Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Das gilt für Ihren Redebeitrag!)

Eine Partei, die sich derartiger Mittel bedient, ist eine ziemlich feige Truppe.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD – Dr. Stefan Dreher, AfD: Große Klappe, nichts dahinter!)

Nun die SPD-Fraktion, Herr Abg. Baumann-Hasske. Sie haben das Wort, Herr Baumann-Hasske.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wer hätte etwas gegen die Verkürzung von Asylverfahren? Dieser Antrag tut sehr nüchtern. Er fordert unverzügliches Handeln. Dabei reiht er sich aber in eine Abfolge von vergleichbaren Initiativen ein, die man nicht mehr als harmlosen Aktionismus bezeichnen kann. Hier muss man tatsächlich den systematischen Versuch vermuten, die Befangenheit der Bevölkerung angesichts einer vorgeblich drohenden Flut von Asylsuchenden zu einer Angst zu steigern, die dann zu emotionalen Reaktionen führt, wie man sie dieser Tage auf den Straßen auch in Dresden beobachten kann.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Das ist totaler Unsinn!)

Wenn dieser Antrag abgelehnt wird, wollen Sie doch wohl hinausgehen und sagen: Die tun nichts. Darauf zielt der Antrag doch eigentlich ab.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren von der AfD, ich verstehe das nicht als den Versuch, bestehende Probleme zu benennen oder zu lösen, sondern als die erkennbare Absicht, eine angebliche Notlage heraufzubeschwören und die Staatsregierung in Zugzwang zu setzen,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das ist die Aufgabe der Opposition!)

damit sie endlich etwas tut und diese angebliche Notlage bekämpft. Wir hören es gerade.

Ich glaube, das ist unredlich, weil diese Notlage nicht besteht. Es ist unredlich, weil die Staatsregierung jederzeit in der Lage ist, die sich stellenden Aufgaben zu erfüllen.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Dann fragen Sie mal die Kommunen. Die sehen das offensichtlich ganz anders!)

Die Notlage besteht nicht, weil unser Land in der Lage ist, diejenigen aufzunehmen, die durch Verfolgung bedroht sind. Das habe ich auch aus Ihrer Richtung vorhin nicht anders verstanden. Ich glaube, so wollten Sie verstanden sein. Wer etwas anderes behauptet, hätte sich nie damit beschäftigt, wie viele Menschen, wie viele Flüchtlinge im Augenblick in den Nachbarstaaten des Irak und Syriens aufgenommen und untergebracht werden. Die können das. Er hätte sich nie damit beschäftigt, wie viele Flüchtlinge und Zuwanderer Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg aufgenommen und integriert hat. Heute sind die meisten von ihnen normale Deutsche, und nur durch ihre Namen ist noch erkennbar, dass sie andere Wurzeln haben. Sie kamen aus Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Russland, der Türkei und Italien, und es waren Hunderttausende.

Meine Damen und Herren, es ist richtig: Es gibt auch andere Asylsuchende. Es gibt Zuwanderer, die sich bei uns nicht integriert haben. Aber die gibt es doch nicht bei

uns in Sachsen. Wir haben in Sachsen doch kein Problem mit nicht integrationswilligen Zuwanderern.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Doch!)

Wir haben ein Problem mit Menschen, die gar nicht wissen, vor wem sie eigentlich befangen sind, weil sie überhaupt keine Ausländer kennen. Sie wissen nicht, dass es Menschen wie du und ich sind, die eine andere Sprache sprechen. Dass sie das nicht wissen und die Probleme, die sie befürchten, nur vom Hörensagen kennen, hat einen klaren Grund: Sie kennen keine Ausländer, weil es bei uns kaum welche gibt,

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Dr. Stefan Dreher, AfD: Provozieren Sie unsere Bürger nicht!)

und Sie, meine Damen und Herren von der AfD, machen Ihr politisches Geschäft mit denen, die es nicht besser wissen.

Meine Damen und Herren, die Menschen, die heute bei uns Asyl suchen, sind bedroht – nicht Sie von der AfD und auch nicht andere Menschen in Sachsen. Die Menschen, die jetzt nach Europa drängen, werden verfolgt und mit dem Verlust des Lebens bedroht. Ihnen zu unterstellen, sie wollten in unsere Sozialsysteme einwandern, wie es aus Ihrer Begründung hervorgeht, verkennt, welche Gräuel gerade in ihren Heimatländern geschehen.

(Dr. Frauke Petry, AfD: In Tunesien?)

Sie verkennen auch, welch hässliches Gesicht ihnen in diesen Tagen gerade in Demonstrationen in Dresden gezeigt wird.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Sie haben der Rede des Kollegen Barth nicht zugehört!)

Wo ist die herzliche Gastfreundschaft unserer Freunde und Nachbarn? Sie wird in den Medien von den Parolen der selbst ernannten Verteidiger des Abendlandes überdeckt. Es ist heute wirklich kein Spaß, Asylsuchender in Sachsen zu sein.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Uwe Wurlitzer, AfD: Es ist generell kein Spaß, Asylsuchender zu sein!)

Aber zurück zum Antrag. Wenn die Zahl der Asylsuchenden tatsächlich steigt, muss die Verwaltung natürlich reagieren. Dann ist – das hat Herr Hartmann vorhin ausführlich dargelegt – zunächst einmal der Bund gefragt. Er hat auch etwas getan, und er wird mehr tun müssen, gar keine Frage. Mir ist allerdings nicht bekannt, dass man neuerdings Personalstellen abordnen kann, wie Sie es fordern. Ich bin immer davon ausgegangen, dass es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, die eine Abordnung erhalten.

(Beifall der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Auch hier sprechen wir von Menschen, nicht von Stellen. Aber die Abordnung ist ein Mittel, das eher nach Hochwasserhilfe klingt als nach ordnungsgemäßer Verwaltung.

Meine Damen und Herren, es droht keine Katastrophe, wenn Sie von der AfD und andere sie nicht heraufbeschwören.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Abordnung ist eine verwaltungstechnische Formalität!)

Sie malen eine Bedrohung an die Wand, für die es in Sachsen keinen Anlass gibt. Wenn eine bedrohliche Situation entsteht, dann ist das eine ganz andere. Diese ist nämlich dann mit Fremdenfeindlichkeit begründet.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Regierung eine Erhebung über den Bedarf durchführt, der von ihr an Aufgaben und öffentlichen Dienstleistungen erfüllt werden muss. Die Regierung will weg vom pauschalen Personalabbau zurückliegender Jahre, hin zu einer bedarfsgerechten Personalplanung. Dabei werden auch die Bedarfe erfasst werden, die bei der Durchführung und Entscheidung in Asylverfahren entstehen. Ich bin zuversichtlich, dass der bevorstehende Haushalt dazu etwas enthält.

Ich denke, es sollte deutlich geworden sein, dass und warum unsere Fraktion diesen Antrag ablehnt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Abg. Jähnigen; Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der AfD, die Art und Weise, wie sie diesen Antrag eingebracht haben, spricht für sich.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Sachlich! – Dr. Frauke Petry, AfD: Sachlich, genau!)

Da haben Sie mal kräftig Statistiken von Bundes- und Landesebene miteinander verrechnet und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass jede Abschiebung im sächsischen Haushalt Geld ersparen würde und deshalb die Asylbewerber schnell abgeschoben werden müssen.

(André Barth, AfD: Abschieben bringt es gar nicht!)

Dabei haben Sie noch Äpfel und Birnen verrechnet; denn es waren Bundes- und Landesstatistiken; die haben Sie dann einfach zusammengezählt.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Berechnung setzt Gleichwertigkeit voraus!)

Es wundert mich überhaupt nicht, dass sich das der Finanzminister nicht anhören wollte. Dafür habe ich volles Verständnis, Herr Prof. Unland.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das Problem dabei ist jedoch, dass Sie damit Vorurteile und Rassismus schüren; denn Sie verrechnen Schicksale von Menschen und Fragen ordentlicher Verfahren mit monetären Fragen im Staatshaushalt

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das ist die Aufgabe von Politikern!)

Das ist nicht die Art und Weise, meine Damen und Herren von der AfD, wie wir das Grundrecht auf Asyl in unserer Verfassung verstehen.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Das haben wir in 40 Jahren DDR gelernt!)

Wir wollen keine Schnellverfahren, sondern eine ordentliche Prüfung der Asylansprüche in ausreichend hoher Qualität und mit genügend rechtlichem und tatsächlichem Gehör für die Flüchtlinge. Das ist für uns ein Wert der modernen europäischen Gesellschaft und der deutschen Verfassung, und diese halten wir hoch.