Protokoll der Sitzung vom 31.08.2016

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Herr Abg. Barth für die AfD-Fraktion. Bitte sehr, Herr Barth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte die Fraktion DIE LINKE die rechtlichen und finanziellen Betroffenheiten der Beamten auf Widerruf lindern und zugleich die Ausgangssituation des Freistaates für die Fachkräftegewinnung verbessern.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Es geht um die Reisekostenerstattung!)

Meine Damen und Herren! Man muss wirklich den Eindruck gewinnen, dass jeder Sachverhalt, der nicht bei drei auf dem Baum ist, mit der Fachkräftekeule erschlagen wird.

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Es geht um Reisekosten!)

Weiter zuhören!

Dass Sie, liebe Kinder – – Liebe LINKE. Entschuldigung! Ich meinte nicht Kinder, sondern LINKE.

(Heiterkeit bei der AfD)

Da Sie üblicherweise Ihre Initiativen mit Kleinen Anfragen und Berichtsanträgen untermauern, können Sie uns sicherlich auch in diesem Fall sagen, wie viele Fachkräfte dem Freistaat durch die Regelung des § 15 des Sächsischen Reisekostengesetzes abhandengekommen sind. Die Antwort darauf sind Sie nämlich in Ihrer Gesetzesbegründung schuldig geblieben. Wenn Ihnen aber diese Zahl nicht bekannt ist, sollten Sie davon Abstand nehmen, das Parlament und die Bürger mit dem Argument „Fachkräftegewinnung über eine Änderung des Reisekostengesetzes“ für dumm zu verkaufen. Denn wo keine Ursache ist, kann auch keine Wirkung entstehen.

Der Ansatz, dass Auszubildende nicht mit den Kosten der Ausbildung zu belasten sind, ist jedoch grundsätzlich richtig, meine Damen und Herren. Zur Verdeutlichung: Wir sprechen hier von etwa 1 800 Betroffenen. Wenn Sie sich aber eine Gruppe heraussuchen, die an mehreren Stellen durch gesetzliche Regelungen besonders privilegiert ist, hinken Ihre Argumentation und der Vergleich in der Gesamtschau. Das, lieber Herr Tischendorf, möchte ich Ihnen gern im Detail verdeutlichen:

Beamte auf Widerruf haben Anspruch auf Beihilfe, können sich privat krankenversichern, müssen nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen und bekommen in

Sachsen 1 322 bzw. 1 388 Euro Bezüge, die weit über denen der anderen Auszubildenden im öffentlichen Dienst liegen. So kommt – beispielhaft – ein sächsischer Referendar als vergleichbarer Auszubildender im öffentlichen Dienst aktuell auf lediglich 1 205 Euro. Davon gehen dann auch noch Kosten für die Gesetzliche Krankenversicherung sowie Beiträge für Arbeitslosenversicherung und Steuern ab. Wenn Sie, meine Damen und Herren von den LINKEN, sich nun schon einen angeblich übervorteilten Vergleichspersonenkreis aussuchen, wäre es für Ihre Argumentation doch sicherlich günstiger, wenn dieser tatsächlich gegenüber den Beamten auf Widerruf Vorteile hätte.

Herr Barth, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das ist aber, wie gerade beschrieben, nicht der Fall.

Herr Barth, Entschuldigung!

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Tischendorf, bitte.

Danke, Herr Präsident! – Ich will gar nicht den Äpfel-mit-Birnen-Vergleich bringen, dennoch frage ich Sie: Wären Sie dann auch dafür, dass wir eine entsprechende Regelung auch für unsere Abgeordnetendiäten treffen, die Reisekosten also nicht mehr wie bisher abrechnen, weil wir ja genügend Diäten bekommen? Das wäre ja dann gleichlautend. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Es geht um die Reisekostenerstattung. Können Sie das unterscheiden?

Die Frage ist gestellt.

Können Sie es unterscheiden?

Herr Tischendorf, ja, ich kann das unterscheiden. Das beantwortet die Frage.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Und was ist mit der ersten Frage? Er hat zwei Fragen gestellt!)

Es darf immer nur eine Frage gestellt werden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach so?)

Das habe ich vorhin gelernt. Aber ich würde auch eine zweite zulassen. Kein Problem!

(Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Die Diätendiskussion führen wir später!)

Überdies sind die in der Argumentation der LINKEN behaupteten rechtlichen Nachteile der sächsischen Lan

desregelung im Vergleich zu den Regelungen anderswo – zumindest in dieser Pauschalität – nicht nachvollziehbar. Schauen Sie sich beispielsweise im Bundesreisekostengesetz um, denn dem § 15 Abs. 3 oder auch Artikel 23 Abs. 2 des Bayerischen Reisekostengesetzes können Sie entnehmen, dass es keine rechtlichen Nachteile im Vergleich zur sächsischen Regelung gibt, da hier Teilerstattung der Reisekosten genauso wie eine Vollerstattung möglich sind.

Meine Damen und Herren! Eine finanzielle Benachteiligung gegenüber anderen Auszubildenden im öffentlichen Dienst ist in der Gesamtschau gerade nicht erkennbar. Gleiches gilt auch für die angebliche rechtliche Benachteiligung. Welchen Einfluss das Reisekostengesetz auf die Entscheidung über die Aufnahme der Beamtenlaufbahn in Sachsen hat, möchte ich, meine Damen und Herren von den LINKEN, Ihrem hoffentlich gesunden Menschenverstand überlassen. Fest steht jedoch eines: Fachkräfte brauchen eine gute Ausbildung, sie brauchen Planungssicherheit und eine anständige Bezahlung. Der vorliegende Gesetzentwurf geht an diesen Punkten jedoch völlig vorbei und ist daher abzulehnen.

Ich danke Ihnen recht herzlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abg. Lippmann. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gab sie wohl tatsächlich mal, die Zeit, als in Sachsen die hiesige CDU beim Beamtenrecht fortschrittlich war. Das war im Jahr 1993, als der Vorgänger des derzeit gültigen Reisekostengesetzes im Sächsischen Landtag diskutiert wurde. Damals legte die CDU-Fraktion zur 2. Lesung – man höre und staune – einen Entschließungsantrag vor, in dem sie feststellte, dass mit der Verabschiedung des Gesetzes „sachlich kaum zu rechtfertigende Differenzierungen der Reisekostenerstattung nach Besoldungsgruppen“ aufgegeben werden sollen. Die Staatsregierung wurde ersucht, sich bei der Bundesregierung für eine Novellierung des Reisekostenrechts mit Blick auf die Abschaffung der Reisekostenstufen einzusetzen.

Man muss sich noch einmal vergegenwärtigen: 1993 war es noch so, dass Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten geringerer Besoldungsgruppen nur die Kosten für 2.Klasse-Tickets bei der Deutschen Bahn, die im höheren Dienst allerdings 1.-Klasse-Tickets erstattet wurden. Der sächsische Gesetzgeber hat diese Ungerechtigkeit zumindest für sächsische Beamte beseitigt. Sachsen war also tatsächlich mal Vorreiter, wenn es darum ging, im Beamtenrecht besser als der Bund oder andere Länder zu sein. Der Bundesgesetzgeber zog sogar erst 1997 nach und beseitigte das für seine Beamten.

Ähnlich verhielt es sich übrigens mit Regelungen zum Trennungsgeld. Die Begründung des sächsischen Ent

wurfs zum Trennungsgeldgesetz verwies ausdrücklich darauf, dass die sächsische Regelung anders als die Bundesregelung einen Rechtsanspruch auf Trennungsgeld begründete. Auch insoweit war Sachsen mal fortschrittlich, wenn es um Leistungen für Beamtinnen und Beamte ging.

Mit Blick auf den Gesetzentwurf den LINKEN und die heutige Diskussion gilt aber festzustellen, dass aus dem einst stolzen Vorreiterland Sachsen, das es zumindest 1993 im Beamtenrecht war, ein offensichtlich recht kleinliches und rückständiges Entwicklungsland im Beamtenrecht geworden ist. Ich habe heute in der Debatte keinen vernünftigen Grund gehört, warum es sinnvoll sein könnte, Beamtenanwärtern im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen tatsächlich nur 75 % des einem nicht in Ausbildung befindlichen Beamten zustehenden Geldes zu zahlen. Mir ist auch bei längerem Nachdenken keiner eingefallen; denn es ist nicht so, dass diejenigen, die weniger verdienen, auch geringere Aufwendungen haben. Auch Anwärter müssen zum Dienstort fahren, wenn sie dorthin abgeordnet werden. Auch Anwärtern entstehen Kosten durch eine solche Abordnung. Sie sind eben keine Beamten zweiter Klasse, wie es den Eindruck erweckt, wenn man die gesetzliche Lage sieht.

Auf Bundesebene ist die vollständige Erstattung schon länger gang und gäbe, und der Verweis von Herrn Barth auf die Gesetzeslage ist das eine, die Praxis des Bundes das andere, wo eine vollständige Erstattung stattfindet. DIE LINKE hat bereits darauf hingewiesen und auch auf die Tatsache, dass Azubis unter Tarifrecht eben die vollen Auslagen erstattet bekommen, auch in Sachsen, wohlgemerkt. Jetzt kann man sagen, es geht um einen sehr kleinen Bereich, der nicht sonderlich wichtig ist. Ich halte das für falsch.

Wir erzählen uns hier tagein, tagaus etwas von der Attraktivität des öffentlichen Dienstes im Freistaat Sachsen und vom besseren Anreiz. Wir wissen, dass wir bis 2030 massive Altersabgänge haben werden. Wir müssen massiv ausbilden und Menschen dafür gewinnen, in den öffentlichen Dienst zu gehen. Da wäre es doch ein Signal gegenüber den Beamtinnen und Beamten, auch wenn es pekuniär nicht die größte Leistung ist und auch nicht das ist, weshalb man sich vielleicht entscheidet. Wenn man diese himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht beseitigt, setzt man ein deutliches Signal in Richtung der Beamtinnen und Beamten, dass es mit den Sonntagsreden von der Attraktivität des öffentlichen Dienstes offensichtlich im Freistaat Sachsen nicht weit her ist.

Der Gesetzentwurf der LINKEN setzt an der richtigen Stelle an, geht einen Schritt in Richtung eines breiteren und attraktiveren öffentlichen Dienstes. Von daher werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen

der Fraktionen Redebedarf für eine zweite Runde? – Ich sehe keine Wortmeldung. Ich frage die Staatsregierung. Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Prof. Unland, Sie haben jetzt das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Anlass des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE ist eine unterstellte finanzielle Schlechterstellung der sächsischen Beamtinnen und Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst. Hierzu möchte ich einiges klarstellen. Es gibt nämlich verschiedene Fälle.

Bei Dienstreisen werden alle Dienstreisenden gleich behandelt. Der Beamte oder Richter, der sächsische Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst oder die Tarifbeschäftigten und Auszubildenden des Freistaates Sachsen erhalten 100 % der Reisekostenvergütung in dem nach dem Sächsischen Reisekostengesetz vorgesehen Umfang. Eine Benachteiligung oder Schlechterstellung der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst auch gegenüber den Bediensteten in anderen Bundesländern oder beim Bund besteht nicht.

Bei Abordnungen im Rahmen der Ausbildung steht den Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Trennungsgeld in Höhe von 75 % zu. Das Trennungsgeld soll die durch die Abordnung an einen anderen Ort als den Dienst- oder Wohnort entstehenden Mehrauslagen für Fahrtkosten bzw. Unterkunft und Verpflegung ersetzen.

Bei Reisen zum Zweck der Aus- und Fortbildung, die teilweise im dienstlichen Interesse liegen, können die Auslagen bis zur Höhe der Reisekostenvergütung erstattet werden. Diese Regelung gilt für alle sächsischen Beamten und Richter. Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst können für solche Reisen Auslagen nur bis zur Höhe von 75 % der Reisekostenvergütung erstattet werden. Zur Reisekostenvergütung gehören vor allem Fahrtkostenerstattung, Wegstreckenentschädigung oder auch das Tagegeld.