Schließlich, sehr geehrter Kollege Mackenroth, sind Sie nicht der Beauftragte der Regierungsfraktionen, sondern der Beauftragte des gesamten Landtages. Ich kann Ihnen nur raten: Emanzipieren Sie sich.
Auf den Seiten 129 ff. wird die Arbeit der Sächsischen Härtefallkommission vorgestellt. Seit dem 30. Januar 2015 sind Sie deren Vorsitzender. Auffallend ist, dass aus den neun eingegangenen Härtefallanträgen nur vier Härtefallersuchen resultierten. Also weniger als die Hälfte schaffte es zum Innenminister. Das war in den vergangenen Jahren anders. Da war das Verhältnis zum Teil deutlich besser. Können Sie erklären, woran das liegt?
Ich finde auch nichts auf die Frage, wie viele an Sie gerichtete Anträge zur Befassung der Kommission Sie bereits als Vorsitzender abgelehnt haben. Die Härtefallkommission, sehr geehrter Kollege Mackenroth, ist Ihnen als Instrument auch für die Auslotung von Ermessensspielräumen zur Hand gegeben. Was ist dieses Instrument wert, wenn es als ein Instrument der Abwehr gehandhabt wird? Viele Freunde und Initiativen, die sich für Bleiberechte von Ausländern – oft gut integrierten – stark machen, sagen mir, dass es hoffnungslos ist, sich an Sie zu wenden. Was soll ich darauf antworten, und was ist das für eine Botschaft?
Sehr geehrter Kollege Mackenroth, Sie sind mit dem Anspruch angetreten, ein eigenes Profil zu entwickeln. Zu konstatieren bleibt, dass es Ihnen leider bisher weder gelungen ist, die großen Fußstapfen Ihres Vorgängers auszufüllen, noch ausreichend eigene Duftmarken zu setzen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es aus den Reihen der Fraktionen Redebedarf für eine weitere Runde für all die, die noch Zeit haben? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich Sie, Herr Sächsischer Ausländerbeauftragter, lieber Herr Mackenroth. – Sie möchten das Wort ergreifen und haben jetzt dazu Gelegenheit. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Vielen Dank. Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für das Interesse an meinem Jahresbericht 2015. Natürlich freue ich mich über die zügige Behandlung im Innenausschuss, und ich bedanke mich auch für die fraktionsübergreifende jedenfalls Teilanerkennung meiner Arbeit und die zum Teil kritischen Anregungen aus der heutigen Debatte, die ich mitnehme und gegebenenfalls umsetzen will.
Frau Nagel, ich habe Ihnen schon im Ausschuss zugesagt, dass ich die Perspektiven der Betroffenen in die künftige Berichterstattung einbauen will. Natürlich ist klar, dass das nicht nur Flüchtlinge betrifft, sondern auch die anderen. Das will ich tun. Mein Amtsverständnis – auch darüber haben wir im Innenausschuss gesprochen –: Wenn wir nach dem Gesetz gehen, müsste ich meine Befassung auf dauerhaft im Freistaat lebende Ausländer beschränken. Das tue ich ebenso wenig und fühle mich dabei auch von Ihnen unterstützt, weil man es mittlerweile gar nicht mehr differenzieren kann. Gebetsmühlenartig bin ich jedenfalls kein Protagonist von Abschiebung. Aber die Formulierung sei Ihnen nachgesehen.
Wichtiger ist vielleicht diese Forderung „mehr Herz“ und der Vergleich mit meinem verehrten Herrn Amtsvorgänger. Ich bin nun einmal ein anderer. Ich bin Jurist, und wir sind gewohnt, sozusagen sine ira et studio zunächst einmal mit dem Verstand an die Sache heranzugehen. An fehlender Empathie für die Betroffenen liegt es bei mir ganz bestimmt nicht. Die ist vorhanden.
Frau Kollegin Pfeil, wenn Sie sagen, die Härtefallkommission solle den Einzelfall in den Fokus nehmen: Ich kann das nicht alles im Bericht aufführen. Die Arbeit des Ausländerbeauftragten war in zunehmendem Maße Einzelfallberatung, Einzelfallentscheidung.
Wenn es gewünscht wird, Frau Zais, will ich gern auch noch statistisch aufarbeiten, dass wir mittlerweile in der Woche durchschnittlich etwa zehn Anfragen bekommen. Das ist ein gewaltiger Unterschied zu dem Zustand vor einem Jahr. Da haben wir wahrlich genug zu tun. Diese Einzelfallberatung wird immer mehr. Dass es in der Härtefallkommission weniger Fälle gibt, ist zum großen Teil darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber viel mehr Möglichkeiten für Bleiberegelungen geschaffen hat und dass wir viele Fälle, die noch vor zwei Jahren von Martin Gillo in der Härtefallkommission behandelt werden mussten, jetzt durch den Gesetzgeber geregelt haben. Das ist einer der Gründe dafür, dass die Fälle weniger werden.
Ich habe als Vorsitzender – um auch hier auf Ihre Frage einzugehen – keinen einzigen Einzelfall in der Härtefallkommission abgelehnt, wie Sie es formuliert haben. Wir haben in der Kommission vereinbart, dass diese Dinge grundsätzlich von der Kommission insgesamt beraten und entschieden werden. Ich mache von diesen formalen Rechten als Vorsitzender der Härtefallkommission überhaupt keinen Gebrauch. Deshalb brauche ich das auch nicht statistisch aufzuführen.
Wenn Menschen zu Ihnen kommen und sagen, es ist hoffnungslos, zur Härtefallkommission zu gehen, würde ich mir wünschen, dass Sie denen sagen, dass es dummes Zeug ist, was sie da sagen. Das ist durchaus nicht hoffnungslos, sondern es gibt eine veritable Erfolgsquote – selbst bei der hohen Zweidrittelmehrheit, die wir in der Härtefallkommission brauchen.
Wenn Sie von mir verlangen, die Voraussetzungen für eine bessere Traumabehandlung der Geflüchteten sicherzustellen, kann ich nur sagen, dass ich kein operatives Geschäft erledigen darf und auch nicht erledigen werde. Dass wir nun wahrlich zu mehr als zwei Gesetzen und Verordnungen und gesetzlichen Regelungen Stellung genommen haben, sage ich Ihnen: Auch da gelobe ich Besserung und will das gern im nächsten Bericht statistisch aufführen.
Meine Damen und Herren! Im vergangenen Jahr – das wurde gesagt – standen das Thema Asyl und vor allem die Situation der Unterbringung im Mittelpunkt. Nach der Teilnahme an etwa 200 Bürgerversammlungen, Veranstaltungen, Informationsabenden, Dialogforen, runden
Tischen, Einwohnergesprächen usw. kann ich rückblickend feststellen: Auch wenn es wirklich manchmal im System hörbar geknirscht hat, Staat und Gesellschaft im Freistaat haben diese Aufgaben im Ergebnis weitgehend gemeistert. Sachsen ist es zumindest gelungen, sicherzustellen, dass wir heute keine Schulen und Turnhallen mehr als Notunterkünfte belegen müssen. So weit sind andere Bundesländern noch lange nicht.
Es wurde bereits betont: Es war mir im Jahresbericht besonders wichtig, die unschätzbar wertvollen Beiträge der ehrenamtlichen Arbeit und der Hilfsorganisationen zu würdigen, ohne die wir noch lange nicht so weit wären wie wir sind, und für die ich daher außerordentlich dankbar bin.
Was liegt vor uns? Welche Aufgaben stehen im weiteren Prozess der Integration im Vorgriff auf den nächsten Jahresbericht an? Gerade letzte Woche waren wir in Dresden Gastgeber für die Konferenz der Ausländer- und Integrationsbeauftragten der Länder, in der wir unsere bundesdeutschen Erfahrungen besprochen, die Bewältigungsstrategien für die vor uns liegenden Herausforderungen verglichen haben. Der Schwerpunkt war natürlich die Integration, die Integrationspolitik.
Die Integration als Aufgabe der Gesellschaft ist nicht neu, aber sie erreicht allein durch die Zahlen eine neue Dimension. Nicht alle sind auf diese Größenordnung vorbereitet. Sie werden das auch für Sachsen in den Ergebnissen unserer Besuche bei den Ausländerbehörden im neuen Heim-TÜV finden. Aus zahlreichen Gesprächen und durch meine Arbeit weiß ich, dass oft ein gewisser Zuständigkeitswirrwarr transparenten Regelungen entgegensteht und fehlende Informationen die Integrationsbemühungen vor Ort und in der kommunalen Praxis erschweren.
Wir haben zu tun. Wir müssen unsere Strukturen optimieren. Wir müssen sie gegebenenfalls überdenken, bereits
funktionierende Projekte und Abläufe stärken, ausbauen und gegebenenfalls über neue ressortübergreifende Zuständigkeiten nachdenken. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Integration ist eben kein Zustand, an den irgendwann ein grüner Haken gemacht werden kann. Es ist ein permanenter Prozess. Ich sehe deshalb meinen Jahresbericht als eine Momentaufnahme auf einem langen Weg. Es ist kein fundiertes Integrationsmonitoring. Für vernünftige politische Entscheidungen brauchen wir aber ein klares Lagebild sowie eine stabile Daten- und Faktenlage. Hier sehe ich für unseren Freistaat weiteren Handlungsbedarf.
Meine Damen und Herren! Bei der bereits erwähnten Konferenz der Länderbeauftragten haben wir eine Erklärung mit dem Titel „Integration braucht Mut, langen Atem und frühe Teilhabe“ verabschiedet. Darin haben wir vier Schwerpunkte genannt, die auch die Arbeit hier im Freistaat für die nächste Zeit gut beschreiben.
Erstens müssen sich alle Integrationsangebote an der individuellen Situation der Menschen und nicht an abstrakten Schutzquoten oder Prozentzahlen orientieren. Jeder Fall und jedes Schicksal ist einzigartig. Wir tun gut daran, unsere Angebote entsprechend zu differenzieren und anzupassen.
Zweitens brauchen wir niedrigschwellige Orientierungsangebote für alle von Anfang an. Integration ist zwar teuer; eine fehlende oder falsche Integration ist jedoch deutlich teurer. Es freut mich sehr, dass unser Kabinett die Mittel hierzu im neuen Doppelhaushalt deutlich aufgestockt hat. Ganz vorbildlich und gut sind natürlich auch die Wegweiserkurs- und Sprachkursangebote auf Landesebene, die Kollegin Köpping angeschoben hat.
Drittens sind, auch das ist bereits gesagt worden, ausreichende schulische Angebote für junge Menschen mit unterbrochenem Bildungsweg und Möglichkeiten erforderlich, um einen Schulabschluss auch in höherem Alter nachzuholen. Die Erfahrung der Praxis besagt, dass etwa ein Drittel der Flüchtlinge schon jetzt gut qualifiziert ist. Ein Drittel hat eine mittlere Qualifizierung. Ein Drittel bringt keine oder eine ganz geringe Bildung mit. Um dauerhaft bei uns integriert zu werden und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können, sind aber differenzierte Bildungsangebote für diese drei Gruppen notwendig.
Viertens und letztens braucht jeder, der einen Ausbildungsplatz gefunden hat, eine Aufenthaltssicherheit. Das ist auch im Interesse der Wirtschaft, Gesellschaft und der Ausbildungsbetriebe. Wir dürfen nach wie vor Asyl und Arbeitszuwanderung nicht verwechseln. Dennoch sollten wir Menschen, die einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz gefunden haben, den Weg nicht verbauen. Den Wegfall der Vorrangprüfung halte ich für ein wichtiges Signal.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese vier Anregungen sollten wir mit weiteren konkreten Maßnahmen unterfüttern. Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Aufgaben nicht nur schaffen werden, sondern dass Deutschland und Sachsen dadurch im Ergebnis stärker werden.
Zum Schluss gestatten Sie mir den Hinweis auf zwei offene Punkte des Koalitionsvertrags, die noch auf ihre Umsetzung warten. Dort steht erstens Folgendes: Das Amt des Ausländerbeauftragten soll in Richtung auf das Amt eines Migrations- und Integrationsbeauftragten ausgeweitet werden. Zweitens soll sich laut Koalitionsvertrag diese Gesetzesänderung auch in Ressourcen, Finanzen und Personal der Geschäftsstelle des Ausländerbeauftragten widerspiegeln. Dieser Aussage des Koalitionsvertrages ist nichts hinzuzufügen.
Vielen Dank, Herr Mackenroth. Meine Damen und Herren! Ich frage nun die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Jawohl, Herr Staatsminister Gemkow, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! An erster Stelle möchte ich mich – auch im Namen meines Kollegen Markus Ulbig – bei Ihnen, sehr geehrter Ausländerbeauftragter Mackenroth, und dem gesamten Team bedanken. Gerade in der aktuellen Situation machen Sie gute und wichtige Arbeit. Ihre Jahresberichte sind für alle Entscheidungsträger wichtige Leitfäden. Sie geben einen Überblick über die Lebenssituation der Ausländer in Sachsen und über aktuelle Herausforderungen.
Hierbei ist eines ganz offensichtlich: Das Jahr 2015 war vor allen Dingen durch den starken Anstieg der Asylbewerberzahlen gekennzeichnet. Die vielen Flüchtlinge, die nach Sachsen gekommen sind, mussten registriert, untergebracht und versorgt werden. Für uns alle – sowohl für die sächsische Verwaltung als auch für unzählige Helferinnen und Helfer – war das eine große Aufgabe. Ich freue mich, dass die erbrachten Leistungen und das gezeigte Engagement auch im Jahresbericht gewürdigt werden. Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Erstens wird klar, dass viele Sachsen Mitmenschlichkeit und Weltoffenheit leben. Zweitens sehen wir, dass wir mit genügend Zuversicht, Mut und Einsatz jede Herausforderung angehen und bewältigen können.
Meine Damen und Herren! Für den Ausländerbeauftragten hatte die Flüchtlingskrise die Folge, dass seine Aktivitäten zu einem Großteil im Zusammenhang mit der Aufnahme von Flüchtlingen stehen mussten. Zwei Tätigkeitsbereiche möchte ich dabei ganz besonders hervorheben. Einerseits ist es die Kommunikation mit der Bevölkerung, die, wie wir alle wissen, ein Schlüssel zur Steigerung der Aufnahmebereitschaft war und ist. Herr Mackenroth und sein Team haben zu diesem Zweck an zahlreichen Bürgerversammlungen teilgenommen. Er hat es gerade selbst bildhaft ausgeführt, wie vielfältig diese Veranstaltungen waren. Sie haben über Zuwanderung, Integration, Asylverfahren und Fluchtursachen aufgeklärt.
Andererseits war wieder die Fortentwicklung des HeimTÜVs für Gemeinschaftsunterkünfte ein Schwerpunktthema. Hierbei ging es darum, die Evaluation über die Gemeinschaftsunterkünfte hinaus auf die Arbeit der beteiligten Ausländerbehörden und die dezentrale Unterbringung zu erweitern. Außerdem sollen erstmals auch die Erstaufnahmeeinrichtungen einbezogen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem vorliegenden Jahresbericht wird schlussendlich ebenfalls klar, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Ausländerbeauftragten und der Staatsregierung ist. Hierbei gilt es, so weiter zu machen wie bisher, damit es auch in Zukunft so konstruktiv wie in der Vergangenheit bleibt. Das ist gut für die hier lebenden Menschen aus anderen Ländern und gut für Sachsen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Herr Hartmann, wünschen Sie als Berichterstatter das Wort zu ergreifen?
Vielen Dank, Herr Hartmann. Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 6/6894 ab. Wer stimmt zu? – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Enthält sich jemand? – Vielen Dank. Bei Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist der Beschlussempfehlung des Innenausschusses in der Drucksache 6/6894 zugestimmt worden. Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Meine Damen und Herren! Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter das Wort zu ergreifen? – Das ist nicht der Fall. Herr Michel, wüschen Sie das Wort? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 6/6887