Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

in Wert gesetzt werden. Dies entspricht auch den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie, wie Sie sicherlich wissen.

Wir planen auch die Nutzung von Ökokonto-Maßnahmen weiter zu stärken. Das ist bereits jetzt möglich. Dort haben wir aber noch Luft nach oben, damit das Ökokonto besser funktioniert. Der Wertzuwachs durch die vorgezogene Realisierung soll zukünftig durch eine geregelte Verzinsung von 3 % pro Jahr auf maximal zehn Jahre gewürdigt werden. Eine Ersatzzahlung ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz nur zulässig, wenn eine naturale Kompensation nicht möglich ist, wie dies zum Beispiel für mastartige Bauwerke wie eine Windkraftanlage ab einer bestimmten Höhe in der Regel der Fall ist. So soll es zukünftig verbindlich in der Landeskompensationsverordnung geregelt werden.

Im Übrigen besteht auch jetzt schon über das Ökokonto in § 10 Abs. 2 Sächsisches Naturschutzgesetz die Möglichkeit für Eingriffsverursacher, Naturschutzmaßnahmen für die Deckung ihres Kompensationsbedarfs einzukaufen.

Wichtig ist auch die Bereitstellung geeigneter aufwertbarer Flächen für Kompensationsmaßnahmen. Dazu erhoffen wir uns eine Stärkung des Instruments Fläche. Das ist doch ganz klar, deshalb machen wir es durch das zentrale Flächenmanagement.

Zu den veröffentlichten Daten vielleicht noch ein Hinweis. Frau Dr. Pinka, ich wundere mich, dass Sie es nicht wissen. Uns stört auch, dass die Daten in dieser Form zur Zeit kaum vergleichbar sind, aber es erfolgt augenblicklich bundesweit die Umstellung des Liegenschaftskatasters vom amtlichen Liegenschaftsbuch auf das amtliche Liegenschaftskataster im Informationssystem Alkis.

Deshalb kommen wir jetzt in eine Phase, wo die Daten schwer vergleichbar sind. Das ist für Sie wie auch für uns

unbefriedigend. Das ist die Ursache für diesen – – Wie haben Sie gesagt?

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Datenmüll!)

Na gut, so weit würde ich nicht gehen, aber es ist zumindest schwierig zu vergleichen.

Ich danke der Koalition für den Antrag, denn es ist – auch das hat die Debatte gezeigt – auch immer eine politische Frage, wie wir solche Verordnungen angehen. Wir als Staatsregierung sind auf dem Weg, sie herzustellen. Die Unterstützung aus dem Parlament ist sehr wichtig. Ich bitte deshalb, dem Antrag der Koalition zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir hörten gerade die Position der Staatsregierung, in diesem Politikfeld verkörpert durch Herrn Staatsminister Schmidt.

Wir kommen jetzt zum Schlusswort durch die einbringenden Fraktionen. –

(Jan Hippold, CDU: Kein Schlusswort!)

Es wird keins gewünscht. Dann kommen wir direkt zur Abstimmung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/6635 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen. – Danke. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen. Trotzdem ist die Drucksache 6/6635 bei einigen Gegenstimmen und Stimmenthaltungen mehrheitlich beschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 8

Kein Abducken mehr, Herr Tillich. Erklärung des Ministerpräsidenten

zu bisherigen Konsequenzen des Staatsversagens im Fall al-Bakr

Drucksache 6/6886, Antrag der Fraktion der DIE LINKE

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: DIE LINKE als einbringende Fraktion, CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Jetzt sehe ich am Mikrofon 1 Herrn Scheel.

Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Aufgrund der Thematik und der direkten Ansprache des Ministerpräsidenten würde ich nach § 85 gern ein Herbeirufen des Ministerpräsidenten beantragen. Er telefoniert zwar draußen, aber vielleicht hilft es. Aha, er ist schon dabei, weil ich hier am Mikrofon stehe. Wunderbar. Danke schön.

Genau, er war ohnehin unterwegs. Jetzt können wir beginnen. Die einbringende Fraktion wird vertreten durch Herrn Bartl. Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was nach dem Fall al-Bakr über den Freistaat Sachsen an Schimpf, Schande und Schmähkritik hereingebrochen ist, sucht in der 25-jährigen Geschichte seit der Wiedereinrichtung unseres Bundeslandes seinesgleichen. Ob alles, was in den sogenannten Leitmedien an vermeintlich sicherem Wissen um die Dinge und Abläufe, an Wertungen und Bewertungen debattiert wurde, ob dieses teils genüsslich

zelebrierte Sachsen-Bashing berechtigt ist, kann momentan dahingestellt bleiben.

Jedenfalls ist das Ansehen des Freistaates Sachsen bundesweit und vielleicht über die Republikgrenzen hinaus „auf den Hund gekommen“. Sachsen, das sich nach der Wiedervereinigung zu einem vermeintlich neuen Musterländle im Osten mit seinen Wirtschaftsdaten, mit glänzender Haushaltsbilanz, mit gefeierten PISA-Noten entwickelt hatte, steht nun als Pannenstaat da. Als Stümper müssen wir uns beschimpfen lassen. Dieses entstandene negative Bild von Sachsen haben auch Sie, Herr Ministerpräsident, nach allem, was die Medien berichten, auf dem Landesparteitag der CDU am vergangenen Wochenende als deren Landesvorsitzender beklagt.

In dieser Situation erachten wir es als elementare Verantwortung und Dienstpflicht des Ministerpräsidenten als Spitze der vollziehenden Gewalt im Freistaat Sachsen, dass Sie, Herr Tillich, heute hier in der Sache vor dem Parlament – und damit im Originalton auch gegenüber der Öffentlichkeit – das Wort nehmen, nicht zuletzt auch deshalb, weil Artikel 63 der Verfassung Ihnen aufgibt, die Richtlinien der Politik zu bestimmen und dafür die Verantwortung zu tragen. Das gilt umso mehr, als in den Medien hoch und runter vom Staatsversagen in Sachsen die Rede ist, der Ministerpräsident dazu jedoch beharrlich schweigt.

Wir wollen deshalb aus Ihrem Mund, Herr Ministerpräsident, hören, welche Konzeption Sie der Staatsregierung zur unverzüglichen Bewältigung der bis dato bereits öffentlich gewordenen Missstände und festgestellten organisatorischen, personellen und finanziellen Versäumnisse im Bereich der sächsischen Polizei, der Justiz und des Strafvollzugs als den nach unseren Kenntnissen entscheidenden Ursachen für das objektive Versagen im Fall al-Bakr vorgeben, also verordnet haben, was die Staatsregierung bisher zur rückhaltlosen Aufklärung getan hat und weiter tun will und wie sich das heute hier offiziell vor dem Parlament Gesagte in erkennbaren Schlussfolgerungen zur Sicherheitsgewährleistung und zur Personalfinanzausstattung des Sicherheits- und des Justizbereiches im Doppelhaushalt 2017/2018 niederschlagen soll.

Wir wollen wissen, wie Sie, Herr Ministerpräsident, zu dem erhobenen Vorwurf stehen, in Sachsen habe sich Selbstgefälligkeit, Dilettantismus und Naivität verselbstständigt. Wir wollen wissen, wie Sie gewährleisten, dass die von der Regierung eingesetzte, apostrophiert unabhängige Untersuchungskommission, zu deren Zusammensetzung und Aufgabenstellung Sie wie in vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit erneut kein vorheriges Benehmen mit dem Landtag, mit diesem Hohen Haus herbeigeführt haben, ihre Arbeit erledigen kann. Wir wollen wissen, welchen Auftrag, welche Kompetenzen die vier Kommissionsmitglieder haben, wie sie in ihrer Aufklärungsarbeit durch die zuständigen Behörden unterstützt werden und dass jede Behinderung der Aufklärung ausgeschlossen ist.

Wir wollen heute Ihr Wort, dass der Landtag über die sich entwickelnden Erkenntnisse zu Abläufen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Fall al-Bakr und notwendige Schlussfolgerungen hieraus unverzüglich, unverkürzt und auf gleicher Augenhöhe mit der Staatsregierung ins Bild gesetzt wird. Wir denken mit Grauen an das praktische Handling des seinerzeitigen Kabinetts in puncto unabhängige Untersuchungskommission im Fall des sogenannten Sachsensumpfes. Den Bericht, den die seinerzeit noch durch die Milbradt-geführte Staatsregierung eingesetzte Kommission zur Prüfung der damals im Raum stehenden Vorwürfe mit erheblichem Aufwand, auch finanziell für den Landeshaushalt, erarbeitet hatte, hat der später vom Landtag eingesetzte Sachsensumpf-Untersuchungsausschuss erst Jahre später im Nachgang erhalten, und zwar unvollständig und in wesentlichen Teilen geschwärzt. Das betraf sowohl den sogenannten Weitemeyer-Bericht, der das Handlungsfeld der Polizei untersuchte, als auch den Bericht der Beier-Irrgang-Kommission für den Bereich des Verfassungsschutzes. Vor allem deren Bericht konnte der Untersuchungsausschuss nur nach langem Betteln und Drohen mit hängen und würgen im Geheimhaltungsraum partiell einsehen. Zu diesem Zeitpunkt waren Sie, Herr Tillich, bereits Ministerpräsident und haben das zugelassen.

Wir haben auch nicht vergessen, dass die im Sommer 2012 nach dem Bekanntwerden der Involvierung und Mitverantwortung Sachsens in das dieser Tage durch den jetzigen Bundesjustizminister Maas eingeräumte Staatsversagen bei der Verfolgung und Aufklärung der Mord- und Terrorstraftaten des Nationalsozialistischen Untergrundes eingesetzte unabhängige Untersuchungskommission zur Neuordnung des Landesverfassungsschutzes unter Leitung der früheren Generalbundesanwältin Monika Harms ihren Erkenntnisbericht zwar gegenüber dem Parlament in der 5. Wahlperiode bzw. dem von diesem gebildeten Untersuchungsausschuss zur Verfügung stellte, allerdings zunächst ohne seine Anlagen, die wir damaligen Mitglieder im Ausschuss später nur im Hochsicherheitsgeheimhaltungsraum einsehen und mit niemandem darüber sprechen durften.

Genau das darf sich in der Affäre al-Bakr nicht wiederholen. Wir werten es dabei durchaus als positives Zeichen, dass sich der Leiter der jetzt eingesetzten Expertenkommission zum al-Bakr-Thema, Herr Verfassungsrichter a. D. Landau, und der Ex-Präsident des Bundesverfassungsschutzamtes Fromm für den 15.11.2016 bei unserer Fraktion zu einem Gespräch gemeldet haben. Das ist guter Stil, den fortzusetzen wir Sie nur bestärken können.

Generell wollen wir heute hier auch keine Bambule machen.

(Heiterkeit – Zurufe)

Als der Fall al-Bakr vor einem Monat über Sachsen hereinbrach, haben wir uns mit Vorwürfen und Wertungen gegenüber der Staatsregierung und einzelnen Verantwortungsträgern auf den verschiedenen Ebenen mehr zurück

gehalten als dieser oder jener Ihrer eigenen Kabinetts- oder Koalitionskollegen.

(André Barth, AfD: Aber nicht auf Bundesebene!)

Wir werden das auch weiter so halten, wenn wir sicher sein können, dass in diesem Fall die Wahrheit unverkürzt auf den Tisch des Hauses kommt und über einzelne Handlungsfelder in Zeitsegmenten des Geschehens hinaus vor allem die maßgeblichen Ursachen für die längst nicht mehr in Abrede stellbaren, minimal als unglücklich zu bezeichnenden Ereignisverkettungen angegangen werden. Die Ursachen wollen wir angegangen wissen. Darum geht es uns vor allem.

(Beifall bei den LINKEN)

In diesem Kontext haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass die Koalition im Zuge ihrer Haushaltsverhandlungen mit den Vertretern Ihres Hauses offensichtlich zu ersten Konsequenzen hinsichtlich der personellen und finanziellen Stärkung nicht nur im Lehrerbereich, sondern auch im Bereich der Polizei und Justiz namentlich des Strafvollzugs gekommen ist und dass Sie als Ministerpräsident dazu stehen.

Wir wollen heute Ihr Bekenntnis, dass weitere Maßnahmen zur Konsolidierung der Personal- und Arbeitssituation in den genannten Bereichen bis hin zu einem Nachtrag zu dem dann schon verabschiedeten Doppelhaushalt 2017/2018 gezogen werden, wenn dies die gerade begonnene Feinaufklärung der Versagensursachen im al-BakrKomplex erfordert.

Herr Ministerpräsident, Sie haben im Amt des Bundespräsidenten, aus dem Sie sich vor einigen Tagen mit Schmerzen –

(Heiterkeit)

Bundesratspräsidenten selbstverständlich. Das steht auch hier.

(Zurufe)

Ich lasse Weissagungen einmal weg. Man kann nie sicher sein, wie der heutige Tag lehrt.

(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall – Zurufe)

Sie haben im Amt des Bundesratspräsidenten, von dem Sie sich vor einigen Tagen offensichtlich mit Schmerzen verabschiedet haben, ein Jahr lang bei jedem Staatsakt in der ersten Reihe gesessen, meist neben der Bundeskanzlerin. Sie sind, wie es „Die Zeit“ in ihrer Ausgabe vom 20.10. formulierte, im Regierungsflugzeug mit schwarzrot-goldenen Streifen um die Welt gereist, nach Singapur, Südkorea, Mexiko, Kuba, wurden sogar vom Papst empfangen.