Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Weil es die Wahrheit ist, Herr Barth!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, der SPD und der Linksfraktion, Sie haben offenbar eine grundlegende Sache nicht verstanden.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das haben Sie nicht!)

Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps. In unseren beiden Gesetzentwürfen zur Änderung der Gemeindeordnung einerseits

(Zurufe von der CDU)

und zur Änderung der Landkreisordnung andererseits geht es um zwei völlig unterschiedliche Sachverhalte.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Es geht um den Wählerwillen!)

Es ist zwar richtig, dass in dem einen Entwurf eine Unvereinbarkeit für Bürgermeister aufgehoben, während sie in dem anderen Fall eingeführt werden soll, nämlich die Unvereinbarkeit des Bürgermeisteramtes mit einem Mandat im Kreistag.

(Kerstin Nicolaus, CDU: So ein Blödsinn!)

Nur, Herr Lippmann, was hat das eine mit dem anderen zu tun?

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Danke, Herr Lippmann, für den Tipp. – Hier einen logischen Widerspruch zu sehen ist schon kühn.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Es liegt auf der Hand! – Kerstin Nicolaus, CDU: So ein Blödsinn!)

Genauso gut könnten Sie vorbringen, dass ein logischer Widerspruch darin besteht, wenn nur Radfahrer Fahrradwege benutzen dürfen und Motorradfahrer eben nicht, weil es sich in beiden Fällen ausschließlich um Zweiräder handelt. In unseren beiden Gesetzentwürfen geht es letztendlich darum – das will ich betonen –, dem Demokratieprinzip besser Rechnung zu tragen.

(Sören Voigt, CDU: Es geht um Interessenkollision!)

Ich sehe jetzt davon ab, dies in Bezug auf unseren Entwurf zur Änderung der Landkreisordnung näher zu erläutern. Dies bleibt einer nächsten Sitzung in diesem Hohen Haus vorbehalten, meine Damen und Herren.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Das Schauspiel kommt noch!)

Für unseren Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung erlaube ich mir jedoch, höflichst und in aller Form nachträglich um Ihre Zustimmung zu werben. Er betrifft – das will ich auch betonen – allein ehrenamtliche Bürgermeister.

Darauf hat auch der Sächsische Städte- und Gemeindetag in seiner schriftlichen Stellungnahme hingewiesen. § 22 Abs. 2 des Beamtenstatusgesetzes schließt es bereits aus, dass eine Person hauptamtlicher Bürgermeister in zwei

Gemeinden sein kann. Es geht – das will ich betonen – nur um die Konstellation, dass eine Person ehrenamtlicher Bürgermeister in zwei Gemeinden oder hauptamtlicher Bürgermeister einer Gemeinde und ehrenamtlicher Bürgermeister einer anderen Gemeinde werden soll. Sehr zutreffend hat der Sächsische Städte- und Gemeindetag geschrieben, die Wähler sollten selbst beurteilen können, ob sie einer Person die Ausübung eines weiteren Mandates als ehrenamtlicher Bürgermeister zutrauen.

Dem, meine Damen und Herren, ist nichts Weiteres hinzuzufügen.

(Beifall bei der AfD)

Die CDUFraktion; Herr Abg. Hartmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Sternstunde des Parlamentarismus zu einer zentralen Frage von wesentlichster Bedeutung für den Freistaat Sachsen, mit einer doch so widersprüchlichen Erläuterung. Herr Barth, Sie hätten vielleicht auf die Idee verzichten sollen, den einen mit dem anderen Antrag in Ihrer Argumentation zu verquicken, denn die Absurdität wird dann etwas offensichtlicher. Im Übrigen berufen Sie den SSG und den Landkreistag zum Kronzeugen dieses Antrages, den Sie dann bei der Landkreisordnung ignorieren werden.

(André Barth, AfD: Das wissen Sie doch noch gar nicht, Herr Hartmann!)

Sie müssen sich sozusagen schon jetzt zu einer Position hinreißen lassen und argumentieren mit dem Wählerwillen, den Sie an anderen Stellen, wenn es um die Kreistage geht, negieren. – Aber das sei nur am Rande erwähnt.

Aus Sicht der CDU-Fraktion ist das Thema weder angezeigt noch bedeutend genug, um lange darüber zu debattieren. Ich will dazu dennoch eines sagen: Ein Gesetz hat eine Allgemeingültigkeit und soll Grundsätzliches für das Land regeln.

Sie sind versehentlich politisch darüber gestolpert: Zwei Fälle, von denen es jetzt nur noch einen in Sachsen gibt, nehmen Sie zum Anlass für Debatten über Gesetzesänderungen. Zweifelsohne kann es funktionieren, dass ein Bürgermeister zwei Kommunen ehrenamtlich führt. Trotzdem birgt es in sich das Risiko einer Interessensabwägung und damit eine Fragestellung hinsichtlich der Sinnhaftigkeit von Inkompatibilität, nämlich auch zum Schutz des betreffenden Bürgermeisters.

Dazu hatten wir im Innenausschuss am 9. Juni eine Anhörung und am 15. September die abschließende Beratung. Die Argumente sind ausgetauscht. Die Bedenken hinsichtlich der Interessenskollision wurden nicht ausgeräumt, insbesondere wenn Sie einmal die Frage der Abwägung von Baulandausweisung, Straßenbau und Ähnlichem zwischen zwei Gemeinden berücksichtigen, im Übrigen auch die besondere Bedeutung des Bürger

meisters hinsichtlich Widerspruchsfristen zu Ratsbeschlüssen und Ähnlichem.

Ich könnte Ihnen ein umfängliches Argumentationspapier liefern, warum wir an dieser Stelle, auch in Bezug auf § 52 Sächsische Gemeindeordnung, erhebliche Bedenken haben und deshalb die Inkompatibilität für richtig halten. Das bewerten wir wiederum in der Frage der Zugehörigkeit zu Kreistagen anders.

Kurzum: Ihr Antrag ist nicht zukunftsweisend.

(André Barth, AfD: Das ist kein Antrag, sondern ein Gesetz!)

Er ist unnötig und auch für die Lebenswirklichkeit in Sachsen nicht zwingend notwendig. Falls Sie noch auf die Idee kommen, in der zweiten Runde Argumente hinsichtlich anderer Bundesländer anzuführen, die solche Regelungen gegebenenfalls nicht haben, sei gesagt: Die haben zum Beispiel eine schöne Regelung, dass der Bürgermeister Einwohner der Gemeinde sein muss. Dadurch schließt sich eine Doppelbürgermeisterschaft schon im Kern aus.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ihren Anregungen hinsichtlich einer Zustimmung zu Ihrem Antrag werden wir leider nicht folgen können. Es bleibt bei der Ablehnung.

(Beifall bei der CDU, der SPD und des Staatsministers Markus Ulbig)

Für die Linksfraktion Herr Abg. Schollbach, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es kommt ja nicht häufig vor, dass Herr Hartmann und ich einer Meinung sind,

(Sören Voigt, CDU: Hört, hört!)

aber die AfD hat es geschafft. Das ist wirklich bemerkenswert.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Jetzt habe ich aber Sorge!)

Sie hatten vorhin versucht, über Logik auszuführen. Der logische Widerspruch zwischen Ihren beiden Gesetzentwürfen, meine Damen und Herren, liegt einfach auf der Hand.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll es ermöglichen, dass eine Person mehrere Bürgermeisterämter gleichzeitig ausüben darf. Das werden wir ablehnen, und dafür gibt es gute Gründe.

Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister ist der Hauptverwaltungsbeamte. Er führt dieses Amt meist hauptberuflich aus, in kleineren Gemeinden zum Teil als besonders verantwortungsvolles Ehrenamt. Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind Menschen, die eigentlich nie Feierabend haben, die ständig ein offenes Ohr für die Bürgerinnen und Bürger haben müssen und deren Präsenz bei vielen Anlässen in der Gemeinde sowohl am Abend

als auch am Wochenende erwartet wird. Sie haben ihre Gemeinde gegenüber der Rechtsaufsicht sowie gegenüber Dritten zu vertreten und müssen auch in schwierigen Situationen, insbesondere in Katastrophenfällen, ohne Wenn und Aber ihre Frau bzw. ihren Mann stehen. Für Ehrenämter außerhalb der eigenen Gemeinde bleibt Bürgermeistern oft nur wenig Zeit.

Vor diesem Hintergrund schlägt die sogenannte Alternative für Deutschland allen Ernstes vor, dass ein Bürgermeister ehrenamtlich die volle Verantwortung für eine zweite Gemeinde übernehmen soll. Es hilft auch nicht wirklich, meine Damen und Herren, wenn hier argumentiert wird, die Bürgerinnen und Bürger wüssten ja – wenn sie eine Person wählen, die bereits anderenorts Bürgermeister ist –, worauf sie sich einließen, und es sei deren demokratischer Wille. Diese Argumentation verkennt, dass die Wählerinnen und Wähler jener Gemeinde, in der das ältere Mandat ausgeübt wird, bei der Wahl regelmäßig noch keine sichere Kenntnis von dem Umstand haben, dass deren Gemeindeoberhaupt

(André Barth, AfD: Sie müssen zuhören, dazu habe ich auch etwas gesagt!)

den Fulltime-Job des Bürgermeisters später auch noch in einer anderen Gemeinde ausüben wird.

Selbstverständlich kann es immer wieder Interessenkonflikte zwischen zwei benachbarten Gemeinden geben. Das ist dann etwas ganz anderes als der Interessenkonflikt, für den die Befangenheitsregeln der Sächsischen Gemeindeordnung gelten. Denn diese regeln jene Fälle, in denen es zu Kollisionen zwischen den kommunalen Interessen und den beruflichen, familiären oder sonstigen privaten Interessen der Gemeinderäte oder des Bürgermeisters kommen kann.