Herr Scheel, Sie haben recht; ich nenne das so ein bisschen eine verkappte Föderalismusreform III, die da stattfindet. Es wird sehr interessant werden, wie wir uns zu den großen Themen verständigen. Deshalb noch einige Bemerkungen dazu.
Ich teile die Sorgen, die wir bei der Bundesverkehrsinfrastrukturgesellschaft haben werden. Interessant wird auch sein – da werden wir uns übrigens eng mit unserem Koalitionspartner und dem Verkehrsminister abstimmen –, was dies für die Bundesfernstraßen bedeutet. Bei den Bundesautobahnen ist unstreitig, dass sie in diese neue Bundesverkehrsgesellschaft gehen, aber was passiert bei den Bundesfernstraßen? Das ist nicht ganz unwichtig. Wir haben dort in den nächsten Jahren keine großen Bauleistungen mehr zu erbringen, haben allerdings noch einige Fälle. Insofern ist wichtig, was dort passiert.
Die zweite große Thematik ist die Infrastrukturunterstützung bei der Schul- und Bildungsinfrastruktur. Dazu hat es einen hervorragenden Kompromiss gegeben. Ich finde, das ist ein wichtiges Ergebnis. Wir hatten ja ein Kommunalinvestitionsförderungspaket, das hier im Sächsischen Landtag auch eine Rolle gespielt hat; vor 15 Monaten wurde es verabschiedet. Die Bundesregierung plant, diese neue Bildungsinfrastrukturfrage an das Kommunalinvesti
tionsförderungsgesetz anzuhängen. Ich glaube, das ist auch für unsere weitere Haushaltsgestaltung wichtig.
Ein drittes Anliegen, das ich hier hervorheben möchte, ist eine Verbesserung der Steuerverwaltung. Es gab bei vielen Kollegen in den Ländern durchaus Kritik, als sich der Bund jetzt ein stärkeres allgemeines Weisungsrecht in der Steuerverwaltung erbeten hat. Auf der anderen Seite müssen wir aber auch sagen, dass es für die Bundesrepublik vielleicht nicht schlecht wäre, wenn Zoll und Steuerfahndung in den nächsten Jahren enger zusammenarbeiten könnten. Wer jemals miterlebt hat, wie die Zoll- und die Steuerfahndungsbehörden bei der Verfolgung von Steuerdelikten agieren müssen und wie schwierig die Abstimmungsprozesse sind, erhofft sich von einer Verbesserung insbesondere dieser Weisungsstränge, dass die Kooperation zwischen Steuerverwaltung und Zollverwaltung, die ja in Bundeshand liegt, erleichtert wird. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher, wichtiger Punkt.
Was mir bei der Beratung im Bundeskanzleramt letzte Woche aufgefallen ist: Die Länder – Sachsen inklusive – achten sehr strikt darauf, dass die Grundprinzipien des Föderalismus erhalten bleiben. Es darf nicht dazu kommen, dass der Bund über das Maßnahmenpaket sozusagen auf kaltem Wege plötzlich Länderkompetenzen an sich zieht und auf diese Weise die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen der Länder aushöhlt.
Mit Herrn Staatsminister Dr. Jaeckel sind wir jetzt am Ende der Ersten Aktuellen Debatte angelangt. Ich sehe keinen weiteren Redebedarf. Damit ist die Erste Aktuelle Debatte abgeschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte entsprechend § 85 der Geschäftsordnung den Antrag stellen, Herrn Minister Dulig – –
Ich habe meine Augen offen und schaue auf die Regierungsbank, wenn ich einen Minister suche. Dass er sich im Plenum versteckt, konnte ich an dieser Stelle nicht sehen. Deshalb ziehe ich den Antrag zurück.
Darüber wollen wir heute debattieren, und ich möchte damit beginnen, einige sächsische Protagonisten zu zitieren.
So sagte Herr Tillich Ende Februar dieses Jahres der Tageszeitung „Der Tagesspiegel“, Sachsen habe ein grundsätzliches Problem mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, und im weiteren Verlauf: „Wir müssen feststellen, dass alle diese Maßnahmen nicht gereicht haben. Es ist die bittere Wahrheit.“ Und er bezog sich auf Maßnahmen der Kriminalpolizei und diverser Sonderkommissionen. Ich zitiere weiter Herrn Tillich vom 21. Februar ebenfalls dieses Jahres, als er zu sicherlich sehr kritikwürdigen Vorgängen in Freital rund um Proteste gegen ein Asylbewerberheim äußerte: „Das sind keine Menschen, das sind Verbrecher!“
Meine Damen und Herren, ein Ministerpräsident, der sächsischen Bürgern ihr Menschsein abspricht, das ist in der Tat skandalös und mit Artikel 1 des Grundgesetzes mitnichten vereinbar. Denn es sind und bleiben, selbst wenn sie straffällig werden, wenn es nachgewiesenermaßen so ist, sächsische Bürger und selbstverständlich Menschen.
Ich zitiere weiter: Herr Dulig tut sich mehrfach damit hervor, über seine eigenen Bürger herzuziehen. Er nimmt dabei seinen Koalitionspartner natürlich nicht aus. Aber es geht immer um das gleiche Thema und man tut so, als gäbe es in Sachsen Bürger erster, zweiter oder gar dritter Klasse. Es gibt eigentlich immer nur ein Thema. Nämlich, als habe Sachsen nur ein Problem und das hieße Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. So sagte er vor nicht allzu langer Zeit, dass der Staat angeblich nur ungenügend klar gemacht habe, dass er das Gewaltmonopol besitze und nicht etwa irgendwelche fremdenfeindlichen Schläger, die grölend durch Sachsen ziehen. Dass Herr Dulig dabei wissentlich oder unwissentlich die vielen Straftäter des linken und linksextremistischen Spektrums vergisst oder ignoriert, das spricht für seine Einstellung und seine Politik.
Noch ein weiteres Zitat aus dem Monat März dieses Jahres im „SPIEGEL ONLINE“. Da sagte der stellvertretende Ministerpräsident und Wirtschaftsminister: „Wir haben nicht nur ein quantitatives Problem bei der Polizei, sondern auch ein qualitatives.“ In der Tat sind es immer wieder nicht nur die sächsische Bürgerschaft, die Menschen, die in diesem Freistaat leben, sondern auch die eigenen Beamten, die von ihren Regierungsvertretern nicht etwa geschützt und verteidigt werden, sondern die als ungenügend und hier sogar als „qualitativ nicht ausreichend qualifiziert“ angesprochen werden. Das geziemt sich für eine Regierung nicht. Wenn ein Unternehmer dieses mit seinen Mitarbeitern tut, hat er jegliche Autorität verloren. Im politischen Alltag muss es ganz genauso sein.
Damit aber die restlichen Vertreter in diesem Hohen Haus nicht aufatmen können, muss ich leider anfügen, dass seit unserer Präsenz im Jahre 2014 in diesem Haus zu den genannten Äußerungen stellvertretend für viele andere auch Äußerungen von Parlamentsvertretern, von Vertretern der sächsischen Bürger kommen, die sich immer wieder über Sachsens Bürger in irgendeiner Art und Weise erheben, als vertrete man nur einige. Man hat aber hier im Parlament – egal, welcher politischen Einstellung man folgt – am Ende alle sächsischen Bürger zu vertreten.
Meine Damen und Herren! Im Übrigen möchte ich gern Herrn Baumann-Hasske zitieren, der meiner Ansicht nach den Vogel damals abschoss, als er sagte, als es um demokratische Beteiligung von Bürgern in politischen Prozessen ging: Das sollte man zwischen den Wahlen doch bitte schön den gewählten Abgeordneten überlassen; die könnten es – sinngemäß – sowieso viel besser.
Meine Damen und Herren! Dass es Kritik von der einen oder anderen Seite gibt, ist völlig normal. Dass Sie sich aber viel zu häufig dem medialen Präjudiz über Sachsen anschließen, und zwar entgegen der tatsächlichen Realität in diesem Freistaat, das ist in der Tat kein gutes Zeugnis für sächsische Politiker. Meine Damen und Herren, so geht sächsisch definitiv nicht.
(Beifall bei der AfD – Christian Piwarz, CDU: Das war jetzt schon alles? – Dr. Frauke Petry, AfD: Nein, das waren die ersten fünf Minuten!)
Durch Frau Dr. Petry, die für die einbringende AfD-Fraktion sprach, ist die Rederunde eröffnet. Es folgen CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Anton. – Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vertreten sächsische Politiker wirklich ihre Bürger?
Das fragt uns heute die AfD-Fraktion. Und so undifferenziert, wie Sie diese Frage stellen, muss ich klar sagen: Ja, das tun sie allesamt. Dieses jemandem in diesem Hohen Hause grundsätzlich absprechen zu wollen, wäre unredlich.
Eine andere Frage ist es, ob alle Politiker die Mehrheitsmeinung der Bürger vertreten. Da lautet die Antwort: Selbstverständlich – nicht! Es gehört doch unstrittig zum Kern der Demokratie, dass auch Positionen einer Minderheit Eingang in den demokratischen Diskurs und in das Ringen um die besten Lösungen finden.
Werte Kolleginnen und Kollegen von der AfD, auch wenn Sie selbst dem Irrglauben anhängen, stets für die Mehrheit der Bevölkerung zu sprechen: Sie vertreten regelmäßig
Ob Politiker wirklich Interessenvertreter der Bürger sind, entscheidet sich doch vor allem an der Frage, ob sie in der Lage sind, für konkrete Probleme immer sachgerechte und praktikable Lösungen zu erarbeiten. Wenn man diesen Maßstab an die Vorschläge und Konzepte der Oppositionsfraktionen legt, dann muss man allerdings konstatieren, dass es hier – um es diplomatisch auszudrücken – zumindest Defizite gibt.
In diesem Zusammenhang ist allerdings festzustellen, dass bei keiner Fraktion Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinanderfallen wie bei der AfD. Es wird immer behauptet, dass die sachliche Arbeit im Vordergrund stünde, quasi Markenkern der AfD sei. Aber in den vergangenen zwei Jahren haben wir in diesem Hohen Haus genau das Gegenteil erlebt.
Das zeigt sich schon bei der Auswahl der Themen, zu denen Sie aus eigenem Antrieb sprechen. Das wichtigste Kriterium für ein Thema bei der AfD, das mit einer Debatte oder einem Antrag gewürdigt wird, ist die Frage seiner medialen populistischen Vermarktbarkeit. Auch das heutige Debattenthema ist dafür wieder ein Beispiel.