Protokoll der Sitzung vom 16.12.2016

Ich möchte hier nur das Stichwort postfaktische Bildung, das Postfaktische, erwähnen. Was ist die Aufgabe von Schule? Medienbildung umfassend in den Blick zu nehmen, meine Damen und Herren Abgeordneten, das wurde vielfach schon erwähnt, um damit Voraussetzungen für ein erfolgreiches, lebensbegleitendes Lernen zu schaffen und für Chancengerechtigkeit zu sorgen. Einen pädagogisch ausgereiften Rahmen – auch das wurde bereits genannt – zur Umsetzung der Medienbildung hat sich die KMK auf die Fahne geschrieben und eine Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ in der Dezembersitzung verabschiedet.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! In dieser Strategie, die im Laufe eines Jahres erarbeitet wurde, hatten Sachsen und Schleswig-Holstein die Federführung, und deshalb nehmen wir uns nicht nur des Themas an, sondern sind innerhalb der 16 Bundesländer an vorderster Stelle bei der konzeptionellen soliden Untersetzung.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Was ist der Inhalt? Ich skizziere kurz diese KMKStrategie: Sie beinhaltet die Anforderungen an die Lehrerbildung – ja, SMK und SMWK setzen das gemeinsam noch einmal auf die Tagesordnung –, an Infrastruktur, an Ausstattung, an die einzelnen Bildungsbereiche. Ein verbindlicher Kompetenzrahmen ist unerlässlich. Welche Kompetenzen müssen Schülerinnen und Schüler besitzen, um in Medienbildung und Medienkonsum fit zu sein?

Die aktuelle Untersetzung der KMK-Strategie in meinem Haus muss ich gar nicht erwähnen. Wir waren federführend mit Schleswig-Holstein und haben natürlich parallel an unserer Konzeption gearbeitet, die im nächsten Jahr sehr schnell präsent sein wird. Wir werden diese Strategie auch miteinander diskutieren.

Was bedeuten Medienbildung und Digitalisierung für sächsische Schulen? Hier ein kleiner Ausblick auf die Handlungsfelder, die wir ganz konkret für Sachsen benennen: Die Infrastruktur und Ausstattung sind ein Handlungsfeld. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung – ja, das ist richtig – ist ein weiteres Handlungsfeld. Bildungsmedien und -inhalt werden ein Thema sein sowie Curricula und Schulentwicklung, Kooperationen, rechtliche Rahmenbedingungen, Verwaltung und Bildungsorganisation. Das sind die Handlungsfelder, die wir zurzeit ganz konkret mit vielen Partnern für Sachsen untersetzen.

Vor allem in den erstgenannten Handlungsfeldern gibt es großen Bedarf und hierbei – es wurde gestern bereits von Staatsminister Dulig erwähnt – werden wir in Sachsen im Jahr 2017 sicher einen ganz großen Schritt nach vorn gehen.

Ja, das bedeutet auch, dass wir viel Geld in die Hand nehmen werden. Ich begrüße außerordentlich die Initiative von Johanna Wanka, dass sich der Bund finanziell an der digitalen Infrastruktur beteiligen möchte, und wir hoffen, dass diese Bundesbeteiligung auch Realität wird.

Meine Damen und Herren, in den genannten Handlungsfeldern haben wir natürlich bereits Grundlagen gelegt, die bisher mit keiner Silbe erwähnt wurden. Ich nenne unsere digitalen Dienste, die wir anbieten: den sächsischen Bildungsserver, LernSax oder MeSax. Machen Sie sich mit diesen Systemen vertraut! Sie sind bundesweit führend und werden von unseren Schulen bereits umfassend genutzt.

Das ist ein erster Schritt, den wir gehen, und auf diesem bauen wir jetzt auf. Ganz am Anfang stehen wir aber keinesfalls.

Eine wichtige Gelingensbedingung für das Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter ist die umfassende digitale Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer. Das wurde mehrfach erwähnt, und das kann ich nur unterstreichen. Medienerziehung, informatische Bildung und neue Medien im Unterricht sind Schwerpunkte unserer Lehrerfortbildung.

Ich möchte unsere Herbstakademie erwähnen. Sie fand dieses Jahr im November in Dresden, am Gymnasium Bürgerwiese statt. 500 Lehrerinnen und Lehrer haben sich mit dem Thema Medienbildung sehr erfolgreich beschäftigt. Das sind unsere Multiplikatoren an den sächsischen Schulen, wenn schulinterne Lehrerfortbildung stattfindet. Wir werden diesen Schwerpunkt auch im nächsten Jahr sehr weit in den Mittelpunkt von Lehrerfortbildung rücken. Wir starten auch hier nicht bei null.

Wenn ich einen Blick auf die Curricula werfen darf, denen wir uns im nächsten Jahr neben der Stundentafel widmen werden, so ist Informatik in Sachsen bereits seit Langem durchgängig in Sekundarstufe I, Klassenstufe 7 bis 10, ein Unterrichtsfach. Das findet sich in nicht vielen Bundesländern. Es ist sozusagen das Herzstück und strahlt auf alle Unterrichtsfächer an unseren Schulen aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Anforderungen der Arbeitswelt, aber auch des Alltags verändern sich. Wir müssen hier trotz der Getriebenheit durch die Wirtschaft einen kühlen Kopf bewahren. Bei zunehmender Digitalisierung und Automatisierung

gewinnen Problemlösungsstrategien, Kreativität und

Innovativität an Bedeutung. Dafür benötigen wir Urteilsfähigkeit, dafür benötigen wir Handlungsfähigkeit.

Dazu, meine Damen und Herren Abgeordneten, braucht es neben dem nötigen Wissen vor allem eine Werteorientierung.

(Beifall der Abg. Iris Firmenich, CDU)

Im Gegensatz zu Informationen sind Werte im Internet weniger leicht zu finden und zu erwerben. Darin sehe ich vornehmlich die Aufgabe des Elternhauses – das nenne ich sehr bewusst an erster Stelle –, der Schule und der

gesamten Gesellschaft, nämlich eine Allgemeinbildung mit Werten, mit solidem Grundwissen und mit umfassenden Kompetenzen zu vermitteln.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wer das besitzt, der kann sich problemorientiert mit den Herausforderungen unserer Zeit auseinandersetzen – emotional und trotzdem ganz faktisch rational.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die erste Aktuelle Debatte wurde abgeschlossen mit dem Redebeitrag der Staatsregierung, Frau Staatsministerin Kurth; diese Debatte ist damit beendet.

Wir eröffnen die

Zweite Aktuelle Debatte

Agrogentechnik auf sächsischen Feldern verhindern –

bundesweites Anbauverbot durchsetzen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Als Antragstellerin hat als Erstes die Fraktion GRÜNE das Wort. Herr Kollege Günther, Sie beginnen die erste Rederunde.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Heute, während wir hier debattieren, debattiert auch der Bundesrat eine Novelle zum Gentechnikgesetz. Es geht dabei um mögliche bundesweite Anbauverbote gentechnisch veränderter Organismen, sogenannte GVOs, auf Äckern. Das betrifft auch uns hier in Sachsen.

Der Hintergrund ist: Es ist leider nicht gelungen, EU-weit zu einheitlichen Regelungen zu kommen. Wenn von den Herstellern sogenannte GVOs beantragt werden, die sie auf den Markt bringen wollen, dann gibt es ein EU-weites Verfahren, und in diesem Verfahren besteht jetzt die Möglichkeit, dass die nationalen Mitgliedsstaaten einhaken und beantragen können, dass auf vielen Territorien oder Teilen davon der Anbau eingeschränkt oder auch ganz verboten wird.

Wie das auf nationaler Ebene geregelt werden soll, weil es nicht EU-weit gelungen ist, dazu gibt es jetzt diesen Gesetzesaufschlag. Dazu muss man wissen, es gibt in diesem Zulassungsverfahren zwei Phasen. In der ersten Phase, wenn so ein Antrag auf EU-weite Zulassung gestellt wird, kann von den Mitgliedsstaaten ein entsprechender Antrag auf Einschränkung gestellt werden. Dieser ist aber jetzt in diesem Gesetzentwurf, der weit über das hinausgeht, was die EU-Richtlinie vorgegeben hat, sehr kompliziert geregelt.

So werden die Bundesländer durch das Bundeslandwirtschaftsministerium aufgefordert, zu sagen, welche Gründe sie dagegen haben könnten. Sie müssen zwingende Gründe nennen, zum Beispiel umwelt- oder agrarpolitische Gründe, und dafür haben sie 35 Tage Zeit. Das ist ganz schön knapp und die Bundesländer müssen alle mitarbeiten.

Ein nächster Punkt ist: Es muss Einvernehmen im Rahmen der Bundesregierung mit fünf weiteren Bundesministerien hergestellt werden. Wenn sich keine Ländermehr

heit findet, die in so kurzer Zeit solche zwingenden Gründe zusammenträgt, oder wenn irgendein Bundesministerium ausschert, gibt es kein Einvernehmen und dann kommt so ein Veto im Prinzip aus bundesdeutscher Sicht nicht zustande.

Wenn das nicht funktioniert hat, gibt es eine Phase zwei, und dann können wieder die nationalen Mitgliedsstaaten, also auch die Bundesrepublik Deutschland, zu solchen Einschränkungen kommen. Dann müsste eine bundesweite Verordnung erlassen werden. Das ist eine Rechtsverordnung, die wieder durch den Bundesrat gehen müsste, und dann müssten wieder diese zwingenden Gründe vorgetragen werden. Wenn das nicht funktioniert, weil sich auch die Bundesländer nicht alle einig sind, dann kann eventuell in der nächsten Phase wieder so etwas auf Landesebene stattfinden.

Sie sehen, es ist relativ kompliziert und man hat eine Menge Hürden eingebaut, die nicht sehr wahrscheinlich klingen lassen, dass das wirklich immer funktionieren wird. Es sind auch gerade mehrere solcher GVOs schon wieder im Verfahren drin, die zugelassen werden sollen.

Das Problem, warum sich eigentlich alle einig sind, dass wir richtige wetterfeste Anbauverbote brauchen und nicht so einen Flickenteppich in Deutschland, ist, dass diese GVOs einfach nicht eingrenzbar sind. Wenn so etwas einmal draußen im Anbau ist, dann verteilt sich das, wenn es um Samen geht – Wind und Insekten bringen es überall hin –; Samen sind ja lebensfähige, keimfähige Organismen. Wenn das quer durch die Bundesrepublik transportiert wird, bekommt man es nie wieder eingefangen.

Insgesamt muss man einfach feststellen: Diese ganze Gentechnik schafft mehr Probleme in der Landwirtschaft, als dass sie irgendwo etwas löst. Ein Problem ist schon: Sie befördert natürlich genau diesen großflächigen Anbau in Monokultur mit all den Folgen, die wir kennen, etwa auch in puncto Artenvielfalt. Sie verdrängen aber auch die ganzen heimischen Sorten, die robust sind. Die ganze Vielfalt geht uns verloren, von der wir wissen, dass wir sie in der Landwirtschaft brauchen.

Ein riesiges Problem ist auch das Auskreuzen, weil es viele heimische Arten gibt – wilde oder andere, die man anbaut –, mit denen sie sich kreuzen können. Etwa Raps und Zuckerrüben haben heimische Verwandte – Kohlrüben, Ackerwildkräuter – oder die Zuckerrübe ist Kreuzungspartner der Wildrübe.

(Zuruf des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Mangold, Rote Beete – das lässt sich alles nicht mehr einfangen.

Deswegen stimmt diese Aussage, das wäre reversibel, einfach nicht. Wenn es einmal angebaut ist, bekommen wir es nie wieder los. Das beendet auch die sogenannte Wahlfreiheit, die uns sonst immer so wichtig ist. Kein Landwirt kann mehr zusichern, dass er gentechnikfrei produziert. Das lässt sich hinterher nicht mehr seriös sagen. Die wirtschaftlichen Risiken, ob ein Landwirt seine Produkte noch verkaufen kann, ob sie akzeptiert werden, laden wir auch auf die einzelnen Landwirte ab. Das alles vor dem Hintergrund, dass die Folgen dieser grünen Gentechnik einfach noch nicht ausreichend erforscht sind. Da wird etwas in die Natur freigelassen, von dem wir hinterher gar nicht wissen, welche Folgen es hat.

Ein ganz wesentlicher Punkt ist auch die zunehmende Abhängigkeit von Landwirten von diesen Agrarkonzernen, die dieses Saatgut herstellen, noch mit Patentschutz.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Wir haben es schon in vielen Ländern der Welt, –

Die Redezeit geht zu Ende, Herr Kollege.

–, dass die Landwirte kein eigenes Saatgut mehr produzieren können, weil es ihnen patentrechtlich verboten ist, aus ihrer eigenen Ernte etwas zurückzubehalten. Das würden wir dann auch in Deutschland bekommen.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ja, danke.