Bus und Bahn sind gegenüber den individuellen motorisierten Gefährten zu priorisieren. Das Soziale muss in den Fokus gerückt werden, wenn wir über Mobilität und Verkehr reden. Wenn Kinder über zwei Stunden zu irgendwelchen Bildungsorten unterwegs sind, während die Chauffeure der Minister draußen vor dem Landtag stehen, dann läuft einiges schief in diesem Land! Daran muss sich sehr viel ändern.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Böhme, das war ja ein ideologisches Feuerwerk, das Sie hier abgeliefert haben! Ich will gar nicht so intensiv darauf eingehen, aber wenn Sie nicht wissen, was in der Oberlausitz so Phase ist, dann fahren Sie doch einfach mal hin. Wir als Koalition brauchen dafür keinen Ausschussausflug. Wir beschäftigen uns jeden Tag mit den Problemen der Leute.
Herr Staatsminister Dulig hat uns eine gute Übersicht über den ÖPNV im Freistaat Sachsen gegeben. Tatsächlich stehen wir dabei nicht so schlecht da. Wir haben in der ÖPNV-Strategiekommission die Situation im Freistaat Sachsen übrigens mit einigen ausgewählten Bundesländern vergleichen können, und zwar mit Rheinland-Pfalz, mit unseren Nachbarbundesländern Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie mit Niedersachsen.
Rheinland-Pfalz haben wir ausgewählt, weil es in etwa gleich groß ist und eine ähnliche Stadt-Land-Verteilung hat wie bei uns, und auch der Kommunalisierungsgrad beim ÖPNV ist ähnlich hoch. Thüringen und SachsenAnhalt sind unsere Nachbarn. Zu denen gibt es gewachsene Verkehrsbeziehungen und in den vergangenen Jahren interessante Veränderungen im ÖPNV, zum Beispiel das landesweite Busnetz in Sachsen-Anhalt. Niedersachsen ist als Flächenland mit Beziehungen zu Hamburg und Bremen – zwei Metropolen – recht spannend. Zudem gibt es dort mit dem Landesfahrzeugpool bei der Eisenbahn und bei verschiedenen Organisationsstrukturen interessante Vergleichsmöglichkeiten.
Dieser Vergleich hat uns gezeigt, dass wir im Freistaat Sachsen bei der Verteilung der Mittel eigentlich gut dastehen. Vor allem aber haben wir bei den Ausschreibungen der Verkehrsleistungen auf der Schiene einen hohen Wettbewerbsgrad erreicht und dadurch heute schon attraktive Preise erzielt.
Aber das Bessere ist der Feind des Guten, und weil auch im sächsischen ÖPNV noch längst nicht alles optimal organisiert ist, beschäftigen wir uns intensiv mit der Verbesserung der Lage. Es kommt sehr darauf an, welchen Bereich wir uns anschauen. Außerdem steigen die Preise auch in dieser Branche, und bei der Zusammenarbeit unserer Zweckverbände – das haben wir auch gemerkt – gibt es natürlich noch Luft nach oben.
Worum geht es also in den kommenden Jahren? Ich habe mich vor einiger Zeit mal mit einem ostsächsischen Kollegen aus dem Deutschen Bundestag unterhalten. Er sagte mir einen Satz, den ich seitdem als eine Art Klammer über diesen ganzen Betrachtungen habe. Mein Kollege sagte: Bei dir in Leipzig geht es darum, ob ihr 10-, 20- oder 30-Minuten-Takt habt, bei mir in Ostsachsen geht es darum, ob der Bus einmal oder zweimal am Tag kommt oder eben manchmal auch gar nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das beschreibt exakt die Herausforderungen beim Status quo. Aber die Welt bleibt ja nicht stehen, weder bei der demografischen Entwicklung noch bei den technischen Innovationen. Genau in diesem Spannungsfeld müssen wir unseren ÖPNV fit machen für die Zukunft. Da wird viel gehen.
Leipzig, Dresden und Chemnitz wachsen. Nach Leipzig zieht jedes Jahr eine ganze Kleinstadt – 10 000 bis 15 000 Einwohner sind Neu-Leipziger. In Dresden ist es
ähnlich. In Chemnitz geschieht das nicht in dem Umfang, aber auch hier ist der Saldo leicht positiv. Die großen Städte wachsen außerdem immer stärker mit dem Umland zu einem urbanen Großraum zusammen. Gleichzeitig schrumpfen die Einwohnerzahlen im ländlichen Raum, und die Leute werden immer älter. Damit gibt es höchst unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse.
In den wachsenden Ballungsräumen müssen wir in den nächsten Jahren erhebliche Mehrverkehre organisieren. Im ländlichen Raum geht es darum, eine Grundversorgung zu sichern. Gleichzeitig brauchen wir einen starken Schienen-Personennahverkehr als Rückgrat des sächsischen ÖPNV. Das funktioniert aber nur, wenn genügend Leute mitfahren. Denn die Eisenbahn ist zwar ein sehr schönes Verkehrsmittel, aber auch ein sehr teures. Bahn und Bus müssen wir also intelligent verknüpfen. Wir müssen sie als Einheit denken.
Jedes Mal, wenn eine Bahnstrecke geschlossen werden soll, ist der Aufschrei groß. Manchmal möchte man sagen: Wenn alle, die sich an dieser Diskussion beteiligen und sich über die Schließung aufregen, mitfahren würden, dann müssten wir nicht über die Schließung diskutieren, sondern über den Bau eines zweiten oder dritten Gleises.
Die Bahn funktioniert nicht ohne den Bus. Der Bus ist flexibler und schafft die Fahrgäste zur Bahn. Beide Systeme sichern die Mobilität im ländlichen Raum und hin zu den Ballungszentren. Aber ich habe manchmal Zweifel, ob dieses Systeme immer optimal aufeinander abgestimmt sind. Vielleicht ist es auch nur eine Frage von Kommunikation oder Verkauf, die besser werden müssen. Wahrscheinlich aber liegt die Wahrheit, wie so oft, in der Mitte.
Unsere Verkehrsunternehmen leisten heute schon Großes. 2016 gab es in Leipzig zum Beispiel 2,1 % Bevölkerungswachstum. Die LVB haben aber 7,3 % mehr Fahrgäste befördert. Dieses Wachstum ist also nicht nur durch Zuzug zu erklären. Die Leipziger Verkehrsbetriebe machen also trotz der teilweise alten Tatras, die da noch fahren, ziemlich viel richtig. Sie profitieren natürlich auch vom mitteldeutschen S-Bahn-Netz. Durch den CityTunnel kommen viel mehr Leute mit den Öffentlichen aus dem Umland in die Stadt. Das ist der Beweis, dass der Tunnel eine goldrichtige Investition war. Sehr viele, die während der langen Bauphase nur gemeckert haben, wollen den Tunnel heute nicht mehr missen. Dass wir als Freistaat Sachsen dieses Mammutprojekt gestemmt haben, war die absolut richtige Entscheidung.
Aber wie geht es jetzt weiter? Leipzig und Dresden werden perspektivisch auf die 700 000 Einwohner zusteuern. Dass eine solche Stadt nicht mit einem Verkehrsnetz von 2001 zu versorgen ist, liegt auf der Hand. Wir werden im urbanen Raum also weiter investieren müssen, und zwar in neue Fahrzeuge, in neue Linien, in neue Systeme. Dabei werden die nachfragestarken Relationen weiterhin
im Taktverkehr und auf starren Linienführungen versorgt werden müssen. Teilweise brauchen wir dort sogar Taktverdichtungen. Dass sich das lohnt, zeigen die wachsenden Zahlen bei den LVB. Seit samstags auf den Straßenbahnlinien 10-Minuten-Takt gilt, fahren mehr Leute mit. Das entlastet natürlich auch den Individualverkehr, der dann weniger im Stau steht.
Wenn die Stadtplanung künftig berücksichtigt, dass der Individualverkehr und der ÖPNV intelligent nebeneinander organisiert werden, wird sich das Mobilitätsangebot deutlich verbessern. Leider ist das in Leipzig heute nicht immer so, da gibt es noch Luft nach oben. Denn durch die Entscheidungen der grünen Baubürgermeisterin stehen nicht selten Bimmel und Auto im selben Stau. Aber das ist eher ein Thema für den Leipziger Stadtrat.
Als Freistaat müssen wir darauf achten, dass solche Fehlentscheidungen nicht auch noch durch Fördermittel goutiert werden.
Eine große Herausforderung in den nächsten Jahren wird der flächendeckende barrierefreie Ausbau der Netze sein. Auch hier haben wir durch die Arbeit der Strategiekommission künftig einen viel besseren Überblick. Zum ersten Mal werden landesweit Daten zum ÖPNV erhoben. Das wird uns helfen, die Planungen zu verfeinern. Dass dabei mancher Zweckverband und manche Kommune erst auf mehrmaligen Druck bereit waren, entsprechende Daten zu liefern, zeigt, dass wir an der einen oder anderen Stelle Reformbedarf haben. Dazu werde ich später noch sprechen.
Barrierefreiheit wird heute vor allem baulich definiert. Dabei geht es auch anders. Manche Fachleute sagen, dass schon die Verringerung der Haltestellenabstände zur Barrierefreiheit beiträgt, weil die Fahrgäste dann nicht mehr so weit bis zur nächsten Haltestelle laufen müssen. Sie haben recht. Das betrifft nicht nur ältere oder gehbehinderte Menschen, sondern auch die Mutti mit dem Kinderwagen und vielleicht den einen oder anderen Reisenden mit zwei Koffern.
Künftig könnte Barrierefreiheit ganz neu definiert werden, wenn es nämlich nicht mehr nur um starre Haltestellen geht. Hier treffen sich die Bedürfnisse von Teilen der Stadt und sehr vielen Bereichen des ländlichen Raumes. Die Lösung ist in beiden Fällen gleich. Sie lautet: autonom fahrende Systeme. In der Stadt geschieht das vielleicht eher auf einer starren Linienführung, auf dem Land losgelöst davon. Dort fahren heute nicht selten 60 Plätze heiße Luft auf einer starren Route durch die Gegend, einer Route, die vor 20 Jahren festgelegt wurde. Die Busse halten an Schulen, die es längst nicht mehr gibt, und fahren am Supermarkt vorbei, der vielleicht vor fünf oder zehn Jahren gebaut wurde. Es wird höchste Zeit, das einmal zu hinterfragen.
Unser Fraktionsarbeitskreis Wirtschaft, Arbeit und Verkehr war in der letzten Woche auf einem Field trip in Silicon Valley. Wir haben uns angeschaut, welche Innova
tionen dort gerade entstehen. Wir haben uns angeschaut, wie der Verkehr von morgen entwickelt wird. Ein großes Thema ist das autonome Fahren. Wer glaubt, dass das ein Thema ist, das erst in zehn Jahren virulent wird, dem empfehle ich dringend, sich das einmal vor Ort anzuschauen. Google hat dort eine Flotte von 60 Elektroautos, die jedes Jahr eine Million Kilometer auf echten Straßen fahren. Die dabei gesammelten Daten ermöglichen heute schon eine Milliarde Kilometer im Simulator. Noch muss in jedem Testauto ein Fahrer sitzen, der notfalls eingreifen kann. Genau das wird jetzt dort geändert. Die nächste Stufe wird gezündet. Der „San Francisco Chronicle“ meldete letzten Freitag, dass der State of California jetzt die ersten Testautos lizenzieren wird, die ohne kontrollierenden Fahrer auf die Straße dürfen, also vollautonom fahren. Das autonome Fahren ist dort heute schon Wirklichkeit.
Es ist völlig klar, dass das nicht beim Pkw bleiben wird. Darin liegt eine riesige Chance für den ÖPNV. Die Amerikaner haben das erkannt. Das Federal Department of Transportation, so heißt das US-Verkehrsministerium, hat letztes Jahr einen Wettbewerb ausgelobt, dessen Titel „Smart Cities“ ist. Dort soll es um Lösungen für die Verkehrsthemen von morgen gehen. 78 amerikanische Städte quer durch das Land haben sich beworben. Zum Teil ist das in Arbeitsgemeinschaften passiert. Insgesamt sind es also noch ein paar Kommunen mehr. Gewonnen hat Columbus in Ohio. Dorthin fließen jetzt 40 Millionen US-Dollar. Integraler Bestandteil des Konzeptes war es, mit autonom fahrenden Bussen sozial schwächere Stadtteile an die Stadt anzubinden. Grundgedanke ist, dass zum Beispiel schwangere Frauen zu Vorsorgeuntersuchungen in Krankenhäuser gebracht werden können. Diese Krankenhäuser sind zuweilen recht weit entfernt. Die einkommensschwachen Frauen hatten bisher wenige Möglichkeiten, dorthin zu kommen. Taxi und eigenes Auto sind zu teuer, Buslinien gibt es nicht. Das Konzept ermöglicht auch anderen Menschen, vor allem älteren, sozial Anschluss zu halten.
Das ist mit der Situation im Freistaat Sachsen und in Deutschland natürlich nicht zu vergleichen, weil unser ÖPNV ganz anders und viel besser organisiert ist. Aber es ist bisweilen ganz hilfreich, sich das trotzdem anzuschauen. Denn das eine oder andere können wir bei uns adaptieren. Wir müssen nicht dafür sorgen, dass schwangere Frauen mit geringem Einkommen ins Krankenhaus kommen. Aber wir können die gleichen Systeme nutzen, um die Leute auf dem Land viel besser mit dem ÖPNV zu versorgen, wenn der Bus nämlich zu ihnen auf Anforderung – on demand, wie die Fachleute sagen – kommt, und zwar – noch ein Fachbegriff – in viel kleineren Gefäßgrößen als heute, neun Plätze statt 60. Er fährt dann dorthin, wo die Leute sind und wohin sie müssen. Autonom fahrende Systeme haben die Lösungen für viele Fragen, die wir im ländlichen Raum haben.
Bereits heute machen die Personalkosten rund 50 % der Kosten im ÖPNV aus. Man stelle sich vor, wie viel mehr öffentlichen Verkehr wir organisieren könnten, wenn wir
hier neue Lösungen finden. Natürlich müssen wir uns überlegen, was wir mit dem bisherigen Personal machen, welche Aufgaben es künftig erfüllen könnte. Aber die Welt bleibt nicht stehen. Irgendwann geht auch der eine oder andere, der heute im System ist, in Rente. In dieser Zeit können wir das System umbauen und neu organisieren. Es wird neue Jobs geben, vielleicht nicht als Busfahrer, aber in anderen Bereichen. Das wird dem ländlichen Raum neue Entwicklungsperspektiven verschaffen.
Man stelle sich vor, Unternehmen siedeln sich im ländlichen Raum an, weil die Beschäftigten nicht mehr mit dem eigenen Auto in die Großstadt müssen, sondern mit dem autonomen Bus ins Gewerbegebiet nebenan fahren können. Lebenszeit wird gespart. Die kann man auch mit der Familie verbringen. Wir haben damit unglaublich viel Entwicklungspotenzial.
In den Großstädten können wir auf diese Art und Weise Quartierbusse ganz neu schaffen. Ein Beispiel aus meinem Wahlkreis: In Grünau fährt der „Grünolino“. Er verbindet Arztpraxen, Apotheken, Geschäfte, Kitas und Schulen mit Haltestellen von Straßenbahnen und S-Bahn. Er fährt einmal pro Stunde; mehr ist momentan nicht drin. Wenn er autonom führe, könnte man die gesparten Personalkosten in die Taktverdichtung stecken, um zum Beispiel vielleicht aller 30 Minuten zu fahren, und schon wäre das System attraktiver. Die Leute kommen flexibler zu ihren Zielen und zu den schienengebundenen Verkehrsmitteln. Dadurch fahren wieder mehr Menschen mit, die Auslastung steigt und das Gesamtsystem profitiert.
Auch in Deutschland gibt es bereits Testläufe mit diesem autonomen System. Im InnoZ, einem Labor der Deutschen Bahn in Berlin, fährt seit dem letzten Jahr so ein Neunsitzer auf einer festgelegten Strecke. Die Bahn forscht daran, weil sie damit Zubringerverkehre zu ihren schienengebundenen Linien organisieren will. Damit sind wir wieder bei der Stärkung des ganzen Systems. Die Mittel werden – nebenbei bemerkt – auch sehr viel effizienter eingesetzt.
Im bayerischen Bad Birnbach wird ebenfalls getestet zwischen dem Bahnhof und der Innenstadt. Reguläre Busse gibt es dort nicht, und für Taxen ist die Strecke zu unattraktiv. Ich bin sicher, wir finden auch im Freistaat Sachsen das eine oder andere Bad Birnbach, und auch in anderen Teilen Deutschlands gibt es ähnliche Pilotprojekte: im Verkehrsverbund Rhein-Neckar, in Osnabrück, bei der Hamburger Hochbahn und im Karlsruher Verkehrsverbund.
Über all diese Projekte berichtet die Zeitschrift des Verbandes der Verkehrsunternehmen – übrigens nicht zum ersten Mal –, und wenn das Thema das nächste Mal dort behandelt wird, dann fände ich es ziemlich gut, wenn wir da auch ein sächsisches Pilotprojekt unterbringen könnten.
Damit sind wir beim Thema Zweckverbände im sächsischen ÖPNV. Natürlich müssen wir auf Landesebene die Rahmenbedingungen für solche Innovationen schaffen. Aber ich erwarte, dass von unseren Verkehrsfachleuten in
den Zweckverbänden die Initialzündungen kommen und heute schon mehr getan wird, um die Menschen für den ÖPVN zu begeistern.
Die Baustellen sind klar: Wir brauchen einheitliche Beförderungsbedingungen. Es kann nicht sein, dass in der S-Bahn zwischen Zwickau und Leipzig drei unterschiedliche Regeln für die Fahrradmitnahme gelten.
Es kann nicht sein, dass bei fünf Zweckverbänden fünf unterschiedliche Fahrgastinformationssysteme angewendet werden, und nicht immer funktioniert das in Echtzeit. Dabei gibt es diese Lösungen längst.
Wer im Ausland die „Uber“- oder im Inland die „mytaxi“App benutzt, kann nicht nur sehen, welches Auto gerade unterwegs ist, wohin es fährt und wie lange es bei der Onlinebestellung bis zu einem braucht, sondern der kann über diese Apps auch noch bargeldlos bezahlen. Warum geht das eigentlich nicht im sächsischen ÖPNV? Warum gibt es noch kein Ticket für die gesamte Reise? Technisch ist das doch alles längst möglich.
Apropos Ticketing: Es kann nicht sein, dass bei einer Reise von Chemnitz nach Dresden mit den Nahverkehrszügen unterschiedliche Bedingungen für den On-BoardVerkauf gelten. Im VMS, also dem Verkehrsverbund Mittelsachsen, kann man das Ticket im Zug am Automaten kaufen, im VVO, also in Ostsachsen, geht das nicht. Das führt zu der absurden Situation, dass von Chemnitz bis Klingenberg-Colmnitz die Automaten im Zug aufgeschaltet sind, und von Klingenberg-Colmnitz bis Dresden nicht. Das versteht kein Mensch.
Es kann nicht sein, dass bei einer Harmonisierung der Tarife das größte Problem sein soll, dass der eine Zweckverband ein Waben- und der andere ein Entfernungsmodell anwendet und das auch der Grund dafür sein soll, dass sich Heerscharen von Mitarbeitern jahrelang mit Synchronisierungsarbeiten beschäftigen. Wir müssen uns mit diesen Strukturen beschäftigen – der Minister hat es bereits gesagt –, und wir werden das tun.
Dabei geht es nicht darum, ein, zwei, drei oder vier Geschäftsführergehälter zu sparen. Das macht das Kraut nicht fett. Es geht um Entscheidungsebenen. Es darf nicht darum gehen, dass Innovationen nur dann funktionieren, wenn die handelnden Personen „miteinander können“.
Wenn wir ein sachsenweites Modell für neue Verkehrstechniken einführen wollen, dann darf das nicht an den Verbandsgrenzen scheitern – weder beim Tarif noch bei den Beförderungsbestimmungen und erst recht nicht bei den neuen innovativen Bedienformen.
Natürlich müssen dabei die lokalen Bedürfnisse Berücksichtigung finden. Eine zentralisierte Ein-StandortLösung verbietet sich also. Aber ob die aktuelle Lösung der fünf Zentralen sinnvoll ist, ist fraglich. Das ist am Ende aber nur eine Frage der Organisation der Verantwortlichkeiten und Entscheiderebenen.