Protokoll der Sitzung vom 11.08.2016

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, finden Sie es nicht beschämend, dass sich fast alle Theater in Sachsen schon weit unter den Flächentarifvertrag begeben haben und eine Staatsregierung mit SPD-Beteiligung diesem Aushungern der Schauspielerinnen und Schauspieler weiter Vorschub leistet?

Es gibt in Sachsen mehr und mehr soziale Großbaustellen. In Stichworten: Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Dresden und Leipzig, Ausgrenzung von Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderung aus der Arbeitswelt, Defizite bei der ärztlichen Versorgung in verschiedenen Regionen, Unterfinanzierung der Kinder- und Jugendhilfe.

Zu den Hilferufen aus dem Land gehört auch ein Schreiben der Krankenhausgesellschaft Sachsen. Darin ist zu lesen – Zitat –: „Bezogen auf den sächsischen Koalitionsvertrag empfinden wir vorliegenden Entwurf als Ausdruck

von Ignoranz und Missachtung tatsächlich bestehender Handlungsnotwendigkeiten und somit als Gefährdung bestehender Substanz und der Leistungsfähigkeit sächsischer Krankenhausversorgung.“

Ein gutes Zeugnis sieht anders aus, meine Damen und Herren von der Koalition.

Zum Rückgrat des Landes gehört auch der Öffentliche Personennahverkehr. Ich habe gerade erst wieder bei einer Sommertour vielerorts erfahren müssen, wie schlecht es um die Verkehrsanbindung vieler Menschen in Sachsen an die Zentren steht. Damit steht und fällt auch die Attraktivität ganzer Regionen. Aber der Mut zum Umsteuern in der Verkehrspolitik fehlt Ihnen. Selbst jeder Kilometer Radweg muss dieser Regierung abgetrotzt werden. Warum eigentlich, lieber Martin Dulig? Die FDP ist doch landespolitisch tot! Oder sitzt die noch in deinem Ministerium herum?

Was die Koalition mit ihrem Etatentwurf von den LINKEN und ihren alternativen Haushaltsansätzen unterscheidet? Bei Ihnen steht der Markt im Mittelpunkt, an den der Mensch irgendwie anzupassen ist. Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt, dem der Markt zu dienen hat. Ich empfehle Ihnen, ein bisschen mehr von unserer Sicht zu übernehmen. Dann klappt es auch mit dem christlichen Abendland in Sachsen wieder besser.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN – Patrick Schreiber, CDU: Da müssen sogar Ihre eigenen Kollegen lachen!)

Herr Ministerpräsident, ich warte bis zum heutigen Tag auf Ihre angekündigte Demokratieoffensive. Für Kontakte zu Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften und Kirchen haben Sie in diesem Jahr 68 000 Euro vorgesehen. Im Bundestagswahljahr werden es 205 000 Euro sein, danach wieder nur 105 000 Euro. Nur, Herr Tillich, eine Demokratieoffensive ist mehr als die Wahlkampfvorbereitung der Staatsregierung. Die beste Demokratieoffensive wäre: Mehr direkte Demokratie! Mehr Mitspracherecht der Bürgerinnen und Bürger!

Was wir heute hier parlamentarisch zu beraten beginnen, ist der wichtigste, weil weitreichendste Gesetzentwurf alle zwei Jahre. In unserer Landesverfassung steht: „Gesetzesvorlagen werden von der Staatsregierung, aus der Mitte des Landtages oder vom Volk durch Volksantrag eingebracht. Die Gesetze werden vom Landtag oder unmittelbar vom Volk durch Volksentscheid beschlossen.“

Es ist allerhöchste Zeit, Herr Kupfer, dafür zu sorgen, dass die sächsische Bevölkerung ihre verfassungsrechtlich gebotene Rolle als unser Mitgesetzgeber endlich wahrnehmen kann. Es ist schon bezeichnend für Ihr demokratisches Verständnis, wenn Sie uns in den letzten Jahren alle Personalkürzungen im öffentlichen Dienst mit der Anpassung an die geringer werdende Bevölkerung begründet haben. Nur an einer Stelle galt dieses Argument nicht: wenn es um die Absenkung der Quoren bei der Volksgesetzgebung ging. Da waren Sie taub. Wie verlogen Ihre Politik ist, zeigt sich genau an diesem Beispiel.

Also, Herr Kupfer, nachdem Sie nun durch starken Druck zu der Erkenntnis gelangt sind, dass Sie mit Ihren personalpolitischen Entscheidungen völlig falsch lagen, sollten Sie den Gesprächsfaden wieder aufnehmen, den der frühere Landtagspräsident Iltgen und Ihr Vorgänger Flath schon mit uns zu dem Thema Volksgesetzgebung hatten.

Wahrscheinlich ist es bei Staatsparteien so, dass sie sich einbilden, den Willen des gesamten Volkes zu repräsentieren, und dass Sie Angst vor Entscheidungen des Volkes haben.

(Zuruf von der CDU: Mit „Staatspartei“ kennt ihr euch ja aus! – Gegenruf von den LINKEN)

Hätten die Sächsinnen und Sachsen mitentscheiden können, hätten wir jetzt weder Lehrer- noch Polizeimangel, dafür aber eine Schule für alle bis Klasse 9, einen besseren Betreuungsschlüssel in den Kitas und einen flächendeckenden öffentlichen Nahverkehr.

Ich wünsche uns Haushaltsberatungen, in denen die Koalition die von ihr versprochene neue politische Kultur erstmals praktiziert und sich unseren Vorschlägen gegenüber aufgeschlossen zeigt. Dass Links dennoch bereits wirkt, zeigt sich an den von Ihnen vorgenommenen Korrekturen am Haushalt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Kupfer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der „Rednerin“ der Oppositionsfraktion mache ich es den Stenografen wieder ein bisschen einfacher und rede Deutsch.

(Beifall bei der CDU – Unruhe bei den LINKEN – Christian Piwarz, CDU: Das bezog sich auf die schrecklich gegenderte Sprache vorhin!)

Demokratie ist schon eine feine Sache. Ich bin richtig froh, dass der Souverän, nämlich das Volk, in den Wahlen einer Partei oder, wenn es eine Koalition geben muss, zwei Parteien den Auftrag zum Regieren gibt – und damit auch die Verantwortung für Geld. Ich bin heilfroh, dass die Opposition diese Verantwortung nicht tragen muss.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Mario Pecher, SPD)

Meine Damen und Herren! Wir, die CDU-Fraktion, haben uns bereits im April dieses Jahres zusammengesetzt und Leitlinien für den Doppelhaushalt 2017/2018 beschlossen. Wir haben uns und den Mitgliedern der Staatsregierung, der B-Seite, damit ein Korsett vorgegeben. Einen Maßstab der Solidität, der Weitsicht und der flexiblen Handlungsfähigkeit haben wir uns damit selbst verordnet. Das ist einmal, die hohe Investitionsquote fortzuschreiben, zum nächsten, dass wir die 75 Millionen Euro Tilgung auch in den nächsten beiden Jahren vornehmen wollen. Wir wollen weiterhin keine Schulden machen, und es soll

keine weitere Entnahme aus der Haushaltsausgleichsrücklage geben.

Das ist, meine Damen und Herren, unser Ansatz für die Beratung des Doppelhaushalt 2017/2018. Wir können uns nur das leisten, wir können nur das ausgeben, was wir selbst an finanziellen Mitteln erwirtschaften können und was vorhanden ist. Das gilt im Übrigen nicht nur für uns im Freistaat Sachsen, sondern das sollte auch für den Bund gelten, und das sollte auch für die kommunale Ebene Gültigkeit haben.

Der heute dem Sächsischen Landtag vorgelegte Haushaltsentwurf mit 37,1 Milliarden Euro – das ist schon gesagt worden – hat das größte Volumen, das es jemals in der Geschichte nicht nur des Freistaates, sondern Sachsens allgemein gab und ist eine gute Arbeitsgrundlage. Ich bedanke mich bei der Staatsregierung dafür im Namen der Fraktionen sehr herzlich.

(Starker Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich möchte auf einige Kerndaten eingehen.

Die Investitionsquote. Schaut man rein auf die Prozentzahl, dann wird die Investitionsquote 201715,7 % und 2018 15,6 % betragen. Das ist damit immer noch die höchste Investitionsquote in Deutschland. Wenn man es rein vom Betrag her sieht, haben wir keine Absenkung, sondern der Betrag von rund 2,9 Milliarden Euro ist fortgeschrieben. Auch in der Mittelfristigen Finanzplanung, die das Kabinett am Dienstag vorgelegt hat, hat die Staatsregierung diese 2,9 Milliarden Euro als Investitionsquote angesetzt. Es gibt also keine Absenkung, wie das die Investitionsquote suggeriert, sondern eine Verstetigung. Allein durch das Wachsen des Budgets ist es prozentual ein geringerer Anteil. Aber die Summe bleibt. Sachsen braucht deswegen in diesem Zusammenhang keine Vergleiche zu anderen Bundesländern zu scheuen.

Tobias Hentze, ein Experte für öffentliche Finanzen vom Institut für Deutsche Wirtschaft, hat im Juni dem Freistaat Sachsen ein gutes Zeugnis ausgestellt. Im Jahr 2015 lagen wir mit 16,5 % Investitionsquote auf dem ersten Platz, noch vor Bayern und Baden-Württemberg.

Nach wie vor sind Investitionen in die Infrastruktur die wichtigste Voraussetzung für die Ansiedlung von Unternehmen. Diese Unternehmen schaffen bzw. erhalten Arbeitsplätze, und das nicht nur kurz-, sondern mittel- und langfristig.

Fakt ist, meine Damen und Herren, ohne wirtschaftlichen Erfolg gibt es auch keine Steuereinnahmen. Ohne diese Steuereinnahmen können wir nicht solche Sachen wie Bildung, Sicherheit, soziale Strukturen im Freistaat Sachsen finanzieren. Das ist eine einfache Wahrheit. Um das zu wissen, muss man keinen Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaft haben.

Ich sage es noch einmal ganz deutlich, meine Damen und Herren: Ich gönne es jedem Unternehmer, Geld zu verdienen. Der Unternehmer soll auch viel Geld verdienen, denn nur ein Unternehmer, der Geld verdient, kann

Steuern zahlen. Nur mit Steuern können wir hier Politik machen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Tobias Hentze würdigt auch die hohe Flexibilität des Einsatzes sogenannter freier finanzieller Mittel in Sachsen. Der größte Teil der Haushalte ist in sonstigen Personalkosten und gesetzlich festgeschriebenen Sozialausgaben gebunden. Ich darf ihn zitieren: „Länder wie Sachsen nutzen diesen Handlungsspielraum in Richtung Investition mehr als andere Bundesländer. Ob die Steuereinnahmen in drei, vier Jahren noch so stark fließen wie heute, wissen wir nicht. Deshalb sollte man heute die Möglichkeiten, die man hat, umso mehr nutzen. Investitionen fallen erfahrungsgemäß als Erstes weg, wenn es mit den Steuereinnahmen nicht mehr so läuft wie bisher.“ Das ist ein Lob für den Freistaat Sachsen. Auf diesem Lob werden wir uns nicht ausruhen, sondern in diesem Sinne weiter Politik machen.

Unsere Politik ist und bleibt auf der Basis der geordneten Staatsfinanzen entscheidungs- und handlungsfähig. Das zeigt sich auch darin, dass wir gemeinsam – Fraktion, Staatsregierung und kommunale Ebene – das Programm „Brücken in die Zukunft“ stricken konnten. Sie wissen es: Es geht um 800 Millionen Euro – ein Teil Bundesgeld, ein Teil Freistaatgeld und ein Teil Geld der kommunalen Ebene. Uns war es nicht genug, das Bundesgeld in einer Größenordnung von 159 Millionen Euro einfach durchzureichen. Wir wollten dieses Geld veredeln und damit den Kommunen die Möglichkeit geben zu investieren, ihre Investitionen anzukurbeln. Es gibt die Möglichkeit, dass das Geld aus diesem Programm teilweise zur Kofinanzierung genutzt werden kann. Das heißt, man kann dieses Geld als Eigenmittel nutzen. Das hilft insbesondere finanzschwachen Kommunen. Was die Kommunen damit machen, ist ihnen selbst überlassen. Es ist mir wichtig, dass wir im Landtag oder in der Staatsregierung nicht einfach entscheiden, dass jetzt eine Straße saniert oder ein Kindergarten gebaut werden soll. Vielmehr können es die Kommunen vor Ort selbst entscheiden.

Meine Damen und Herren! Ich lege allerdings besonderen Wert auf die Feststellung, dass die Fachförderprogramme des Landes davon unberührt bleiben. Damit meine ich auch das Mittelvolumen. Das Kommunalinvestitionsprogramm ist – so hat es die Fraktion immer verstanden – eine Verstärkung der kommunalen Finanzkraft.

Ziel der Initiative war es, wie ich bereits sagte, die Mittel des Bundes durch Landesmittel und kommunale Mittel aufzustocken. Jetzt läuft das Verfahren. Ich gehe natürlich davon aus und hoffe, dass die Mittel in einem vereinfachten Verfahren ausgereicht werden und den Kommunen unnötige Bürokratie erspart bleibt. Das, meine Damen und Herren, ist nachhaltiges und generationengerechtes Handeln mit Blick in die Zukunft.

Neben dem Haushaltsgesetz und dem Haushaltsbegleitgesetz haben wir heute auch das FAG zugeleitet bekommen. Dazu gab es im Vorfeld intensive Gespräche. Der Herr

Finanzminister hat dazu ausgeführt. Für uns als CDUFraktion ist wichtig, dass eine gerechte Verteilung der Mittel zwischen kreisfreiem und kreisangehörigem Raum stattfindet. Das passiert durch die von ihm erwähnten und angedachten Umschichtungen.

Wichtig ist ebenso eine bedarfsgerechte Dotierung von Investitionsmitteln. Letzteres erfolgt vor allem über das Programm „Brücken in die Zukunft“. Daneben gibt es eine Verschiebung im Gleichmäßigkeitsgrundsatz II

innerhalb der kommunalen Ebene. Diese wesentlichen Punkte wurden bereits im Vorfeld zwischen der Staatsregierung und der kommunalen Ebene vereinbart. Wir werden das – so hoffe ich zumindest – als Gesetzgeber durchtragen.

Für die Kommunen ist eine Vielzahl von Regelungen relevant. So wird das Flüchtlingsaufnahmegesetz geändert. Die Kommunen erhalten künftig je Flüchtling eine höhere Pauschale.

Mehr als ein Drittel des Staatshaushaltes wird pro Jahr den Kommunen zugewiesen. Diese sind insgesamt gut mit allgemeinen Deckungsmitteln ausgestattet. So stehen den Kommunen planmäßig in diesem Jahr 2016 5,3 Milliarden Euro allgemeine Deckungsmittel zur Verfügung. 2018 sollen es schon 6,1 Milliarden Euro sein, also etwa 10 % mehr an Mitteln im Vergleich zu 2016. Das ist eine gute Entwicklung. Das ist eine Entwicklung, die mich persönlich freut.

Meine Damen und Herren! Die Koalition von SPD und CDU hat sich in Verantwortung für die weitere Entwicklung unseres Freistaates klare politische Ziele gesetzt. Sie wurden im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Diese Ziele sind sehr anspruchsvoll. Das ist normal, denn es geht um die Zukunft Sachsens. Wir haben die Finanzierung im Koalitionsvertrag verankert. Bei den prioritären Maßnahmen sind diese unstrittig. Alle anderen Maßnahmen stehen unter dem Finanzierungsvorbehalt. Wir sehen aber schon jetzt, dass wir auch da, zum Beispiel bei der Schulsozialarbeit, weit über der Pflicht sind. Wir sind weit im Bereich der Kür.

Heute haben wir einen Doppelhaushalt vorliegen, der aus Sicht der CDU-Fraktion ein wichtiger Meilenstein zur Erfüllung des Koalitionsvertrages bis zum Ende der Legislaturperiode ist. Auch das versteht die CDU unter solider Finanzpolitik. Verlässlichkeit. Wir sind verlässlich. Die CDU-Fraktion ist verlässlich, und darauf können sich auch die Bürger in unserem Lande verlassen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir machen keine Politik mit der Glaskugel, nein, wir nehmen den Taschenrechner.