Protokoll der Sitzung vom 12.04.2017

Frau Schubert, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Ich möchte ebenfalls gern beim Thema sorbischer Sprachraum bleiben. Ich habe einen kleinen Sonderaspekt: Es geht um Schülerinnen und Schüler mit Lese-Rechtschreib

Schwäche. Wenn diese festgestellt wird, verlassen sie oft die Schule und bleiben meist bis zu zwei Jahre in einer Sonderfördermaßnahme. Vielleicht können sie mir die Frage beantworten. Wenn diese LRS-Schülerinnen und -Schüler in dieser Fördermaßnahme sind, inwieweit können sie weiterhin dem Sorbischunterricht folgen? Das Problem dabei ist: Wenn sie zwei Jahre auf einer nicht Sorbisch unterrichtenden Sonderschule sind, dann haben sie zwei Jahre Wissenslücke im sorbischen Spracherwerb.

Das ist wirklich eine sehr spezielle Frage, Frau Abg. Schubert.

Wir haben neun sogenannte 2plus-Grundschulen im sorbischen Siedlungsgebiet. Von diesen neun Grundschulen bieten einige – die Anzahl kann ich Ihnen nicht genau sagen, ich würde sie nachliefern – dieses LRS-Konzept, das Strecken nach der 2. Klasse, an.

Es kommt nun darauf an, ob Eltern ihr Kind in diese LRSKlasse schicken bzw. ob die Kinder die Entfernung zu der LRS-Schule mit 2plus-Angebot bewältigen können, oder ob sie eine LRS-Klasse wählen, die Sorbisch nicht anbietet. Dann ist natürlich gerade für den Grundschüler der Einstieg in die sorbische Sprache nicht leicht zu bewältigen.

Ich kann aber sagen: Das LRS-Konzept ist ein so ausgefeiltes – übrigens auch ein sächsisches – Konzept, bei dem LRS-Schüler sehr große Lernfortschritte machen. Es ist wirklich richtig gut, sodass ich mir vorstellen kann – die Kenntnis darüber habe ich nicht, ich habe es mir noch nicht vor Ort angeschaut –, dass man einen LRS-Schüler – zurückgekehrt in die 3. Klasse – noch einmal eine Schleife drehen lässt, damit dieser im sorbischen Spracherwerb sehr gut voranschreiten kann, um in der 5. Jahrgangsstufe – darum geht es – den Anschluss nicht zu verpassen.

Die Linksfraktion, bitte. Jetzt machen wir die Reihenfolge richtig.

Vielen Dank. – Frau Staatsministerin, Sie hatten bereits etwas auf die Frage des Kollegen Mikwauschk zu den Voraussetzungen der Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern aus unseren slawischen Nachbarländern ausgeführt.

Mich interessieren die Strategien oder Pläne, die Sie dazu entwickelt haben. In welchem Schuljahr soll das erste Mal die Einstellung eines solchen Lehrers aus unseren Nachbarstaaten erfolgen? Unter welcher besonderer Einsatzvorbereitung soll dies erfolgen?

Herr Abg. Kosel, bitte noch einmal: Eine Einstellung von einem Lehrer aus …? Ich habe es akustisch nicht verstanden.

Wann soll nach Ihren Plänen die erste Lehrerin oder der erste Lehrer aus Polen oder Tschechien im sorbischen Siedlungsgebiet eingestellt werden? Und welche besondere Einsatzvorbereitung sollen sie von Ihrer Seite aus bekommen?

Herr Abg. Kosel, wir haben schon tschechische Lehrerinnen und Lehrer bei uns an den 2plus-Schulen. Es erfolgt jetzt nicht die erste Einstellung, sondern wir schreiben die Einstellungen fort. Was die besondere Vorbereitung betrifft: Da komme ich noch einmal auf das zurück, was ich vorhin gesagt habe.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Wie viele haben Sie denn? Nach dem Pragbesuch – – (Cornelia Falken, DIE LINKE: Sagen Sie doch mal, wie viele Sie haben, Frau Staatsministerin!)

Entschuldigung, darf ich fertig antworten? – Nach dem Pragbesuch – das habe ich vorhin ausgeführt – werden wir die Lehrerinnen und Lehrer einstellen. Sie werden zum Erlernen der deutschen Sprache am Goethe-Institut berufsbegleitend vorbereitet, wenn sie nicht mit dem C1Niveau kommen. Herr Kosel, das war ja ganz konkret Ihre Frage: Wie bereiten Sie die Lehrerinnen und Lehrer vor? Dann bekommen sie regional in Bautzen – da sind wir in der konzeptionellen Phase – eine Unterstützung beim Erlernen der sorbischen Sprache. Aber nicht nur in der sorbischen Sprache, sondern auch in Kultur, Methodik und Didaktik für den Sorbischunterricht und für den sorbischen Fachunterricht. Das bereiten wir jetzt vor. Wie viele tschechische und polnische Lehrerinnen und Lehrer bereits an unseren 2plus-Schulen unterrichten, das liefere ich Ihnen zahlenmäßig gern nach.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Sehr schön, danke!)

Und die CDUFraktion.

Bei diesem Thema geht es ja eigentlich um den Lehrermangel, und deshalb würde ich zu dem Thema gern zurückkehren.

In der vorangegangenen Debatte wurde ja viel über die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten gesagt. Sie wirken ja recht langfristig. Das Maßnahmenpaket, das wir im vergangenen Jahr umgesetzt haben, sollte nun schneller und kurzfristig wirken. Meine Frage lautet: Ist das Maßnahmenpaket die abschließende Antwort der Staatsregierung auf das Problem des Lehrermangels oder sehen Sie darüber hinaus noch weitere Handlungsbedarfe?

Das Maßnahmenpaket ist auch finanziell ein sehr, sehr großes Paket und das allein zeigt Wirkung in zunehmendem Maße. Eine positive Wirkung kann ich aus den letzten 14 Tagen berichten. Aber das allein reicht noch nicht aus, um die Lehrersituation im Freistaat Sachsen so zu gestalten, dass Unterricht abgesichert ist.

Ich möchte bei dieser Fragestellung kurz darauf eingehen, dass wir im Wintersemester 2009/2010 in Sachsen fünf Mittelschullehramtsstudentinnen und -studenten und 41 Grundschullehramtsstudentinnen und -studenten hatten. Frau Dr. Stange hat vorhin etwas über die Wirkung und die Dauer eines Studiums gesagt. Also können wir uns alle ausrechnen, was wir zurzeit an Output von unseren Universitäten im Referendariat haben.

Ich habe zurzeit noch 700 Referendariatsplätze frei, die nicht besetzt sind. Besetzte Referendariatsplätze würden wir aber dringend brauchen, um Lehrerinnen und Lehrer auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Insofern ist das Maß

nahmenpaket ein sehr gutes, und ich bin froh und glücklich darüber, dass wir es haben.

Wir brauchen das Programm „Seiteneinsteiger“; das habe ich vorhin schon erwähnt. Das werden wir auch in den nächsten Jahren noch brauchen. Ich darf an dieser Stelle sagen: Die Seiteneinsteiger möchte ich keinesfalls negativ belegt haben. Sie sind jetzt schon eine große Bereicherung in den Klassen- und Lehrerzimmern, weil sie einmal eine ganz andere Facette mitbringen.

Wir gehen in die Werbung. Sehr erfolgreich waren wir auf der Leipziger Buchmesse bei der Werbung. An dem Stand war ich selbst anwesend. Wir gehen in intensive, abgestimmte Werbemaßnahmen mit dem Wissenschaftsministerium und wir sprechen unsere Oberschüler gezielt an. Wir werden effizienzsteigernde Maßnahmen in den Blick nehmen müssen. Dabei erinnere ich an unsere gestrige Debatte zum Schulgesetz. Es geht um effizienzsteigernde Maßnahmen in der Form, dass wir, auch aufgrund des Erziehungs- und Bildungsauftrags im Schulgesetz, Stundentafeln und Lehrpläne anschauen.

Es sind nicht allein effizienzsteigernde Gründe, sondern es sind auch inhaltliche Gründe, weil wir, wie gesagt – und das ist eine Riesenleistung –, unsere Studierendenzahl auf 2 375 Lehramtsstudenten erhöht haben. Wir müssen jetzt ganz konkret untersuchen – und das werde ich mit meiner Kollegin intensiv tun –, wie viel Output unsere Universitäten liefern. Wie viele Lehramtsreferendare und -anwärter bekomme ich in das Referendariat, wenn ich 700 freie Plätze habe? Wir müssen Ursachenforschung betreiben.

Wahrscheinlich hat sich die Studiendauer enorm verändert. Das ist meine erste Erkenntnis von Leipzig. Hier werde ich mit meiner Kollegin ganz exakt Ursachenforschung betreiben. Wie viele Studierende haben wir im System? Wie viel Output kommt von den Universitäten? Wie viele davon kommen in unser Referendariat?

Wir haben übrigens deutschlandweit für unsere Referendare und Anwärter die höchste Vergütung. Das ist viel zu wenig bekannt. Wir haben im Referendariat die attraktivsten finanziellen Bedingungen und in dem anderthalbjährigen Referendariat auch attraktive Ausbildungsbedingungen. Ich werde sehr oft von anderen Bundesländern angefragt. Es gilt, dass wir das noch einmal intensiv kommunizieren.

Ich bedanke mich bei allen dafür, dass diese finanziellen Mittel zum jetzigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Die Zeitdauer für die Befragung ist jetzt abgelaufen und ich schließe den Tagesordnungspunkt.

(Unruhe im Saal)

Gibt es wieder Unstimmigkeiten? – Nein, gut.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Lebens- und Arbeitsleistungen von Ostdeutschen anerkennen –

Rentenwertangleichung Ost auf das Jahr 2018 vorziehen,

Renten- und Versorgungsunrecht Ost beenden

Drucksache 6/9062, Prioritätenantrag der Fraktion DIE LINKE

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion, danach folgen CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.

Ich erteile nun Frau Abg. Schaper das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erinnern wir uns: Bereits in der ersten Landtagssitzung dieses Jahres, am 1. Februar, haben wir Sie aufgefordert, das Rentenunrecht zumindest der seinerzeit in der Braunkohleveredlung tätigen Bergleute schleunigst zu beenden.

Das lehnten Sie, meine Damen und Herren, ab. Ihre Begründung lautete, dass nur wenige Menschen betroffen seien und in dem Rentenüberleitungsgesetz sowieso noch andere Personengruppen vergessen und infolgedessen ebenso benachteiligt worden wären. Diese beschämende Tatsache war uns natürlich bewusst, aber immerhin haben Sie dieses Versagen der Bundesregierungen eingeräumt. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Renteneinheit erst im 35. Jahr der Einheit hergestellt werden soll.

Nicht nur deshalb haben wir heute diesen Prioritätenantrag auf der Tagesordnung. Wir wollen, dass der Rentenwert Ost schon bis 2018 an den Rentenwert West angeglichen wird, und zwar finanziert aus Steuermitteln und nicht aus Beitragsmitteln.

Die Ostlöhne sollen bei der Rentenberechnung hoch gewertet bleiben, bis die systemischen Lohnunterschiede zwischen Ost und West Geschichte sind. Wir wollen, dass die diskriminierenden Wirkungen des Rentenüberleitungsgesetzes aufgehoben werden.

(Beifall bei den LINKEN)

Im Bundestag wurde von der Regierung, meine Damen und Herren von CDU und SPD, schon beschlossen, die Renteneinheit noch einmal nach hinten, um weitere fünf Jahre auf 2025, zu verschieben. Freilich gibt es keine Garantie dafür, dass das die letzte Verschiebung ist. Aber selbst wenn es bei diesem Datum bleiben sollte, ändert das nichts an Ihrem Versagen.

Wer 1990 mit 65 Jahren in Rente ging, muss Ihren Plänen zufolge 100 Jahre alt werden, um die Renteneinheit noch zu erleben. Mit Blick auf die durchschnittliche Lebenserwartung müsste man Ihnen zynisch gratulieren – Sie hätten das Problem biologisch gelöst.

Schaut man sich den Finanzbedarf für die Angleichung an, dann stellt man fest, dass die Rentenangleichung Ost

West durchaus schneller machbar wäre. Sie kostet im Jahr zwischen 1 bis 4 Milliarden Euro. Allerdings fehlt den Großkoalitionären schlicht der Wille dazu.

So erzielte der Bundeshaushalt im letzten Jahr einen Überschuss von 7 Milliarden Euro. Man könnte natürlich auch das Geld nehmen, das derzeit eingeplant wird, um den Wehretat zu erhöhen. Man will ja wohl Trumps Wehklagen gehorchen und als NATO-Staat 2 % des Bruttoinlandsproduktes für Rüstung verschleudern. Mit dem dafür angesetzten Betrag von 20 Milliarden Euro ließe sich nicht nur das Rentenproblem lösen.

Der Rentenwert Ost lag 2015 immer noch 7,5 % unter dem Niveau der alten Bundesländer. Dass Sie sich bei diesem Thema vor der Verantwortung drücken wollen und schlicht auf die Bundesregierung verweisen, ist völlig inakzeptabel.