Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Danke, Herr Präsident! Danke, Herr Kollege. Herr Kollege, meinen Sie, dass es rechtens ist, dass es der Landtag hinnehmen, sanktionieren oder als normal betrachten kann, dass Zuweisungen, die für Forschung und Lehre mit der Haushaltsentscheidung eingestellt wurden, nun verwendet werden, um einen anderen Rechtsansatz – nämlich hoheitliche Leistungen für Polizei, Justiz, Private und Behörden – zu finanzieren? Ist das eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Haushalts?

(Katja Meier, GRÜNE: Das ist die entscheidende Frage!)

Herr Bartl, wir haben diese Institute an die Universitäten angegliedert. Die Pathologie und Rechtsmedizin sind wissenschaftliche Fächer.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Dafür ist das Geld!)

Sie dienen der Lehre und Forschung. Ich selbst bin während meiner Ausbildung in rechtsmedizinischen Instituten gewesen und habe mir die Leichenöffnungen angesehen. Natürlich, es waren auch Fälle dabei, die gerade passiert waren. Sie wurden uns als Lehrbeispiele gezeigt.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Dafür ist das Geld nicht!)

Das ist doch in Ordnung. Wenn ich als Jurist dorthin gehe und ausgebildet werde, dann ist das doch Lehre, oder nicht? Wir sollten uns aber nicht verrennen.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Wir müssen feststellen, ob bis zur Feststellung des nächsten Haushalts über das JVEG auf Bundesebene eine auskömmliche Situation hergestellt werden kann. Sollte das nicht der Fall sein, müssen wir in der Tat überlegen – ich unterscheide mich wahrscheinlich etwas von Herrn Modschiedler –, ob nicht möglicherweise Leistungen, die im Sinne des SMJus und der Strafverfolgung erbracht werden, auch einen Sockelbetrag im Haushalt des SMJus finden müssen. Darüber müssen wir reden.

Wir müssen auf jeden Fall eine Lösung finden, wie dieses chronische Defizit ausgeglichen werden kann. Möglicherweise kann man das tatsächlich, wie Sie, Herr Bartl, sagen, auf Dauer nicht hinnehmen. Es wäre im nächsten Haushalt sinnvoll, gerade für die Gerichtsmedizin einen eigenen Titel zu schaffen. Sodann hätten wir das Problem gelöst. Das schlage ich vor. Das können wir aber erst bei den nächsten Haushaltsverhandlungen machen. Diesen Weg müssen wir gehen.

Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall der Abg. Martin Modschiedler, und Aline Fiedler, CDU)

Das war Herr Kollege Baumann-Hasske. Jetzt spricht für die AfD-Fraktion Herr Barth, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Fraktion DIE LINKE hatte bereits im letzten Jahr einen Antrag zur Rechtsmedizin gestellt. Es fand, bemerkenswerterweise, eine sehr interessante Anhörung statt. Die Gutachter haben die Probleme bei der Rechtsmedizin klar benannt. Das Hauptproblem ist die Finanzierung von Dienstleistungen der rechtsmedizinischen Institute.

Konkret geht es um Dienstleistungen im Auftrag von Polizei und Justiz. Die rechtsmedizinischen Institute sind organisatorisch Teil der Universitäten Dresden und Leipzig. Zuständig ist also das SMWK und nicht das SMJus. Dies wurde auch in der letzten Haushaltsverhandlung sehr deutlich.

Mit diesem Antrag wird genau dieses Problem aufgegriffen. Es geht um akute Finanzierungslücken. Gemäß den Ziffern 1 und 2 des Antrages soll die Staatsregierung aufgefordert werden, die jährlichen Finanzierungsdefizite der beiden Institute für Rechtsmedizin in Sachsen in den Jahren 2017 und 2018 mit zusätzlichen Mitteln auszugleichen. Ursache der Finanzierungsdefizite ist eindeutig das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz. Für einzelne Bereiche gibt es keine kostendeckenden Vergütungen. Das müssen wir sachlich festellen. Dieses Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ist jedoch ein Bundesgesetz. Zuständig für eine Erhöhung der Vergütung ist daher der Bund.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Darüber haben wir doch gerade gesprochen, Herr Barth!)

Herr Gebhardt, Sie erzählen mit Ihrer Fraktion nicht nur Blödsinn. Manchmal wird durchaus auch etwas gesagt, was wir genauso sehen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach so! – Carsten Hütter, AfD: Nicht gleich erschrecken!)

Zuständig für eine Erhöhung der Vergütung ist daher der Bund, Herr Gebhardt.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Herr Gebhardt, das bestreite ich nicht, um Gottes Willen! Nur keine Gemeinsamkeiten, Herr Gebhardt.

(Beifall bei der AfD – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nein!)

Auf der Frühjahrskonferenz der Justizminister hat der Staatsminister der Justiz dieses Problem angesprochen. Das hatte Herr Bartl schon gesagt – kein Problem. Nach meiner Kenntnis lässt man diese Vergütung bereits auf notwendige Erhöhungen überprüfen. Dieses Verfahren sollten wir abwarten. Erst wenn die Bemühungen des Staatsministers der Justiz scheitern sollten, meine Damen

und Herren, kommt aus Sicht meiner Fraktion als Notlösung der Ausgleich des Finanzierungsdefizits durch einen Zuschuss des SMWK zu diesem Zweck in Betracht.

Im Übrigen ist in der öffentlichen Anhörung ebenfalls deutlich geworden, dass die Polizei und Justiz mit der derzeitigen rechtsmedizinischen Versorgung im Wesentlichen zufrieden sind. Herr Gebhardt, das hat Herr Bartl so nicht gesagt. Aus diesem Grund sehen wir auch – im Gegensatz zu der Fraktion DIE LINKE – noch keine – noch keine! – unmittelbare Gefährdung bei der Aufgabenwahrnehmung.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Woher wissen Sie denn das? – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Da unterscheiden wir uns wirklich von Ihnen, Herr Barth!)

Unserer Ansicht nach kann daher die endgültige Klärung der Frage einer Vergütungserhöhung abgewartet werden.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Ja, genau, warten wir noch einmal ab!)

Gemäß Ziffer 3 Ihres Antrages möchten Sie die Staatsregierung auffordern, für die Haushaltsjahre ab 2019 einen jährlichen Haushaltsansatz für die rechtsmedizinischen Institute vorzusehen.

(Susanne Schaper, DIE LINKE: Wir kennen unseren Antrag, den brauchen Sie uns nicht vorzulesen!)

Möchten Sie vorkommen und eine Frage stellen? Gern.

(Carsten Hütter, AfD: Hören Sie uns doch einmal zu! Das ist schwierig, ich weiß!)

Dieser ermöglicht die Finanzierung der laufenden Kosten und den Ausbau des durchaus vorhandenen Investitionsstaus. Diese Aufforderung ist leider überflüssig, meine Damen und Herren von den LINKEN. Richtiger Zeitpunkt hierfür wären – Herr Gebhardt?

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Na?)

die Haushaltsverhandlungen 2019 und 2020. Aus diesem Grund, Herr Gebhardt, zu unserem größten Bedauern werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach!)

Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Auf Herrn Barth folgend schließt jetzt Frau Kollegin Meier für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die erste Rederunde ab.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Rechtsmedizin ist ja nicht neu in diesem Landtag. Bereits 2011 befürchteten Staatsanwaltschaften, Gerichte und die Kriminalpolizei, dass durch den Personalschwund in der Rechtsmedizin auch ihre Arbeit erschwert wird. Die Regierung reagierte seinerzeit nicht.

2011 fehlten dem Rechtsmedizinischen Institut in Leipzig bereits 1 Millionen Euro in seinem Haushalt, zwei Drittel Dienstleistungen für Justiz und Polizei. Schon da war klar, dass das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz des Bundes überarbeitet werden muss. Es ist bekannt, dass die Sätze zu gering und nicht mehr kostendeckend sind. Wieder hat die Staatsregierung nicht reagiert, weder hier im Land mit Finanzspritzen noch auf Bundesebene.

Im November 2016 – wir haben es gehört – gab es abermals eine Sachverständigenanhörung. Von den Instituten in Leipzig und Dresden sind Vertreter hier gewesen und haben alle übereinstimmend berichtet, dass die Rechtsmedizinischen Institute chronisch unterfinanziert sind. Von 2010 bis 2016 hat sich die Anzahl der Begutachtungen durch die Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner verdoppelt. Sie kommen doch gar nicht mehr dazu, überhaupt Forschung zu betreiben, weil sie zu viel zu tun haben. Die Staatsanwaltschaften müssen monatelang auf ihre Obduktionsgutachten warten. Dadurch verzögern sich natürlich auch Gerichtsverfahren oder werden gar gefährdet.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Was heißt das denn? Damit wird natürlich die Funktion einer maßgeblichen Säule unseres Justizsystems gefährdet. Führen wir uns das einmal vor Augen. Für eine Obduktion beträgt die gesetzlich festgelegte Gebühr 500 Euro. Das reicht noch nicht einmal für einen normal gelagerten Fall. Aber lassen Sie einmal eine Leiche mit Dutzenden Messerstichen auf dem Obduktionstisch landen. Da brauchen die Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner mehr als zwölf Stunden Zeit, um ordentliche Arbeit abzuliefern. Offensichtlich muss man das hier noch einmal ganz klar sagen. Hier geht es um hoheitliche Aufgaben, also ureigenste Aufgaben des Staates, die nicht fachgerecht erfüllt werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

An dem Punkt setzt der Antrag der LINKEN an. Aber – das gehört auch dazu – er kann nur eine kurzfristige Lösung sein, indem das Finanzloch mit 500 000 Euro gestopft werden soll. Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Das trägt meines Erachtens nur bis zum kommenden Doppelhaushalt.

Was wir in Sachsen dringend brauchen, ist eine qualifizierte und tragfähige Lösung für die Finanzierung der Rechtsmedizinischen Institute. Schleswig-Holstein hat es vorgemacht. Dort wurde Anfang des Jahres eine Sockelfinanzierung in Höhe von 1 Million Euro für ihr Rechtsmedizinisches Institut beschlossen. Sie sollten sich überlegen, ob bis zur Aufstellung des Doppelhaushaltes so eine Sockelfinanzierung auch für uns ein tragfähiges Modell wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Die Rechtsmedizin ist eine gesellschaftliche Aufgabe, für die ausreichend Geld zur Verfügung gestellt werden muss.