Protokoll der Sitzung vom 31.08.2016

Das ist auch im Sinne unseres Grundsatzpapiers, worin es heißt:

„Wir bekennen uns zur Freiheit der Kunst. Staat und Politik sind nicht für die Kunst, ihre Ausdrucksformen oder Inhalte zuständig, wohl aber für die Bedingungen, unter den Kunst und Kultur gedeihen können.“

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Gibt es einen weiteren Redewunsch aus den Fraktionen?

(Unruhe bei der AfD)

War das ein Ja oder ein Nein?

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das Schlusswort!)

Danach, ja.

Dann bitte ich die Ministerin, jetzt das Wort zu nehmen. Frau Dr. Stange, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine spannende Diskussion! Ich bedanke mich für eine Reihe von Redebeiträgen, die nicht nur humoristisch gewesen sind, sondern auch gezeigt haben, dass wir ein kulturvolles Land sind. Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD, der CDU und den LINKEN)

Im Vergleich dazu mutet der Antrag der AfD leider beschädigend an, auch für diejenigen, die sich mit einem

Kulturprojekt, mit einem Kunstprojekt vielleicht fälschlicherweise an die AfD gewandt haben.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Wieso „fälschlicherweise“? Das ist ja unverschämt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Völlig unbestritten ist, dass Kunst und Musik wesentliche und unentbehrliche Aspekte der Lebensqualität sind und dass darum die kulturelle Infrastruktur – auch im ländlichen Raum – gefördert werden muss. Dies leitet sich aus dem Kulturstaatsgebot der Sächsischen Verfassung ebenso ab wie aus der täglichen Arbeit zahlreicher Aktiver unterschiedlichster Professionen im kulturellen Leben im Land. Das ist überall und über das gesamte Jahr hinweg Realität. Wir haben dazu schon viele Zahlen und Fakten gehört.

Gerade unser Freistaat ist eine um ihren kulturellen und hier speziell musikalischen Reichtum immer wieder beneidete Region. Nur mit großer Mühe mag es gelingen, diese lebendige Vielfalt und diese Qualität nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Im Abschnitt II des vorliegenden Antrags der AfD jedoch wird etwas beschrieben, was in dieser Form weder notwendig noch umsetzbar ist und dem noch dazu wesentliche Aspekte fehlen. Wie gesagt, es existiert in Sachsen eine sehr große Dichte und Breite hoch qualifizierter musikalischer Angebote. Diese reichen von Amateurmusik, wie sie an Schulen und Musikschulen gepflegt wird, in Chören und jungen Bands, in fast jeder Kirchgemeinde, angebunden an andere Einrichtungen und Theater, über Ausbildungseinrichtungen wie Sachsens Musikhochschulen, über die Freie Szene bis hin zu professionellen Ensembles, deren Renommee weltweit ihresgleichen sucht.

Sachsens Musikeinrichtungen, Musikwettbewerbe und Festivals ziehen nicht nur Spitzenkünstlerinnen und -künstler, sondern auch Publikum aus nah und fern an. Kunstschaffende, die höchsten Maßstäben gerecht werden, treten in wechselnden Formationen zu unterschiedlichen Anlässen flächendeckend in Sachsen auf. Dies hängt mit Sachsens außerordentlicher musikalischer Tradition zusammen, zugleich aber auch mit einer breiten, bewusst auch auf den ländlichen Raum ausgerichteten Förderpolitik der Staatsregierung, anderer Partner der öffentlichen Hand und von privater Seite.

Wie Sie wissen, gibt es neben der Förderung durch die Kommunen die Zusammenschlüsse zu Kulturräumen – wir haben es gerade gehört –, um regional bedeutsame Vorhaben umzusetzen und zu unterstützen. Außerdem fördert die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen zahlreiche Projekte. Darüber hinaus erhalten die Staatsoper ebenso wie Verbände – Musikrat, Sächsischer Chorverband und Sächsischer Blasmusikverband – für die Mitteldeutsche Barockmusik und ausgewählte Festivals eine Förderung des Ministeriums.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Förderstruktur ist zugleich stetig auf der einen Seite und flexibel auf der anderen Seite. Sie passt sich örtlichen Bedürfnis

sen an und vermeidet das unfruchtbare Gießkannenprinzip. Sie kann im Dialog mit den Beteiligten auf neue Bedingungen eingehen und der künstlerischen Individualität gerecht werden. Sie ist vernetzt. Sie ermutigt, spornt Veranstalter und Musikschaffende zu höchster Qualität an und gewinnt das richtige Publikum für die Angebote und umgekehrt. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ohne Zentralstruktur, sondern mittels intensiven Austauschs der Beteiligten als ein gesamtgesellschaftliches Geschehen und unter dem Dach von Artikel 5 unseres Grundgesetzes, der Freiheit von Kunst und Kultur.

Natürlich geben die Förderer Impulse und verlangen Rechenschaft über den Einsatz der Fördermittel. Doch anders als in den – zum Glück! – vergangenen Zeiten werden keine kampagnenartigen Vorgaben von oben gemacht, die an der Basis abzuarbeiten sind, koste es, was es wolle – und sei es Interesse und Engagement derer, die man doch erreichen will.

Nur so bleibt das Musikleben auch offen für Neues. Ich möchte dies nur noch an wenigen Beispielen verdeutlichen, weil schon viele genannt worden sind.

Nehmen Sie das Musikfest Erzgebirge, mit dem hochkarätige Künstler ein anspruchsvolles Programm gerade in kleinen Orten im ländlichen Raum anbieten. Nehmen Sie die Schostakowitsch-Tage in Gohrisch. Dort, in einem kleinen Ort, haben Menschen an einem historischen Anknüpfungspunkt eine einmalige Chance gesehen. Sie haben erreicht, dass Gohrisch nunmehr auf der Weltkarte der Musik eine feste Größe ist. Der ganze Ort ist stolz darauf und aktiv bei der Sache.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo so etwas entsteht, muss man mit öffentlicher Unterstützung rechnen dürfen. Solche Initiativen hängen immer mit Persönlichkeiten zusammen. Man kann sie nicht in der Petrischale züchten.

(Beifall bei den LINKEN – Uwe Wurlitzer, AfD: Sehr innovativ!)

Es lässt sich auch nicht überall Gleiches erwarten oder schaffen, denn was möglich und was vor Ort wichtig ist, müssen die Menschen selbst entwickeln und auch für sich annehmen.

Zudem gibt es die Elbland-Philharmonie, einen exzellenten großen und in unterschiedlichsten Teilensembles und Musikgenres einsetzbaren Klangkörper, der im Land unterwegs ist und hervorragende musikalische Angebote macht. Selbst die Staatskapelle, die von ihrer Aufgabe her nicht regelmäßig im ländlichen Raum spielt, gab zum Beispiel 2014 Konzerte in Schwarzenberg und Marienberg. Musiker der Staatskapelle engagieren sich bei Aufführungen im ganzen Freistaat, beim Festival „Sandstein & Musik“, beim Meetingpoint Music Messiaen oder auch bei den Schostakowitsch-Tagen, und das teilweise ohne Honorar.

Die großen Anstrengungen des Freistaates zur kulturellen Bildung – vor allem von Kindern und Jugendlichen –

tragen dazu bei, potenziellem Publikum Lust auf Kunst und Musik zu machen. Neben den einzelnen Initiativen gibt es fachlich kompetente Förderer mit kenntnisreichen und auch wechselnden Gremien, so etwa der Sächsische Musikrat, der koordiniert, weiterbildet und mit dem Wettbewerb „Jugend musiziert“ musikalischen Nachwuchs ins öffentliche Licht rückt. Oder die „Mitteldeutsche Barockmusik“, eine Einrichtung, die mit Mitteln vom Bund und den drei Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die großartige Tradition der Barockmusik in diesen Ländern in allen Formaten und an verschiedensten Orten mit ihrer Förderung lebendig hält – immer auf der Grundlage von Angeboten sozusagen „von unten“. Und natürlich die Kulturstiftung des Freistaates, deren Förderung vieles erst möglich macht, die auch an der Koordinierung von Angeboten beteiligt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann daraus nur ein Fazit ziehen: Alles an Wirkung, was der Antrag fordert, existiert bereits. Bei meinen Beobachtungen überall in Sachsen und allem, was dazu zu hören und zu lesen ist, kann ich nicht bestätigen, dass in sächsischen Kleinstädten das kulturelle Leben zum Erliegen gekommen ist, wie es in der Antragsbegründung heißt, oder es gar zu einer „Entlebung“ kommt, was auch immer das sein mag. Im Gegenteil: Gerade das kulturelle und das Musikleben Sachsens sind starke Argumente für Touristen, Zuzügler und Investoren und ein Element der Identifikation der Einwohner mit Sachsen, ob das im Erzgebirge ist, in der Oberlausitz oder im Vogtland. Ich erlebe vor Ort sehr viel Engagement, genau dieses belebende Element nicht nur als weichen Standortfaktor anzusehen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein zusätzliches sachsenweites Konzertprojekt würde demgegenüber

nichts Neues bieten. Seine zentrale Administration böte nicht nur die Gefahr von Leerlauf und Fehlanreizen, sondern brächte großen zusätzlichen Aufwand für die überwölbende Struktur mit sich. Ein Aufwand an Geld und Fachkompetenz, der besser direkt in kulturelle Angebote und in die Stärkung und den Erhalt des musikalischen Lebens fließen sollte.

Noch eine Bemerkung zu Abschnitt g des Antrags, der hier schon mehrfach eine Rolle gespielt hat. Dass die Ausführenden von Konzerten und Musikveranstaltungen in Sachsen sehr oft von Sächsinnen und Sachsen sind oder doch engen Bezug zu Sachsen haben, liegt auf der Hand. Auf keinen Fall sollte dies jedoch zum Kriterium gemacht werden, denn die Lebendigkeit und Qualität des Musiklebens steht und fällt mit Gelegenheiten zu Austausch und gegenseitiger Anregung von und nach außen. Die Frage, wer ein Sachse ist, wurde hier schon mehrfach gestellt. Das gilt in der globalisiert zu denkenden Klassikszene ebenso wie bei Jazz, Rock und Pop oder anderen Richtungen bis zur Musik in Kirchen. Ohne Gastspiele in Sachsen oder aus Sachsen müsste die sächsische Musik

verkümmern und wäre sie nicht das, was sie heute ist. Die Beispiele sind zahlreich genannt worden.

Das gilt auch für schöpferische Genre-Überschreitungen, die heute unter der Rubrik Crossover firmieren, oder für international zusammengesetzte Musikensembles, wie Banda Internationale, die sehr unterschiedliche kulturelle Erfahrungen einbringen. Dies wird immer mehr zur schönen und begrüßenswerten Selbstverständlichkeit und damit zu einem Vorreiter des gegenseitigen Verständnisses der kulturellen Vielfalt unserer scheinbar kleiner gewordenen Welt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe damit noch einmal deutlich gemacht zu haben, dass wir sehr wohl Kulturprojekte, die einen Kern in unserer eigenen kulturellen Vielfalt haben, mit unseren Möglichkeiten fördern werden können, aber bitte nicht auf zentralstaatlicher Ebene.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Das Schlusswort hat die AfD-Fraktion. Frau Dr. Petry, bitte.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn hier in den vorangegangenen Redebeiträgen Schwarz-Weiß-Malerei betrieben wurde, dann von den Rednern der Regierungsfraktionen, den LINKEN und den GRÜNEN, denn um Schwarz-Weiß-Malerei ging es in unserem Antrag nie. Wenn Sie ihn gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass es nicht darum geht, andere Festivals zu verdrängen, sondern es ging darum, eine Lücke zu füllen, die von diversen Persönlichkeiten in diesem Freistaat und insbesondere von Künstlern seit Langem erkannt wurde.

Das wollen Sie aber nicht verstehen, weil es am Ende nicht darum geht, Politik für den Bürger zu machen, sondern die Arroganz der Macht zu leben. Das mögen Sie kurzfristig tun, langfristig wird Ihnen das nicht helfen. Es geht also nicht um Konkurrenz und, Frau Stange, Sie haben offenbar ein sehr kurzes Gedächtnis, denn Sie haben erst im März dieses Jahres im Beisein von Herrn Girardet davon gesprochen „dieses Projekt in jedem Fall zu befürworten“.

Sie nutzen also Ihre Redezeit, um sich an der AfDFraktion abzuarbeiten. Das dürfen Sie im Parlament. Das lässt die Demokratie Gott sei Dank zu. Aber im Grunde tun Sie das nur, weil Ihnen die politischen Felle davonschwimmen. So ein Käse von der Stange, sage ich dazu nur, auch ohne einen Redenschreiber gehabt zu haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren der Regierungskoalition und der anderen Fraktionen! Sie vergessen, wer hier Ihre Zuhörer sind. Das sind nicht wir als Parlamentarier, das sind Bürger und Künstler, auch Touristen, die diesen Freistaat lieben und hier weiter ein kulturelles Angebot sehen wollen. Hier geht es primär um den ländlichen Raum, dessen Bewohnern Sie nicht erzählen müssen, dass alles gut ist. Wir wissen, dass die Kulturstiftung gerade einmal 1,2 Millionen Euro für bis zu 150 Projekte verwaltet. Das wissen Sie auch, aber Sie ignorieren es, um Parteipolitik zu machen. Das ist echt arm. Wir werden uns daran nicht beteiligen. Wir erhalten unseren Antrag aufrecht, und wir werden langfristig darüber reden, wer hier am längeren Hebel sitzt.

(Gelächter bei der CDU und der SPD)

Die Bürger werden ihre Entscheidung treffen, spätestens bei der nächsten Wahl.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt abstimmen über die Drucksache 6/6187. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte. –