN ebenfalls hartnäckig alte Feindbilder am Leben erhalten wollen.

Herr Schultze, ich komme auf die Achtzigerjahre zu sprechen. Ich habe sie auch erlebt. Ich bin alt genug. Ich habe sie aus dem Westen heraus erlebt. Wir durften sehr wohl nach Polen reisen. Wir wurden damals als Jugendliche mit sehr offenen Armen, ich war nicht mehr ganz so jung, aufgenommen. Wir sind ohne Probleme hin- und hergereist. Die Polen kamen nach Westdeutschland und die Westdeutschen konnten nach Polen fahren. Mit der DDR gab es aber Probleme wegen des Systems. Man traute der DDR in Polen nicht.

Für die AfD kann ich Folgendes noch einmal sagen, um mit etwas Versöhnlichem zum Ende zu kommen: Wir danken dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk für sein 25jähriges großes Engagement und wünschen ihm eine erfolgreiche Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Frau Wilke sprach noch einmal für die AfD. Nun könnten die GRÜNEN noch einmal das Wort ergreifen, sofern dies gewünscht ist. – Das ist nicht beabsichtigt. Besteht der Bedarf zu einer dritten Rederunde? – Es wird keine weitere Rederunde von der einbringenden CDU-Fraktion gewünscht. Wünschen die anderen Fraktionen das Wort? – Das kann ich auch nicht erkennen. Somit hat die Staatsregierung das Wort. Frau Staatsministerin Kurth für die Staatsregierung, bitte. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir der Aktuellen Debatte entnehmen konnten, ist die deutsch-polnische Geschichte sehr lang und wechselhaft verlaufen. Das Verhältnis zwischen den beiden Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg ist sicherlich nicht einfach. Die Verständigung und Aussöhnung mit unserem direkten Nachbarn ist deshalb außerordentlich wichtig, meine Damen und Herren, und funktioniert am besten über persönliche Kontakte. Zum Zustandekommen dieser persönlichen Kontakte leistete das DeutschPolnische Jugendwerk in den vergangenen 25 Jahren eine sehr gute Arbeit. Deshalb dürfen wir heute im Sächsischen Landtag einmal ganz herzlich Danke für das Engagement dieses Jugendwerks sagen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der Staatsregierung und vereinzelt bei den LINKEN)

Die Verpflichtungen aus den Verträgen zwischen Deutschland und Polen über eine gute Nachbarschaft und über eine freundschaftliche Zusammenarbeit vom

17. Juni 1991 sind die Grundlage der Arbeit des DeutschPolnischen Jugendwerks. Der Vertrag ist ein Meilenstein – ein wahrer Meilenstein – in der deutsch-polnischen Beziehung. Dieser Vertrag setzt den Rahmen für die Aussöhnung, die partnerschaftliche Ausgestaltung und die bilateralen Beziehungen.

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums wurde dieser gemeinsame Entschließungsantrag im Bundesrat eingebracht. Dieser Entschließungsantrag im Bundesrat hat auch darauf hingewiesen, dass es einer ausreichenden finanziellen Ausstattung bedarf, um Jugendbegegnungen, die übrigens in der Anzahl steigend sind, weiterhin zu finanzieren. Der Bund gibt jährlich 5 Millionen Euro dafür aus, die polnische Regierung circa 4,2 Millionen Euro. Das unterstreicht auch die Wichtigkeit dieser Beziehungen unserer jungen Generation.

Meine Damen und Herren! Das deutsch-polnische Jugendwerk hat eine herausragende Rolle im Annäherungs- und Versöhnungsprozess zwischen unseren beiden Ländern eingenommen und sie nimmt sie in zunehmendem Maße ein. Ziel des Jugendwerkes sind das Kennenlernen, das Verstehen und das Zusammenwirken gerade der jungen Generation. Ich nenne kurz ein paar Zahlen: Seit dem Jahr 1991 sind mehr als 2,7 Millionen junge Menschen bei bilateralen Treffen zusammengekommen. Sie konnten dabei gegenseitig die verschiedenen Kulturen und Gepflogenheiten kennenlernen.

Das Deutsch-Polnische Jugendwerk – das ist vielleicht gar nicht so bekannt – führt auch trilaterale Begegnungen durch, nämlich mit Frankreich und mit der Ukraine. Mehr als 70 000 Jugendbegegnungen wurden in den 25 Jahren unterstützt.

Ich habe die ausreichende Finanzierung bereits erwähnt, und ich wünsche, dass der Antrag aus dem Bundesrat viele, viele Unterstützer findet und die solide finanzielle Basis auch in den nächsten Jahren gegeben ist.

(Beifall bei der CDU, der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Nun zum Freistaat Sachsen und zu den Beziehungen zu unserem Nachbarland: Wir unterstützen dieses Anliegen sehr, sehr gern. Wir haben 87 Schulpartnerschaften, und das Schöne daran ist, dass bei diesen Schulpartnerschaften schon 25 Grundschulen dabei sind. Wir haben innerhalb der letzten 13 Jahre bei uns im Freistaat Sachsen die Zahl der Polnisch lernenden Schülerinnen und Schüler verfünffachen können. Es sind 2 140 Schülerinnen und Schüler, die unsere Nachbarsprache lernen. Das ist eine Grundlage der gemeinsamen Verständigung.

Besonders glücklich bin ich darüber, dass an 31 Schulen Polnischunterricht erteilt wird. Im Jahr 2001/2002 waren das sechs Schulen, und jetzt sprechen wir von 31 Schulen, Tendenz steigend. Die Arbeitsgemeinschaften an unseren Schulen nehmen in ihrer Anzahl zu.

Meine Damen und Herren! Es wurde bereits erwähnt: Der Freistaat Sachsen hat ein Alleinstellungsmerkmal in den deutsch-polnischen Beziehungen, und das ist unser

Augustum-Annen-Gymnasium in Görlitz. Ich bin außerordentlich glücklich darüber, dass wir nach intensiven Beratungen und Verhandlungen im Februar 2014 eine Vereinbarung mit Polen schließen konnten, eine Vereinbarung, die die Verstetigung dieses Bildungsangebotes festschreibt. Das ist für mich wirklich ein Meilenstein gewesen, weil ich in meiner früheren Funktion diesen Prozess sehr intensiv begleitet habe. Mit dem Vertrag vom Februar 2014 können wir jetzt mit unserem AugustumAnnen-Gymnasium in Görlitz in die Zukunft schauen, und das gibt es in keinem anderen deutschen Bundesland.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Schülerinnen und Schüler lernen ab Klassenstufe 7 gemeinsam in binationalen Klassen. Wenn man an der Schule zu Besuch ist, ist es einfach eine Freude, zu sehen, wie unkompliziert die jungen Menschen miteinander umgehen, wie sie sich in Deutsch verständigen und dann gleich einmal ins Polnische übergehen. Das alles ist selbstverständlich. Herr Ursu hat über die Abiturfeier berichtet – ein langer Weg, der jetzt Früchte trägt und in Zukunft noch mehr Früchte tragen wird.

Die Beispiele verdeutlichen, meine Damen und Herren, den Stellenwert der deutsch-polnischen Verständigung und der Bedeutung des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes, aber auch den Stellenwert der Verständigung mit unseren Nachbarn nicht nur im Kinder- und Jugendbereich, sondern generell die Verständigung des Freistaates Sachsen in allen Bereichen des politischen und gesellschaftlichen Lebens mit unserem Nachbarland. Ich versichere Ihnen: Die Nutzerzahlen des Deutsch-Polnischen Jugendwerkes – so möchte ich es einmal bezeichnen – werden auch künftig ganz sicher weiter steigen.

Meine Damen und Herren! Sachsen lebt die Nachbarschaft mit seinem direkten Nachbarn, Sachsen lebt das, bei der jungen Generation beginnend, bis hin zur älteren Generation. Das Deutsch-Polnische Jugendwerk ist uns ein außerordentlich wichtiger Partner. Die Begegnungen haben sehr viele junge Menschen zusammengeführt.

Es gibt sicher noch Restbestände alter Vorstellungen, es gibt auch Stereotype, die sich konstant halten, über die Menschen unseres Nachbarlandes. Aber die junge Generation, meine Damen und Herren, wird dazu beitragen, dass diese Vorurteile und diese Meinungen sukzessive abgebaut werden. Unsere jungen Menschen gehen unkompliziert aufeinander zu, und darüber bin ich sehr, sehr glücklich.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Der Jugendaustausch ist essenziell für Völkerverständigung, und das bleibt der Weg in die Zukunft in unserer Interessen-, unserer Debatten- und unserer Verantwortungsgemeinschaft. Ich bin mir ganz sicher, dass die junge Generation maßgeblich zur Völkerverständigung und zum friedlichen Zusammenleben in einer demokratischen Kultur beiträgt.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Es sprach soeben Frau Staatsministerin Kurth. Mit dieser Stellungnahme der Staatsregierung ist die 1. Aktuelle Debatte abgeschlossen,

weil es keinen weiteren Redebedarf aus den Fraktionen heraus gibt.

Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Verursachergerechte Finanzierung der Braunkohle-Folgekosten absichern –