Wir kommen zum Schlusswort. Soll das noch gehalten werden? – Frau Abg. Junge ist schon lange bereit. Bitte sehr.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bedanke mich für die sehr engagierte Diskussion zum Thema Politische Bildung. Ich bin aber ein bisschen vom Inhalt, vor allem seitens der Koalition, enttäuscht. Ich denke, Sie wissen es besser, vor allem Frau Friedel. Wir waren beide beim Fachgespräch beim Landesbeirat. Dort gab es massive Kritik hinsichtlich fehlender Unterstützung bei dem Thema Politische Bildung und die große Sorge, dass die Arbeit in diesem Bereich nicht aufrechterhalten werden kann.
Deshalb bitte ich darum, sich mit dem Thema intensiv und aktiv auseinanderzusetzen und nicht zu sagen, dass alles gut sei, Frau Kurth, und wir gut aufgestellt seien. Nein, bei diesem Thema sind wir wirklich nicht gut aufgestellt. Wir brauchen dort in den nächsten Wochen und Monaten eine kooperative Zusammenarbeit sowohl mit den Volkshochschulen als auch mit den freien Weiterbildungsträgern. Ich bitte darum, dieses Thema aktiv neu zu diskutieren.
Es gibt offene Dialogformate, mit denen die Landeszentrale für politische Bildung gute Erfahrungen gemacht hat. Die Landeszentrale kommt aber an ihre Kapazitätsgrenzen. Sie hat deutlich gesagt, dass sie sich leider auf die Großstädte und Mittelzentren konzentrieren muss und für den ländlichen Raum keine Kapazitäten hat. Deshalb sehe ich dort großen Handlungsbedarf.
Ich bitte darum, sich in Zukunft auf das Thema Politische Erwachsenenbildung, wie es anhand unseres Antrages ausgewiesen ist, zu konzentrieren. Über die politische Bildung in der Schule haben wir vor einem Jahr diskutiert. Auch dort werden wir sicher nachfragen und nachjustieren wollen. Aber heute war das Thema die politische Erwachsenenbildung. Da, denke ich, Frau Kurth, müssen Sie sich viel stärker engagieren und nach Lösungen suchen. Gerade zu unserem Punkt 5 mit der Frage, wie zukünftig politische Bildung im Freistaat Sachsen ausgebaut wird, hätte ich gern im nächsten Halbjahr eine Antwort.
Meine Damen und Herren! Wer der Drucksache 6/5108 seine Zustimmung geben möchte, zeigt das jetzt an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Enthaltungen, zahlreiche Stimmen dafür, aber nicht die erforderliche Mehrheit. Der Antrag ist nicht beschlossen, und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Die Aussprache geschieht in der Reihenfolge: AfD, CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, sofern sie das Wort wünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit unserem Antrag „Visaverhandlungen reaktivieren, Partnerschaft zwischen Sachsen und der Russischen Föderation stärken“ möchten wir zunächst darauf hinwirken, dass der Dialog im Allgemeinen und der Visadialog im Besonderen zwischen der Europäischen Union und Russland wieder aufgenom
men wird; dies nicht nur auf Länder-, sondern auch auf Bundesebene bzw. auf der Ebene der Europäischen Union.
Ein weiterer Schwerpunkt, den wir hier in den Fokus rücken möchten, ist die Verbesserung der partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Sachsen und der Russischen Föderation in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Wirtschaft, um nur einige zu nennen.
Bezeichnend für die Notwendigkeit dieser Forderungen ist das politische Handeln der Bundesländer an sich, aber auch die Stellungnahme der Staatsregierung in der Drucksache 6/6503, in der sich die grundlegende Haltung der
sächsischen Politik wie folgt widerspiegelt – ich zitiere –: „Der Europäische Rat hat beschlossen, sämtliche Verhandlungen im Visabereich auszusetzen. Der Freistaat unterstützt das Ziel der EU, die Beziehungen zu Russland, die auf beiderseitigen Interessen und der Achtung der internationalen Verpflichtungen beruhen, sobald wie möglich wieder mit Leben zu erfüllen.“
Das ist nun zunächst kohärentes Handeln im Sinne der europäischen Verträge, wie es auch Herr Draghi oder die Kommission in ihren Verordnungen und Richtlinien oft beschwören. Wie kohärent ist dieses Handeln aber, wenn Ministerpräsident „S.“ aus „B.“ Moskau seine Aufwartung macht oder Ministerpräsident „T.“ aus „S.“ für freundschaftliche Besuche nach Russland reist? Wie passt das alles mit den Stellungnahmen der Bundesregierung und dem Kurs der EU zusammen, die ihre Sanktionen gegenüber Russland Jahr für Jahr verlängern?
Ist das noch kohärent? Diese Frage müssten Sie sich als glühende Verfechter der EU aber eigentlich selbst stellen. Wir begrüßen hierzu das Engagement der Staatsregierung ausdrücklich.
Im besonderen Maße erwähnenswert ist auch folgende Ausführung: „Visaerleichterungen sind zwar wünschenswert, sie galten aber auch auf dem Höhepunkt der wirtschaftlichen, kulturellen und akademischen Beziehungen.“ Meine Damen und Herren, „sie galten auf dem Höhepunkt“ – darin liegt der wesentliche Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Perspektivisch haben Sie die deutsch-russischen Beziehungen doch längst abgeschrieben. Wir möchten sie erneuern und ausbauen. Wir können uns eine Blütezeit auch noch in Zukunft vorstellen.
Eine der schönsten Stellungnahmen passt zum Schluss: „Die bestehenden Kooperationen im Bildungsbereich sollen fortgesetzt werden. Darüber hinaus werden im laufenden Schuljahr neun russische Fremdsprachenassistenten eingesetzt.“ Über so viel neues Personal werden sich die ungefähr 360 000 Schüler an den allgemeinbildenden Schulen in Sachsen sicherlich besonders freuen. Natürlich ist uns allen klar, dass die neun Fremdsprachenassistenten nicht nur der Personalgesamtbestand sind. Ich möchte hier auf etwas ganz anderes hinaus.
Meine Damen und Herren! Sie sehen, mit wie wenig sich die Staatsregierung zufrieden gibt. Ergänzt wird das Klein-Klein zwar noch durch weitere Maßnahmen ähnlicher Größenordnung, die in der Zielrichtung grundsätzlich positiv zu bewerten sind. Grundlegende Positionen werden aber kaum glaubhaft gegenüber der Bundesregierung vertreten. Deshalb ist es wichtig, auf Missstände aufmerksam zu machen.
Werte Staatsminister, werter Ministerpräsident, denken Sie bei Ihren Wirtschaftsreisen auch an unsere Schüler,
Studenten und Auszubildenden und an die vielen kleinen Betriebe und vielleicht auch über das Exportgewerbe hinaus. Schließlich profitiert die heimische Wirtschaft von den Besuchern aus dem Osten. Ich denke hierbei zuallererst an das Hotel- und Gaststättengewerbe, aber auch an Museen, Galerien und andere Kultureinrichtungen im Freistaat.
Das KOM-Dokument der Europäischen Kommission zeigt, dass während der Visa-Verhandlungen große Fortschritte in den vier Themenkomplexen Dokumentensicherheit einschließlich biometrischer Daten, illegale Migration einschließlich Rückübernahme, öffentliche Sicherheit und Ordnung erzielt wurden. Der Abbruch dieses Prozesses führt sicherlich nicht zu einer Steigerung der Sicherheit, weder in Russland noch in Deutschland.
So berichtete beispielsweise „Die Welt“ im August dieses Jahres, dass Berlins Behörden gefälschte Pässe nicht erkennen, weil dafür die Prüfgeräte fehlten. Natürlich würde daran die Aufnahme von Visaverhandlungen nichts ändern. Wichtig ist mir aber zu verdeutlichen, dass wir nicht immer mit dem Finger auf andere zeigen, wenn wir selbst nicht alle Bedingungen erfüllen, die wir von anderen erwarten. Auch hier würde ich einen ehrlichen, offenen Dialog wünschen, der auf jeden Fall nicht schaden würde.
Meine Damen und Herren! Setzen Sie sich bei der Bundesregierung für die Wiederaufnahme der Visaverhandlungen ein; das bringt mehr Vor- als Nachteile. Zwischen dem Status quo und der Abschaffung der Visa-Pflicht gibt es noch eine Reihe von Zwischenstufen, die Länder wie Griechenland und Österreich mit der Russischen Föderation bereits umgesetzt haben. Damit meine ich im Wesentlichen verlängerte Fristen für Privat- und Geschäftsvisa.
Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion Herr Abg. Schiemann. Herr Schiemann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich ist es wichtig für den Freistaat Sachsen, viele Partnerschaften mit Staaten in der Welt zu haben. Es ist wichtig, dass wir Menschen zusammenbringen und dass wir auf friedlicher Basis auch mit Staaten zu tun haben, die nicht immer unseren demokratischen Grundsätzen entsprechen. Aber für uns ist es wichtig, dass Gesellschaften, das heißt Menschen, diesen Weg finden. Deshalb ist es im Staatsinteresse des Freistaates Sachsen, dass Ministerpräsident Tillich und der Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit natürlich Russland besuchen und Partnerschaften begründen. Das ist wichtig, das bleibt wichtig und das wird für die Zukunft etwas sein, wo wir auch Brücken bauen können zwischen unseren Völkern, aber auch Brücken zwischen Ost- und Westeuropa.
Es ist aber gleichsam auch wichtig, dass man sich über die Fragen der Visafreiheit ehrlich und offen verständigt. Bei der Visafreiheit gibt es, wie bei jedem Vertragsgebaren, natürlich zwei Partner, die ihre Aufgaben zueinander erfüllen müssen, denn Visafreiheit für die Bundesrepublik Deutschland und die Menschen, die hier wohnen, bedeutet, in 44 Staaten der Welt visafrei einzureisen mit Pass oder Personalausweis oder in weitere 79 Staaten der Welt mit Reisepass. Das heißt, Deutschland hat visafreie Möglichkeiten, in viele Länder dieser Welt. Russland kann dazugehören, aber dazu müssen die vertragsschließenden Seiten, die Europäische Union – dabei vertritt uns der Nationalstaat Bundesrepublik Deutschland – in diesen Verhandlungen entsprechend Wege finden. Die Diskussion dazu hat bereits im Jahr 2007 begonnen.
Seit dem Jahr 2007 gibt es ein Visaerleichterungsabkommen zwischen der Europäischen Union und Russland. Dieses Abkommen hebt die Visapflicht noch nicht auf, aber es erleichtert bereits russischen Staatsangehörigen und Bürgern der Europäischen Union die Beschaffung von Visa für einen Aufenthalt bis zu 90 Tagen.
Es erleichtert dabei Familienangehörigen von EUBürgern, Schülern und Studenten in Austauschprogrammen, Sportlern, behinderten Personen und Mitgliedern von offiziellen Delegationen den Erhalt von Visa. Der Antragsteller muss weniger ausführliche Dokumente vorlegen, um den Grund der Reise darzulegen. Über einen Visumsantrag wird generell innerhalb von zehn Tagen entschieden. Seit dem Frühling 2007 diskutieren Diplomaten und Experten beider Seiten im sogenannten Visadialog regelmäßig weitere Erleichterungen.
Kurz vor Abschluss der Visavereinbarung gab es aber wieder neue Aspekte, die zu bedenken waren, die von der Russischen Föderation vorgelegt worden sind. Deshalb ist es im Jahr 2007 nicht zu einer Entscheidung gekommen. Auch 2011 gab es zwischen der EU und Russland eine Annäherung. Es ist die Liste der gemeinsamen Schritte ausgearbeitet worden und man hat sich ausgetauscht, welche Punkte noch zu erledigen sind, wo man sich annähern muss.
Im Dezember 2013 veröffentlichte die Europäische Kommission einen ersten Bericht über die Umsetzung der gemeinsamen Schritte durch Russland. Dabei werden bedeutende Fortschritte auf der russischen Seite festgestellt, jedoch wird auch die Umsetzung weiterer Maßnahmen angemahnt. Dazu gehöre die Vereinfachung von Bedingungen für kurze Aufenthalte in Russland, die Wartezeitenfrage an den russischen Grenzposten und das Fehlen eines umfassenden Systems zur Bekämpfung von Menschenhandel.
Für die EU ist die Visafreiheit ein wichtiger Teil der strategischen Partnerschaft mit Russland. Deswegen will die EU die komplette Visafreiheit dann verhandeln, wenn Russland auch auf anderen Gebieten, zum Beispiel bei den politischen Grundrechten, Fortschritte gemacht hat.
Eine besondere Zäsur im Visaliberalisierungsprozess – das kann man nicht ausblenden, und es wäre unfair, wenn