Protokoll der Sitzung vom 31.08.2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einige Argumente für und gegen das Fahrverbot beleuchten. Das Fahrverbot selber ist als äußerst wirksame Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme anerkannt, die sich insbesondere für den Bereich der kleinen und mittleren Kriminalität eignet. Der Verurteilte kann dadurch häufig wirkungsvoller beeinflusst werden als zum Beispiel durch eine Geld- oder eine Bewährungsstrafe.

Mit der Öffnung des Fahrverbotes für alle Straftaten würde die Bandbreite der bestehenden Sanktionsmöglichkeiten deutlich erweitert. Das könnte den Gerichten gestatten, möglicherweise zielgenau, spürbar, auch einzelfallangepasst auf den Täter einzuwirken. In Kombination mit einer Geldstrafe könnte das Fahrverbot die Verhängung von Freiheitsstrafen theoretisch ganz entbehrlich machen oder zusammen mit der Freiheitsstrafe die Möglichkeit eröffnen, deren Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen. Im Jugendstrafrecht böte es sich zur Vermeidung von Jugendarrest an. Es könnte mit anderen Zuchtmitteln oder mit Erziehungsmaßregeln kombiniert werden und so die Verhängung von Jugendstrafen entbehrlich machen. Vor allem dort, wo das Fahrverbot stationäre Strafmaßnahmen entbehrlich macht, hat es den Vorteil, schädliche Wirkungen des Vollzugs, zum Beispiel den Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung oder des sozialen Umfelds, zu vermeiden und letztlich auch Vollstreckungskosten einzusparen.

Gegen das Fahrverbot als allgemeine Sanktion wird im Wesentlichen angeführt, dass es kein Bedürfnis für eine Ausweitung gebe, weil sich das bestehende System von Geld- und Freiheitsstrafen über einen langen Zeitraum schon bewährt hat. Außerdem könne das Fahrverbot von vornherein nur Fahrerlaubnisinhaber treffen und bringe schon deshalb Probleme mit dem Gleichbehandlungsgebot mit sich. Auch bei Mittätern ein und derselben Tat sei es wenig plausibel, wenn das Fahrverbot im Ergebnis nur gegen einen von ihnen verhängt werden könnte.

Bei Unterhaltsschuldnern stünde zu befürchten, dass die diskutierte Ausweitung zu einer weiteren Schwächung der finanziellen Leistungsfähigkeit führen könnte. Schließlich könnte die Öffnung des Fahrverbotes zu erheblichen Mehrbelastungen in der Justiz führen – auch das wurde angesprochen –, weil es besonders rechtsmittelträchtig ist

und zu einem erhöhten Begründungsaufwand bei der Strafzumessung führen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man sieht an diesen Darlegungen, dass die schon seit Jahren geführte Debatte viele Argumente hervorgebracht hat und es sowohl Begründungen für als auch gegen eine Ausweitung des Fahrverbotes auf Straftaten der allgemeinen Kriminalität gibt. Trotzdem möchte ich auf einige dieser Gesichtspunkte eingehen, die im vorliegenden Antrag angesprochen werden. Der erste Punkt betrifft die Befürchtung, das erweiterte Fahrverbot könnte bestimmte Bevölkerungsgruppen ungleich härter treffen als andere oder auch zu einer unerwünschten Schwächung der Leistungsfähigkeit zum Beispiel von Unterhaltsschuldnern führen. Zumindest teilweise ergeben sich diese Probleme schon jetzt nach dem aktuellen Recht. Insbesondere die berufs- oder wohnsitzbedingten Unterschiede in den Auswirkungen des Fahrverbotes gibt es schon jetzt, soweit jemand wegen Anlasstaten im Sinne des § 44 Strafgesetzbuch – Herr Baumann-Hasske, Sie haben es vorhin schon angesprochen – verurteilt oder ein Fahrverbot wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit verhängt wird.

In gleicher Weise können sich schon heute negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit von Unterhaltsschuldnern ergeben, wenn sie wegen Verkehrsdelikten sanktioniert werden. Im Übrigen dürften auch Geld- oder Freiheitsstrafen regelmäßig zu einer erheblichen Schwächung der finanziellen Leistungsfähigkeit von Unterhaltsschuldnern führen. Gerade dann, wenn das Fahrverbot eine unbedingte Freiheitsstrafe zu vermeiden hilft, könnte es sich umgekehrt vielleicht sogar als nützlich erweisen, wenn nämlich der Täter seinen Arbeitsplatz dadurch nicht verliert und weiter in Lohn und Brot bleibt.

Letztlich würde es im Falle der Umsetzung des Gesetzesvorhabens – das muss man sicher sagen – primär darauf ankommen, dass die Gerichte das Fahrverbot mit Augenmaß einsetzen und dabei die individuellen Lebensumstände, gegebenenfalls auch eine besondere Strafempfindlichkeit des Täters im Einzelfall berücksichtigen. Das tun sie ja jetzt schon im Rahmen der Strafzumessung. Ich hätte großes Vertrauen in unsere Gerichte, dass das weiterhin mit Augenmaß erfolgt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, die Argumente zeigen, dass die diskutierte Ausweitung des Fahrverbotes nicht ohne Weiteres als richtig oder falsch beurteilt werden kann. Es handelt sich sowohl aus rechtlicher als auch aus politischer Sicht um eine offene Wertungsfrage. So berechtigt der eine oder andere Einwand gegen das Vorhaben sein mag, gibt es ebenso viele, wenn nicht mehr gute Gründe, die für eine solche Erweiterung des Fahrverbotes sprechen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Staatsregierung hat sich positioniert. Es sprach Herr Staatsminister Gemkow.

Jetzt hat die einreichende Fraktion DIE LINKE ihr Schlusswort. Das Schlusswort wird jetzt gleich gehalten von Herrn Kollegen Bartl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weshalb wir meinen, Kollege Modschiedler, dass es richtig ist, Kollege Baumann-Hasske, bereits in diesem frühen Stadium der aktuellen Debatte über die Einführung dieser Reform auch auf Landesebene, auch in diesem Parlament zu reden, ist Folgendes: Es ist eine Kehrtwende, eine Abwendung von einer lang-, lang-, langjährigen Entwicklung. Es ist nämlich ein zivilisatorischer Fortschritt gewesen, dass das Repertoire des strafenden Staates über Jahrhunderte immer weiter eingeschränkt wurde. Es gibt in keinem modernen Rechtsstaat eine knochenbrechende Marter, es gibt keine Folter, es gibt keinen Schandpfahl mehr.

(Zuruf des Abg. Harald Baumann-Hasske, SPD)

Es ist auch zuletzt die Todesstrafe abgeschafft worden. Die Tendenz ging immer dahin, das Repertoire des Strafens entsprechend zu verringern. Das ist ganz eindeutig in der Fachliteratur debattiert worden. Das war einer der Gründe, weshalb es bereits 1990 in der frühen Debatte Gegenargumente gab, die generell sagten, dass das ein Umsteuern im Strafrechtssystem ist. Damit wird eine neue Strafe hinzugefügt. Das ist das entscheidende Problem, weshalb wir meinen, dass man darüber frühzeitig reden muss. Das darf nicht nur an einen Referentenentwurf gebunden sein. Man muss auch über den Grundsatz reden dürfen.

Das zweite Problem ist, dass es – ganz egal, wie man es nivellieren will – eine Abwendung von dem Prinzip ist, wonach die Strafe in der Regel immer gleichwertig sein muss. Das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz und der Gleichwertigkeit der Strafe ist ein ganz essenzieller Bestandteil des Rechtsstaates. Die Frage steht tatsächlich: Wenn ich jetzt eine Strafe zur Anwendung bringen kann, die einem bestimmten Täterkreis entweder zum Vorteil oder zum Nachteil gereicht, dann ist das ein Umsteuern.

Zum Dritten haben wir folgende Auffassung: Wenn das Parlament, wenn die Koalitionsfraktionen der Meinung sind, dass die Debatte im Ausschuss noch notwendig ist, um sich eine Meinung zu bilden, wie wir unsere eigene Staatsregierung in dieser Frage an der Meinung des Parlaments orientieren, sind wir gern bereit anzubieten, den Antrag vor der Abstimmung in den Ausschuss zu überweisen und nach der Beratung zurückzukommen. Das können wir allemal machen. Aber es kann nicht sein, dass wir bei allen Themen, die querbeet inzwischen überall, auch in den Medien, erörtert werden, immer erst einmal sagen: Jetzt warten wir erst einmal, bis wir einen Referentenentwurf haben, der zur normalen Gesetzesvorlage im Bundestag geworden ist. Was haben wir denn dann noch für Möglichkeiten? Dann sind die öffentlichen Meinungsbilder relativ fest.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gern.

Bitte. Das ist auch redezeitverlängernd.

Ich habe noch 17 Sekunden.

Bitte, Kollegin Friedel.

Vielen Dank.

Lieber Herr Kollege Bartl, wir haben uns gemeinsam in vielen Belangen des Justizvollzugs engagiert. Ich frage mich bei Ihrer Aufzählung der niedrigeren Strafen oder Ihrer Feststellung, dass der Rechtsstaat dazu gekommen ist, Strafen mit Augenmaß einzusetzen: Lehnen Sie die diskutierte Maßnahme auch als haftvermeidende Maßnahme im Einzelfall ab?

Das trifft als Strafe den Verkehrstäter, die Täterin, den Täter, der wegen eines bestimmten Verhaltens in dem begründeten Verdacht steht, nicht geeignet zu sein, am Straßenverkehr teilzunehmen. Das ist korrekt. Das ist nicht allein eine Frage dessen, dass ich ihn bestrafe. Es ist letztlich eine präventive Maßnahme, die letzten Endes auch im Interesse der anderen Verkehrsteilnehmer ist. Der Eingriff rechtfertigt sich daraus. Deshalb wird die Wiedererteilungssperre erteilt. Darüber entscheiden, ob derjenige die Fahrerlaubnis überhaupt wieder bekommt, kann nicht das Gericht. Darüber entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde. Das Gericht sagt aber: Über zehn Monate dürft ihr nicht wieder erteilen, bis die Frage geklärt ist, ob derjenige geeignet ist, wieder am Straßenverkehr teilzunehmen. Ob diese Eignungsfeststellung mit oder ohne MPU erfolgt, entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde.

Das ist eine ganz andere Frage, als wenn ich jedem Räuber, jedem Dieb, jedem Körperverletzer sage: Du hast eine Fahrerlaubnis, bei dir geht es mit Fahrverbot und Fahrerlaubnisentzug ab. Meier, der du dabei warst, Pech gehabt, du hast sie nicht, du gehst in den Jugendarrest oder in den Knast. Das ist schwierig.

Wir halten die Problematik für ausgesprochen schwierig, das kann man mit Ihrer Frage nicht vergleichen. Das Problem ist letzten Endes, dass es immer ein Für und Wider gibt. Das bestreiten wir gar nicht. Das hat seinen guten Grund.

Die Zeit ist wirklich zu Ende.

Ich bin noch bei der Antwort, Herr Präsident.

Sind Sie noch?

(Heiterkeit)

Dann habe ich noch 17 Sekunden.

Mein Schriftführer hat aus Versehen gedrückt.

Dafür kann ich nichts.

Das muss ich korrigieren. Sie haben noch 17 Sekunden.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich nehme die 17 Sekunden.

Ich wiederhole unser Angebot. Wenn das gewünscht ist, kann das gern signalisiert werden; wir beantragen dann die Überweisung in den Verfassungs- und Rechtsausschuss. Ansonsten bitten wir um Abstimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Wenn man 17 Sekunden vor Schluss eine die Redezeit verlängernde Zwischenfrage hat, ist das ein Wert an sich. Aber jetzt ist die Redezeit abgelaufen und das Schlusswort gehalten.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/6061 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Damit ist die Drucksache 6/6061 nicht beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Von Sachsen – für Sachsen – in Sachsen – Konzept für ein

sachsenweites Konzertprojekt im ländlichen Raum erstellen

Drucksache 6/6187, Antrag der Fraktion AfD

Die Fraktionen können zu dem Antrag Stellung nehmen. Aber zunächst hat natürlich die einbringende Fraktion das Wort. Das Wort ergreift für die AfD Frau Dr. Petry.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn der Einbringung unseres Antrages „Von Sachsen – für Sachsen – in Sachsen“ möchte ich Folgendes zitieren: „Die Förderung von Musik und Kultur im Allgemeinen auf dem Lande, abseits urbaner Zentren, ist eine zentrale Aufgabe sächsischer Politik in den nächsten Jahren.“ So gesprochen hat Anfang des Jahres 2014 die damalige Ministerin für Wissenschaft und Kunst des Freistaates Sachsen, Frau von Schorlemer.

Wir haben uns als AfD-Fraktion dieser Konzeption angenommen, weil wir in der Tat der Meinung sind, dass in Sachsen hierbei viel Potenzial verschenkt wird. Mitteldeutschland, speziell Sachsen, ist einer der bedeutendsten Kulturräume Deutschlands und sogar im weltweiten Maßstab. Insbesondere gilt dies für die musikalische Tradition, wenn wir an Komponisten denken, die zum Teil vor vielen Jahrhunderten in Sachsen gewirkt und gelebt haben oder aus Sachsen stammten. Uns allen sind dabei sicherlich die Namen von Bach, Mendelssohn Bartholdy, Schumann, Wagner, Mahler und anderen bekannt.