Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Der Ministerpräsident ist von euch gewählt worden. Er wird vom Landtag gewählt. Es wäre doch ein Leichtes gewesen, bevor er nach China aufbricht, sich heute hier hinzustellen und zu erklären, vor welchen Herausforderungen dieses Land steht und warum er zurückgetreten ist.

(Zurufe der Abg. Christian Piwarz und Patrick Schreiber, CDU)

Er hat sich in die Büsche geschlagen. Das ist genau der Grund.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe von der CDU)

Es hätte noch nicht mal unseres Antrages bedurft. Ihr hättet es nur einfach zu machen brauchen. Der Ministerpräsident kann jederzeit außerhalb der Tagesordnung eine Erklärung abgeben. Das hat doch überhaupt nichts mit China zu tun. Wir hatten es doch noch extra provoziert.

(Christian Piwarz, CDU: Wir machen das alles, um euch zu ärgern! Wer schreit, hat Unrecht! – Zuruf des Abg. Dr. Gerd Lippold, GRÜNE – Weitere Zurufe von der CDU)

Herr von Breitenbuch, ich habe weder am Tag des Rücktritts noch Tage danach oder heute irgendwie mit Dreck nach dem Ministerpräsidenten geschmissen. Ich habe weder Dreck über ihm ausgekippt noch habe ich mich hämisch dazu geäußert. Wenn ich Kritik am Ministerpräsidenten geäußert habe, dann habe ich das in den letzten fünf Jahren gesagt, so wie ich es im Übrigen immer getan habe. Es muss mir niemand sagen, dass ich heute hätte dankbar sein müssen. Es ist nicht mein Ministerpräsident.

(Zuruf von der CDU: Es ist unser aller Ministerpräsident!)

Nein, es ist Ihr Ministerpräsident! Deswegen müssen Sie sich hier hinstellen und bei ihm bedanken, aber doch nicht ich. Es ist nicht mein Ministerpräsident!

(Beifall bei den LINKEN –

Doch, doch, es ist auch

Ihr Ministerpräsident! Es ist der Ministerpräsident

aller Bürger des Freistaates Sachsen! –

Das ist einfach erbärmlich! –

Weitere Zurufe von der CDU)

Das ist nicht erbärmlich, sondern das ist einfach die Wahrheit.

(Christian Piwarz, CDU: Weil Sie spalten!)

Ihr könnt dieses Land mit eurer CDU-Politik zukleistern.

(Widerspruch bei der CDU und der SPD)

Es wird euch nur nichts mehr nützen. Merkt ihr es denn nicht mehr? Nach dem 24. September hättet ihr doch wenigstens mal aufwachen können.

(Zurufe der Abg. Christian Piwarz und Patrick Schreiber, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

Lieber Volkmar Zschocke, man kann der Meinung sein, dass es für eine Regierungserklärung der falsche Zeitpunkt ist. Glaubst du aber ernsthaft, mit einem Finanzminister, der auf Abruf ist, und einem Ministerpräsidenten, der nicht anwesend ist, heute Abend über einen Nachtragshaushalt reden zu können? Was ist denn das für ein absurder Scheiß? Also, Entschuldigung!

(Lachen bei der CDU)

Du kannst mir das doch nicht vorwerfen und gleichzeitig so einen Unsinn machen.

(Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Gebhardt, mäßigen Sie sich bitte in Ihrem Ausdruck!

(Christian Piwarz, CDU: Sehr souverän, Herr Oppositionsführer! – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

Ansonsten kann ich nur feststellen, dass es so weit her mit der Zusammenarbeit zwischen SPD und CDU nicht sein kann. Ich habe die Rede des neuen Kultusministers gehört. Er will die Verbeamtung für die Lehrer. Es hat keine Stunde gedauert, bis die verantwortliche Politikerin der SPD erklärt hat: Nein, eine Verbeamtung gibt es mit uns nicht. Ihr müsst euch dazu irgendwie einmal einigen. Dazu sage ich natürlich: Wenn es keinen Ministerpräsidenten gibt, der eine Richtlinienkompetenz hat, dann kann ja jeder machen, was er will. Aber es ist ja sozusagen, was ihr mir jetzt gerade erklärt habt, dass dem nicht so ist.

(Heiterkeit bei den LINKEN – Christian Piwarz, CDU: Wenn die eigene Fraktion den Redner auslacht, ist es wirklich schlimm!)

Dann freuen wir uns doch darauf, was uns die nächsten Tage und Wochen bringen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war das Schlusswort der einbringenden Fraktion, gehalten von Herrn Kollegen Gebhardt.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/11196 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist die Drucksache 6/11196 nicht beschlossen, und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 9

Einsetzung der Enquete-Kommission

„Den ländlichen Raum im Freistaat Sachsen lebenswerter gestalten"

Drucksache 6/11189, Antrag der Fraktion AfD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Rederunde beginnt mit der einbringenden Fraktion, der AfD. Bitte, Herr Kollege Urban.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Im Landesent

wicklungsplan 2013 ist ein Leitbild für die Entwicklung des Freistaates Sachsen als Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum festgelegt worden.

Dieses Leitbild definiert den Freistaat wie folgt: „In allen Landesteilen des Freistaates Sachsen können sich die

Menschen grundsätzlich entsprechend ihren unterschiedlichen Ansprüchen an die eigene Lebensgestaltung verwirklichen.“ Weiter heißt es: „Die chancengleiche Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an der gesellschaftlichen Entwicklung ist überall gewährleistet. Dies und eine in weiten Teilen erneuerte Infrastruktur machen den Freistaat Sachsen auch für die Wirtschaft weiterhin attraktiv. Gleichwertige Lebensverhältnisse werden in allen Landesteilen angestrebt.“ – So weit das politische Versprechen.

Meine Damen und Herren, der Freistaat Sachsen stellt sich bis heute nicht so dar, wie es das Leitbild im Landesentwicklungsplan suggeriert, und er wird sich auch im Jahr 2025 nicht so präsentieren, zumindest dann nicht, wenn die Politik keine neuen und anderen Akzente als bisher setzt.

Der Status quo stellt sich unter anderem wie folgt dar: Auf dem Land gibt es immer noch mehr Gewerbeabmeldungen als Gewerbeanmeldungen. Der Anteil der Wertschöpfung am produzierenden Gewerbe hat sich in den ländlichen Regionen zwischen 2007 und 2016 fast halbiert. Die 6. Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für den Freistaat Sachsen geht davon aus, dass wir einen Bevölkerungsrückgang im ländlichen Raum bis zum Jahr 2030 von 8,6 % oder sogar bis zu 14,3 % erleben werden.

Der Anteil der jungen Menschen, die auf dem Land leben, wird immer kleiner. Viele kleine Geschäfte schließen, Vereine haben immer weniger Mitglieder oder lösen sich ganz auf. Von chancengleicher Teilhabe an der Gesellschaft und wirtschaftlich attraktiven Bedingungen überall im Freistaat kann folglich überhaupt keine Rede sein.

Meine Damen und Herren! Die Leuchtturmpolitik der CDU war in den großen Städten in Sachsen erfolgreich, aber eben nur in diesen. Die ländlichen Regionen kamen viel zu kurz. Ganze Regionen wurden nach der Wende deindustrialisiert und ihrem Schicksal überlassen. Beispielhaft dafür stehen der Niedergang der Textilindustrie im Dreiländereck um Löbau/Zittau, die Insolvenz des Kondensatorenwerkes Görlitz oder die Stilllegung der Werksteile 1 bis 3 des Braunkohlekraftwerkes Hagenwerder. Seit der Wende hat sich ein Bild des Niederganges im ländlichen Raum verstetigt. Der Malermeister dieses Bildes war die CDU, Gesellen waren wahlweise SPD und FDP.

Undifferenziert und selbstzufrieden wurden über Jahrzehnte Hunderte Millionen Euro aus diversen Förderprogrammen verteilt. Die gerade beschriebene Entwicklung in den ländlichen Regionen konnte jedoch nicht gestoppt werden. Unsere Staatsregierungen haben es seit 1989 nicht geschafft, das heißt seit über 20 Jahren, eine Trendwende von der Regierungsbank aus zu erreichen.

(Frank Kupfer, CDU: Das ist doch Unfug!)

Wir wollen Politik für die Menschen machen, aber nicht für Posten und Mandate. Lassen Sie uns daher endlich zusammen einen Plan für den ländlichen Raum entwickeln, der die verschiedenen und vielschichtigen Proble