Protokoll der Sitzung vom 21.06.2017

Möchte ein Antragsteller Präventionsmittel der gesetzlichen Krankenkassen in Anspruch nehmen, muss er unter anderem sowohl die Verhaltens- als auch die Verhältnisebene, also das Lebensumfeld der Zielgruppe, in Augenschein nehmen. Das ist gute fachliche Praxis und Konsens bei den Beteiligten der Landesrahmenvereinbarung. Alle Beteiligten der Landesrahmenvereinbarung sind sich des hohen Anspruchs bewusst, den der Bundesgesetzgeber mit dem Präventionsgesetz formuliert hat. Ich zitiere: „Die Leistungen sollen insbesondere zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen beitragen.“ Vor diesem Hintergrund bringt die sächsische Landesrahmenvereinbarung dieses Querschnittsanliegen bereits in ihrer Präambel zum Ausdruck.

Das Steuerungsgremium lässt diesen Worten bereits Taten folgen. Das erfolgreiche Modellprojekt aus dem Vogtlandkreis zur Gesundheitsförderung von Erwerbslosen wird multipliziert. Das heißt, die Regionaldirektion Chemnitz der Bundesagentur für Arbeit und die gesetzlichen Krankenkassen auf Landesebene arbeiten eng zusammen. Sie haben sich darauf verständigt, das Vogtlandprojekt an fünf weiteren Standorten in Sachsen umzusetzen.

Wichtig für die Präventionsarbeit ist das Engagement der Kommunen. Die Projekte wirken vor Ort und müssen dort entwickelt werden. Frau Neukirch hat das vorhin bereits gesagt. Das Sozialministerium wird daher gezielt mit den Kommunen deren Möglichkeiten und Verantwortungen ausloten. Gegenwärtig wird die Landesrahmenvereinbarung operationalisiert. Dabei konzentrieren sich die Beteiligten und Akteure darauf, erstens die Reichweite von Gesundheitsförderung und Prävention auszubauen, zweitens den Bedarf für Maßnahmen zum Beispiel in den Lebenswelten Kita und Schule fundiert zu ermitteln, um anschließend gezielt agieren zu können, und drittens die Nachhaltigkeit dieser Prozesse zu vertiefen.

Damit stehen die Beteiligten der Landesrahmenvereinbarung und die Institutionen, die ihr nach dem Präventionsgesetz beitreten können, die kommunalen Spitzenverbände und die Bundesagentur für Arbeit, für weniger Projektitis, weniger Gießkannenprinzip, dafür mehr Hilfe zur Selbsthilfe und Stärkung der Verantwortung vor Ort. Gemeinsam setzen die Beteiligten einen weiteren sächsischen Baustein der Landesrahmenvereinbarung um. Am 18. Oktober wird die erste Fachkonferenz für Gesundheitsförderung und Prävention in Dresden stattfinden. Damit bekennen die Beteiligten ihren Willen zur Informa

tion und zum Austausch mit all jenen, die um den gesellschaftlichen Mehrwert dieses Themas wissen.

Damit komme ich zu einem letzten Aspekt. Meine Kollegin Klepsch hat zu Recht bei der Unterzeichnung der Landesrahmenvereinbarung darauf hingewiesen, dass Prävention vom Mitmachen lebt. Daher steht das Wissen sowohl um die gesellschaftliche Verantwortung von Institutionen, Einrichtungen, Betrieben usw. als auch um die Verantwortung jedes Einzelnen für sich selbst und seine Gesundheit.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die Staatsregierung hat den Auftrag aus dem Präventionsgesetz mit der Erstellung der Landesrahmenvereinbarung zügig abgearbeitet, und nun setzen die Beteiligten verantwortungsvoll die Landesrahmenvereinbarung sukzessive um.

Meinen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE, Frau Abg. Schaper.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Schmidt! Es ist heute schon das zweite Mal, dass Sie mich tief enttäuschen, zum ersten Mal als der stellvertretende MP hier in diesem Hohen Hause ausruft – das müssen Sie sich einmal vorstellen –, dass Wismut Aue der beste Fußballverein ist.

(Christian Piwarz, CDU: Das hat er nicht gesagt! Sie müssen zuhören!)

Waren Sie nicht anwesend? – Zum zweiten Mal haben Sie mich enttäuscht, dass Sie den Antrag nicht unterstützen. Jeder hat hier gesagt, da ist etwas dran, und das ist alles richtig, was Sie aufschreiben. Genau das nennt man kognitive Dissonanz. Das gehört zur Verhältnis- und Verhaltensprävention. Nur weil es von Ihnen ist, können wir nicht zustimmen – das habe ich verstanden. Was nicht stimmt, Herr Wehner, ist das mit der Verhaltens- und der Verhältnisprävention mit dem Rauchen. Das Beispiel, das Sie aufgegriffen haben, ist der Grund, weshalb wir der Meinung sind, dass es gleichermaßen behandelt wird. Es ist richtig, es steht beides darin, Frau Neukirch. Aber es steht nicht im gleichen Verhältnis darin.

Das Rauchen hat deshalb abgenommen, nicht unbedingt, weil die Einsicht dafür da ist, sondern weil die Raucher hinausgehen müssen, weil sich die Verhältnisse geändert

haben. Es gibt mittlerweile Statistiken und Doktorarbeiten darüber, dass im Winter weniger geraucht wird als im Sommer. Rein fachlich-inhaltlich ist es in Erwägung zu ziehen, beides intensiv zu beleuchten und auch so hineinzuschreiben.

Zu Ihnen, Herr Zschocke, bezüglich des alten Antrags: Es ist nun mal nur zwei Tage pro Monat Plenum. Dass es dann natürlich sehr viele Themen gibt, die man nicht sofort behandelt, dafür entschuldigen wir uns. Aber wenigstens taugt es dann ja als Ideengeber für Ihre Kleinen Anfragen.

Angebote von gesundem Essen, Herr Minister, werden an den Schulen noch viel zu wenig in Anspruch genommen. Wir könnten mit so einem Antrag genau darauf hinwirken, dies ein Stück weit zu verschärfen. Das war unser Ansinnen und das war überhaupt nicht böse gemeint, sondern nur der Versuch, das fachlich etwas aufzuwerten.

(André Wendt, AfD: Nennt man das bei Ihnen einen roten Faden?)

Ja, Herr Wendt, das nennt man einen roten Faden. Haben Sie davon schon einmal etwas gehört?

(Zuruf von der AfD: Ja, aber das geht Sie nichts an; das ist unser Hobby!)

Sie zerlegen sich ja lieber selbst. Wir versuchen unsere Politik, die im Bund herrscht, in die Länder zu transportieren, zumindest in den ersten zwei Punkten –

Bitte zum Schluss kommen!

–, um Authentizität zu behalten. Da können Sie noch etwas lernen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Es wird offenbar gewünscht, über den Antrag abzustimmen. Wer der Drucksache 6/6576 seine Zustimmung geben möchte, zeigt das jetzt bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Bei Stimmen dafür und zahlreichen Enthaltungen ist die Drucksache nicht beschlossen worden.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 7

Offenlegung der Belastungsentwicklungen

im Mittel- und Niederspannungsnetz durch den Anschluss

von Wind- und Solarenergieanlagen

Drucksache 6/9764, Antrag der Fraktion AfD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Meine Damen und Herren! Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: zunächst die AfD, dann die CDU, die SPD, GRÜNE sowie die Staatsregierung, sofern das Wort gewünscht wird. Für die AfD-Fraktion beginnt Herr Abg. Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit unserem Antrag „Offenlegung der Belastungsentwicklungen im Mittel- und Niederspannungsnetz“ möchten wir an die monatelangen Diskussionen über die Höhe der Netzentgelte anknüpfen. Die AfD hat in dieser Diskussion immer betont, dass eine Vereinheitlichung der Netzentgelte kaum etwas an deren Höhe ändert. Genau auf einen der Preistreiber der Netzentgelte will unser Antrag den Fokus legen.

Die öffentliche Diskussion um die Kosten des Netzausbaus konzentriert sich vor allem auf die Übertragungsnetzstrukturen. Riesige Windparks im Norden Deutschlands produzieren Strommengen, für die es dort keine Verbraucher gibt. Große neue Trassen müssen gebaut werden, um den Strom aus dem Norden zu den Verbrauchern im Süden Deutschlands zu leiten. Durch die Erdverkabelung, die verständlicherweise durch die Bevölkerung gewünscht und gefordert wird, werden die ursprünglichen Kostenschätzungen von 33 Milliarden Euro für neue Übertragungsnetze bei Weitem nicht ausreichen.

Über die auf Deutschland zukommenden Kosten durch den Aus- und Umbau der Verteilernetze wird öffentlich kaum gesprochen. Dabei ist der notwendige Ausbau der Verteilernetze in Sachsen ausschließlich dem Anschluss von EEG-Anlagen, insbesondere der Windenergie und Fotovoltaik, geschuldet. Die Kostenschätzungen für den Um- und Ausbau der Verteilernetze gehen weit auseinander. Das Bundesministerium für Wirtschaft rechnet deutschlandweit mit 23,2 bis 48,9 Milliarden Euro allein bis 2032.

Das geht natürlich auch uns in Sachsen etwas an. Die sächsischen Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetze werden meist durch unsere Stadtwerke betrieben. Die riesigen Investitionskosten, die Planungsleistungen und auch die Umsetzung müssen von diesen Unternehmen zunächst einmal getragen werden. Wir haben hier Zweifel, dass alle unsere sächsischen Stadtwerke dazu überhaupt in der Lage sind. Am 10. Mai dieses Jahres schrieben die „Dresdner Neuesten Nachrichten“: „Die Energiewende fordert ihren Tribut. Das bekommt auch der größte ostdeutsche Energieversorger enviaM in Chemnitz zu spüren. Bei der Vorlage der Bilanz des Jahres 2016 musste verkündet werden, dass das Ergebnis um

71,4 Millionen Euro geschrumpft ist. Das heißt, innerhalb eines Jahres ist der Gewinn um etwa ein Viertel eingebrochen. Laut Vorstandschef Tim Hartmann ist das „den hohen Investitionen in Ausbau und Instandhaltung des Stromnetzes geschuldet, die zur Umsetzung der Energiewende erforderlich sind.“

Außer bei den Stadtwerken der kreisfreien Städte liegt die Aufsicht über die Kalkulation der Netzentgelte und der Verwaltungskosten nicht bei der Bundesnetzagentur, die ihre Daten veröffentlicht, sondern in unserem sächsischen Wirtschaftsministerium, also bei Herrn Dulig.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Leider hat die AfD keinen Einblick in die Kostenkalkulationen der sächsischen Stadtwerke.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wenn aber bereits der größte Energieversorger Ostdeutschlands mit Gewinneinbrüchen von fast 25 % innerhalb eines Jahres zu kämpfen hat, dann ist diese Entwicklung besorgniserregend. Dabei stehen wir erst am Anfang dieses Anpassungs- und Umbauprozesses. Wir müssen wissen, wohin die Reise geht. Eine verantwortungsvolle Politik darf kein Blindflug sein.

Während für Baden-Württemberg Zahlen und Simulationen über die zukünftigen Kosten der Verteilernetze vorliegen, haben unsere Kleinen Anfragen ergeben, dass sich die sächsische Regierung nach wie vor auf einem Blindflug befindet. Genau das soll unser Antrag ändern.

Der wichtigste Indikator für die Abschätzung der Ausbaukosten ist die Belastung der Stromnetze. Hieraus kann auch abgelesen werden, in welchen Regionen aktuell der größte Anpassungsbedarf besteht. Wir müssen für Sachsen konkret ermitteln, welche Kosten auf die Stadtwerke und Netzbetreiber bereits jetzt zukommen und welche Kosten entstehen, sollte die Energiewende tatsächlich so fortgeführt werden, wie die Bundesregierung und auch die sächsische Regierung aus CDU und SPD es planen.

Für uns als Parlament und für die Bürger muss dann auch eine Einschätzung erfolgen, ob und unter welchen Rahmenbedingungen unsere Stadtwerke und Betreiber des Verteilernetzes in der Lage sind, diese rein politisch gewollten Aufgaben finanziell zu stemmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Damit ist der Antrag eingebracht durch die AfD-Fraktion. Jetzt spricht für die CDU Herr Kollege Rohwer.