Katja Meier
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem gestern der Tourismusminister Bilanz gezogen hat, haben wir heute Herrn Dulig als Wirtschafts- und Arbeitsminister gehört und welche Erfolge er in den letzten fünf Jahren vorzuweisen hatte. Er hat dabei auch noch einen kleinen Schlenker in die Verkehrspolitik gemacht.
Gestartet ist die Legislaturperiode in der Verkehrspolitik vor allem mit großen Zielen und vor allem auch mit großen Versprechungen. Mit viel Tamtam wurde 2015 die ÖPNV-Strategiekommission eingerichtet. Sie hat anderthalb Jahre sehr fleißig gearbeitet und noch viel mehr Papier produziert. Nur leider schlummern die konkreten Vorschläge, die dort erarbeitet wurden, jetzt offensichtlich im Schreibtisch des Ministers.
Umso mehr kann ich verstehen, dass DIE LINKE die Umsetzung der Vorschläge aus der Strategiekommission fordert.
Was den ÖPNV betrifft, liegt noch richtig viel Arbeit vor uns, um den ÖPNV hier in Sachsen leistungsstark und attraktiv zu machen. Das Ziel ist dabei ganz klar: Wir müssen die Emissionen im Verkehrssektor endlich reduziert bekommen und gleichzeitig die grundlegenden Elemente der Daseinsvorsorge im Freistaat nicht nur in den Großstädten, sondern eben auch in den Mittel- und Kleinstädten sowie im ländlichen Raum sicherstellen.
Der Antrag bezieht sich aber nicht nur auf die Umsetzung der ÖPNV-Kommissionsvorschläge, sondern Sie machen hier ja einen regelrechten Rundumschlag, lieber Herr Böhme. Die Forderungen auf Ihren drei Seiten hätten gut und gern für vier Einzelanträge und mindestens zwei oder drei Gesetzentwürfe reichen können. Ich möchte mich da ein wenig systematisch durcharbeiten.
Gleich zu Beginn fordern Sie unter Punkt I, den ÖPNV zur kommunalen Pflichtaufgabe zu machen. Das ist in der Tat eine sehr weitreichende Forderung. Es bedürfte hier nicht nur der Änderung der Gemeindeordnung, sondern wir müssten auch das FAG entsprechend ändern, um den Kommunen für die Pflichtaufgabe die entsprechenden Mittel zuzuweisen. Hier meine ich, dass nicht das Parlament die Staatsregierung auffordern sollte, Gesetze zu novellieren; denn dabei, lieber Herr Böhme, wissen wir nicht, was dabei herauskommt. Was wir aber wissen, ist, dass es nicht so sein wird, wie Sie und ich uns das vorstellen.
Zu Punkt 1.4: Hier haben Sie das Ziel formuliert, dass die Fahrtzeiten für Schülerinnen und Schüler je Richtung zur Grundschule nicht mehr als 15 Minuten und zur weiterführenden Schule nicht mehr als 30 Minuten betragen sollen. Das ist von der Sache her absolut richtig. Die
Umsetzung als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung finde ich allerdings nicht den richtigen Weg. Nicht zuletzt kann diese Forderung vor allem durch eine ausreichend große Dichte an Schulen erfüllt werden. Da erhoffe ich mir – das haben Sie auch in Ihrem Antrag formuliert – , dass wir durch die Gemeinschaftsschule, die in der nächsten Legislaturperiode hier hoffentlich auch eine Mehrheit hat, hier ein ganzes Stück weit nach vorn kommen.
Kommen wir zum Punkt Fahrgastrechte und Servicegarantie: Diese allgemeingültig zu definieren, wie unter Punkt II geschehen, ist ein absolut sinnvoller Vorschlag. Viele Menschen haben Bedenken, den ÖPNV zu nutzen, weil es ihnen wegen der Tarifstrukturen viel zu kompliziert ist und weil ihnen die Informationen zu Fahrplänen, Verbindungsauskünften, Mitnahmeregelungen – wir
haben es vorhin schon gehört – nicht leicht zugänglich, sehr kompliziert und zudem auch noch sehr unterschiedlich ist. Insofern wären sachsenweit gültige Rahmenbedingungen ein sehr wert- und sinnvoller Beitrag dafür, mehr Fahrgäste zu gewinnen.
Beim nächsten Punkt geht es um die Pönale, also die Vertragsstrafen für Verkehrsunternehmen, wenn sie bestimmte Leistungen oder Services nicht ausreichend gut erfüllen. Deren Sinn ist mir völlig klar: Wenn Reisende Einschränkungen hinnehmen müssen, sollen sie dafür entschädigt werden. Das klingt natürlich gut, aber man muss sich bei einer solchen Forderung darüber im Klaren sein, dass die beauftragten Unternehmen die Kosten in ihre Angebote einpreisen. Vielleicht sollte man eher darüber nachdenken, ein ergänzendes Bonussystem zu machen, das heißt: Wenn das Verkehrsunternehmen nachweisen kann, dass es eine bestimmte Pünktlichkeitsquote eingehalten hat, erhält es eine Bonuszahlung. Um diese landesrechtlichen Bestimmungen vorzunehmen, braucht es aber eine Gesetzesänderung, jedenfalls wird die im Antrag adressierte Staatsregierung einen Eingriff in die Vertragsfreiheit der Verkehrsunternehmen nicht erreichen können.
Zu Punkt IV: Dort fordern Sie ein Konzept, die ÖPNVFinanzierung langfristig auf sichere Füße zu stellen. Das ist natürlich richtig und wichtig, aber hier muss man einmal in die Details schauen. Denn Sie fordern in Punkt II, dass 100 % der Regionalisierungsmittel an die Zweckverbände fließen, fordern aber in Punkt I, dass Rücklagen gebildet werden. Das passt für mich nicht wirklich zusammen.
Insgesamt sehe ich aber in vielen Inhalten große Übereinstimmung mit den Forderungen, die wir GRÜNE hier immer stellen. Vor allen Dingen sehe ich aber großen Handlungsbedarf, die Dinge hier endlich anzuschieben, weil die Regierung ihre Arbeit in diesen Punkten – höflich
formuliert – nur halbherzig gemacht hat. Deswegen freue ich mich, dass heute wieder meine Lieblings-ÖPNVMinisterin Frau Stange spricht. Vielleicht hätten Sie das gleich von Anbeginn machen sollen; dann wären wir mit dem ÖPNV vielleicht heute schon weiter. Dennoch überzeugt mich Ihr Antrag, der ein wenig wie ein Schnellschuss daherkommt – Entschuldigung, dass ich das so zusammenfasse –, nicht vollumfänglich. Deswegen beantragen wir eine punktweise Abstimmung.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Vorhin war Herr Rößler als Präsident tätig. Ich hatte in
meiner Rede den Wunsch geäußert, dass ich eine punktweise Abstimmung möchte. Vielleicht könnte man es ein bisschen vereinfachen: Ich würde gern über die Punkte I, II und IV punktweise abgestimmt haben; über die Punkte III und V kann zusammen abgestimmt werden.
Über Punkt III und V kann zusammen abgestimmt werden. Über die Punkte I, II und IV bitte ich, einzeln abstimmen zu lassen. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ja wieder einmal ein Antrag aus dem Giftschrank der AfD,
aber das ist ja auch nicht verwunderlich, denn wir sind ja schon mitten im Wahlkampf.
Auch wenn der Antrag durchaus sachlich formuliert ist, so ist doch der Subtext relativ klar erkennbar.
Sie unterstellen, dass im Freistaat Sachsen die verfassungsrechtliche Gewaltenteilung mit Füßen getreten wird und die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ihre Pflicht zur objektiven Ermittlungsarbeit nicht erfüllen können, weil der Dienstherr gegebenenfalls eingreift. Einer Ihrer Kollegen aus Sachsen-Anhalt behauptete 2017 in der dortigen Debatte zu einem mehr oder weniger inhaltsgleichen Antrag, dass die bloße Existenz des Weisungsrechts dazu führe, dass die Staatsanwaltschaften im Voraus gehorsam handeln würden. Da frage ich mich schon, wie Ihr Staatsverständnis ist und was Sie für eine Haltung gegenüber den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten haben.
Weder auf Bundes- noch auf Landesebene – auch heute war das nicht wirklich erkennbar – haben Sie ja wirklich einen konkreten Fall, wo es hier in Sachsen zu irgendwelchen ministeriellen Weisungen, zu irgendwelchen Vorurteilsnahmen gekommen ist. Dann ist des Weiteren interessant, wann dieser Antrag hier eingereicht wurde, nämlich am 7. Mai dieses Jahres. Es ist ja nicht so, dass Sie dieses Thema hier nicht schon einmal längst hätten aufgreifen können. Das wird ja auch schon länger, wie Herr Bartl sagte, diskutiert.
Warum kam dieser Antrag am 7. Mai?
In unserem Nachbarbundesland Thüringen gibt es einen AfD-nahen Staatsanwalt. Er hat im vergangenen April,
also vor wenigen Monaten, genau eine solche Weisung erhalten. 16 Monate lang führte dieser Staatsanwalt aus Gera gegen das Zentrum für Politische Schönheit ein Ermittlungsverfahren, ohne eine einzige Ermittlungsmaßnahme durchzuführen.
Es ging ihm eher darum, sich im eindeutig politischmotivierten Kampf gegen das Zentrum strafprozessuale Möglichkeiten offen zu halten. Die Vorgesetzten des Staatsanwaltes erkannten die fehlende Rechtfertigung für das laufende Verfahren im April dieses Jahres und erklärten nach einer gemeinsamen Besprechung, dass das Verfahren sofort eingestellt wird. Der Staatsanwalt wurde dann nach Rücksprache aus seiner Abteilung für politische Strafverfahren versetzt.
Sie reagieren – das ist mein Eindruck – auf die Vorgänge in Thüringen, ohne sich mit diesem Thema wirklich ernsthaft auseinanderzusetzen. Auf Bundesebene wird das schon länger diskutiert. Die LINKEN haben dort sogar einen Gesetzentwurf eingereicht. Wir GRÜNEN diskutieren das auf Bundesebene. Es wäre sinnvoll gewesen, sich sachlich damit auseinanderzusetzen. Man kann wieder deutlich erkennen, dass es politisch motiviert und ein Manöver ist.
Dem schließen wir uns selbstverständlich nicht an und lehnen diesen Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Verkehrssektor ist für knapp 20 % der Treibhausgase in Deutschland verantwortlich. Während alle anderen Sektoren seit 1990 kontinuierlich CO2 reduziert haben, ist es im Verkehrssektor so, dass es seit 1990 sogar noch gestiegen ist.
Einer der Gründe ist der stark zunehmende Gütertransport auf der Straße. Ohne eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene wird Deutschland weder seine Klimaziele erreichen noch den dramatischen Zuwachs des Güterverkehrs bewältigen können; denn der Anteil des Schienengüterverkehrs beträgt in Deutschland nur 17 %. Nachbarländer wie Österreich sind bei 30 %, die Schweiz bei 42 %. In Deutschland und in Sachsen werden mittlerweile über 70 % der Verkehrsleistungen über den Lkw abgewickelt, und der Straßengüterverkehr boomt allein schon deshalb, weil es am billigsten ist, mit dem Lkw Güter zu transportieren. Die Folgen sind auch hier in Sachsen mehr als sichtbar: endlose Staus, übermüdete, unterbezahlte Fahre
rinnen und Fahrer und deutlich zunehmende Luft- und Lärmprobleme.
Sie sehen also – und ich glaube, darin sind wir uns alle einig –, es besteht größter Handlungsbedarf. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag die Staatsregierung auf, sich nicht nur klar zum Ziel der Verkehrsverlagerung hin zum klimafreundlichen Verkehrsträger Schiene zu bekennen, sondern endlich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen.
Dann habe ich die Stellungnahme der Staatsregierung zu unserem Antrag gelesen und war schon etwas erstaunt; denn offensichtlich sind Sie der Annahme, dass Sie sich hier schon immer seit Jahr und Tag für den Schienengüterverkehr in Sachsen einsetzen. Aber wenn ich mir das genauer anschaue, tritt eher Ernüchterung ein; denn Ihre Mitwirkung bei der Erstellung der drei letzten Master- bzw. Aktionspläne des Bundes zum Güterverkehr und des sächsischen Güterverkehrskonzepts aus dem Jahr 2009 – es ist also jetzt schon zehn Jahre alt – als Beleg Ihres Engagements aufzuzeigen, finde ich, um ehrlich zu sein, etwas zu wenig und durchaus auch etwas unterkomplex.
Der Schienengüterverkehr steht trotz Ihres Engagements bei der Erarbeitung der Pläne massiv unter Druck. So ging die Verkehrsleistung bei der Güterbahn DB Cargo im 1. Halbjahr 2018 wieder zurück, nämlich um 6,7 %. Dann haben Sie – und das finde ich doch mehr als fragwürdig – als Beleg für die Unterstützung des Schienengüterverkehrs auf die drei sächsischen Häfen der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH verwiesen. Entweder, Sie
preisen die SBO als Schifffahrtsparadies an, um die Notwendigkeit des Elbe-Ausbaus zu begründen, oder Sie bemühen die sächsischen Häfen und tun so, als ob das für den Schienengüterverkehr der Weisheit letzter Schluss ist.
Ja, aber dann schauen Sie sich einmal die Zahlen an. Wenn ich mir die für 2017 anschaue, sind nur 37 % der Güter bei den Häfen auf der Schiene transportiert worden und der Löwenanteil von 60,2 % über den Lkw und nur läppische 5,7 % auf den Schiffen.
Das ist wirklich vernachlässigbar. Vorausschauende Bahnpolitik setzt auf ausreichende Kapazitäten für den Güterverkehr. Das Aus von mehr als 200 Güterverkehrsstellen der Deutschen Bahn-Tochter DB Cargo spricht hier eine andere Sprache. Auch die Standorte in Sachsen sind hiervon betroffen. Da scheinen Ihre Verhandlungen auf Bundesebene nicht wirklich erfolgreich gewesen zu sein bzw. weiß ich nicht, ob Sie sich überhaupt dafür eingesetzt haben, dass sie erhalten bleiben.
Der Abbau der unzähligen Gleisanschlüsse auch in Sachsen hat sich tragisch auf die Lage des Schienengüterverkehrs ausgewirkt. Deshalb meinen wir ganz klar: Es ist allerhöchste Zeit, die vorhandene Infrastruktur für den Güterverkehr auf der Schiene in Sachsen kritisch zu analysieren und endlich an den richtigen Stellen schnell und entschlossen umzusteuern. Ich glaube, es braucht hier keine hellseherischen Kräfte. Wenn ich in den Haushalt schaue, dann stelle ich fest: Es sind einfach zu wenig Mittel, zu wenig Budget für die Schiene eingesetzt, um die notwendigen Investitionen zu tätigen.
Wer den Schienengüterverkehr unterstützen will, steht vor allem vor den Herausforderungen und den zentralen Handlungsfeldern, und die liegen doch auf der Hand. Es geht einerseits darum, ausreichenden Zugang zum System Schiene mit Ladegleisen, mit Anschlussgleisen, mit Güterbahnhöfen und Terminals zu schaffen, und andererseits um eine leistungsfähige Infrastruktur für den Schienengüterverkehr, bessere Produktionsverfahren im Schienengüterverkehr, wie Einzelwagen, wie Gangzug und kombinierte Verkehre, und nicht zuletzt die bitter nötigen Innovationen und Produktionsmittel für Traktion, Güterwagen und Umschlagstechnik.
Ziel muss es sein – und das ist dringend geboten –, die Kundenorientierung im Schienengüterverkehr deutlich zu erhöhen und die Bedürfnisse und Interessen der verladenden Wirtschaft schneller zu erkennen und passgenaue Angebote zu ermöglichen. Häufig gibt es hier schlicht keine Transparenz über die passenden Angebote im kombinierten Verkehr. Hier wäre – und das ist eine unserer Forderungen im Antrag – eine aufsuchende Vernetzungsplattform zu schaffen, die die verladende
Wirtschaft einerseits und die schienengebundenen Anbieter andererseits zusammenbringt. Das ist dringend notwendig.
Herr Staatsminister, wenn ich Ihre Stellungnahme anschaue und Ihre Politik der letzten Jahre verfolge, kann ich durchaus erkennen, dass Sie bemüht sind, was den Schienengüterverkehr angeht. Aber wenn ich mir den Lkw-Verkehr auf der stark belasteten A 4 anschaue und Sie als einzige Idee haben, den achtspurigen Ausbau der A 4 zu postulieren
darauf komme ich gleich –, dann reicht das meines Erachtens nicht aus. Deshalb freue ich mich, dass Sie die entsprechende Studie in Auftrag gegeben haben und es eine Arbeitsgruppe gibt. Ich hoffe, dass die Ergebnisse der Arbeitsgruppe noch in diesem Sommer vorliegen werden.
Abschließend, sehr verehrte Damen und Herren: Wenn es Ihnen um das Bekenntnis mehr Güter auf die Schiene ernst ist und es nicht nur Sonntagsreden sein sollen, dann muss schnell und entschlossen gehandelt werden. Die Investition ins Schienennetz muss umgelenkt und der Lkw-Verkehr durch mehr Kostengerechtigkeit reduziert werden. Wenn Sie also mit uns gemeinsam dafür sorgen wollen, dass mehr Güter auf die Schiene kommen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich gehe noch einmal zurück zum Eisenbahntunnel Prag: Sehen Sie es tatsächlich so, dass wir das verhindern, wenn wir mit der Verbesserung der Strecke einfach nur sicherstellen wollen, dass der Güterverkehr auf die Schiene kommt – was mit dem Plan, den Sie vorgelegt haben, leider bisher nicht der Fall ist?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich nehme sehr wohl war, dass Sie am Ende der Legislaturperiode doch etwas konzilianter
werden, als es noch am Anfang der Legislaturperiode der Fall war. Mit ein paar Punkten möchte ich hier aber dennoch aufräumen, was die Kollegen hier gesagt haben.
Wir haben eine Nutzungsanalyse gefordert, um genau zu schauen, wo Railports, KV-Terminals und Güterverkehrszentren sinnvoll sind. Das ist durchaus notwendig, damit ich genau weiß, wo ich Investitionen treffen muss.
Dann noch etwas zur Kostengerechtigkeit. Das hat auch mein Kollege Herr Böhme angesprochen. Der Lkw ist eben nur auf 22 % der überörtlichen Straßen mit einer Maut belastet, der Güterzug zu 100 %. Es ist schon notwendig, dass wir zu einer Kostengerechtigkeit kommen. Sie lehnen das ab. Aber wir finden, es ist ein richtiger Weg, um tatsächlich eine Kostengerechtigkeit herzustellen.
Was den Hafen und insbesondere den Hafen in Riesa betrifft: Ich möchte ein bisschen damit aufräumen. Ich frage es in jedem Jahr ab. In jedem Jahr werden weniger Güter auf dem Schiff transportiert. Aktuell liegen wir, glaube ich, bei 4,3 %. Ich erwarte wirklich ein bisschen mehr Ehrlichkeit. Wir sind nicht gegen dieses Güterverkehrszentrum, aber nicht an diesem Ort, weil der ganze Verkehr mit den Lkw durch die Stadt geht und die Bürgerinnen und Bürger belastet werden. Es gibt andere Flächen in der Stadt, in der Region, auf denen man es gut machen könnte als am Hafen, wodurch die Bürgerinnen und Bürger eben nicht belastet würden.
Sie machen es nur, um sozusagen die EU-Gelder abzuschöpfen, aber nichts anderes. Ich erwarte mir ein bisschen mehr Ehrlichkeit.
Ein weiterer Punkt: Herr Baum, Sie haben aus dem Landesverkehrsplan zitiert. Sie haben sich natürlich einen schönen Satz ausgesucht. Was mir in diesem Landesverkehrsplan fehlt, das sind konkrete Ziele, die bei vielen anderen Punkten, aber eben auch für den Güterverkehr fehlen. Dort wird dann nur vom Können und Kann gesprochen, aber nicht, wo man eigentlich hin will. Das ist das konkrete Problem bei diesem Landesverkehrsplan. Auch da wünsche ich mir ein bisschen mehr Ehrlichkeit. Wenn ich mir die anderen Kollegen anhöre, wird immer nur auf den Bund und auf die EU-Ebene verwiesen – die können machen und die können machen. Aber wir haben auch eine Verantwortung hier im Land und die sollten wir auch wahrnehmen. Das Güterverkehrskonzept von 2009 hat doch ganz klar gesagt, dass wir ein Railport-Konzept, eine Informationsplattform brauchen. Auch das sind Punkte, die wir schon seit vielen Jahren anmahnen. Was ist seit 2009 passiert? Nichts! Deshalb bringen wir diesen Antrag ein, damit wir endlich vorankommen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die digitale Transformation schreitet in allen Lebensbereichen voran. Sie wirkt
sich bereits heute stark auf ökonomische, ökologische, soziale, politische und kulturelle Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft aus. In der Arbeitswelt bietet die Digitalisierung große Chancen. Sie hat das Potenzial, die Arbeitsbedingungen positiv zu verändern. Genauso gilt aber, dass die Digitalisierung Risiken für die Erwerbstätigen birgt. Es kommt schlicht darauf an, die richtigen Rahmenbedingungen für gesunde digitale Arbeit zu schaffen.
Leider hinkt aktuell die notwendige politische Mit- und Ausgestaltung der rasanten gesellschaftlichen Entwicklung hinterher. Das wurde einmal mehr deutlich in den Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage der LINKEN. Vieles, was ich da gelesen habe, klang eher nach Lippenbekenntnissen als nach konkreten Ideen, wie Frauen gleichberechtigt an der Digitalisierung der Arbeitswelt teilhaben können.
Dabei liegen die Aufgaben wirklich auf der Hand. Es muss gelingen, Frauen und natürlich auch Männer so zu qualifizieren, dass sie auch in der digitalen Arbeitswelt dauerhaft gute Chancen haben. Um Sicherheit auch jenseits der klassischen Erwerbsbiografien zu gewährleisten, müssen die sozialen Systeme fit für die neuen Herausforderungen gemacht werden. Nicht zuletzt braucht es Chancen der digitalen Arbeitswelt. Damit sie allen zugutekommen, muss es einen fairen Interessenausgleich zwischen den Beschäftigten und den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern geben.
Auf all diese Herausforderungen hat die Sächsische Staatsregierung allerdings keine Antworten. Im Zuge der Digitalisierung nimmt aber gerade die Halbwertszeit von Wissen weiter ab, Arbeitsplätze und -inhalte verändern sich rasant. Regelmäßige Weiterbildungen werden zukünftig so wichtig sein wie die Erstausbildung selbst, um sicherzustellen, dass alle Erwerbstätigen in der digitalen Zukunft tatsächlich mitgenommen werden.
Es fehlen schlicht die Strukturen und Angebote, um das Schlagwort vom lebenslangen Lernen mit Leben zu füllen. Wir als GRÜNE-Landtagsfraktion haben ein entsprechendes Bildungsfreistellungsgesetz eingebracht. Das ist eine wichtige Stellschraube. Aber die ist an der Halsstarrigkeit der CDU – von der SPD will ich an der Stelle nicht sprechen – gescheitert.
Die berufsbegleitende Qualifizierung Erwerbstätiger muss zur zweiten zentralen Säule der Arbeitsmarktpolitik werden. Nur so wird Sachsen wettbewerbsfähig und der öffentliche Dienst attraktiv bleiben oder wieder werden.
Dazu gehört es auch, dass die Arbeitszeitsouveränität erhöht wird, um Erwerbsarbeit und private Verpflichtungen und Bedürfnisse miteinander zu vereinbaren und partnerschaftlich teilen zu können.
Gerade deshalb bietet die Digitalisierung auch große Chancen für Frauen. Sie kann tatsächlich helfen, diese berechtigten Anliegen umzusetzen und damit gleichzeitig zur Fachkräftesicherung beizutragen.
Teilzeit, wie wir sie heute kennen, ist nicht mehr die Antwort auf die veränderten Lebensentwürfe der Menschen. Es zeigt sich, dass zu viele Frauen nach der Geburt eines Kindes in der Teilzeitfalle hängen geblieben sind. Trotz Benachteiligungsverbot ist Teilzeit immer noch ein Karrierekiller und vor allem Frauensache. Männer entscheiden sich seltener dafür, weil sie genau sehen, was aus ihren teilzeitbeschäftigten Kolleginnen nicht wird.
Innovative, auf die individuellen Lebenslagen der Beschäftigten angepasste Lösungen und Angebote suche ich in der Antwort der Staatsregierung vergebens. Das Engagement der einzelnen Ministerien beschränkt sich auf das gesetzliche Mindestmaß zur Absicherung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Gesundheit der Beschäftigten. Allein das Finanzministerium hat das Audit „Beruf und Familie“ durchlaufen und ist zertifiziert. Warum denn nicht auch die anderen Ministerien?
Aber es gibt noch so viele Möglichkeiten und einen größeren Gestaltungsspielraum für die Arbeitsbedingungen, die den Lebenswirklichkeiten von Frauen gerecht werden können. Da ist noch sehr viel Luft nach oben.
Das wissen wir nicht zuletzt – Frau Buddeberg hat es gesagt – seit der Veröffentlichung des Frauenförderberichtes. Wir brauchen neue und flexible Arbeitszeitarrangements für die Beschäftigten. Wahlarbeitszeiten und mehr Mitbestimmungsrechte über das Wann und das Wo ihrer Arbeit schaffen neue Optionen und Freiheiten für Frauen, aber natürlich auch für Männer. Davon profitieren auch die sächsischen Unternehmen und nicht zuletzt der öffentliche Dienst, der aktuell auf jede fähige Frau und jeden fähigen Mann angewiesen ist.
Die Beschäftigten in Sachsen müssen aber – auch das wird im Entschließungsantrag der LINKEN sehr deutlich – vor den Risiken der Digitalisierung der Arbeitswelt geschützt werden. Die Möglichkeit der ständigen Erreichbarkeit sowohl für die Arbeitgeberseite als auch für die Beschäftigten ist tatsächlich verführerisch. Aber es ist schon erwiesen, dass der vermeintliche Vorteil der digitalisierten Arbeitswelt durchaus als Bumerang zurückkommen kann und negative gesundheitliche Auswirkungen bei den Beschäftigten mit sich bringt.
Das hat die Linksfraktion in ihrem Entschließungsantrag bereits aufgegriffen, erkannt und die entsprechenden Maßnahmen zur Prävention gefordert, was wir selbstverständlich unterstützen.
Die Sächsische Staatsregierung als Arbeitgeber ist ein Vorbild für andere Unternehmen in Sachsen und muss hier klar Stellung beziehen. Deshalb ist es richtig, dass die Linksfraktion in ihrem Antrag fordert, dass die Geschlechterperspektive in Studien, Analysen, Untersuchungen usw. aufgegriffen und in der Digitalisierungsstrategie verankert wird. Ein Ergebnis der Großen Anfrage war, dass es dazu überhaupt nichts gibt. Darauf komme ich noch zurück, weil das im besten Sinne Gendermainstreaming ist.
Dazu gab es 2004 einen Kabinettsbeschluss. Damals hatten wir eine CDU-Sozialministerin, Frau Orosz, die mit dem Kabinett genau das beschlossen hat und sagte, dass das in allen Bereichen, natürlich auch in der Digitalisierungsstrategie, verankert sein muss. Offensichtlich ist das nicht passiert, obwohl der Beschluss so aussah, dass alle Ministerien dem nachkommen konnten.
Deshalb unsere klare Aufforderung, dem Antrag der LINKEN zu folgen, weil das der Weg in die richtige Richtung ist.
Jetzt muss ich doch nochmal ans Mikro treten, Frau Präsidentin, wenn Frau Kuge hier ans Mikro tritt und dann die gesamte Männermannschaft klatscht.
Frau Buddeberg, wir werden – ich habe es vorhin schon gesagt – selbstverständlich dem Antrag zustimmen. Auch wenn die Digitalisierungsstrategie jetzt fortgeschrieben wird, bin ich doch tatsächlich sehr gespannt, ob die Geschlechterperspektive tatsächlich mit aufgenommen wird, denn wenn dem so wäre, dann wäre das in der Rede noch einmal herausgestellt worden. Das ist offensichtlich nicht der Fall. Vielleicht wird das jetzt nach dieser Rede, nachdem wir das heute hier alle angesprochen haben, noch nachgeholt.
Also, wie gesagt, ich finde es absolut richtig und es ist notwendig – deswegen werden wir dem zustimmen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte noch einmal auf einen Aspekt eingehen, Frau Klepsch, den Sie jetzt gerade in Ihrer Rede angesprochen haben, und zwar die BStU-Außenstellen. Es hat mich doch sehr verwundert, dass Sie gesagt haben, die Staatsregierung hätte an dem Konzept, das jetzt vorliegt von Herrn Jahn, mitgearbeitet. In diesem Konzept steht nämlich drin, dass es nur eine Außenstelle pro Bundesland geben soll. Das widerspricht dem Landtagsbeschluss und auch dem, warum vorhin hier sehr viele von der CDU applaudiert haben.
In diesem Landtagsbeschluss steht, dass alle drei Außenstellen hier in Sachsen erhalten bleiben sollen. Es ist jetzt erst einmal eine Grundlage, die vorliegt. Der Bundestag hat darüber noch nicht beschlossen, und ich erwarte auch, dass wir hier in diesem Sächsischen Landtag darüber diskutieren, wie es mit den BStU-Außenstellen weitergeht, ob es tatsächlich nur eine Außenstelle gibt – und wenn dem so wäre, wo sie sein wird und wie vor allem sichergestellt wird, dass die Betroffenen weiterhin einen
Zugang haben, dass auch die mobile Beratung weiter ausgebaut wird und ob eine Verknüpfung mit den Gedenkstätten vorgesehen ist.
Das wollte ich noch einmal zur Klarstellung mitteilen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Behandlung dieses Gesetzentwurfs ist wieder einmal ein unrühmliches bzw. klassisches Beispiel dafür, wie die Fraktionen von CDU und SPD in diesem Parlament arbeiten. Die Staatsregierung legt dem Landtag einen Gesetzentwurf vor und führt mit dem § 13 a einen neuen Paragrafen ins Justizgesetz ein. Das ist sicher gut gemeint, aber wie so oft: Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht.
Die Rolle qualifizierter Berichterstattung ist in unserer Demokratie unerlässlich und nicht zu unterschätzen. Die Medien bei ihrer Arbeit zu unterstützen ist grundsätzlich begrüßenswert. Auf den ersten Blick scheint die Versendung der Terminslisten durchaus unproblematisch, denn schließlich hängen die Listen jetzt schon in den Gerichten für alle zugänglich aus. In der Praxis ist es so, dass die Terminslisten heute schon an die einschlägigen Gerichts
reporterinnen und -reporter versandt werden. Aber mit dem Gesetzentwurf soll dem Ganzen nun Tür und Tor geöffnet werden. Deswegen hat auch der Sächsische Datenschutzbeauftragte, nachdem er den Gesetzentwurf ausgehändigt bekommen hatte, ganz klar seine Bedenken geäußert, denn durch die Versendung der Terminslisten werden Unmengen an Daten an einen fast unüberschaubaren Empfängerkreis verbreitet. Und die Betroffenen stehen in der Regel nicht freiwillig auf diesen Listen.
Wir haben es schon gehört: Die Macher des Gesetzentwurfs haben versucht, dem Datenschutz nachzukommen. Darin steht, dass die Journalistinnen und Journalisten angehalten sind, nach 14 Tagen diese Terminslisten auf ihren Rechnern zu löschen. Wer, bitte schön, soll denn das kontrollieren? Das konnte weder in der Anhörung plausibel erläutert werden noch in der Diskussion, die wir danach im Ausschuss geführt haben.
Weil wir unseren Datenschutzbeauftragten ernst nehmen, haben wir eine Anhörung beantragt. Dabei sind viererlei Aspekte zutage getreten, nämlich erstens, dass Herr Prof. Petri grundsätzlich infrage gestellt hat, dass wir diesen § 13 a brauchen, weil das Sächsische Pressegesetz und der Rundfunkstaatsvertrag bereits umfassende Auskunfts- und Informationsansprüche für die Medien bereithalten. Zweitens haben wir in Sachsen die Situation, dass die Gerichte höchst unterschiedlich mit dem Veröffentlichen der Terminslisten umgehen. Es bedarf einer einheitlichen Regelung. Hierzu hätte aber ein Blick über den Tellerrand Sachsens genügt, weil andere Bundesländer das mit einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift geregelt haben.
Auf den Datenschutz bin ich schon eingegangen. Das ist der dritte Punkt. Die Datenschutzregelungen in den Sätzen 3 und 4 des § 13 a sind vor allem von den juristischen Sachverständigen als verfassungsrechtlich höchst bedenklich eingestuft worden. Sie haben uns schlicht die Streichung empfohlen. Was sie uns auch empfohlen haben – das ist quasi der vierte Punkt –, ist, auf eine Anonymisierung der Listen hinzuwirken, weil die deutschen Gerichte ihre Entscheidung auch anonymisiert veröffentlichen. Über das Aktenzeichen ließen sich auf den nicht anonymisierten Terminslisten ohne Weiteres die dazugehörigen Namen der Beteiligten herausfinden. Das geht schlicht und einfach nicht.
Deshalb hat einer der Sachverständigen einen konkreten Vorschlag gemacht, wie man diesen Paragrafen, wenn man das überhaupt verabschieden wollte, formulieren müsste, um dieser Probleme Herr zu werden. Die Koalitionsfraktionen hätten also diesen Vorschlag übernehmen und in einen Änderungsantrag gießen können.
Ja, Sie haben einen Änderungsantrag vorgelegt. Aber der kommt diesem Problem nicht bei. Sie haben eine ganz neue Materie aufgemacht, nämlich die Gebührenfreiheit für die Eintragung gemeinnütziger Vereine ins Vereinsregister. Das finden wir richtig und gut. Aber das eigentliche Problem, das hätte behoben werden müssen, sind Sie nicht angegangen.
Damit komme ich noch einmal grundsätzlich auf die Sachverständigenanhörungen insgesamt zu sprechen. Ich muss doch wirklich davon ausgehen – und ich glaube, das ist auch kein Geheimnis –, dass wir hier in diesem Hohen Hause nicht alle alles wissen können. Genau deshalb sind die Sachverständigenanhörungen ein unverzichtbarer Bestandteil in den Gesetzgebungsverfahren, weil sie uns als Abgeordneten helfen sollen, qualifiziert Entscheidungen zu treffen. Genau das ist auch unsere Aufgabe: qualifiziert zu entscheiden. Wenn aber dann die Einschätzungen der Sachverständigen, der Expertinnen und Experten, so übergangen werden, wie das jetzt passiert ist, zeugt das von einem zweifelhaften Parlamentsverständnis, wenn die Legislative Vorlagen der Exekutive trotz erheblicher Bedenken aller Sachverständigen durchwinkt. Genau das wird heute hier passieren. Das machen wir als GRÜNE nicht mit und lehnen diesen Gesetzentwurf ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Keine Toleranz für Straftäter“, so trommelt es nicht nur aus der Regierungserklärung des Ministers, sondern auch aus der Rede von Herrn Modschiedler. Dazu kann ich nur sagen: Willkommen im Wahlkampf!
Es gehört tatsächlich zu den ältesten populistischen Taschenspielertricks der Politik, mit Strafrecht Symbolpolitik zu machen. Sie kostet nichts, außer vielleicht überfüllte Gefängnisse, und zielt lediglich auf jene ab, die ohnehin geächtet am gesellschaftlichen Rand stehen, und eignet sich zur billigen Profilierung als „harter Hund“ in der CDU.
Dennoch verändert eine solche Politik die Gesellschaft als Ganzes, weil hier im Strafrecht beginnt, was nach und nach in alle Bereiche der Gesellschaft einsickert: die Definition der Gesellschaft über Feindbilder, das Verlassen rationaler evidenzbasierter Politik, die auf Fakten und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht, und der Eintritt in eine Politik der einfachen alternativen Wahrheiten.
Getrieben von der Angst vor dem Wahlverlust und dem weiteren Erstarken der Verfassungsfeinde
hat sich diese Staatsregierung einer Strategie der Symbolpolitik verschrieben gegen Fachkunde, gegen fachliche Substanz und gegen Vernunft.
(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE – André Barth, AfD: Herr Gebhardt, wir dürfen nicht mehr „Prüffall“ genannt werden! Das ist halt so!)
Angefangen bei der Novelle des Polizeigesetzes über die Verschärfung in den Strafvollzugsgesetzen, die Rundverfügung des Generalstaatsanwaltes, bis heute zum Höhepunkt, der Regierungserklärung, dokumentiert sich ganz klar Ihr populistischer Kurs. Das Ergebnis dieser Strategie stärkt aber die Schreihälse und schwächt die Politik der wissenschaftlichen Erkenntnis und der Vernunft. Der strafende Staat wird zum Vorläufer für den Aufbau eines Sicherheitsstaates. Dem stellen wir uns als GRÜNE, als Demokratinnen und Demokraten ganz klar entgegen.
Wir wissen alle, dass der Wunsch nach Vergeltung und harten Strafen die einfachsten Regungen in uns Menschen bedient: die Unterscheidung in Gut und Böse, in „Die“ und „Wir“ und in Freund und Feind.
Gleichzeitig sagen uns aber Vernunft und wissenschaftliche Erkenntnis, dass Straftaten nicht durch härtere Strafen verhindert werden können. Maßnahmen der Kriminalpolitik müssen sich deshalb zuallererst an ihrer Wirksamkeit messen lassen. Ob etwas wirkt, lässt sich nicht nach subjektiven Empfindungen und Bauchgefühlen entscheiden. Vielmehr gehört zur Wirksamkeit das Wissen über den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Deshalb sollte es zum kriminalpolitischen Mindeststandard gehören, nicht nur dann eine Maßnahme zu fordern oder anzuordnen, wenn sie mit zusammenhängenden Phänomenen bekannt sind und erklärt werden können.
Ich rede hierbei ganz klar von rationaler Kriminalpolitik. Diese Notwendigkeit und die Basis der Kriminalpolitik haben Sie hier wissentlich und willentlich verlassen. Sie machen eine Wahlkampfstrategie des Populismus, und dem werden wir uns entgegenstellen.
Wir wissen aus der kriminologischen Praxis, dass die Abschreckungswirkung von Anordnung, Verhängung und Vollzug von Strafen äußerst gering ist. Für den Bereich der leichten bis mittelschweren Kriminalität gilt, dass die Höhe und die Schwere der Strafe keine messbare Bedeutung haben. Bislang wurden auch keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass eine Verschärfung des Strafrechts das Normbewusstsein positiv beeinflussen würde. Wenn es überhaupt eine Tendenz gibt, dann ist es die, dass nach
härteren Sanktionen die Rückfallrate bei vergleichbarer Tat und Tätergruppe höher ist.
Diese Erkenntnis, Herr Staatsminister, verschweigen Sie. Dies tun Sie aber nicht aus Unkenntnis, sondern weil sie schlicht nicht in Ihre Erzählung von Gut und Böse passt. Das nennt man Populismus, sehr verehrten Damen und Herren.
Sie schaffen damit dort Angst, wo Fakten und Klarheit angebracht und notwendig wären. Sie stellen sich damit in eine Reihe von Regierungen, die mit einer repressiven Wende den Wahlerfolg suchen. Die Indikatoren dieser repressiven Wende sind eindrucksvoll in Ihrer Politik zum Polizeigesetz bis, wie gesagt, zu Ihrer heutigen Regierungserklärung zu erkennen. Das beginnt bei einer veränderten Tonlage zur Kriminalpolitik, wie wir es heute eindrücklich gehört haben. Es zeigt sich dann im Niedergang des Resozialisierungsgedankens, wie wir es bei den Strafvollzugsgesetzen gesehen haben und kulminiert in der Wiederkehr vergeltungsorientierter Sanktionen und einer ausdrucksstarken, symbolisch aufgeladenen Justiz, wie wir es auch heute erlebt haben.
Innerhalb weniger Jahre ist an die Stelle des Ideals der Resozialisierung erneut die überholte Idee der Strafe als Vergeltung getreten. Einst galt das Sächsische Strafvollzugsgesetz bundesweit als fortschrittlich. Resozialisierung war der Leitgedanke jeder Bestrafung. Aber die jetzige Wiederbelebung des Vergeltungsgedankens führt binnen kürzester Zeit zu einer Neuerfindung des Gefängnisses, das nicht mehr als Stätte der sozialen Wiedereingliederung, sondern als Ort der vergeltenden Strafe dargestellt wird.
Nein. – Sie haben heute sehr viel über die Opfer gesprochen. Nicht gehört habe ich aber, wie Sie denn den Täter-Opfer-Ausgleich und die Wiedergutmachung stärken wollen. Auch von Resozialisierung war so gut wie überhaupt nicht die Rede. Das Wort kam noch nicht einmal vor.
Ferner erinnere ich mich an die Worte des Ministerpräsidenten auf einer Veranstaltung letztes Jahr in Zeithain. In einem Bericht im „Sachsenspiegel“ hat er sich sinngemäß dahin gehend geäußert, dass der Weiterbetrieb der Anstalt wünschenswert sei, weil hier eine besondere Bestrafung vollzogen würde. Die gestrige Rede des Ministerpräsidenten war ebenso bloße populistische Effekthascherei.
Ihrem repressiven Rollback gegen die Expertise von Kriminologinnen und Kriminologen, von Psychologinnen und Psychologen und von Soziologinnen und Soziologen
widersprechen wir entschieden. Denn dieser wissenschaftsfeindliche Affekt bildet den Nährboden für die Aushöhlung unseres Rechtsstaates, und den, geben Sie doch hier vor, immer schützen zu wollen. Der Rechtsstaat bindet die Staatsgewalt an Recht und Gesetz, und diese Bindung legitimiert auch das staatliche Handeln.
Zu den Kernelementen des Rechtsstaates gehören das Übermaßverbot und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Prinzip des Rechtsstaates zielt besonders auf Maßhaltung bei jedem staatlichen Handeln ab. Unsere freiheitliche demokratische Grundordnung muss deshalb nicht mit selber Härte vor Menschen verteidigt werden, die Ladendiebstähle begehen oder schwarzfahren, oder auch nicht vor Drogenkonsumentinnen und -konsumenten. Sie muss vor den Bestrebungen verteidigt werden, die es zum Ziel haben, diesen Rechtsstaat, so wie er ist, abzuschaffen, und diese gehen leider häufig mit Gedanken von Fraktionen Hand in Hand, die in diesem Landtag vertreten sind. Das ist ein schlimmer Zustand, in dem wir uns gerade befinden.
Sehr geehrte Mitglieder der Staatsregierung – damit spreche ich die gesamte Staatsregierung an –: Hören Sie endlich auf, leichtfertig Ziele mit Ihrem Populismus durchsetzen zu wollen. Fangen Sie damit an, diesen Rechtsstaat glaubhaft zu verteidigen, auch dort, wo es wehtut.
Dies beginnt mit einer Politik, die keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen anbieten will, wie Sie es uns bei der Frage nach Ursache und Wirkung mit Kriminalität vormachen wollen. Packen Sie stattdessen Ihre hausgemachten Probleme an. Sorgen Sie mit ausreichend Personal dafür, dass die sächsische Justiz ihre wichtigen Verfahren sachgerecht und ohne überlange Verfahrensdauer bearbeiten kann, ohne dabei die Verfahrensrechte der Einzelnen einzuschränken und ohne auf Mittel wie das beschleunigte Verfahren zurückgreifen zu müssen.
Schaffen Sie endlich die Voraussetzungen, damit die zunehmenden Staatsschutzdelikte bis hin zum Rechtsterrorismus ohne größere Pannen zeitnah ausermittelt und abgeurteilt werden können.
Den Prozess gegen die Hooligangruppe „Faust des Ostens“ im mittlerweile sechsten Jahr nach Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft endlich zu beginnen – das wäre ein starkes Zeichen des Rechtsstaates.
Sehr geehrter Herr Staatsminister, ich sage es Ihnen ganz klar: Wir durchschauen diese plumpe Symbolpolitik, diesen blanken Populismus der Staatsregierung und auch von Ihnen. Auch Ihre Auseinandersetzung mit den Verfassungsfeinden in diesem Saal und draußen auf der Straße
legitimiert Symbolpolitik nicht, weil sie der Gesellschaft und dem Rechtsstaat selbst schadet. Es stünde Ihnen also wirklich gut zu Gesicht, wenn Sie auf solche Manöver verzichten würden. Kehren Sie mit Ihrer Politik endlich zurück zu dem, was den Rechtsstaat trägt: Fakten und Vernunft!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich habe mich ein bisschen über den Antrag gewundert, weil die Debatte schon im letzten Jahr geführt wurde.
Im Antrag und im Debattenbeitrag der AfD war es wieder deutlich zu erkennen: Statt sich um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu sorgen, führen Sie hier eine Debatte um Grenzwerte. Das sind Grenzwerte, die schon vor über zehn Jahren zum Schutz der Gesundheit festgelegt wurden. Jetzt, wo klar ist, dass die Luft nicht von allein sauber wird und man etwas ändern muss, ziehen Sie die Grenzwerte hier in Zweifel. Das ist ein ziemlich durchschaubares Manöver.
In dieser Woche ist am Dienstag wieder einmal eine Studie veröffentlicht worden, dieses Mal von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des renommierten Max-Planck-Institutes für Chemie und weiteren namhaften Instituten. Die haben berechnet, wie viel Lebenszeit in Europa durchschnittlich wegen der Luftverschmutzung verloren geht. Es sind 2,2 Jahre, also zwei Lebensjahre, die den Menschen genommen werden, weil sie hier lieber Scheindebatten führen und veraltete Technologien verteidigen.
Ihre aktuelle Messwertdebatte ist deshalb nur ein reines Ablenkungsmanöver. Die Positionierung von Messstationen – das ist ja auch ein Punkt in Ihrem Antrag – am Straßenrand, also genau dort, wo sich Fußgängerinnen und Fußgänger täglich bewegen, ist nicht das Problem. Sie stehen da genau richtig. Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, ist man noch viel näher am Auspuff.
Mit Ihren vorbehaltlosen Parolen für den Diesel machen Sie sich zu den Verkaufsagenten von Autoherstellern, die Vorgaben zum Umweltschutz in betrügerischer Weise unterlaufen und Innovationen verschlafen und verschleppt haben, wodurch der Wert vieler Pkws massiv gefallen ist. Statt die eigentlichen Verursacher der Schadstoffproblematik an die Kandare zu nehmen, versuchen Sie, die Umweltschutzorganisationen, die den Betrug aufgedeckt haben und nun für saubere Luft kämpfen, als Schuldige darzustellen.
Ständig müssen wir die Reden vom Dieselmotor als vermeintlichem deutschen Hightech-Produkt hören.
Während Norwegen die Vorteile von leisen, emissionsfreien Elektroautos erkannt hat, scheint es – wenn es nach Ihnen geht – in Deutschland unter der Haube röhren und beim Tanken stinken zu müssen. Wenn die Industriepolitik der AfD so aussieht, dann müssen die Werkshallen der Autobauer bald zum Museum werden. Die Arbeitsplätze liegen dann nämlich in innovationsfreudigen Nationen.
In einer globalisierten Welt muss auch die AfD zur Kenntnis nehmen, dass China der Absatzmarkt der deutschen Automobilindustrie ist. Die drei größten deutschen Automobilhersteller haben 2018 ein Drittel ihrer Fahrzeuge in China abgesetzt, weit mehr als in Deutschland selbst.
Nein.
Der Marktanteil von Elektroautos ist dort mehr als doppelt so hoch wie hierzulande.
Aber ich muss gar nicht bis nach China blicken. Es reicht, wenn ich nach Frankreich schaue, nach Dänemark, Norwegen oder auf des Deutschen Lieblingsinsel Mallorca. In all diesen Ländern – im Falle von Mallorca ist es Spanien – werden ab 2030 bzw. 2035 Dieselautos nicht mehr zugelassen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die deutsche Automobilindustrie. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.
Der AfD geht es aber weder um die deutsche Wirtschaftskraft noch um die Interessen der Menschen, die an den stark befahrenen Straßen und in den Innenstädten wohnen. Das wundert uns nicht. Wenn es Ihnen wirklich um die Gesundheit und eine lebenswerte Stadt gegangen wäre, hätten Sie hier vielleicht eine flammende Rede für den Radverkehr oder den ÖPNV gehalten, für ein dichtes Netz oder einen besseren Takt. Stattdessen singen Sie hier immer wieder das Hohelied auf den Diesel. Deshalb können wir ganz klar Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem Martin Dulig als Verkehrsminister die letzten vier Jahre im Verkehrsbereich eher ein wenig vor sich hingewurschtelt hat, scheint er jetzt, vor der Landtagswahl, aufgewacht zu sein. In der Tat wurde noch nie so viel Geld in den Busverkehr investiert wie aktuell. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Geld allein ist es nicht getan; denn es ersetzt keine Strategie, wie sich der ÖPNV hier in Sachsen entwickeln soll.
Ja, wir haben es gehört. Es gab eine Strategiekommission. Die hat über drei Jahre getagt und ein großes Maßnahmenpaket erarbeitet und vorgelegt. Ich hätte mir übrigens gewünscht, lieber Martin Dulig, dass Sie vielleicht das eine oder andere Mal auch dagewesen wären, um selbst
mit den Fachexperten über die Maßnahmen und ihre Überlegungen zu diskutieren.
Aber sei es drum. Seit Ende 2017 liegen die Ergebnisse vor, und wir alle harren der Umsetzung. Doch was Sie jetzt mit diesem Kommissionsbericht tun, ist, dass Sie sich einige Rosinen herauspicken. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das funktioniert so nicht. Wir brauchen und notwendig ist eine integrierte ÖPNVPlanung für den Freistaat, die Bus und Bahn in den Blick nimmt. Aber Sie legen einen einseitigen Fokus auf den Busverkehr. Richtig ist, dass das PlusBus-System jetzt in Sachsen ausgebaut wird und es nun ein solides Angebot in einigen Regionen im ländlichen Raum jenseits des Schülerverkehrs gibt.
Aber damit noch mehr Pendlerinnen und Pendler den ÖPNV nutzen, ist es wichtig und notwendig, dass es attraktivere und schnellere Verbindungen auf den Hauptachsen gibt. Dafür bedarf es vonseiten des Freistaates, dass Sie nicht nur hilflos auf den Bund schauen, was die Schieneninvestitionen angeht, sondern dass Sie eigenes Geld in die Hand nehmen.
Wenn wir wirklich einen Sachsentakt wollen, was alle immer sagen und vor sich hertragen, ist es notwendig, dass wir alle Verkehrsträger in den Blick nehmen, endlich einen festen Takt festlegen und die entsprechenden Knoten ausbauen. Aber damit wir dazu kommen, braucht es schlicht mehr Engagement Ihrerseits und Klarheit, was die Finanzierung betrifft. Dieser Sachsentakt muss im Freistaat endlich zur Chefsache werden.
Aber die Realität ist eine andere, vor allem, wenn ich mir den aktuell vorliegenden Entwurf zum Landesverkehrsplan anschaue. Es gibt sehr konkrete Zahlen, was den Staatsstraßenbau angeht. Es gibt sehr konkrete Kostenaufstellungen, was den Unterhalt von Brücken und Ingenieurbauwerken angeht.
Was aber fehlt, sind konkrete Angaben zu den Kosten im ÖPNV genauso wie im Rad- und Fußverkehr. Ja, die Beschreibungen, die Sie im Nahverkehr machen, gehen in die richtige Richtung. Aber sie sind alle samt und sonders unkonkret. Die nötige Verkehrswende erreichen wir nicht nur mit schönen Überschriften, sehr verehrte Damen und Herren.
Es braucht vor allem konkrete und ambitionierte Ziele. Was soll denn der ÖPNV in den nächsten 15 oder 20 Jahren leisten? Wie viel mehr Bürgerinnen und Bürger sollen den ÖPNV erreichen können? Wie sollen Fahrgaststeigerungen aussehen, und insbesondere: Wie viel ist der Freistaat bereit, tatsächlich zu investieren?
Wenn ich mir die Prognosen zu Auto, ÖPNV und Radverkehr im Landesverkehrsplan anschaue, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das das Gegenteil von ambitioniert. Der Anteil des Autoverkehrs scheint quasi gottgegeben und unveränderlich zu sein, aber die Wahl des Verkehrsmittels ist eine Frage des Angebots und vor allem eine politische Investitionsentscheidung.
Für einen modernen und gut angenommenen ÖPNV gibt es eben mehr zu tun, als mit einem Feuerwerk von Pressemitteilungen zu Fördermittelanträgen im Busbereich den sächsischen Himmel zu illuminieren. Dieses Bundesland hat es verdient, und die Bürgerinnen und Bürger fordern zu Recht einen Staatsminister für Verkehr und eine Staatsregierung, die es mit dem Sachsentakt, mit dem Sachsentarif, mit der Erreichbarkeit der Ballungsräume, mit der Barrierefreiheit, mit der Taktverdichtung und nicht zuletzt mit der Verknüpfung des ÖPNV mit dem Radverkehr ernst meinen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir haben jetzt schon wieder ganz viel über den PlusBus gehört. Wie gesagt, es ist gut, dass das PlusBus-System ausgebaut wird, aber bisher betrifft das eben nur einzelne Regionen. Ein PlusBus-System kann nur vernetzt funktionieren über die Zweckverbandsgrenzen hinweg.
Für einen gut funktionierenden Sachsentakt braucht es eben auch den Schienenverkehr, der das Rückgrat eines gut funktionierenden ÖPNV ist. In der Tat scheint es so zu sein, dass die Abbestellungen der letzten Jahre und Jahrzehnte gestoppt sind. Das ist gut.
Was wir jetzt brauchen: Wir müssen schauen, wo wir Strecken reaktivieren bzw. Orte ans Netz bringen können. Da denke ich allen voran an Chemnitz und an die MitteDeutschland-Verbindung. Bis wir die Anbindung über die Elektrifizierung von Chemnitz nach Leipzig schaffen, ist es doch sinnvoll, die Mitte-Deutschland-Verbindung vom Ruhrgebiet über Gera auch bis Chemnitz durchzubinden. Thüringen ist vorangegangen. Wir brauchen jetzt eine schnelle Lösung, aber dazu muss das Land Sachsen endlich Geld in die Hand nehmen.
Ein zweiter Aspekt; ich kann es Ihnen nicht ersparen: Döbeln – Nossen – Meißen. Wir haben das in den letzten Wochen mehrfach diskutiert und in der Zeitung gelesen. Im Doppelhaushalt hat sich der Landtag zu dieser Verbindung bekannt und hat Geld in die Hand genommen. Aber auch damals, in den Haushaltsverhandlungen und in den Ausschüssen, war schon klar, dass das Geld, das das Land bereitgestellt hat, nicht ausreicht, um den Zug dort wieder rollen zu lassen. Die Zweckverbände müssen etwas dazugeben.
Da frage ich mich schon, inwieweit Sie, Herr Staatsminister Dulig, denn schon einmal auf die drei Zweckverbandsgeschäftsführer zugegangen sind, um voranzukommen. Wenn ich die Zeitungen lese, muss ich den Eindruck gewinnen, dass genau das nicht passiert ist.
Die Menschen vor Ort haben Klarheit verdient. Vor allem haben sie verdient, dass der Zug zwischen Döbeln, Nossen und Meißen zeitnah wieder rollt.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gebe zu, auch ich empfinde den Titel der Aktuellen Debatte als etwas zwiespältig; denn dass die Rechtsprechung vor der Einflussnahme des Justizministers und des Generalstaatsanwalts geschützt werden muss, das sehe ich nicht ganz so. Ich traue unseren Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten bei aller Überlastung durchaus zu, dass sie ihr Amt bewusst ausführen und ihrer Verantwortung verantwortungsbewusst nachkommen.
Der Justizminister hat in den letzten Monaten und Jahren immer wieder betont, wenn neue Stellen bei den Staatsanwaltschaften besetzt wurden, dass dort hoch qualifizierte Kräfte eingestellt worden sind. Allein der neu eingesetzte Generalstaatsanwalt scheint das nicht so zu glauben; denn seit seinem Amtsantritt musste man den Eindruck gewinnen, dass er erst einmal durchfegen und aufräumen muss mit einem Crashkurs in Prozessrecht oder mit einem Seminar in Law and Order, was er mit Seminarunterlagen in Form der entsprechenden Rundverfügungen garniert hat. Von daher ist der Titel der Aktuellen Debatte vielleicht nicht gut formuliert, aber in der Aussage nicht ganz falsch.
Was erleben wir gerade? – Wir erleben ein Law-andOrder-Gehabe des Generalstaatsanwalts. Vor allem aber erleben wir Wahlkampf auf Kosten des Rechtsstaats. Es werden leichtfertig Ängste geschürt, um medial irgendwelche angeblichen Lösungen zu präsentieren, aber damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, stärken Sie nicht den Rechtsstaat, sondern Sie stärken die Leute, die den Rechtsstaat schwächen wollen. Das dürfen wir hier nicht zulassen.
Das dumpfe Unwohlsein in der Bevölkerung aufgrund der verschiedenen Entwicklungen befeuern Sie mit einer Mär von rechtsfreien Räumen, von denen Sie sprechen, und mit dem Bild von marodierenden Horden von Kriminellen, das Sie hier an die Wand malen. Das ist schlicht falsch, vor allem wenn wir uns die Statistiken zu den Kriminalitätszahlen anschauen. Die Kriminalitätszahlen sinken seit Jahren. Deutschland, Sachsen waren noch nie so sicher wie aktuell. Dann wundern Sie sich, dass die Bevölkerung den Rechtsstaat bedroht sieht.
Wenn Staatsanwaltschaften und Gerichte von den ausgewogenen Instrumenten der Strafprozessordnung Gebrauch machen und geltendes Recht anwenden, dann sehe ich den Rechtsstaat schlicht und einfach nicht bedroht.
Das deutsche Strafverfahrensrecht kennt offensichtlich im Gegensatz zur Staatsregierung und zum Generalstaatsanwalt nicht nur Schwarz und Weiß und Gut und Böse. Es hält nämlich eine Vielzahl von Regelungen und Maßnahmen vor, damit der Rechtsstaat auf die Sachverhalte und den Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Tat angemessen reagieren kann.
Der Rechtsstaat ist eher dann bedroht, wenn Verfahrensrechte der Beteiligten beschnitten werden. Das sieht übrigens nicht nur die Europäische Menschenrechtskonvention so. Sie verlangt, dass Beschuldigte ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung der Verteidigung haben müssen.
Das A und O ist eine effektive rechtsstaatliche Strafverfolgung. Dazu bedarf es einer guten Zusammenarbeit zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten. Dafür braucht es natürlich unabhängig von der Art des Strafverfahrens genügend Personal und natürlich eine zeitgemäße technische Ausstattung. Der Minister scheint – Herr Bartl hat gesagt, es sei sein Minister; mein Minister ist es nicht – etwas zu verwechseln, nämlich Ursache und Wirkung. Die Ursache für ein fehlendes Sicherheitsgefühl sind nicht irgendwelche Cannabis-Konsumentinnen und -Konsumenten, Ladendiebe oder Schwarzfahrer(innen). Verantwortlich hierfür ist die Sparpolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte bei Polizei und Justiz.
Es wirkt sich bei den Staatsanwaltschaften dann auch so aus, dass das Opportunitätsprinzip bei Bagatelldelikten weit ausgelegt wird, um die Aktenberge überhaupt bewältigen zu können. Die Auswirkungen bei den Gerichten sind außerdem, dass die Anklagen jahrelang herumliegen, bis das Hauptverfahren terminiert und eröffnet worden ist. Die Wirkung ist außerdem, dass U-Häftlinge, die dringend tatverdächtig sind, schwere Verbrechen begangen zu haben, entlassen werden müssen, weil schlicht das Personal fehlt. Also ganz klar die Forderung an den Generalstaatsanwalt und den Justizminister, die Ursachen zu behandeln und nicht weiter mit fragwürdigen Mitteln an den Wirkungen herumzudoktern.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diejenigen von Ihnen, die ein eigenes Auto haben, besitzen eher ein Stehzeug als ein Fahrzeug, weil jedes privat genutzte Auto durchschnittlich nur eine Stunde am Tag tatsächlich fährt, und 23 Stunden steht es einfach herum. Sie werden jetzt wahrscheinlich als Abgeordnete sagen: Ich fahre doch die ganze Zeit in meinem Wahlkreis herum oder bin auf dem Weg in den Landtag. Das mag sein. Damit kompensieren Sie vielleicht die Zeiten für fünf oder zehn Rentner, die nur einmal in der Woche mit ihrem Auto einkaufen fahren oder in die Apotheke oder zu ihren Enkeln.
Viele Menschen in diesem Land – insbesondere in den Großstädten – haben bereits erkannt, dass sie auf ein eigenes Auto überhaupt nicht mehr angewiesen sind und das sehr gut mit einem Carsharing-Angebot ersetzen können. Denn einerseits entfallen die Kosten für ein privates Auto, die ein privates Auto in der Regel mit sich bringt. Diese Kosten hat man nicht, wenn man die Carsharing-Angebote nutzt und dazu hat man noch ein breites Angebot an Fahrzeugen. Wenn ich zum Beispiel zum Großeinkauf in den Baumarkt will oder einen Umzug plane, dann nehme ich einen Transporter. Wenn ich zum Geburtstagskaffee zu meiner Oma aufs Land fahren will und dort nicht mit dem Bus hinfahren kann, weil ich nach der ersten Kaffeetasse wieder zurückfahren müsste, weil dann der letzte Bus fährt, dann nehme ich ein kleines Auto. Oder wenn ich in den Familienurlaub an die Ostsee fahre oder, Herr Meyer, in die Lausitz oder ins Erzgebirge, dann nehme ich einen großen Mittelklassewagen oder – je nachdem, wie groß die Familie ist – auch gern einmal einen Kleinbus.
Sie sehen: Es gibt ein großes Portfolio an CarsharingAngeboten. Der Marktführer in Sachsen hat immerhin 27 000 Kundinnen und Kunden. Insbesondere in den Großstädten Leipzig und Dresden ist die Nachfrage sehr groß. Aber auch in Chemnitz, in Freiberg oder in Pirna kann man Autos auf Zeit nutzen. Die überwiegende
Anzahl der Fahrzeuge steht dabei als sogenanntes stationsgebundenes Angebot zur Verfügung.
Die Schwierigkeit, die die Carsharing-Autos allerdings haben, ist, dass sie nicht im öffentlichen Straßenraum auf Straßen, wo sie sonst immer stehen, abgestellt werden dürfen, sondern sie müssen auf privaten Grundstücken ihre Stationen betreiben. Das hat der Bund erkannt, und deshalb hat die Bundesregierung hier bereits im Jahr 2017 ein entsprechendes Bundescarsharinggesetz beschlossen. Der Bund kann natürlich aber nur das regeln, wofür er zuständig ist, nämlich für Bundesstraßen und Autobahnen. Dort sind eher weniger Carsharing-Autostellplätze zu suchen, sondern das macht natürlich nur Sinn auf Gemeindestraßen, auf Kommunalstraßen. Aber dafür ist der Landesgesetzgeber zuständig; bei uns in Sachsen geregelt im Landesstraßengesetz.
Genau deswegen haben wir ein Carsharing-Gesetz vorgelegt, um Rechtssicherheit für die Kommunen zu schaffen, damit entsprechende Stellplätze für Carsharing-Autos zur Verfügung gestellt werden können.
Wir haben den Gesetzentwurf vorgestellt. Wir haben das im Ausschuss breit diskutiert. Wir haben auch eine Anhörung dazu gemacht. Alle Sachverständigen, einschließlich der Mitglieder der Fraktionen, waren darüber einig, dass Carsharing eine gute Sache ist und auf alle Fälle ein Bestandteil der Mobilität in Sachsen sein sollte.
Leider – das können Sie dem Ausschussvotum entnehmen – wurde unser Gesetzentwurf von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Aber er wurde nicht deswegen abgelehnt, weil man der Meinung war, dass es nicht notwendig wäre, sondern der Gesetzentwurf wurde deshalb abgelehnt, weil seinerzeit noch gesagt wurde, dass das Sächsische Straßengesetz kurz vor der Novellierung stehe und es in den Landtag eingebracht werden solle.
Zwischenzeitlich liegt der Entwurf des Sächsischen Straßengesetzes der Staatsregierung vor. Herr Dulig ist heute leider nicht anwesend; ich bin gespannt, wer hier in die Bütt gehen wird.
Aber wenn ich mir dazu die Regelungen zum Carsharing anschaue, dann ist es wirklich ziemlich lapidar. Es stehen nur zwei Sätze drin, in denen auf das Bundescarsharinggesetz verwiesen wird. Das greift einfach viel zu kurz. Das haben damals auch die Sachverständigen in der
Anhörung gesagt, denen der Referentenentwurf bereits vorgelegen hat.
Deswegen von meiner Seite noch einmal die Aufforderung: Kommen Sie unserem Gesetzentwurf nach. Stimmen Sie dem zu, dann können Sie sich sozusagen die Debatte zu Ihrem Entwurf sparen, denn unser Gesetzentwurf ist deutlich besser als das, was jetzt aktuell vorliegt. Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum man diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen kann.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich habe mich jetzt doch noch einmal zu einer Kurzintervention entschieden, lieber Kollege. Ich hoffe, Sie haben zur Kenntnis genommen – aber offensichtlich nicht –, dass das Carsharing-Gesetz in das Straßengesetz einen neuen § 18 a einfügt. Wir machen also hier nicht irgendein wildes Carsharing-Gesetz, sondern wir fügen das ein. Wir tun also de facto nichts anderes als Sie mit Ihrer Novellierung des Straßengesetzes, nur dass Sie eben noch andere Aspekte aufgreifen. Von daher geht dieses Argument ins Leere.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ehrlichkeit, die Herr Dulig und Herr Homann soeben an den Tag gelegt haben, hätte ich mir auch von Herrn Hippold gewünscht, der jetzt schon gar nicht mehr im Raum ist. Denn es ist schon infam, was er unseren Gesetzentwurf betreffend gesagt hat.
Sehr wohl haben wir keine Gängelung der Kommunen vor, sondern wir wollen eine rechtliche Grundlage schaffen. Wir haben sehr genau zugehört, was in der Anhörung besprochen wurde, und genau deswegen haben wir diesen Änderungsantrag vorgelegt und an der einen oder anderen Stelle noch einmal nachgeschärft.
Wir wollen die Carsharing-Stellplätze nicht als Fläche bezeichnen, sondern als Stellplätze, um das nachzuschärfen. Die Eignungskriterien betreffend, wann eine Kommune die Plätze vergeben kann, haben wir auch noch einmal nachgeschärft. Es war der Wunsch der Sachverständigen, dass die Kommunen selbst entsprechende Kriterien anlegen können. Das ist eine Kannregelung, sie müssen das nicht. Wir haben den Vorschlag gemacht, wie ihn auch andere Bundesländer, zum Beispiel NordrheinWestfalen, Bremen usw., schon vorgelegt haben, dass man die Möglichkeit hat, auf Umwelt- und Emissionskriterien oder auf die Barrierefreiheit abzustellen.
Die Verteilung an die einzelnen Anbieter betreffend, sagte Herr Hippold, es gebe jetzt schon die Möglichkeit und wir
bräuchten das nicht. Aber es gibt eben keine gesetzliche Regelung, was passiert, wenn sich mehrere Anbieter für eine Fläche bewerben. Genau dafür haben wir jetzt eine gesetzliche Grundlage geschaffen. In unserem Gesetzentwurf hatten wir ein festes Losverfahren vorgeschlagen. Die Sachverständigen haben gesagt: Das kann eine Lösung sein, aber wir finden es besser, wenn es etwas offener gestaltet ist. Deshalb haben wir das als eine Kannregelung eingeführt. Es kann mit Los entschieden werden, aber es kann auch anders entschieden werden. Es muss nur klar sein, dass das Verfahren, wie der Platz vergeben wird, vorher für alle transparent sein muss.
Auch die Betriebspflicht betreffend, Herr Hippold, haben wir die Vorschläge der Sachverständigen aufgegriffen. Wir haben ursprünglich gesagt, es muss eine Betriebspflicht von zwölf Monaten sein. Da dies aber nicht so praktikabel zu sein scheint, haben wir gesagt, es kann auch bis zu drei Monaten ausgesetzt werden. Deshalb denke ich, dass wir den Vorschlägen der Sachverständigen sehr gut nachgekommen sind.
Der Gesetzentwurf, der zurzeit von der Koalition vorliegt, ist ungenügend. Auch das haben die Sachverständigen ausgeführt. Deshalb bin ich sehr gespannt, wie der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen aussehen wird. Ich gehe sehr stark davon aus, dass es zu ähnlichen Regelungen kommen wird, wie wir sie vorgeschlagen haben. Dann bin ich sehr auf Ihre Argumente gespannt, Herr Hippold.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Wilke wollte uns soeben erklären, was Frauen in diesem Freistaat interessiert. Ich glaube nicht, dass es das ist, was Sie, Frau Wilke, gerade erzählt haben. Frauen interessiert, wie Alleinerziehende ihre Kinder auf Klassenfahrt schicken können, wie Frauen in Führungspositionen kommen und wie Frauen am Arbeitsmarkt ordentlich beteiligt werden können.
Frau Buddeberg hat ihre Rede geschlossen, indem Sie noch einmal auf die Verfassung und das Grundgesetz verwiesen hat. Ich möchte an dieser Stelle das Grundgesetz noch einmal zitieren. In Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes heißt es: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ In der Sächsischen Verfassung finden wir das in ähnlicher Art und Weise in Artikel 8 wieder. Auch 27 Jahre nach der Verabschiedung der Sächsischen Verfassung bewegt sich im Bereich der Gleichstellung von Männern und Frauen so gut wie nichts.
Ich habe mich in Vorbereitung auf die heutige Debatte noch einmal in die bereits vorliegenden vier Frauenförderberichte der letzten Jahre eingelesen. Auch die Debattenbeiträge hierzu im Landtag habe ich gelesen. Im Jahr 1998 wurde der erste Frauenförderbericht vorgelegt. Die Analyse, die dort vorgenommen wurde, kann man mehr oder weniger eins zu eins in das Jahr 2019 transferieren. Schon damals war die Quintessenz: Frauen in Führungs
positionen sind extrem unterrepräsentiert. – Alle Berichte, die danach folgten, kamen zu einem ähnlichen Schluss.
Immer wieder ging es darum, dass zu wenig Frauen in Führungspositionen und Gremien vertreten sind. Es ging um die Notwendigkeit familienfreundlicher und flexibler Arbeitsbedingungen, es ging um die Benachteiligung von Teilzeitkräften, die natürlich vorwiegend Frauen sind, insbesondere wenn es um die Beförderung und die Höhergruppierung geht, und es ging um die Dienststellen- und Frauenförderungspläne und die Frauenbeauftragten.
Wenn man sich die Zahlen anschaut, stellt man fest, dass sich diesbezüglich in den letzten 20 Jahren kaum etwas verändert hat. Der Frauenanteil an den Beschäftigten im öffentlichen Dienst hat sich um 4 % erhöht. Bei den Beamtinnen und Beamten – das hat Frau Buddeberg schon ausgeführt – sieht es ganz schön eklatant aus, wenn wir auf die aktuellen Zahlen schauen. Aktuell sind nur 43 % der Frauen verbeamtet. Diese Situation wird sich in den nächsten Jahren möglicherweise verschlechtern oder gar verfestigen.
Im Jahr 1997 betrug der Frauenanteil bei den Anwärterinnen noch 54,3 %. Wenn ich in den aktuellen Bericht schaue, sind es nur noch alarmierende 34,2 % unter den Anwärterinnen. Offensichtlich ist der Freistaat Sachsen als Dienstherr, obwohl hier die Verbeamtung in Aussicht gestellt ist, für junge Frauen total unattraktiv. Das heißt, wir müssen endlich handeln, wir müssen die Rahmenbedingungen und die Strukturen ändern. Das kann man nicht mit Kann- und Sollregelungen in einem Frauenförderungsgesetz, sondern dieses Land braucht endlich MussRegelungen in einem modernen Gleichstellungsgesetz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist aber nicht so, dass die Staatsregierungen in den vergangenen Jahren gar nichts aus den Frauenförderberichten gelernt hätten. Dazu waren die Ergebnisse viel zu eindeutig. Schon im Jahr 1997 erkannte die damals zuständige Ministerin, dass sich noch einiges verbessern ließe, beispielsweise durch familienfreundliche Arbeitszeiten. In der Diskussion über die entsprechenden Berichte, zum Beispiel über den von 2008, hieß es dann: Von der Staatsregierung – hört, hört! – wurde herausgestellt, dass mit einer verstärkten Beteiligung von Frauen in Führungspositionen wertvolle Ressourcen genutzt werden können.
Es wurde sogar Sympathie für Telearbeit, Homeoffice und bessere Karrierechancen für Teilzeitbeschäftigte geäußert. Allein die Umsetzung dieser Ideen, die damals, 2008, geäußert wurden, ist nicht geschehen. Das damalige Sozialministerium ist einmal auf die anderen Ressorts zugegangen und hat gesagt: Jetzt haben wir dieses Frauenförderungsgesetz; ihr solltet das vielleicht umsetzen. – Passiert ist nichts, wie wir wissen. Damals schon, 2008 – viele werden sich vielleicht noch erinnern –, hat unsere damalige frauenpolitische Sprecherin Elke Herrmann ein modernes und innovatives Gleichstellungsgesetz gefordert.
Genau wie sie damals fordern wir auch heute, dass Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte mit einem umfassen
den Beteiligungs- und Klagerecht sowie Sanktionen für die Dienststellen versehen werden müssen, die – entgegen ihren Pflichten – eben keine Frauenförderungspläne erstellen. Lassen Sie es sich noch einmal auf der Zunge zergehen: keine Frauenförderungspläne erstellen. Im Gesetz, im Landesgesetz, im Frauenförderungsgesetz ist es verankert: Es sollen Frauenförderungspläne erstellt und Frauenbeauftragte bestellt und verpflichtet werden.
Aber was passiert, wenn die Frauenförderungspläne nicht erstellt werden und keine Frauenbeauftragten bestellt werden? Es passiert nichts. Dieses Frauenförderungsgesetz ist quasi ein zahnloser Tiger. Stellen Sie sich einmal vor, so etwas würde im Straf- oder Besoldungsrecht passieren. Dann wäre hier aber Alarm, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Der Dreh- und Angelpunkt der Realisierung des Verfassungsauftrags der Gleichstellung ist die Umsetzung der gleichstellungsgerechten Regelung. Aber in Sachsen gibt es 25 Jahre nach Inkrafttreten des Frauenförderungsgesetzes immer noch Dienststellen, die keine Frauenförderungspläne aufstellen und auch keine Gleichstellungsbeauftragten bestellen. Das sehen wir, wenn wir auf den aktuellen, den Fünften Frauenförderungsbericht schauen. Viele schöne Worte kann man darin lesen, aber wenige verwertbare Erkenntnisse. Wir haben es schon gehört: Die Daten, die vorliegen, sind aus dem Jahr 2015. Die statistischen Daten sind dreieinhalb Jahre alt; die Ressortumfrage erfolgte, wie gesagt, im vorletzten Jahr, und man fragt sich, wie man sich damit ein Bild machen soll.
Dann ist der Bericht zwar erstellt worden – wir haben, glaube ich, schon vor ein oder zwei Jahren im Gleichstellungsbeirat die Zahlen zu diesem Bericht gehört –, allein er muss natürlich durch das Kabinett beschlossen werden, und dabei gibt es dann wahrscheinlich die eine oder andere Ministerin – aber ich vermute, es handelt sich dabei eher um Minister, –
– nein – denen die aufgedrängten Erkenntnisse offensichtlich nicht passen, und dann wurde das Ganze verschleppt. So kann man einen Bericht und die Sache auch entwerten. Das sollten wir nicht länger zulassen, deshalb braucht es auch endlich ein modernes Gleichstellungsgesetz.
Aber zwei Aspekte aus dem aktuellen Bericht möchte ich noch einmal herausstellen: Wenn es nämlich um die Frauenbeauftragten in den Dienststellen oder in den Kommunen geht, widmet dieser Bericht dem Ganzen lediglich fünf von insgesamt 200 Seiten, und auf diesen fünf Seiten wird noch sehr umfänglich das Gesetz zitiert. Die Aussage über die Situation wurde schlichtweg aus den einzeln ausgewählten Frauenförderungsplänen herausgezogen, also, ein Gesamtbild kann man sich darüber überhaupt nicht machen.
Außerdem – das haben wir auch im Ausschuss diskutiert –: Wenn ich mir die alten Frauenförderungspläne anschaue, dann kann ich sehr gut nachvollziehen, welches Staatsministerium Frauenbeauftragte bestellt hat, wer Frauenförderungspläne aufgestellt und sie fortgeschrieben hat. Nur dieser Bericht ist der erste, der dies nicht tut. Ich kann also überhaupt keine Vergleiche anstellen, welches Staatsministerium dies getan hat. Ich denke, das ist auch so gewollt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Aber ein Schmankerl, das ich im Bericht gefunden habe, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Im Bericht ist nämlich zu lesen: „Frauen in Führungspositionen gelten als unterrepräsentiert, solange ihr Anteil nicht dem Gesamtanteil an Frauen bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst entspricht.“ Wir haben 65,9 % Frauen im öffentlichen Dienst, und wenn ich dem glauben darf, was dort steht, dann bedeutet das: 65,9 % der Frauen müssten auch in Führungsebenen vertreten sein. Dass dem nicht so ist, wissen wir, und genau deshalb brauchen wir in Sachsen endlich ein modernes Gleichstellungsgesetz mit konkreten Regelungen und Verbindlichkeiten zu den Gleichstellungsplänen, mit einer Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten, mit einem Klagerecht sowie einer paritätischen Besetzung der Gremien, außerdem die entsprechenden Frauen in Führungspositionen und nicht zuletzt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Ich hoffe, dass in der nächsten Legislaturperiode die Mehrheiten in diesem Landtag so sind, dass wir endlich auch in Sachsen ein modernes Gleichstellungsgesetz haben.
Vielen Dank.
Auswirkungen des Gesetzes zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18.12.2018 (BGBl 2018 Teil I, 2635)
Mit dem Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18.12.2018 hat der Bundesgesetzgeber die Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Urteil vom 10.10.2017 (1 BvR 2019/16) umgesetzt. Mit dem Gesetz wird an der Pflicht der personenstandsrechtlichen Registrierung des Geschlechts bei der Geburt festgehalten. Dazu wird die Möglichkeit eingeräumt, bei der Beurkundung der Geburt neben den Angaben „weiblich“, „männlich“ oder „ohne Angabe“ auch die Bezeichnung „divers“ zu wählen, wenn eine Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter nicht möglich ist.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage, Drucksache 6/13975, vom 02.08.2018 teilte das Sächsische Staatsministerium des Innern mit, dass für die Antwort die Regelungen des Gesetzgebers abgewartet werden müssten.
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