Andreas Nowak

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion ist mit der Reihenfolge heute zum zweiten Mal etwas kreativ. So darf ich Ihnen aber jetzt auch noch unsere Position zu dem Antrag der GRÜNEN vortragen.
Verkehrssicherheit ist uns sehr wichtig, der Staatsregierung auch und mir ganz persönlich als Präsident der Sächsischen Landesverkehrswacht. Ich werde Ihnen dennoch erläutern, warum wir Ihren Antrag nicht für zielführend halten und ihn deswegen ablehnen werden.
Über die Punkte unter Ihrem Abschnitt 1 ist schon viel gesagt worden, auch über die Große Anfrage der LINKEN. Es hilft auch ein Blick auf die aktuellen Homepages von SMWA, SMI, vom ADAC oder unserer LVW. Auch der Doppelhaushalt hält einige Informationen bereit. Die Mittel und die Unfallzahlen sind transparent dargestellt. In jedem Frühjahr werden sie vom Staatsministerium des Innern präsentiert. Es gibt vielfältige Maßnahmen der Verkehrserziehung und der Präventionsarbeit.
Auf dem Verkehrssicherheitstag auf dem Sachsenring sind nicht nur Präsentationen zu bewundern. Sie können dort verschiedene Angebote testen. Der nächste ist übrigens am 11. August. Ich kann nur wärmstens empfehlen, da einmal hinzugehen. Die Bürgerinnen und Bürger machen es übrigens auch. Er ist immer sehr gut besucht.
Über all diese Verkehrssicherheitsmaßnahmen berichten die Träger dieser Maßnahmen regelmäßig an die Sächsische Staatsregierung. Immerhin sind es unsere Landesgelder, die dafür ausgegeben werden.
Dazu kommen Projekte des Deutschen Verkehrssicherheitsrates und der Deutschen Verkehrswacht. Sie werden aus Bundesmitteln bezahlt. In den 26 Orts- und Gebietsverkehrswachten arbeiten ehrenamtliche Verkehrswächter
und sorgen dafür, dass im gesamten Freistaat Sachsen die Verkehrssicherheit steigt.
Wenn man sich die Entwicklung der Unfallzahlen ansieht, trägt diese Arbeit tatsächlich Früchte. Während 1995 in Sachsen noch 649 Menschen im Straßenverkehr starben und 9 030 schwer verletzt wurden, waren es vor 20 Jahren 507 Getötete und 7 786 Schwerverletzte. 2018 gab es 198 Verkehrstote und 4 158 Schwerverletzte. Die Zahlen haben sich also in den letzten 20 Jahren mehr als halbiert. So erfreulich diese Entwicklung ist, ist doch jeder Getötete und jeder Schwerverletzte einer zu viel. Jede Akte hat ein Gesicht. Es stecken Schicksale, Leid und Traurigkeit in diesen Zahlen. Deshalb eint uns das Bestreben nach mehr Verkehrssicherheit. Allerdings müssen wir uns ansehen, was da genau getan werden sollte.
Ich sage ganz klar, dass wir als Union im Sächsischen Landtag hinter dem Konzept „Vision Zero“ stehen. Das sehen wir anders als die Bundesregierung, die das Ziel für nicht erreichbar und deshalb für demotivierend hält. „Vision Zero“ ist mehr als nur ein statistischer Kennwert. Das Konzept entstammt der Vermeidung von Arbeitsunfällen und wird seit den 1990ern für den Verkehr weiterentwickelt.
Man kann schon heute sagen, dass die Maßnahmen zur Verkehrssicherheit im Freistaat Sachsen dazu beitragen, möglichst nahe an die Vision von null Verkehrstoten heranzukommen. Es ist also mehr als nur ein Zielwert.
Der Erfolg von Verkehrssicherheitsmaßnahmen steigt mit der Akzeptanz der Verkehrsteilnehmer. Da ist es am Ende verrückt, dass zwischen den Verkehrsarten streckenweise solche Verkantungen entstehen. Niemand ist fast ausschließlich Autofahrer oder nur Radfahrer oder nur Fußgänger. Die Landesverkehrswacht geht genau von diesem Punkt aus und hat mit dem Programm „Miteinander kommen alle an“ etwas aufgelegt, was durch den Freistaat Sachsen mitbezahlt wird. Wir gehen auf Elternabende und in Berufsschulen. Wir besuchen Betriebe, schaffen Angebote für Senioren und sorgen so dafür, dass die Akzeptanz steigt, wenn man einmal die andere Position bekommt.
Die Akzeptanz steigt aber auch, wenn man sinnvolle Maßnahmen vorschlägt. Damit bin ich beim zweiten Teil. Was Sie in Ihren Antrag hineingeschrieben haben, mag an manchen Stellen sinnvoll sein. Viel von dem geht aber heute schon, zum Beispiel Tempo 30 auf Hauptstraßen vor Schulen, Kindergärten und Altersheimen. Aber flächendeckend Tempo 30 vorzuschreiben, erscheint mir eher ideologisch getrieben. Wir hatten so einen Antrag schon einmal hier im Hohen Haus, im Spätsommer 2016. Ich habe bereits damals von diesem Pult aus gesagt, dass Sie damit den Verkehr in die Nebenstraßen und Wohngebiete lenken. Wenn in der ganzen Stadt nur noch Schleichfahrt angesagt ist, dann suchen sich die Leute neue kürzere Wege. Damals habe ich es eher aus Gründen der Umweltbelastung abgelehnt. Aber auch für die Verkehrssicherheit ist das schädlich. Wenn wir uns die Zahlen ansehen, dann merken wir nämlich, dass im Bereich der
Kraftfahrzeuge nicht unser größtes Problem liegt. Viel gefährdeter sind Radfahrer und Fußgänger. Gerade diese Gruppe ist es aber, die besonders häufig in Wohngebieten unterwegs ist. Wenn Sie durch Tempo 30 dorthin mehr Verkehr lenken, erreichen Sie das Gegenteil von dem, was gewollt ist.
Das betrifft auch ein Tempolimit auf Autobahnen. Die Autobahnen sind die sichersten Straßen in Deutschland. Die Forderung nach einem Tempolimit wurde auf der letzten Jahreshauptversammlung der Deutschen Verkehrswacht in Bremen vor einigen Wochen intensiv diskutiert. Es gab Landesverbände wie Bremen und Mecklenburg-Vorpommern, die das vehement fordern. Bei Bremen wundert mich das nicht. Wenn man sich deren Anteil an Autobahnen und vor allem an Autobahnen ohne Tempolimit anschaut, ist das total nachvollziehbar. In Mecklenburg-Vorpommern liegen die Probleme eher bei den Alleen. Insofern ist es da verwunderlicher. Die Jahreshauptversammlung der DVW hat diese Forderung nach einem generellen Tempolimit abgelehnt, auch weil es dazu noch zu wenige Forschungen gibt. Die Länder, in denen generelle Tempolimits existieren, haben zwar niedrigere Unfallzahlen, sie haben aber auch viel weniger Autobahnanteile als in Deutschland. Insofern ist das nicht vergleichbar, auch wenn es gern herangezogen wird. In den kommenden drei Jahren soll an dem Thema weitergeforscht werden, und zwar unter Berücksichtigung deutscher Bedingungen.
Überhaupt ist Verkehrssicherheitsarbeit etwas für
Teamplayer und weniger für Verbote. Es ist eine Querschnittsaufgabe, an der in Sachsen viele arbeiten, die Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und für Kultus, die 26 Ortsverkehrswachten, TÜV, DEKRA, ADAC, ADFC, Versicherer, Automobilwirtschaft und die Unfallforschung der TU Dresden.
Bestimmte zentrale Themen greift Ihr Antrag nicht auf. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Helmpflicht für Radfahrer? Da gibt es weitreichende Forschungen. Kopfverletzungen spielen eine ganz zentrale Rolle bei schweren Verletzungen mit dem Rad. Der ADFC wehrt sich aber vehement gegen so eine Helmpflicht.
Den ganzen Bereich Fahrassistenzsysteme bis hin zum autonomen Fahren greift Ihr Antrag nicht auf. Dabei liegen hier riesige Potenziale für mehr Verkehrssicherheit. Wir sollten im nächsten Doppelhaushalt durchaus mutig überlegen, wie wir diesen Bereich vorantreiben können.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen zu bedanken, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn mit dem aktuellen Doppelhaushalt haben Staatsregierung und dann wir als Gesetzgeber den Regierungsentwurf an einigen Punkten für die Verkehrssicherheit verbessert.
Für die Ausstattung der mobilen und stationären Kinder- und Jugendverkehrsschulen wurde erstmals seit Jahren doppelt so viel Geld eingestellt, und die Radfahrausbildung im Grundschulalter haben wir jetzt landesweit einheitlich finanziert. Damit ist der Freistaat Sachsen übrigens das erste Bundesland, das von der Vorschule bis
zur 5. Klasse die Radfahrausbildung einheitlich geregelt und finanziert hat. Es ist jetzt eben nicht mehr Glückssache, ob die Ortsverkehrswacht einen guten Draht zum Bürgermeister oder zum Landrat hat oder nicht.
Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um Staatsminister Piwarz für die Organisation dieses auch für das SMK neuen Bereichs. Es wird nun darauf ankommen, dass diese Bemühungen verstetigt werden und sich auch im Doppelhaushalt 2021/2022 wiederfinden. An Herrn Staatsminister Prof. Dr. Wöller und seine Mitarbeiter richte ich die Bitte, auch künftig die Polizeibeamten mit dieser wichtigen Ausbildung zu betrauen. Sie sind für unsere Jüngsten Respektspersonen, und es ist gleichzeitig eine gute Nachwuchswerbung für unsere Polizei und steigert die Akzeptanz des Staates bei den Bürgern.
An alle drei beteiligten Staatsministerien, also auch an das SMWA, geht die Bitte, die nun 20 Jahre alte gemeinsame Verwaltungsvorschrift entsprechend zu überarbeiten. Dabei hätte ich mir etwas mehr Geschwindigkeit gewünscht, aber steter Tropfen höhlt den Stein. Insofern bin ich optimistisch, dass wir dort alsbald noch weiterkommen.
Meine Damen und Herren, durch diesen Tagesordnungspunkt bin ich der letzte Debattenredner meiner Fraktion in dieser Wahlperiode. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen für muntere verkehrspolitische Debatten. Manches haben wir erreicht, vieles auf den Weg gebracht, und einiges bleibt noch zu tun. Soweit ich es überblicke, arbeiten viele der Verkehrspolitiker hier im Haus daran, dass wir uns in ähnlicher Konstellation im Hohen Haus auch in der 7. Wahlperiode wiedersehen – so auch ich. In diesem Sinne wünsche ich uns spannende Wahlkampfwochen.
Glück auf!
Herr Kollege Böhme, ich habe Ihre Rede sehr wohl verfolgt. Insbesondere ist die Kontrolldichte auf der Autobahn das Thema. Die Autobahnen sind die sichersten Straßen in Deutschland, so auch in Sachsen. Den von Ihnen genannten Zusammenhang sehe ich nicht. Wenn Sie sich die Gesamtzahlen anschauen, die ich gerade vorgetragen habe, so kann man das daraus nicht ableiten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Böhme, wenn man Ihnen zuhört, muss man den Eindruck gewinnen, der sächsische ÖPNV liegt in Trümmern, in Schutt und Asche.
Das ist offensichtlich anders. Nachdem wir gestern über den untauglichen Gesetzentwurf der LINKEN debattiert haben, sind wir jetzt bei dem vorliegenden Antrag endgültig bei „Wünsch dir was“ angekommen. Wie üblich sagen Sie auch nichts zur Finanzierung. Wenn man sich das anschaut, erwähnen Sie zwar den Abschlussbericht der ÖPNV-Strategiekommission, aber beim weiteren Lesen entsteht für mich der Eindruck, als ob Sie den Bericht nicht gelesen haben oder die Rahmenbedingungen beim ÖPNV nicht kennen. Dabei hatten Sie selber einen Sitz in der Strategiekommission. Der Abschlussbericht listet eine Reihe von Maßnahmen auf, die in Summe 500 Millionen Euro kosten. Das ist ungefähr ein Drittel des für 2025 prognostizierten Marktvolumens. Es war in der Strategiekommission klar, dass das nicht alles auf einmal umzusetzen geht.
Es ist völlig klar, dass über die Verteilung der Kosten noch verhandelt werden muss, weil das keine Ebene allein stemmen kann. Sie waren selbst in der AG Finanzierung dabei. Sie könnten das alles wissen. Vielleicht wissen Sie das auch, aber Ihr Antrag berücksichtigt das nicht. Sie schreiben Maßnahmen auf, die nicht im Abschlussbericht stehen, und zwar aus gutem Grund.
Anders als Sie wollen wir tatsächlich Machbares umsetzen. Das muss man sich entsprechend vornehmen. Wir wollen uns an Sinnvollem orientieren. Weder das eine noch das andere scheint so richtig Ihr Ding zu sein. Im Gegenteil, gleich unter I.1 zementieren Sie den Status quo. Indem Sie den ÖPNV zu einer kommunalen Pflichtaufgabe machen, entziehen Sie dem Freistaat Sachsen die Mitwirkungsmöglichkeiten. Wenn das pflichtige Angelegenheit der Kommune wird, muss man die auch machen lassen. Die aktuellen, nicht immer einfachen Verhältnisse in diesem Bereich sind bekannt. Deshalb hat die Strate
giekommission die Einrichtung einer Koordinierungsstelle vorgeschlagen. Wenn Sie den ÖPNV zur Pflichtaufgabe machen, kann diese Stelle die Arbeit einstellen, noch bevor sie begonnen hat.
Selbstverständlich.
Ich stimme Ihnen nicht zu. Das erreichen Sie nicht dadurch, dass es eine kommunale Pflichtaufgabe wird, sondern das erreichen Sie, indem Sie Mitwirkungsmöglichkeiten fürs Land ausbauen und nicht den Kommunen die Pflicht an der Stelle überhelfen. Sie müssen dafür zusätzliche Gelder bereitstellen und haben keinerlei Mitwirkungsrechte bei diesen Verwendungen. Das kann nicht sinnvoll sein.
Der unter 2. von Ihnen geforderte Tarifverbund ist längst auf dem Weg. Mit dem Sachsentarif wird genau das Wirklichkeit werden.
Es geht um einen Haustür-zu-Haustür-Tarif. Wie das organisiert wird, ist den Bürgern am Ende egal. Hauptsache es funktioniert.
Die Strategiekommission hat eine Maßnahme vorgeschlagen, die wird auch begonnen, und dafür ist Geld im Haushalt eingestellt.
Ihre straffen Taktzeiten unter 3. sieht die Strategiekommission ebenfalls nicht vor. Dort haben sich die Fachleute mit der Angebotsentwicklung beschäftigt. Das Ergebnis ist ein landesweites PlusBus- und TaktBus-Netz. Dort wird es in der Woche im Stundentakt und am Wochenende im Zweistundentakt zur Sache gehen. Das stärkt klar den ländlichen Raum. Viele Bürger werden damit zum ersten Mal überhaupt an den ÖPNV angeschlossen. Wenn das Zielnetz eingerichtet ist, haben 80 % aller Sachsen Zugang zum getakteten ÖPNV, der innerhalb der Buslinien und zur Eisenbahn entsprechend koordiniert ist. Die
restlichen 20 % in den absolut dünn besiedelten Gegenden werden über On-Demand-Systeme erschlossen. Hier werden wir gerade durch die zukünftige Entwicklung in der Digitalisierung und im autonomen Fahren eine erstaunliche Entwicklung erleben. Ihre festen Taktzeiten würden eine solche Entwicklung aus meiner Sicht eher behindern. Wir sollten das Geld an der Stelle lieber zukunftsfest ausgeben.
Zu 4.: Anstatt das Schulbussystem zu zementieren, sollten wir zusehen, dass wir möglichst viele Schüler in den Jedermann-Verkehr bekommen. Das Pilotprojekt „Muldental in Fahrt“ erreicht das heute schon.
So haben nicht nur die Schüler etwas vom Bus. Im Übrigen passiert dort genau das, was Sie hier fordern. Die Schulkonferenzen werden in die Fahrplangestaltungen eingebunden. Fragen Sie einmal den MDV-Geschäftsführer Steffen Lehmann wie das funktioniert. Das müssen wir im Sächsischen Landtag wirklich nicht erst noch beschließen.
Unter 7. lassen Sie die Katze aus dem Sack. Sie führen einen Feldzug gegen den Individualverkehr. Das ignoriert vollständig, dass es zwischen Stadt und Land Unterschiede gibt. Wir wollen deshalb eine gute Infrastruktur, vor allem auf dem Land. Sie ist die Voraussetzung für neue Arbeitsplätze, für die Ansiedlung von Betrieben und die gedeihliche Entwicklung der bestehenden Wirtschaft. Wie Staatsminister Schenk in der heutigen Befragung zutreffend bemerkt hat, ist das die Basis für all das, was in der Zukunft gebraucht wird. Die Leute nur auf das Fahrrad zu schicken oder zu Fuß gehen zu lassen, mag an so sonnigen Tagen wie heute und in Dresden oder Leipzig attraktiv sein.
Aber machen Sie das einmal bei 5 °C und Schneeregen in Annaberg-Buchholz. Ziel muss es sein, den Leuten attraktive Angebote zu machen. Ja, dazu gehört auch das eigene Auto, das über moderne Straßen fährt. Die benutzt im Übrigen auch der Bus. – Natürlich steht das da drin, Herr Böhme. Sie wollen mehr Fuß- und Radverkehr, und den Rest wollen Sie dazu entsprechend beschneiden. –
Viel von dem unter II. ist Bestandteil des Abschlussberichtes. Zum Sachsentarif habe ich schon etwas gesagt. Die Arbeitsgruppe Tarif und Vertrieb der StratKom hat weitere Maßnahmen vorgeschlagen. Im Falle des elektronischen Vertriebs werden wir ähnliche Dynamiken erleben, wie beim autonomen Fahren. Hier wollen wir Geld ausgeben. Alle Verbünde haben heute schon entsprechende Angebote. Die müssen allerdings noch synchronisiert werden. Insbesondere zwischen MDV und dem Rest klappt das noch nicht. Auch daran arbeiten die Fachleute, und dazu braucht es keinen Landtagsbeschluss. Das gilt
auch für die Pönalen. Mir ist kein Verkehrsleistungsvertrag bekannt, der keine Vertragsstrafen enthält. Ihre Forderung unter III. ist damit überflüssig.
Die langfristige Finanzierung unter IV. gibt es bereits heute. Mit dem Regionalisierungsgesetz haben die Aufgabenträger bis 2031 Planungssicherheit. Nennen Sie mir einmal einen anderen Politikbereich, in dem so langfristige Planungsvorläufe liegen.
Mit dem Regionalisierungsgesetz haben wir das den Aufgabenträgern entsprechend sichergestellt. Wir haben die ÖPNVFinVO entsprechend angepasst und Mittel zurückgelegt, damit es in den 2020er-Jahren keine Finanzierungsengpässe geben wird.
Und hören Sie bitte mit der Behauptung unter IV.2 auf. Das liest sich so, als ob sich der Freistaat Sachsen über das Finanzministerium auf Kosten der Aufgabenträger an den Regionalisierungsmitteln bereichert. Diesen Eindruck erwecken Sie, wenn Sie die Weitergabe von 100 % der Regionalisierungsmittel fordern.
Das wird doch heute schon genauso gemacht. Der Finanzminister fummelt eben nicht mit schmierigen Fingern an dem Geld herum, das eigentlich den Aufgabenträgern zusteht, sondern 100 % der Regionalisierungsmittel
fließen in den sächsischen ÖPNV. Damit können die Aufgabenträger Verkehrsleistungen bestellen oder Investitionen tätigen.
Das lässt das Regionalisierungsgesetz nämlich ausdrücklich zu. Diese 100 % der Mittel werden ordnungsgemäß ausgegeben und müssen auch entsprechend reportet werden. Sonst würde der Bund nämlich die Mittel zurückfordern und wir als Freistaat Sachsen die Mittel von den Aufgabenträgern. Also hören Sie endlich einmal mit dieser Märchenerzählung auf!
Und natürlich können Sie es nicht lassen, den Bürgern selbst in die Tasche zu greifen. Unter Punkt 4 fordern Sie Nutznießerfinanzierung und Bürgerticket. Ich wäre übrigens sehr gespannt, was die Bürgerinnen und Bürger bei der unter V. geforderten Volksbefragung zu dieser Geldschneiderei sagen würden. Eine Mehrheit sehe ich dafür weit und breit nicht. Das ist auch in Ordnung.
Wir müssen uns mit sinnvollen Finanzierungsinstrumenten beschäftigen. Das von Ihnen in Leipzig und Dresden geforderte und vorhin erwähnte 365-Euro-Ticket kann dazugehören. Aber dann müssen Sie erst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen. Sie müssen vorher in Größenordnungen in Fahrzeuge, Angebote und neue Strecken investieren. Erst dann macht ein 365-Euro
Ticket Sinn. Die Stadt Wien hat genau diese Reihenfolge eingehalten und kann die Folgen des Tickets trotzdem nur schwierig stemmen. Was Sie da fordern, ist der dritte Schritt vor dem ersten, und das wird jetzt auch nicht besser,
da sich die Dresdner Union mit der gleichen Forderung auf dem Markt befindet. Für sinnvoll halte ich das nicht, jedenfalls nicht in der Reihenfolge, wie es jetzt auf dem Markt ist.
Wir in der Regierung wollen den Leuten nicht in die Tasche greifen oder die Wirtschaft mit neuen Abgaben belasten – im Gegenteil. Wir haben im Haushalt 75 Millionen Euro eigenes Geld eingestellt, damit das PlusBusNetz an den Start kommt. Wir vereinfachen mit dem Sachsentarif das Fahren mit Bus und Bahn. Wir treiben die Digitalisierung der Tickets voran, machen die Schüler mobil und schaffen ein Azubi-Ticket, auf das Lehrlinge und Betriebe dringend warten.
Ihr Antrag schließt nicht eine Bewertungslücke der Arbeit der StratKom, wie Sie das in der Begründung behaupten. Der Antrag listet unrealistische und am Ende auch unbezahlbare Maßnahmen auf und zementiert eher das, was wir in der ÖPNV-Organisation noch verbessern können.
Wir setzen in der Koalition lieber die Maßnahmen aus dem Abschlussbericht um und machen damit das Sinnvolle und Machbare. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der heute debattierte Antrag greift ein wichtiges Thema auf, nämlich die Stärkung des Schienengüterverkehrs. Aber wie so oft bei Ihren Anträgen, liebe GRÜNE, schrammt er am Sinnvollen und vor allem am realistisch Machbaren doch gehörig vorbei, und dann soll es wieder einmal nicht ohne Verbote gehen. Ganz ehrlich: Das kann man alles nur aufschreiben, wenn man nicht liefern muss; denn für die meisten der hier geforderten Maßnahmen ist der Freistaat Sachsen überhaupt nicht zuständig. Oder sie sind schon in der Mache. Das zeigt auch die Stellungnahme der Staatsregierung.
Wären wir jetzt im Deutschen Bundestag, könnte man über Ihre Forderungen definitiv besser diskutieren; denn dort gehören sie zu weiten Teilen hin. Besonders absurd finde ich aber die von Ihnen genannten Fristen. Die Staatsregierung soll bis zum 30.06. eine Nutzungsanalyse vorlegen, und zwar für alle Güterverkehrszentren, alle KV-Terminals und auch für die sonstigen Zugangsstellen zum GV. Für die langlaufenden Verkehre sollen Verlagerungspotenziale ermittelt werden. Bis Anfang 2020 sollen auf quasi allen relevanten sächsischen Strecken 740 Meter Überholgleise fertig sein.
Einmal ganz ehrlich: Meinen Sie das eigentlich ernst?
Wissen Sie, wie aufwendig solche Erhebungen sind, wenn man die richtig macht? Wissen Sie, wie bei den langlaufenden Verkehren die Partner eingebunden werden? Das geht nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern da muss man vor allem mit denen im Ausland verhandeln, gerade wenn man wie Sachsen am Rande liegt.
Das ist jetzt übrigens die Gelegenheit, meinen Kollegen Heinz Lehmann in diese Rede einzubauen.
So wie Heinz Lehmann unermüdlich für den Freistaat Sachsen im Ausschuss der Regionen in Brüssel wirbt und unterwegs ist, müssen wir das auch bei den langlaufenden Güterverkehren machen. So etwas geht nur gemeinsam mit unseren europäischen Nachbarn; denn langlaufende Verkehre innerhalb Sachsens haben wir gar nicht. Wir haben nicht einmal langlaufende Verkehre mit SachsenAnhalt und Thüringen zusammen. Darauf komme ich noch, wenn wir uns mit dem Änderungsantrag des Kollegen Wurlitzer beschäftigen.
Schauen wir uns die Lebenswirklichkeit an. Ich mache das an einem Beispiel deutlich, das Sie explizit im Antrag erwähnt haben – was mich persönlich übrigens sehr freut –, nämlich anhand von CargoBeamer. Diese sächsische Erfindung erleichtert den kombinierten Verkehr, also das Verladen von Lkw-Trailern auf Eisenbahnwagen. Heute funktioniert das so: Sie haben einen Sattelauflieger, der wird mit einem Kran auf den Eisenbahnwagen gehoben. Das geht überhaupt nur mit 10 % der Trailer, die müssen nämlich kranbar sein. Einen ganzen Güterzug so zu beladen dauert vier Stunden. CargoBeamer hat eine Wanne erfunden, in die zieht man die Trailer hinein. Wenn der nicht kranbar ist, dann stehen die Wannen am Gleis bereit. Der Zug kommt ins Terminal. Die Wannen auf den Waggons werden auf die eine Seite entladen und von der anderen Seite kommen die neuen beladenen Wannen. Der Zug ist in 15 bis 20 Minuten wieder abfahrbereit. Das ist eine wirklich tolle Innovation.
Nur, innerhalb Sachsens sind die Strecken viel zu kurz, um das Terminal wirtschaftlich zu betreiben. Es kostet nämlich mindestens 20 Millionen Euro, so ein Terminal zu bauen. Deshalb ist das CargoBeamer-System vor allem dann sinnvoll, wenn die Transportzeiten länger als sieben Stunden dauern. Das hat mit den vorgeschriebenen Lenkzeiten zu tun. Denn erst, wenn der Lkw auf der Straße eine gesetzlich vorgeschriebene Pause machen muss, lohnt sich dieser kombinierte Verkehr auf der Schiene; denn da wird einfach weitergefahren.
Wenn das aber so ist, dann kann man die von Ihnen geforderten Erhebungen nicht nur auf den Freistaat Sachsen beschränken. Dann muss man die Partner ins Boot holen. Das bedeutet deutlich mehr Aufwand. Das ist bis 30. Juni überhaupt nicht zu schaffen.
CargoBeamer und die anderen kombinierten Verkehre funktionieren vor allem bei drei Bedingungen.
Erstens. Die Laufzeit der Verkehre überschreitet auf der Straße sieben Stunden.
Zweitens. Die Topografie zwingt zu Beschränkungen. Weil man mit dem Lkw zum Beispiel nicht unbegrenzt über die Alpen bzw. darunter durchfahren kann, wird die Verladung auf den kombinierten Verkehr schneller attraktiv. Das bedeutet, dass Ihr Sattelauflieger die Alpen auf einem Zug überquert. Das passiert in der Regel durch einen Tunnel, zum Beispiel heute am Gotthardt oder demnächst am Brenner. Das erklärt auch, warum die Österreicher und Schweizer hier erheblich größere Prozentzahlen an Verkehr auf dem Gleis haben.
Am Gotthardt gibt es übrigens eine Lademaßbeschränkung. Nur CargoBeamer erfüllt diese für die kombinierten Verkehre. Deshalb funktioniert das dort besonders gut. Sie kombinieren das mit den langlaufenden Zügen, denn die fahren zwischen dem Rheinland und Mailand.
Wenn so eine Barriere wie die Alpen fehlt, rechnet sich das aber tatsächlich nur über die Lauflänge. Damit sind wir wieder bei erstens.
Drittens. Sie haben auf Ihrer Transportroute einen Spurwechsel. Dann wird nämlich das Umladen bzw. Umspuren durch das System auf 15 bis 30 Minuten verkürzt. Zum Vergleich: Konventionelle kombinierte Verkehre brauchen dafür pro Zug etwa vier Stunden. Das hörten wir schon.
Das bedeutet, solche grenzüberschreitende Verkehre können bei einem Spurwechsel deutlich schneller abgewickelt werden. Damit wird es wirtschaftlicher. Dementsprechend ist es dann sinnvoll, für 20 Millionen Euro so ein Terminal zu bauen.
Aber derzeit ist nicht damit zu rechnen, dass die russische Breitspur bis Görlitz oder Schöna gebaut wird. Das wären nämlich die nächstgelegenen Grenzbahnhöfe. Dahinter geht es mit der in Deutschland gebräuchlichen Normalspur von 1 435 Millimeter weiter. Es bleibt also wieder nur erstens.
Das heißt, wir müssen uns auf die langlaufenden Verkehre konzentrieren. Für Sachsen kann es aufgrund mangelnder Topografie oder mangelnder Spurwechsel nur um diese Züge gehen. Zumindest bis zur Fertigstellung des Erzgebirgsbasistunnels ist das so. Dann hätten wir vielleicht auch ein topografisches Argument. Aber wie wir alle wissen, wird das bis zum 30. Juni 2019 oder 1. Januar 2020 eher nichts.
Wir sollten uns also lieber mit den geltenden Realitäten beschäftigen. Dazu gehört übrigens auch, dass CargoBeamer in Sachsen nur ein Verladeterminal unterhält. Das ist die Anlage am Firmensitz in Engelsdorf. Dort können gerade einmal drei Wagen behandelt werden. Sie dient ausschließlich Demonstrationszwecken. Ein Besuch ist dennoch sehr lohnenswert, weil der Vorgang schon sehr beeindruckend ist.
Die erste Rollende Landstraße hat in den 1990er-Jahren in Sachsen den Güterbahnhof Dresden-Friedrichstadt mit
dem tschechischen Lovosice verbunden. Wir haben das damals eingerichtet, weil sich Massen von Lkw über die B 170 nach Zinnwald und weiter nach Teplice gequält haben. Diese Lkw-Massen waren eine Belastung für Menschen, Verkehrsfluss und Verkehrssicherheit. Mit dem Zug ging alles besser. Die Fahrer konnten an der Stelle gleich noch die Ruhezeit einhalten.
Mit der Fertigstellung der A 17 ist dieser Vorteil weggefallen. Heute wachsen die Verkehre wieder. Also wird das Thema Rollende Landstraße für uns wieder interessanter, nicht nur auf der A 17, sondern vor allem auf der A 4 zwischen Dresden und Görlitz und im weiteren Verlauf auf der A 14 Richtung Leipzig, Magdeburg, Hamburg, Bremen und Ruhrgebiet.
Der Schwerlastverkehr ist hier in den letzten 20 Jahren gestiegen. Jeder, der regelmäßig auf unseren Autobahnen unterwegs ist, kennt die Bilder und ist genervt von Elefantenrennen, Stau und Verstopfung. Lkw-Überholverbote sind dabei nur ein Mittel, um der Sache Herr zu werden. Für sie gelten sehr strenge Bedingungen. Deshalb ist das Thema Rollende Landstraße so spannend.
Wir müssen erreichen, dass der Verkehr für die Pendler, Touristen und vor allem für den Ziel- und Quellverkehr flüssiger rollt; denn dieser wird sich nicht vollständig über die Schiene abwickeln lassen, selbst wenn man Einzelladungsverkehre in Größenordnungen wie zu Reichsbahnzeiten einrichten würde.
Die Sächsische Staatsregierung hat deshalb eine Arbeitsgruppe eingerichtet, welche die Einrichtung der Rollenden Landstraße zum Ziel hat. Das geht aber nicht nur zwischen Görlitz und Dresden-Friedrichstadt. Selbst zwischen Görlitz und Glauchau oder Leipzig/Halle, wo es auch KV-Terminals gibt oder wo diese schnell errichtbar wären, ist die Laufzeit noch nicht lang genug. Wir müssen also sowohl mit unseren polnischen Nachbarn als auch mit den Nachbarn im Westen reden.
Ich gehe noch weiter und sage, dass wir auch in Richtung Ukraine und Weißrussland schauen müssen. Dort entstehen neue Logistikhubs. Der Schienengüterverkehr von Russland bis China soll da mit dem europäischen Kernland verbunden werden. Bei Minsk sorgt der Great-StonePark für völlig neue Möglichkeiten. Wenn wir uns mit der Verlagerung von Lkw-Verkehr auf die Schiene beschäftigen, dann müssen wir hier beginnen und müssen uns den gesamten Laufweg anschauen, von Warschau über Krakau, Breslau bis nach Görlitz. Wir müssen mit diesen Partnern ebenso reden wie mit den Zielen am Niederrhein, an den Nordseehäfen, dem Ruhrgebiet und in den Niederlanden. Das macht man aber nicht in sechs bis zehn Wochen. Schon deshalb springt Ihr Ansatz viel zu kurz.
Der zweite Mangel ist die Forderung nach Ausbau auf 740 Meter Überholgleise bis zum 1. Januar 2020. Das ist doch völlig unrealistisch. Haben Sie sich einmal mit den Bedingungen für Infrastrukturausbau in Deutschland beschäftigt? Da geht nichts in acht Monaten, auch wenn mir das oft deutlich zu lange dauert. Das geht schon
deshalb nicht, weil die Bürgerbeteiligung sein muss. Die fordern Sie ja bei jeder Gelegenheit.
Noch einmal zurück zum Einzelladungsverkehr. Den massiven Rückgang der Einzelladungsverkehre über die Anschlussbahnen in die Betriebe gab es von 1999 bis 2005. Das war die Zeit, als Hartmut Mehdorn die Bahn mit Macht an die Börse prügeln sollte. Die damals zuständige Bundesregierung war übrigens eine rot-grüne. Für den Börsengang haben diese Verkehre nur gestört. Also wurde abgeklemmt, was abzuklemmen war. Den massiven Kahlschlag der Einzelladungsverkehre, den Sie hier beklagen, hat genau diese rot-grüne Bundesregierung zu verantworten. Wo waren Sie eigentlich damals?
Es gibt ein sächsisches Beispiel, bei dem dieser Kahlschlag bis heute Auswirkungen hat. In Trebsen gibt es die Firma Mondi. Dort werden auf Papierbasis Säcke für die Baustoffindustrie hergestellt. Das ist eine österreichische Firma. Die Halbzeuge bekommen sie aus Österreich. Das läuft bis zum heutigen Tag so, dass in Österreich pro Woche zwei bis drei Wagen beladen werden. Dann wurden diese mit einem gemischten Güterzug über München-Ost nach Leipzig-Engelsdorf gefahren, von dort über die letzte Meile ins Werk gebracht und da wieder entladen. Nachdem das Werk abgeklemmt wurde, läuft das jetzt so, dass sie immer noch zwei bis drei Waggons pro Woche beladen. Sie fahren damit aber nur noch bis Linz, 80 Kilometer vor Passau. Dort wird auf Lkw umgeladen. Dann wird der ganze restliche Weg bis nach Trebsen ins Werk auf der Straße gefahren. Das ist passiert, weil in der Zeit von 1999 bis 2005 solch ein Kahlschlag erfolgte. Das ist bis heute nicht behoben worden. Das kann man anprangern, und das prangern wir auch an. Aber der Grund liegt nicht in der Untätigkeit der Sächsischen Staatsregierung, sondern in einer falschen Weichenstellung Ende der 1990er-Jahre.
Sie fordern unter Punkt I.3 noch mehr Mischnutzungen für den SPNV. Das ist doch ein völlig untaugliches Mittel. Das Gegenteil muss passieren. Wir brauchen mehr reine Güter- bzw. Personenstrecken.
Dann funktioniert das System mit weniger Fehlern, und alles wird stabiler und durchlässiger.
Natürlich holen Sie in der Begründung auch noch Ihr Elektrifizierungsprogramm aus Landesmitteln aus der Kiste. Bis auf Plauen – Bad Brambach – Eger sind aber alle relevanten GV-Strecken elektrifiziert. An dieser einen Strecke arbeiten wir bereits. Die anderen Dieselstrecken sind bis auf wenige Teilabschnitte für einen sinnvollen Güterverkehr überhaupt nicht nutzbar; denn entweder brauchen wir die Kapazität für den Personenverkehr oder die Topografie ist zu schwierig. Lediglich Dresden – Görlitz könnte interessant sein, weil damit zum ersten Mal seit der Deutschen Reichsbahn wieder sinnvoll Güterzüge fahren könnten, auch als Ergänzung zu Knappenrode – Horka. Aber diese Strecke steht überhaupt nicht
in Ihrem Antrag. Dabei gäbe es hier vor allem Potenzial für eine Rollende Landstraße entlang der A 4,
zumal Polen ebenfalls bis zur Grenze elektrifiziert. Dann ist eine Relation Minsk – Krakau – Breslau – Dresden nach Glauchau, Bayern oder Leipzig, Halle, Magdeburg, Bremen, Hamburg bzw. Ruhrgebiet absolut realistisch, aber eben nicht bis zum 30. Juni und auch nicht bis zum 1. Juli 2020.
Es gibt noch einige Aspekte mehr, die in Ihrem Antrag mangelhaft sind; auf diese gehe ich gleich noch ein.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Prioritätenantrag der GRÜNEN enthält noch die eine oder andere Schwäche. Im Punkt II.5 wollen Sie wieder einmal etwas verbieten. Das kennt man ja von Ihnen.
In diesem Fall soll es die Gigaliner treffen. Ich bin auch nicht der größte Fan dieser Lkw, aber auf den getesteten Strecken haben sie sich bewährt. Es ist gerade nicht so, dass sie im gesamten Straßennetz fahren dürfen. Damit schüren Sie unnötig Angst. Für bestimmte Verkehre ist das große Gefährt durchaus sinnvoll, denn es reduziert die Zahl der Lkw durch wirtschaftlichere Ladungen.
Das ist auch für die Umwelt gut. Herr Böhme, es geht eben nicht überall eine Schiene hin, und da muss man im Zweifel schon mal auf die Straße gehen.
Frau Grimm, die RoLa ist nicht gescheitert, sondern die Realitäten haben sich verändert. Wenn sich die Realitäten ändern, muss man auch mit neuen Ansätzen herangehen. Jetzt ist es eben wieder einmal anders, sodass wir uns mit diesen Themen neu beschäftigen müssen.
Die Forderungen der GRÜNEN nach einer Maut auch auf Staats- und kommunalen Straßen vergleicht Äpfel mit Birnen. Wenn die Verkehrssicherheit es erfordert oder die Straßen als Ausweichrouten genutzt werden, geht das mit der Bemautung heute schon.
Ansonsten ist es nicht sinnvoll und belastet vor allem die Ziel- und Quellverkehre, und die bekommen Sie nicht aufs Gleis. Auch mit einer generellen Maut verteuern Sie dann nur das Ganze für unsere mittelständische Wirtschaft und die für Sachsen so wichtige Logistikbranche.
Bei der Schiene gibt es auch nicht die Unterscheidung nach Baulastträgern. Gleis bleibt Gleis, da unterscheiden wir nicht nach kommunalen Gleisen oder Staatsgleisen oder Bundesgleisen. Schon deshalb funktioniert dieser Vergleich nicht.
Schließlich führen Sie noch die Schweiz und Österreich an – 30 und 42 %. Dort gelten aber ganz andere topografische Bedingungen. Auf der Straße kommen Sie nur an wenigen Punkten über die Alpen, also haben Sie eine ganz andere Notwendigkeit als in Deutschland, und Sie haben dadurch auch ganz andere Möglichkeiten der Verkehrsleitung. Was man sich aber abschauen kann, wäre zum Beispiel eine Blockabfertigung, so wie man das in Tirol macht auf der Autobahn. Auf der Informationsreise des Verkehrsausschusses haben wir uns ja genau das angesehen, aber von diesem Modell ist in dem Antrag auch nicht ein Wort erwähnt.
Man könnte in Deutschland auch den Blockabstand von heute 4,5 auf 2 Minuten verkürzen, so wie es die Schweiz macht. Technisch ist das überhaupt kein Problem mehr, aber das bleibt auch eine Bundesangelegenheit. Der Freistaat Sachsen hat dafür keine Regelungskompetenz.
Wenn man sich also intensiver mit der Materie beschäftigt, dann merkt man schnell: Ihr Antrag ist fachlich ungenügend und geht an den Realitäten vorbei. Meine Fraktion wird deshalb nicht zustimmen.
Vielen Dank.
Wir beginnen mit dem Buchstaben R.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn dieser Legislaturperiode haben wir unsere Ziele definiert, und ein Ziel, welches im Koalitionsvertrag steht, war es, den öffentlichen Verkehr in Sachsen besser zu machen. Die Staatsregierung hat nach dem Beschluss hier im Sächsischen Landtag dazu eine ÖPNV-Strategiekommission einberufen. Deren Ergebnisse sind Ende 2017 vorgelegt worden. Jetzt kommt es auf
die Umsetzung an. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube: Ich hätte mich gefreut, wenn das eine oder andere vielleicht bei den beteiligten Verhandlern zwischen Kommunen und Ministerium etwas schneller gegangen wäre. Aber wir wollen nicht herumjammern, sondern uns nach vorn bewegen. Wir sind ins Gelingen verliebt.
Deswegen schauen wir uns jetzt einmal an, was aus den Verhandlungsrunden zwischen Kommunen, Zweckverbänden und dem SMWA auf dem Tisch liegt. Wir werden für die überwiegende Mehrheit der Sachsen eindeutige Verbesserungen bringen. Wir werden das vertaktete Busnetz im ländlichen Raum massiv ausweiten. Dabei werden die Anbindungen an die Ballungszentren entsprechend berücksichtigt. Bereits im Jahr 2020 wird es
12,34 Millionen Fahrplankilometer mehr geben, die zentralen Verbesserungen sind die Ausweitungen an Werktagen und Wochenenden und vor allem auch in den Schulferien. Der alte Satz „Kommt ein Schulbus, kommt der Bus und kommt er nicht, kommt keiner“ wird für ganz viele Sachsen der Vergangenheit angehören. Durch die landesweit einheitlichen PlusBus- und Taktbuslinien schaffen wir zentrale Scharniere zwischen den einheitlichen Linien, den Ballungszentren und dem SPNV-Netz.
Wir wollen nämlich, dass auch morgen noch Menschen sehr gern in ihrer Heimat leben und eben nicht alle vom Land in die Städte ziehen, wie der eine oder andere Wissenschaftler derzeit meint, dass das künftig so sein soll. Dazu gehört für uns zwingend ein moderner ÖV. Es bleibt klar das Ziel, dass diese Mehrverkehre nicht das Ende der Fahnenstange sind, sondern im Konzept der Strategiekommission für mehr ÖV bis 2025 gibt es noch ambitionierte weitere Maßnahmen. Und das ist richtig.
Die aktuellen Angebotsverbesserungen sind ein bedeutender Einstieg. Das sind jetzt schon fast zwei Drittel der von der Strategiekommission vorgeschlagenen Mehrleistungen. Heute sind 52 % aller Sachsen an den vertakteten öffentlichen Nahverkehr im Grundnetz angeschlossen. Künftig werden es 80 % sein. Sie haben dann Anschluss an das Angebot, dass am Wochenende die Fahrzeuge mindestens im Zweistundentakt und unter der Woche mindestens im Einstundentakt fahren. Diese Zahl bedeutet, dass eine Million Einwohner in Sachsen künftig erstmalig von einem verlässlichem Angebot profitiert. Das ist immerhin fast ein Viertel der Sachsen. Ich finde, das kann sich wirklich sehen lassen.
Die Verbesserungen finden dabei ganz überwiegend im ländlichen Raum statt. Wir schaffen sachsenweit einheitliche Standards. Die Takte der Busse sind untereinander und auf den Schienenverkehr abgestimmt. Für viele Menschen bedeutet das übrigens auch, dass überhaupt mal am Wochenende ein ernsthaftes Angebot da ist, damit man den öffentlichen Verkehr nutzen kann. Die Fahrzeuge werden WLAN haben, sie sind einheitlich designt und barrierefrei durch Niederflur.
Meine Fraktion hat bei den Debatten in den letzten Monaten eine klare Priorität gesetzt, nämlich dass wir erst ein Angebot schaffen und dann neue Tickets und Tarife einführen. Das gilt für uns auch für das Verhältnis von Busgrundnetz zu den Tickets für Schüler und Auszubildende, denn was nützt das schönste allumfassende Bildungsticket, wenn es im ländlichen Raum keine Busse gibt, die damit benutzt werden können. Das werden wir jetzt entsprechend ändern, indem diese Angebotsausweitung verhandelt ist.
Der jetzt gefundene Kompromiss ermöglicht beides. Es gibt klare Verbesserungen für den ländlichen Raum. Davon profitieren natürlich auch die Schüler, denn die Integration des Ausbildungs- in den Jedermannverkehr hat
für alle nur Vorteile. Das bedeutet nun aber, dass diese Angebote mit attraktiven Tarifen nutzbar sein müssen. Ganz ehrlich, da hätte ich mir schon gewünscht, dass wir ein Junge-Leute-Ticket, wie im VMS hinbekommen, aber der Spatz in der Hand ist mir lieber als die Taube auf dem Dach. So wird es ganz sicher nicht das Letzte sein, was wir in diesem Bereich zu besprechen und zu beschließen haben. Die Reform des ÖPNVFinAusG wird auch nur ein Teil dessen sein, was wir bei der Weiterentwicklung der Schüler- und Auszubildendenverkehre in den nächsten Jahren diskutieren müssen.
Wir wollen mit neuen Angeboten junge Leute in den ÖV locken, einen einheitlichen Tarif für alle schaffen und mit besser koordiniertem öffentlichen Verkehr in Sachsen den ÖV attraktiver machen. Dazu gleich noch mehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Meier, 80 % der Sachsen werden künftig an das Grundnetz angeschlossen sein. Wenn das, ausgehend von 52 %, keine Verbesserung ist, dann weiß ich es auch nicht.
Die Schaffung eines einheitlichen PlusBus- und TaktBusNetzes ist auch die Voraussetzung für einen besseren Schüler- und Auszubildendenverkehr; denn wir kommen weg vom starren Schulbus, der eben nur ein- oder zweimal am Tag und in den Ferien und am Wochenende gar nicht fährt.
Damit der ÖV für junge Leute attraktiv wird, braucht es aber eben nicht nur das passende Angebot, sondern auch die entsprechenden Tarife. Da liegt unser Fokus vor allem zunächst auf den Azubis. Dort wird es ab 1. August 2019 für 48 Euro im Monat für die Berufsschüler eine verbundweite Karte geben, und für fünf Euro mehr kann man dann auch Verbundgrenzen überschreiten. Mussten bisher im schlimmsten Falle für den Weg zur Berufsschule im Halbjahr 900 Euro bezahlt werden, reduziert sich dies jetzt auf ungefähr ein Drittel. Wir erfüllen mit diesem Angebot vor allem eine Forderung des Handwerks; das ist auch wichtig, um künftig die Firmen im Kampf um neue Fachkräfte entsprechend zu unterstützen. Das neue Ticket ist also auch volkswirtschaftlich sinnvoll.
Für alle Schüler an den allgemeinbildenden Schulen führen wir gemeinsam mit den Landkreisen und kreis
freien Städten ein Schüler-Freizeit-Ticket ein. Damit machen wir die Schülerinnen und Schüler der Klassen 1 bis 12 mobil und führen sie an den ÖV heran. Beide Tickets werden zum 1. August 2019 eingeführt. Damit sind sie bereits für das kommende Schuljahr verfügbar.
Dazu gehört aber auch ein besseres Tarifsystem für alle. Das, Herr Böhme, macht man eben nicht gerade in sechs oder acht Wochen, sondern es braucht seine Zeit, ein ordentliches Tarifsystem zu entwickeln.
Ja, dafür gab es ja auch eine hinreichende Zahl in der Strategiekommission. Sie haben selber darin gesessen und wissen, wie komplex die Themen zu behandeln sind.
Wir werden den ÖV attraktiver machen, vor allem für diejenigen, die über Verbundgrenzen wollen oder über Verbundgrenzen müssen. Alle diese Aufgaben sind von landesweiter Bedeutung, und so mancher hat sich in den letzten Jahren gefragt, wozu es denn dann überhaupt noch fünf Zweckverbände braucht. Ich gehöre auch dazu; ich war aber auch der Meinung, dass man nur durch Strukturänderungen an sich zunächst noch gar kein Problem löst; dieser Meinung bin ich immer noch. Aber wenn man sich die Verhandlungsrunden der letzten Zeit ansieht, so hat dies natürlich nicht gerade dazu beigetragen – das gehört zur Wahrheit dazu –, diese Frage in den Hintergrund zu drängen. Ob aber die Gründung einer Landesverkehrsgesellschaft die richtige Antwort darauf ist, das können wir gern diskutieren. In Stein gemeißelt ist das für mich nicht, aber ausgeschlossen eben auch nicht.
Deshalb ist die Einführung einer Koordinierungsstelle für die landesweit bedeutsamen Themen jetzt der richtige Schritt. Hier können das SMWA, die Zweckverbände und weitere Institutionen und Behörden den nötigen Ausgleich suchen. Je enger und erfolgreicher diese Koordinierungsstelle arbeitet, umso mehr werden die Strukturfragen eher in den Hintergrund treten oder eben anders herum. Es liegt also an den Beteiligten selbst, wie die Diskussion in den nächsten Monaten und Jahren weiterläuft.
Mit der jetzt verabredeten Umsetzung dieser ÖVMaßnahmen aus dem Katalog der Strategiekommission werden in der sächsischen Verkehrspolitikzentrale Wahlversprechen des Koalitionsvertrages in dieser Legislaturperiode erfüllt. Sie können aber naturgemäß auch nur der Anfang sein; denn der Abschlussbericht der Strategiekommission listet noch viele andere Aufgaben auf. Darüber hinaus bleibt bei Ersatzinvestitionen, bei Barrierefreiheit, bei den wachsenden Bedarfen in den großen Städten, in den Ballungsräumen, bei Digitalisierung, bei neuen Bedienformen und vor allem bei der multimodalen Verknüpfung der einzelnen Verkehrsträger viel zu tun, aber eben auch bei dem zunehmend erkennbaren Prinzip, das sich Individual- und öffentlicher Verkehr immer stärker vermischen. Das ist auch kein allein sächsisches Thema.
Mancher wird sich heute vielleicht gewundert haben, warum ich nicht von ÖPNV, sondern eher von ÖV geredet
habe. Diesen Unterschied habe ich auf der Reise des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in die Schweiz, nach Tirol und Südtirol kennengelernt. Dort gelten andere verkehrliche Voraussetzungen. Allerdings waren sie dort natürlich erstens anders traditionell unterwegs, und zweitens sind sie wirtschaftlich sehr viel leistungsstärker, als wir das sind.
Aber dort wird eben auch anders gedacht. Es wird nicht über Unterschiede zwischen Fernverkehr, Nahverkehr, Bussen und Bahnen nachgedacht, sondern dort führt man alles zusammen. Das ist eine Sache, die wir uns durchaus in den nächsten Jahren abgucken können, wenn es darum geht, den sächsischen Verkehr noch attraktiver zu machen. Da wird es auch Druck auf den Bund brauchen, um eben einen integralen Takt, der in Sachsen existiert, dann auch auf die entsprechenden Fernverkehrsangebote ordentlich abzustimmen.
Guter ÖV ist eine zentrale Zukunftsfrage unseres Landes. Dieses Thema wird uns also wahrscheinlich auch im 7. Sächsischen Landtag erhalten bleiben.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf den ersten Blick klingt Ihr Antrag gar nicht so schlecht. Sie wollen im SPNV vollständige Barrierefreiheit herstellen. Das nützt nicht nur behinderten Menschen, sondern auch Älteren, Muttis oder Vatis mit Kinderwagen und Reisenden mit schwerem Gepäck. So weit, so sinnvoll. Aber Sie versuchen sich wieder einmal an der falschen Stelle.
In der Begründung zu Ihrem Antrag zitieren Sie das Personenbeförderungsgesetz. Von diesem Regelwerk ist die Schiene aber gar nicht betroffen; die Vorgaben zur Barrierefreiheit regelt nämlich das Eisenbahnrecht. Das gilt sowohl für Infrastrukturbetreiber wie für Verkehrsunternehmen. Diese Unternehmen sind verantwortlich für die Umrüstung der Stationen.
Im Freistaat Sachsen sind die nicht bundeseigenen Eisenbahnen alle stufenfrei erreichbar. Bei den Stationen der DB AG sind es etwa 75 %. Schon heute unterstützen der Freistaat Sachsen und die SPNV-Aufgabenträger den Ausbau der Verkehrsstationen, obwohl das eine originäre Aufgabe des Bundes und der DB Station & Service ist. Dafür werden Gelder aus dem Landesinvestitionsplan sowie den Regionalisierungsmitteln verwendet. Hinzu kommen noch Gelder, welche DB Station & Service über die Stationsgebühren erhält. 2016 waren das übrigens über 48 Millionen Euro. Genau diese Gelder sind auch dafür vorgesehen, die SPNV-Haltestellen weiter barrierefrei auszubauen. Was Sie jetzt fordern, ist sozusagen eine doppelte Bezahlung dieser Maßnahmen durch den Freistaat Sachsen.
Dabei haben wir im ÖSPV, dem straßengebundenen Personenverkehr, diesbezüglich viel mehr zu tun, vor allem im ländlichen Raum. Hier eine gute Fördermittelpolitik zu organisieren ist viel wichtiger als bei der Eisenbahn, die in aller Regel Bundesangelegenheit ist.
Die ÖPNV-Strategiekommission hat sich mit diesen Fragen umfassend beschäftigt. Mit den Betroffenenvertretungen wurden intensive Gespräche geführt und sowohl der Status quo erfasst als auch ein Ausbauziel definiert – dies allerdings bis 2030.
Dabei wurde festgestellt, dass heute 5 bis 40 % der ÖSPV-Haltestellen einen barrierefreien Ausbauzustand haben: 5 % im ländlichen Raum und 40 % in den Städten. Bei Straßenbahnfahrzeugen sind heute schon über 80 % barrierefrei, bei Linienbussen in der Stadt 90 % und im Regionalverkehr 60 %.
Durch die Ersatzinvestitionen der nächsten Jahre werden die Fahrzeuge dann bald zu 100 % barrierefrei sein. Sämtliche kommunalen Infrastrukturprojekte werden vom Freistaat nur dann gefördert, wenn ein barrierefreier Ausbau stattfindet. Der Freistaat Sachsen investiert also schon heute erheblich in die Barrierefreiheit, vor allem
dort, wo er gemeinsam mit den Kommunen und Aufgabenträgern verantwortlich ist.
Die Arbeitsgruppe Infrastruktur und Fahrzeuge der ÖPNV-Strategiekommission hat aber auch festgestellt, dass eine vollständige Barrierefreiheit bis 2022 nicht zu schaffen sein wird. Daher wurde auch im Einklang mit den Betroffenenverbänden eine weitestgehende Umrüstung bis 2030 festgeschrieben. Eine vollständige Umrüstung aller Haltestellen wird aber aus finanziellen wie auch technischen Erwägungen kaum zu leisten sein. Das entspricht im Übrigen aber auch nicht den Forderungen der Betroffenen.
Wir müssen also Prioritäten setzen. Es gilt zunächst, die zentralen Umsteigeknoten und wichtige Fahrziele wie Wohngebiete, Ärztehäuser und Einkaufszentren barrierefrei auszubauen. Nicht jede Dorfhaltestelle muss barrierefrei sein, denn bei dünnen Takten bzw. On-demandVerkehren kann es im Endeffekt viel barrierefreier sein, wenn künftig ein Minibus auf Anforderung vor der Haustür hält und die Mitarbeiter des Verkehrsunternehmens beim Ein- und Aussteigen Assistenz leisten, wenn dann an einem ausgebauten Umsteigeknoten alles barrierefrei läuft.
Von Zweckverbänden, Kommunen und Verkehrsunternehmen ist für den ÖSPV eine Umrüststrategie zu entwickeln. Dabei sind die Betroffenenverbände intensiv einzubeziehen. Die Schwerpunkte müssen sinnvoll gesetzt werden, damit möglichst viele Nutzer kurzfristig von den Ausbaumaßnahmen profitieren.
Fördermittel sind nur dann auszureichen, wenn barrierefrei gebaut wird. Hier könnten auch Anreizsysteme für die Aufgabenträger eingebaut werden, zum Beispiel durch die Übernahme von Planungskosten.
Im ÖSPV haben wir in Sachsen also mehr zu tun als bei der Eisenbahninfrastruktur, für die wir auch gar nicht zuständig sind, sondern der Bund sowie
DB Station & Service, die mit den Stationsgebühren schon ordentlich Geld von uns bekommen.
Noch ein kurzer Satz zur Bahnsteighöhenproblematik, weil Sie das in Ihrem Antrag erwähnen. Dass wir den Schwachsinn, der da in Berlin versucht wird, ablehnen, versteht sich doch ganz von selbst. Das mitteldeutsche Netz ist bei Zügen und neuen Bahnsteigen auf 55 Zentimeter ausgebaut. Natürlich muss es dabei auch bleiben, wenn neue Bahnsteige erstellt werden.
Diesbezüglich ist die Staatsregierung aber schon in der Spur. Dafür brauchen wir Ihren Antrag nicht. Wir werden ihn aus den dargestellten Gründen ablehnen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die GRÜNEN legen uns heute einen Antrag zur Elektrifizierung des ganzen Landes vor. Das hat schon einmal jemand proklamiert; darauf kommt ich später zurück.
Eines vorweg: Natürlich ist jede elektrifizierte Strecke ein Gewinn. Aber man muss sehr genau hinschauen, ob es wirtschaftlich auch zu machen ist. Einen Kilometer Strecke zu elektrifizieren kostet 1 Million Euro, und zwar, wenn die Strecke eingleisig ist. Bei zweigleisigen Strecken sind es 1,8 Millionen Euro. Dabei hat man nur die Masten aufgestellt und die Strippe gezogen, hinzu kommen die Kosten für Unterwerke und die Zuführung des Stroms zu den Unterwerken.
Wirtschaftlich wird es vor allem dann, wenn neben ÖPNV noch der Fernverkehr fährt, und selbstverständlich sind Güterzüge der entscheidende Faktor. Es wird folgerichtig in dem Antrag darauf Bezug genommen, dass die sächsischen Dieselstrecken schnell zu elektrifizieren sind. Dabei soll vor allem eine Rolle spielen, ob sie potenzielle Güterverkehrsstrecken sind. Schauen wir uns also die derzeitigen sächsischen Dieselstrecken einmal an, damit wir wissen, worüber wir reden.
Da ist zunächst die Muldentalbahn von Borsdorf über Grimma nach Döbeln und weiter nach Nossen und Meißen: eingleisig, enge Streckenführung, kein Güterverkehr – bis auf den Ast von Meißen ins Tanklager Rhäsa. Dort kommen die Ölzüge an, es gibt hin und wieder noch einen Getreidezug, und das war’s. Mehr Güterverkehr wird dort nicht fahren.
Vor dem Hintergrund, dass die zuständigen ÖPNVZweckverbände Döbeln – Nossen – Meißen vor Jahren eingestellt haben, muss man bei diesem ersten Beispiel schon sehr ernsthaft fragen, ob dort eine Elektrifizierung wirtschaftlich zu vertreten ist.
Die nächste Strecke wäre die von Chemnitz nach Leipzig. Dort verkehrt im ÖPNV der Regional-Express 6. Für diese Strecke ist mit der Deutschen Bahn und dem Freistaat Sachsen die Vereinbarung über die weiteren Planungen gerade unterzeichnet worden. Das deutet sehr stark darauf hin, dass wir in Kürze erfahren werden, dass im Bundesverkehrswegeplan die Strecke aus dem potenziellen in den vordringlichen Bedarf rutscht, denn sonst würde man solche Unterschriften wohl kaum tätigen.
Güterverkehr gibt es dort keinen. Die Strecke wäre allerdings ein potenzieller Umleiter. Aber an der Elektrifi
zierung wird bereits seit Jahren durch den Freistaat gearbeitet. Um Chemnitz – Leipzig kann es an dieser Stelle also auch nicht gehen.
Dann hätten wir noch Leipzig-Plagwitz – Zeitz – Gera. Dort gibt es bereits heute Güterverkehr, nämlich die Kohlependel aus dem mitteldeutschen Braunkohlenrevier. Da Sie aber die Tagebaue lieber heute als morgen dichtmachen wollen, kann es dort also auch nicht um Güterverkehr gehen; denn diesen gibt es nach abgeschalteter Braunkohlenförderung nicht mehr.
Der größte Teil der Strecke liegt außerdem in SachsenAnhalt und Thüringen. Das erwähne ich aber nur der Vollständigkeit halber, schließlich geht es im Antrag um die sächsischen Strecken.
Dann hätten wir noch das umfangreiche Dieselnetz im Erzgebirge. Dort versucht die DB Erzgebirgsbahn, zusammen mit der TU Dresden, der TU Chemnitz und weiteren Partnern, alternative Antriebe zu etablieren, nämlich mit dem EcoTrain. Wenn man die Kosten für den EcoTrain neben die einer Elektrifizierung des gesamten Netzes legt, dann wird man schnell feststellen, dass Elektrifizierung auf Dauer nicht die wirtschaftlichste Lösung ist, zumal Güterverkehre dort völlig fehlen und wohl auch nicht in Gang kommen werden.
Die nächsten beiden Strecken sind ebenfalls ohne Güterzüge: die Müglitztalbahn Heidenau – Altenberg, das ist eine Stichstrecke, und in der Sächsischen Schweiz der Kurs Pirna – Neustadt – Sebnitz – Bad-Schandau.
Im ostsächsischen Raum gibt es Dresden – Görlitz unter Diesel. Diese haben wir zur Elektrifizierung im Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Die Aufgabe wird nun sein, die Strecke in den vordringlichen Bedarf zu bringen. Sie ist für die grenzüberschreitenden Verkehre nach Polen wichtig, damit wir wieder Fernverkehr auf das Gleis bekommen. Außerdem kann sie im Rahmen einer rollenden Landstraße eine wichtige Entlastung für die überfüllte Autobahn A 4 bringen, und sie spielt eine relevante Rolle beim Strukturwandel in der Lausitz. Für ein sächsisches Elektrifizierungsprogramm ist sie aber aufgrund dieser übergeordneten Funktionen eher auch nicht auf der Liste die Nummer eins.
Anders könnte das mit dem Ast nach Zittau sein. Der geht in Schiebock los und führt über Wilthen und Neugersdorf ins Drei-Länder-Eck. Zu DDR-Zeiten gab es dort sogar einmal internationalen Fernverkehr, wenn der eine oder andere Nachtzug nach Rumänien und Bulgarien nicht durch das Elbtal geführt wurde, sondern über Zittau nach Reichenberg und weiter nach Prag. Güterverkehr gibt es heute dort keinen mehr. Eine Elektrifizierung würde das auch nicht ändern; denn spätestens ab Zittau-Grenze über das kurze Stück in Polen nach Hrádek nad Nisou und weiter nach Reichenberg/Liberec würde wohl weiter gedieselt, und weder die Polen noch die Tschechen werden dort etwas elektrifizieren. Im Gegenteil: Den bereits heute existierenden grenzüberschreitenden ÖPNV
von Zittau nach Liberec hlavní nádraží würden sie amputieren; denn es wäre wirtschaftlich wohl kaum vertretbar, nur für diesen Abschnitt Dieseltriebwagen einzusetzen. Wenn aber doch, dann wäre es für die Fahrgäste komplizierter; sie müssten nämlich in Zittau umsteigen.
Die Stichstrecke von Zittau über Mittelherwigsdorf und das tschechische Varnsdorf nach Seifhennersdorf wäre auf einmal auch ein singulärer Dieselast. Güterverkehr gibt es dort ohnehin nicht, und dass die Varnsdorfer Brauerei Kocour ihre wirklich köstlichen Biere über die Schiene verschickt, kann aufgrund der Jahresproduktion von 5 000 Hektolitern auch nicht angenommen werden. Zum Vergleich: Die einzige deutsche Brauerei, die noch einen eigenen Bierzug auf das Gleis setzt, ist Warsteiner. Dort liegt die Jahresproduktion bei 4,9 Millionen Hektolitern.
Die nächste Strecke Zittau – Görlitz hat einen ähnlichen Status wie Zittau – Bischofswerda. Die einzigen Strecken, über die sich eventuell reden ließe, wären ÖPNV-Strecken rund um Dresden, um sie dann an das S-Bahn-Netz des VVO anzugliedern.
Arnsdorf – Kamenz könnte Sinn machen, wenn man es mit Dresden zusammen denkt, und der weitere Verlauf bis Hosena hat heute bereits nur Güterverkehr; das könnte man gegebenenfalls untersuchen, um Havarieumleiter zu ermöglichen. Das müsste allerdings gemeinsam mit dem Bund sowie dem Nachbarland Brandenburg geschehen. Dresden-Klotzsche – Königsbrück wäre hingegen ein reiner S-Bahn-Verkehr. Die Wirtschaftlichkeit, dort elektrisch zu fahren, müsste zunächst geprüft werden. In einem Schnellschuss bis 31. März 2019, wie Sie ihn wollen, ist das allerdings nicht zu schaffen.
Bleibt noch Plauen – Bad Brambach, Grenze Tschechien – Vojtanov. Das ist eine Strecke, über die man ernsthaft sprechen muss – was wir auch tun. Bis Vojtanov hat Tschechien schon elektrifiziert mit dem im südböhmischen Netz üblichen 25 kV 50 Hertz Wechselstrom. Die Strecke könnte als Umleiter dienen und würde bis Plauen die schon erfolgte Elektrifizierung aufnehmen und so auch den ÖPNV verbessern. Allerdings geben die Zahlen keine Finanzierung über den Bundesverkehrswegeplan her – dies ist bereits geprüft worden –, vor allem, weil wir eben auch priorisieren müssen. Dabei sind Chemnitz – Leipzig, Dresden – Görlitz und die Neubaustrecke Dresden – Prag klar wichtiger und eher zu erreichen. Gleichwohl müssen wir uns natürlich um Plauen – Bad Brambach – Vojtanov bemühen. Das wäre aber im Übrigen auch der einzige Lückenschluss, von dem der Güterverkehr im Störungsfall sachsenweit profitieren würde. Alle anderen Strecken schließen keine Lücken.
Ich habe mir natürlich auch Ihre Begründung angesehen. Dazu muss ich noch einige Worte verlieren, zunächst zu Ihrem Vergleich mit Bayern, Hessen und dem Saarland. Die Bayern haben immer noch mehr Dieselstrecken als wir, demzufolge ist dort der Druck auch größer. Dies gilt übrigens auch für viele Hauptstrecken, die dort zweigleisig und nicht elektrifiziert sind. Der Elektrifizierungsgrad in Hessen ist deshalb so gut, weil man, bedingt durch die
geografische Lage, überregional wichtigere Strecken hat als wir.
In der ÖPNV-Strategiekommission haben wir Vergleiche angestellt. Dies haben wir bewusst mit unseren Nachbarländern Sachsen-Anhalt und Thüringen getan sowie mit einem Land, das uns strukturell ähnlich ist: RheinlandPfalz. Es ist ganz ähnlich strukturiert wie wir. Dort hätte man einmal hinschauen können. Wenn man sich den Eisenbahnatlas anschaut, so ist Rheinland-Pfalz an dieser Stelle ähnlich wie Sachsen, auch was den Dieselbetrieb betrifft.
Und dann sind da noch die 90 % Elektrifizierungsgrad im Saarland. Also: Im Saarland gibt es drei elektrifizierte wichtige Hauptachsen: von Kaiserslautern in RheinlandPfalz nach Saarbrücken – dort fahren die ICE und TGV von Frankfurt nach Paris entlang – und von Trier in Rheinland-Pfalz über Dillingen nach Völklingen und Saarbrücken. Dort fahren die Koks- und Erzzüge von den Häfen der Nordsee und die sogenannten Suppenzüge mit den Roheisen-Torpedowagen, die von Dillingen nach Völklingen fahren, um dort die entsprechende Industrie zu beliefern. Außerdem gibt es noch einen Ast von Saarbrücken nach Forbach in Frankreich, von dort gibt es Passagierverkehr nach Paris. Alles, was im Saarland elektrifiziert ist, wird also durch überregionale Verkehre bedient.
Die Dieselstrecken habe ich mir ebenfalls angeschaut. Es sind Rohrbach – Blieskastel – Zweibrücken, das sind vier Stationen, Wemmetsweiler – Lebach – Jabach, acht Stationen, und Bingen – Niedaltdorf, vier Stationen. Das war’s. Wenn Sie also als Benchmark für Sachsen das Saarland anführen, dann spricht das echt für sich, abgesehen davon, dass man das Saarland von der Größe her eigentlich mit dem Erzgebirgskreis vergleichen müsste; und wenn man das Dieselnetz der Erzgebirgsbahn entsprechend elektrifiziert, dann haben Sie auch die gleiche prozentuale Abdeckung wie im Saarland.
Zur Schweiz: Dort hat man einen ganz anderen Vorlauf. Dort ist die Elektrifizierung nämlich schon vor dem Zweiten Weltkrieg abgeschlossen worden. Sie haben außerdem andere geografische Voraussetzungen. Der Intercity mit der längsten Fahrtzeit fährt von St. Gallen nach Genf und braucht dafür drei Stunden. Das können Sie mit Deutschland überhaupt nicht vergleichen.
Damit bin ich beim letzten Punkt, der Wirtschaftlichkeit. Sie sprechen diese zum Beispiel der Neubaustrecke Dresden – Prag komplett ab. Dazu kommen wir noch im Tagesordnungspunkt 7. Laut Ihrem Antrag soll das irgendwie alles keine Rolle spielen, und das wiederum ist, finde ich – damit kommen wir zum Thema Elektrifizierung des ganzen Landes –, an der Grenze zum Kommunismus; denn dazu gibt es ein Zitat von Lenin. Er hat 1920 gesagt: „Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes.“ Da wir aber nicht im Kommunismus sind und dort auch nicht hinwollen, orientieren wir uns in der Koalition am wirtschaftlich Machbaren und an sinnvoller Unterstützung des technischen Fortschritts, zum Beispiel bei den alternativen
Antrieben. Davon steht in Ihrem Antrag zwar nichts, aber Sie haben vorhin darauf hingewiesen. Ich freue mich, dass Sie das ebenso sehen. Ihrem Antrag können wir leider aus den genannten Gründen nicht zustimmen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Große Anfrage beschäftigt sich mit dem wichtigsten Zukunftsprojekt der sächsischen Eisenbahninfrastruktur. Sie ist deswegen das wichtigste Zukunftsprojekt, weil sie einen starken Engpass für den Güterverkehr auf der Schiene beseitigt, den Personenverkehr schneller macht und die Menschen im Elbtal vom Verkehrslärm entlastet.
Ich habe mich gefreut, dieses wichtige Thema von den GRÜNEN auf der Tagesordnung zu sehen, bis ich die Fragen gelesen habe; denn offensichtlich geht es nicht so sehr darum, das richtig einzuschätzen, sondern eher darum, dieses Projekt ein bisschen zu diskreditieren.
Bei mancher Frage habe ich mich ehrlich gesagt gefragt, ob diese nur drinsteht, damit das Ding anschließend Große Anfrage heißen darf.
Aber zunächst Grundsätzliches zu diesem wichtigen Generationenprojekt. Es geht gerade nicht ausschließlich um die Hochgeschwindigkeitspersonenzüge, sondern es geht vor allem um den Schienengüterverkehr, denn die Strecke ist Bestandteil der TEN-Achse Orient/East-Med. Die Bestandsstrecke, die auch Bestandteil dieser TENAchse ist – Dresden – Schöna – Děčín – Ústí nad Labem –, kommt im Jahr 2035 an ihre Kapazitätsgrenze. Es sind dort schlichtweg keine Slots mehr möglich. Die Strecke ist hochwassergefährdet – das hat die Elbeflut im Jahr 2002 gezeigt –, und die Strecke ist durch den starken Güterverkehr eine erhebliche Lärmquelle.
Schon heute ist Schöna der am zweithäufigsten genutzte Grenzübergang im Schienengüterverkehr nach dem Grenzübergang Basel. Die Strecke – da kommen wir zu einem erheblichen Schwachpunkt der Großen Anfrage, wie auch des Entschließungsantrages – kann überhaupt nicht aus rein sächsischer Sicht betrachtet werden, denn die Strecke ist Bestandteil dieser TEN-Achse, und sie verbindet die Nordseehäfen Bremen und Hamburg über Tschechien und Ungarn mit dem Balkan, Griechenland und der Türkei.
Trotzdem vermischen Sie in dieser Großen Anfrage rein sächsische Themen in diesem europaweit wichtigen Schienenstrang.
Die Neubaustrecke löst viele Probleme. Es gibt mehr Kapazität für den Güterverkehr, und dieser ist auch noch schneller. Das Gleiche gilt für den Personenverkehr. Das ist in meinen Augen eher Kollateralnutzen. Die Strecke ist hochwassersicher und wird deswegen nicht ausfallen. Sie ist in weiten Teilen im Tunnel und minimiert somit Lärm und andere Umweltauswirkungen des Bahnverkehrs. Sie stabilisiert die Transportketten und dient somit unserer heimischen Logistikwirtschaft. Sie schafft während der Bauphase Wertschöpfung in der Region. Wie sehr diese Wertschöpfung im ländlichen Raum aussehen kann, konnten wir bei der Ausschussreise in Österreich und in Südtirol sehen. Diese Strecke wird auch durch unsere tschechischen Nachbarn gewollt. Dort gab es übrigens viel früher deutlich geäußerte Willensbekundungen.
Das ist dank des Drucks der Staatsregierung nun endlich auch in Berlin bei der Deutschen Bahn und beim Bundesverkehrsministerium angekommen. Heute können wir uns freuen, dass die Strecke endlich im Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde und dort in den Vordringlichen Bedarf einsortiert worden ist.
Der Bund wird sich an der Finanzierung beteiligen. Die EU ist ebenfalls stark an der Strecke interessiert. Das sieht man an dem großen Engagement, mit dem EU-TENAchsenkoordinator Mathieu Grosch die Sache vorantreibt und auch in Sachen Finanzierung nicht locker lässt.
Wenn ich mir nun die Große Anfrage durchlese, dann stelle ich fest, dass es Ihnen offenbar eher darum geht, dieses Neubauprojekt schlechtzureden; anders kann man das nicht bezeichnen. Bei manchen Fragen stellt sich mir die Frage, ob Ihnen denn überhaupt klar ist, wie solche Planungsverfahren ablaufen. Selbst wenn man es nicht
weiß: Auf der Projekthomepage des SMWA hätte man das nachlesen können. Dort ist alles sehr schön erklärt. Die wirklich interessanten Fragen stellen Sie aber nicht, zum Beispiel, ob der Freistaat Sachsen eine Zwei- oder Dreiröhrenlösung favorisiert.
Bei der besagten Ausschussreise zum Brennertunnel, die heute schon mehrfach erwähnt wurde, haben wir eindrucksvoll erleben können, wie sinnvoll eine Dreiröhrenlösung ist. Erst wird ein Erkundungstunnel gebaut, der die weiteren Planungen und Bauausführungen erleichtert, und später dient dieser dann als Service- und Rettungstunnel.
Die Kollegen des Gotthard-Basistunnels sagen heute übrigens dazu, dass sie das auch so gemacht hätten, wenn das Verfahren damals schon eingeführt gewesen wäre.
Ich sage deswegen heute von dieser Stelle aus: Wir brauchen diese Dreiröhrenlösung, über die wir im Alpenraum etwas erfahren haben. Solche wichtigen Fragen sind für Sie aber offensichtlich ziemlich nebensächlich. Stattdessen ziehen Sie untaugliche Vergleiche heran. Die Frage nach den Güterzügen auf der VDE 8.2 ist schon deshalb fachfremd, weil die meisten Güterzüge auf der Altstrecke Naumburg – Weimar Kesselwagenganzzüge von und nach Großkorbetha sind. Dort ist nämlich der Übergabebahnhof für die Chemieindustrie rund um Leuna. Es ist völlig klar, dass dieser nicht auf die Neubaustrecke geht. Das wäre für diese nämlich ein Umweg.
Richtig hübsch wird es jetzt aber unter Punkt F) – Alternativen zur Neubaustrecke – und unter Punkt G) – Finanzielle Auswirkungen auf den Ausbau der sächsischen und länderübergreifenden Eisenbahninfrastruktur.
Zunächst zum Punkt F). Dort wird gefragt, ob die Strecke Plauen – Bad Brambach – Vojtanov vielleicht nicht eine Alternative zu dieser Neubaustrecke sei. Erklärung hierzu: Diese ist weit weg von der TEN-Achse und auch nicht Bestandteil dieser Achse, sodass sie, wenn sie denn einmal elektrifiziert sein sollte, maximal als Umleiter dienen kann. Abgesehen davon haben wir dort eine relativ schwierige Topografie, denn sie geht durch das Gebirge und nicht darunter durch. Im Regelbetrieb würde dort also keiner langfahren. Noch einmal: Es ist keine Alternative, weil es kein Bestandteil dieser TEN-Achse ist und demzufolge so auch nicht zu finanzieren.
Sehr interessant fand ich auch die Idee, über kleinere Strecken im Erzgebirge mit Lückenschlüssen zu operieren. Am meisten habe ich mich amüsiert über die Trassenführung Freiberg – Holzhau – Moldava – Most. Wer die Gegebenheiten vor Ort kennt, weiß, dass das für den internationalen Schienengüterverkehr in keiner Weise infrage kommt und es auch nicht in irgendeiner Konstellation den Personenverkehr in Richtung Prag voranbringt. Da muss man sich schon fragen, weshalb das drinstand. Es gibt zu der Neubaustrecke nur eine Alternative, und das ist die durchs Elbtal. Dass das keine Alternative ist, wurde schon mehrfach festgestellt.
Ich komme zum Punkt G). Dort mischen Sie ganz hervorragend diese wichtige internationale Neubaustrecke mit
den Notwendigkeiten des Schienenpersonennahverkehrs im Freistaat Sachsen. Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Eine S-Bahn wird – vermute ich einmal – durch den Erzgebirgstunnel eher nicht verkehren. Zwar kann man durchaus über schnelle Züge nach Ústí nad Labem nachdenken, aber das ist – ich sagte es bereits – eher Kollateralnutzen. Die Strecke wird durch den Bund und die EU bezahlt. Sie ist Bestandteil des Bundesverkehrswegeplanes, wie im Übrigen auch die Strecke Leipzig – Chemnitz und nach unserem Willen auch die Strecke Dresden – Görlitz. Daran arbeiten wir.
Die anderen sächsischen Strecken haben wir hinreichend unter dem Tagesordnungspunkt 3 behandelt. Der Sachsentakt ist vor allen Dingen eine Maßnahme aus dem Baukasten der ÖPNV-Strategiekommission. Dieser muss natürlich in den Deutschland-Takt integriert werden. Wir haben dort ein Vorlaufmodell durch „Muldental in Fahrt“, denn Sachsentakt kann nicht nur SPNV sein, also Zug zu Zug, sondern muss auch intelligent zu den Bussen entsprechend vertaktet werden.
Der Schienenpersonennahverkehr wird durch die Zweckverbände verantwortet. Diese haben Planungssicherheit bis zum Jahre 2027 durch die Regionalisierungsmittel. Diese werden wir über die ÖPNV-FinVO ausreichen. Dass diese nicht auf dem Level angekommen ist, wie wir uns das vor zwei Jahren in diesem Hohen Haus gewünscht haben, ist kein Geheimnis. Das muss man sich sicherlich noch einmal ansehen. Das alles hat aber nichts mit dieser Neubaustrecke zu tun.
Die Frage nach dem Mehrwert in der Begründung ist völlig klar. Ich erkläre es gern noch einmal. Die Strecke ist hochwassersicher. Sie hat mehr Kapazität im Schienengüterverkehr. Es gibt eine schnellere Passagierverbindung, weniger Lärm im Elbtal, es gibt Wertschöpfung vor Ort, und es stärkt auch unsere sächsische Logistikwirtschaft, wenn die Transportketten durch unser Land gehen.