Bis 1989 waren auch Kinder von der Repression des DDR-Unrechtsstaates betroffen, die jetzt Erwachsene sind und vielleicht erst später in ihrem Leben die Aufarbeitung ihrer früheren Erlebnisse in Angriff nehmen.
Die Beratungen des Landesbeauftragten und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind auch unter dem Aspekt wichtig, dass sie den Menschen helfen, nicht nur ihre Erfahrungen mit dem Staatsapparat vor 1990 zu verarbeiten. In den Gesprächen werden vielmehr das heutige Verwaltungshandeln und die behördlichen Entscheidungen in Rehabilitierungs- und Entschädigungsverfahren für die Betroffenen eingeordnet und verständlich gemacht. Wenn die Betroffenen mit dem Gefühl allein gelassen werden, dass eine heutige behördliche Entscheidung in Bezug auf ihre Vergangenheit ungerecht ist, weil sie Ansprüche ablehnt, entsteht nicht nur Verbitterung. Es bricht sich auch das Gefühl Bahn, das sie aus der DDR nur zu gut kennen. Hier ist eine ganz besondere Empathie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesbeauftragten notwendig, um im Fall der Enttäuschung und Verbitterung trotzdem noch andere Hilfs- und Anerkennungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung wird auch die Wichtigkeit der Bildungsarbeit durch den Landesbeauftragten deutlich. Gerade durch die junge Generation muss immer wieder erlernt werden und erfahrbar sein, welche Schicksale das Unrechtssystem der DDR vielleicht auch in ihrer näheren Umgebung hervorgebracht hat. Vor allem muss ihnen vor Augen geführt werden, dass die Gesellschaftsform, in der wir heute leben, die Demokratie, nicht selbstverständlich ist, hart erkämpft wurde und immer wieder gegen negative Entwicklungen verteidigt werden muss. Wir haben gerade wieder eindrücklich gesehen, wie notwendig das ist.
Deswegen unterstützt der Landesbeauftragte Initiativen und Verbände, die sich genau dieser Aufarbeitung widmen.
Genauso wichtig ist aber die Sichtbarkeit und Erlebbarkeit des Ausmaßes der Bespitzelung und Überwachung durch die Staatssicherheit selbst. Wenn junge Menschen die schier endlosen Gänge der Akten in den BStU
Außenstellen sehen und einen Eindruck des perfiden Systems bekommen, ist für sie überhaupt erst erfahrbar, wie groß das Ausmaß der Repressionen war.
Auch die aufsuchende Arbeit in den Schulen, nicht nur durch den Landesbeauftragten, sondern auch durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BStU-Außenstellen ist für die Demokratieerziehung extrem wichtig und unverzichtbar.
Es geht nicht nur um den Bildungsgedanken, sondern, wenn es um die Stasiakten geht, in erster Linie um die Beratungen. Der Sächsische Landesbeauftragte arbeitet auch hier im Rahmen überregionaler Beratungsinitiativen eng mit den BStU-Außenstellen zusammen. Angesichts dessen tangiert ihn logischerweise auch, wie es mit der Zukunft der Außenstellen weitergeht, wenn hier laut nachgedacht und möglicherweise entschieden wird. Ich freue mich deswegen sehr, im 24. Tätigkeitsbericht zu lesen, dass die Kooperation zwischen dem Landesbeauftragten und den Außenstellen weiter ausgebaut werden soll und verstärkt dezentrale Beratungen vor Ort stattfinden sollen. Aber die Ausweitung ist nur dann sichergestellt, wenn die drei sächsischen Außenstellen des Bundesbeauftragten, wie vom Sächsischen Landtag beschlossen – ich freue mich, dass Herr Modschiedler das heute hier bekräftigt hat –, erhalten bleiben sollen. Deshalb begrüße ich sehr, dass sich Herr Rathenow in seinem Bericht sehr klar für die dezentrale Aufarbeitungslandschaft und den Erhalt der drei Außenstellen ausspricht.
Wir möchten die Diskussion über die Zukunft der Außenstellen trotzdem im Landtag weiterführen und haben einen Antrag eingebracht, der noch in diesem Hause zu beraten sein wird.
Aber ich möchte noch einmal ganz kurz auf die Bildungsarbeit durch den Landesbeauftragten selbst zurückkommen. Eine unheimlich wertvolle Ressource sowohl für die Bildungsarbeit als auch bei der Aufarbeitung sind die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Von einer echten Person live zu hören, was ihr widerfahren ist, wie es ihr erging, was sie gedacht und gefühlt hat, hinterlässt doch einen der stärksten Eindrücke bei den Zuhörerinnen und Zuhörern. Besonders junge Menschen können auf diesem Weg einiges über das Alltagsleben in der DDR erfahren.
Darüber hinaus können die Erfahrungen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen die Forschung und die systematische Aufarbeitung von Vorgängen und Zusammenhängen besonders gut unterstützen, und zwar nicht nur mit den Berichten, sondern auch mit Dokumenten oder Ähnlichem. Hierbei ist der Landtagsbeauftragte natürlich ein Bindeglied.
Dass Zeitzeugengespräche vermehrt auf Video aufgezeichnet werden, um so für die nachfolgenden Generationen noch lange erhalten zu bleiben, begrüße ich in diesem Zusammenhang sehr. Doch hinter all diesen tollen Projekten stecken Menschen, die diese umsetzen. Mit den erweiterten Aufgaben, die wir mit dem Gesetz verankert haben, kommen weitere Projekte hinzu.
Deshalb freue ich mich auch – Frau Kliese hat es bereits gesagt –, dass im letzten Haushaltsplan hierfür zwei Projektstellen verankert wurden. Ich würde mir aber auch wünschen, dass im nächsten Haushaltsplan aus diesen Projektstellen Planstellen werden, denn nur so kann man meines Erachtens den Bildungsaufgaben, die uns sehr am Herzen liegen, Rechnung tragen.
In diesem Sinne wünsche ich im Namen der bündnisgrünen Fraktion Lutz Rathenow und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel Erfolg, weil ich glaube, dass diese Arbeit auf lange Zeit unverzichtbar ist.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine weitere Runde aus den Reihen der Fraktionen? – Das erkenne ich nicht. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Staatsminister Gemkow. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auch im 27. Jahr nach der Deutschen Einheit ist die Aufarbeitung des staatlichen Unrechts in der ehemaligen DDR nicht abgeschlossen. Sie bleibt eine fortdauernde gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich bin dankbar, dass das die breite Mehrheit in diesem Haus auch so sieht.
Der Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur leistet gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit über zwei Jahrzehnten eine wichtige Arbeit. Er war und ist ein verlässlicher Ansprechpartner für alle Menschen, die unter der DDRDiktatur und der Staatssicherheit gelitten haben.
Die Arbeit im Berichtszeitraum war von den Planungen und intensiven Diskussionen zu dem Änderungsgesetz zum Landesbeauftragtengesetz geprägt. Die übergroße Mehrheit, mit der der Gesetzentwurf zur Änderung des Landesbeauftragtengesetzes im vergangenen Jahr beschlossen wurde, zeigt seine herausgehobene Stellung im Freistaat Sachsen und die Bedeutung, die wir der Aufarbeitung des SED-Unrechts auch heute noch beimessen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tätigkeitsberichte des Landesbeauftragten enthalten eine umfassende Darstellung der Schwerpunkte seiner Arbeit und geben ein eindrucksvolles Zeugnis über die breit gegliederte Tätigkeit. Erstaunlich ist dabei, dass mehr als 25 Jahre nach der friedlichen Revolution die Bürgerberatung weiterhin eine zentrale Aufgabe des Landesbeauftragten darstellt. Dabei ist auffällig, dass besonders Fragen der strafrechtlichen, der berufsrechtlichen und der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung, der Anerkennung von Haftfolgeschäden und der Zahlung von Sozialleistungen für beruflich Rehabilitierte in den Fokus des Interesses gerückt sind.
Dass diese Beratungen immer noch unverzichtbar sind, sieht man daran, dass immer wieder neue Opfergruppen zutage treten. Ich möchte hierbei an die ehemaligen Heimkinder in der DDR erinnern, deren Interesse der Freistaat zuletzt im Bundesrat vertreten hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist es unverzichtbar, dass es auch künftig Institutionen geben muss, die den Opfern politischer Unrechtsherrschaft Gehör geben. Genauso wichtig ist aber auch weiterhin die intensive Bildungsarbeit an den Schulen. Durch begleitete Zeugengespräche und Lesungen, Schülerprojekte, Ausstellungen und Veranstaltungen leistet unser Landesbeauftragter einen unverzichtbaren Beitrag zur mahnenden Erinnerung an die Vergangenheit und das Gedenken an die Opfer. Denn nur durch die Erinnerung an das vergangene Unrecht können wir einen Beitrag dazu leisten, künftiges Unrecht zu verhindern und das Bewusstsein für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit auch in den Köpfen der kommenden Generationen zu schärfen. Das gilt heute, wenn wir in die Welt schauen, mehr denn je.
Sehr geehrter Herr Landesbeauftragter, lieber Herr Rathenow! Herzlichen Dank an Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die geleistete Arbeit. Vor dem
Hintergrund der Umressortierung möchte ich mich für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren sehr herzlich bedanken.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zu den Abstimmungen über den Ausschussbeschluss als Beschlussempfehlung des Verfassungs- und Rechtsausschusses.
Als Erstes stimmen wir ab über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 6/9187. Wer zustimmen möchte, zeigt das jetzt bitte an. – Vielen Dank. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Drucksache einstimmig beschlossen worden.
Meine Damen und Herren! Als Zweites stimmen wir ab über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 6/9188. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Auch hierzu stelle ich Einstimmigkeit fest. Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Meine Damen und Herren! Es ist keine Aussprache vorgesehen. Ich frage dennoch: Wünscht eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter, das Wort zu ergreifen? – Das ist nicht der Fall.
schusses in der Drucksache 6/9097 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Vielen Dank. Bei zahlreichen Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, Drucksache 6/9097, zugestimmt worden, und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Zunächst frage ich, ob eine Berichterstatterin oder ein Berichterstatter das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie darauf hinweisen, dass zu verschiedenen Beschlussempfehlungen einige Fraktionen ihre abweichende Meinung bekundet haben. Die Information, welche Fraktion und welche Beschlussempfehlung dies betrifft, liegt Ihnen zu der genannten Drucksache schriftlich vor.
Meine Damen und Herren! Gemäß § 102 Abs. 7 der Geschäftsordnung stelle ich hiermit zu den Beschlussempfehlungen die Zustimmung des Plenums entsprechend dem Abstimmungsverhalten im Ausschuss unter Beachtung der mitgeteilten abweichenden Auffassungen einzelner Fraktionen fest und erkläre diesen Tagesordnungspunkt für beendet.