Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Aber was mich ein bisschen ärgert, ist, dass Sie immer erst alles schlechtreden, anstatt anzuerkennen, dass wir über die vielen Jahre hinweg gemeinsam einen Weg gegangen sind.

Natürlich war es für die Schulen am Anfang schwierig. Natürlich brauchten sie dabei eine Begleitung, eine Fortbildung, eine Beratung. Aber ich glaube: Unsere Schulen – öffentliche wie freie – sind diesen Weg gemeinsam mit ganz viel Engagement gegangen und haben ganz tolle Dinge auf die Beine gestellt. Diese Verknüp

fung mit Externen, mit Vereinen und mit engagierten Leuten, die im Ruhestand sind, mit Handwerkern zum Beispiel, die in die Schule kommen, das ist gelungen. Wir müssen vielleicht eines tun – ich glaube, darauf müssen wir Wert legen: Wir müssen es sehr viel mehr in die Öffentlichkeit tragen, dass es überhaupt bekannt wird, dass man überhaupt merkt, was dort läuft.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, das ist ein Teil, den wir an Wertschätzung den Schulen gegenüber bringen müssen. Das, was dort geleistet wird, ist ein Mehrwert für unsere gesamte Gesellschaft. Dass wir dort Geld gut investiert haben, sieht man an ganz vielen Dingen. Ich möchte Ihnen ganz kurz – zur Rolle des Schulträgers – ein Beispiel nennen: Ich bin so stolz auf meine Heimatstadt Frankenberg. Frankenberg ist klein, hat 14 500 Einwohner, und stellt sich zum Ziel, „Stadt der Bildung“ zu werden. Das ist ein ganz schöner Anspruch.

Was wir wollen, ist, eine lokale Bildungslandschaft aufzubauen. Dabei spielt das Thema Musik eine ganz große Rolle. Es gibt an den beiden weiterführenden Schulen – Oberschule wie Gymnasium – jeweils Bläserklassen. In diesen Bläserklassen werden über GTA-Mittel in der 5. und 6. Klasse anstelle des Musikunterrichts in je einer Klasse jeweils Kinder an Blasinstrumenten ausgebildet.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE – Heiterkeit bei den LINKEN)

Wir wollen schauen, dass die Kinder Freude finden, dass sie am Ende in eine Musikschule gehen, dort das Instrument richtig erlernen und dann im Verein musizieren. Wir haben inzwischen ein symphonisches Jugendblasorchester mit 30 Mitgliedern, ein Nachwuchsorchester mit

20 Mitgliedern, und es gibt die Bläserklassen. Die waren jetzt zusammen in Balingen zum Wettbewerb und haben beide erste Plätze belegt und Sonderpreise abgeräumt. Darüber kann man sich freuen. Ich glaube, wenn GTA dazu beiträgt, dann haben wir alles richtig gemacht.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN und der SPD)

Diesen Weg möchte ich gern weitergehen. Ich kann mir das auch in anderen Bereichen vorstellen. GTA im sozialen Bereich – warum nicht? Warum kann man nicht über so etwas Leute an das Ehrenamt heranführen? GTA im Bereich von Wirtschaftsunternehmen? Warum kann ich nicht über GTA eine sehr praktisch orientierte Berufs- und Studienorientierung initiieren? Lassen Sie uns doch einfach einmal in diesem Bereich und zu diesem Thema querdenken.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das sind zwei Dinge, die passen nicht zusammen!)

Dass wir am Ende dafür das Geld zur Verfügung stellen müssen, ist klar. Ich denke: Wenn eine Sache gut ist und wenn wir merken, dass es dort Defizite gibt, die mit Geld zu beheben sind, dann werden wir uns der Aufgabe stellen. Am Personal, an den Qualifikationen und an den

engagierten Leuten fehlt es nicht. Die Honorarbeträge – da gebe ich Ihnen recht – muss man so gestalten, dass derjenige, der die Qualifikation hat, sie dafür auch bekommt.

GTA ist prima, machen wir weiter. Wir arbeiten an der Qualität. Und ich freue mich darauf, mitwirken zu können.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN und der SPD)

Mit Frau Kollegin Firmenich begann eine dritte Runde. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? Auch nicht bei Ihnen, Frau Falken?

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Eigentlich schon, aber ich habe keine Zeit mehr zur Verfügung!)

Es gibt keinen Redebedarf mehr aus den Fraktionen. Damit ist die Staatsregierung an der Reihe. – Bitte, Herr Staatsminister Haubitz. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Als Kultusminister freue ich mich, heute hier meine erste Debatte, mein erstes Statement zu einem Thema abgeben zu dürfen, welches durch eine zwölfjährige erfolgreiche Entwicklungsgeschichte geprägt ist.

Lassen Sie mich ganz kurz als einer, der diesen Prozess begleitet hat, über meine Schule sprechen. Vor zwölf Jahren gehörte das Gymnasium Klotzsche zu jenen 72 Schulen, die sich auf den Weg machten und sagten: Ja, wir wollen Ganztagsangebote unterbreiten! Die Lehrer setzten sich, nachdem sie sich dafür entschieden hatten, in einer Dienstberatung zusammen und berieten, schätzten und vermuteten, was den Schülern gefallen könnte. Damals entstanden sieben Arbeitsgemeinschaften, unter anderem eine Sport-AG, eine Modelleisenbahn- AG, eine Foto-AG und zwei Chöre. Es war eine offene Form, und die erste Evaluation führte zu einem Ergebnis – analog Bayern heute – von 14 %, die sich an diesen Angeboten beteiligten.

Schon zwei Jahre später merkten wir, dass wir mit unseren Angeboten hier und da danebenlagen. Wir orientierten uns nicht am Markt, nicht am Abnehmer. Also beauftragte damals der Schulleiter die Schülervertretung, in den Klassen zu fragen: Was wünscht ihr denn? Politische Bildung am Gymnasium Klotzsche, Demokratie. Insofern reagierten wir auf die Wünsche unserer Schüler. Wir erweiterten die Angebote. Es entstanden 13 Arbeitsgemeinschaften, unter anderem vier Sport-Arbeitsgemeinschaften und die Förderung von besonders begabten Schülern im naturwissenschaftlichen Bereich. Wir machten uns auf den Weg, und ganz nebenbei wurde Förderunterricht über die 5. und 6 Klasse hinaus angeboten,und zwar für die Klassen 7 bis 9 in Mathematik, und da es größere Probleme mit den Fremdsprachen gab, auch in

der ersten und zweiten Fremdsprache in den Klassenstufen 7 und 8. Damalige Beteiligung: 42 %.

Wenn ich heute nach Klotzsche komme, dann ist dieses Angebot voll integriert, das heißt: Es ist in die Rhythmisierung des Unterrichts eingebunden. In der Zwischenzeit sind bei den Angeboten 28 Externe tätig. Wir haben die Vereine integriert, inzwischen gibt es die Angebote schulartübergreifend. Das heißt, auch Schüler der benachbarten Oberschule sind hier integriert.

(Beifall der Abg. Iris Firmenich, CDU)

Wenn an dieser Stelle von einer Erfolgsgeschichte gesprochen werden kann, dann ist es diese. Nicht nur das Gymnasium Klotzsche hat sich auf den Weg gemacht, auch sehr viele andere Schulen.

Was bringt uns GTA? Es ist ein freiwilliges Angebot – das ist richtig. Aber alle Schulen mit Ganztagsangeboten haben schon den Schritt vollzogen, dass es sich um teilweise gebundene Angebote handelt. Warum teilweise gebundene Angebote? Ich muss dem Schüler schon irgendwo die Notwendigkeit aufzeigen, dass er an diesen Angeboten teilnimmt und mal nicht. Insofern werden dort Verträge geschlossen, die die Eltern zu unterschreiben haben, um damit eine gewisse Verbindlichkeit zu erzeugen. Es sind Bildungs-, Unterstützungs- und Betreuungsangebote – richtig. Sie erweitern für uns das Spektrum der Möglichkeiten, unseren Erziehungs- und Bildungsauftrag in der Schule ganzheitlich auch am Nachmittag umzusetzen. Ein ganz wichtiger Faktor ist, dass die Eltern natürlich hier Familie und Beruf durch unsere Unterstützung besser vereinbaren können.

Wir können auf der einen Seite fördern, indem wir Defizite bei Schülern ganz zielgerichtet abbauen, wir können Leistungsstarke fördern, und wir können beide Gruppen zusammenbringen, nämlich die Leistungsstarken und die Leistungsschwachen, sodass letztendlich Projekte entstehen wie „Schüler für Schüler“, dass die Großen die Kleinen an die Hand nehmen und ihnen zeigen, wie es läuft an der Schule. Wir gleichen hiermit Benachteiligungen aus. Wenn man von Chancengleichheit sprechen will, dann ist das Ganztagsangebot eine Möglichkeit, diesem nahezukommen.

Ein ganz angenehmer Nebeneffekt für alle Schüler, die am Ganztagsangebot teilnehmen, ist, dass sie dort einmal ihren Interessen, Talenten und Neigungen, Tätigkeiten nachgehen können. Nicht jeder ist in der Mathematik so bewandert wie der andere, aber er kann seine Talente im Chor, in der Theater-AG oder in der Foto-AG zeigen. Dort ist er Spitze. Wichtig ist es vielleicht unter dem

Aspekt Personalsituation: Natürlich sind die Schulen aufgefordert, sich zu öffnen. Natürlich freuen sich die Schulen über Externe. Diese bringen die Wirtschaft, das Umfeld mit in die Schule. Es ist für mich und für meine Lehrer ganz wichtig, dass da auch einmal ein anderer steht als immer nur der Lehrer.

Hier öffnen wir uns. Hier kommen die Externen in die Schule. Ich kann zusätzliche Förder- und Unterstützungsmaßnahmen aufbauen, und dies im jahrgangsübergreifen Unterricht, denn jahrgangsübergreifende Gruppen sind im Ganztagsangebot gang und gäbe.

Es wurde schon erwähnt, dass 2013 das Verfahren zur Beantragung vereinfacht wurde. Das war ein Riesenschritt. Man ist von ungefähr anderthalb Zentimeter Papier zu fünf Millimeter Papier übergegangen. Der Abbau dieser bürokratischen Hürden war entscheidend. Das Gefühl der Eigenverantwortung für die Programmschreibung führte zur Motivation meiner Kolleginnen und Kollegen.

Natürlich gebe ich den Damen und Herren Abgeordneten recht, wenn sie sagen, dass sie gern mehr als 25 Millionen Euro im Jahr hätten. Ich glaube, ich wäre ein schlechter Kultusminister, wenn ich hier stehen und sagen würde, dass das reicht. Nein, natürlich können wir noch mehr Mittel einfließen lassen. Diese Mittel – das wurde heute schon gesagt – sind sehr gut investiert.

Wie soll es weitergehen? Im Schulgesetz ist festgelegt, dass sich im Schuljahr 2018/2019 die Letzten auf den Weg zum Ganztagsangebot machen sollen. Das wird mein Haus begleiten. Mein Haus wird aber ebenso die Entwicklung der anderen Schulen begleiten, die sich vor zwölf, zehn oder acht Jahren auf den Weg gemacht haben.

Ich glaube, dass mit diesen Ganztagsangeboten vor zwölf Jahren etwas geschaffen wurde, was Bildung und Erziehung in der Schule ganz erheblich unterstützt. Wir sind gut beraten, wenn wir uns darüber Gedanken machen, wie wir diese Erfolgsgeschichte weiterführen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die Staatsregierung war das Herr Staatsminister Haubitz bei seiner ersten Aktuellen Debatte hier vor dem Hohen Haus.

Wir schließen die erste Aktuelle Debatte. Ich rufe auf

Zweite Aktuelle Debatte

Hinter Gittern? Drohenden Kollaps in

den Justizvollzugsanstalten abwenden!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Zunächst hat die einbringende Fraktion das Wort. Bitte, Herr Kollege Bartl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 22. September 2017 haben wir in einer Pressemitteilung die Staatsregierung davor gewarnt, dass sie mit ihrer realitätsfernen Personalpolitik in Justizvollzugsanstalten Revolten provoziert. Hintergrund war die Situation in der JVA Chemnitz, die zu diesem Zeitpunkt im Verhältnis zur eigentlichen Haftplatzkapazität mit 106, teilweise in den Vormonaten sogar 110 % überbelegt war, ohne dass es auch nur in der Näherung eine adäquate Personalausstattung gibt. Veränderungen sind nicht in Sicht – im Gegenteil. In der Antwort vom 18.09.2017 auf eine Kleine Anfrage hat die Staatsregierung erklärt, dass sie trotz des Umstandes, dass die JVA Chemnitz im nächsten Frühjahr 90 weitere Haftplätze bekommt, nicht vorhat, auch nur eine zusätzliche Personalstelle zu genehmigen. Das ist ein Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass per 30.09.2017 bei den Bediensteten allein der JVA Chemnitz knapp 10 000 Überstunden aufgelaufen sind.

Nur wenige Tage später bestätigte sich meine Warnung leider. Wie die Chemnitzer „Freie Presse“ am 30. September 2017 berichtete, traten am 24. September 40 Gefangene in einen Sitzstreik und weigerten sich, vom Hofgang in die Zellen zurückzukehren. Anlass war die radikale Kürzung von Aufschlusszeiten auf circa 2 ¾ Stunden täglich, weil schlicht das Personal für die Aufsicht fehlt.

Wie soll Resozialisierung gewährleistet werden, wenn Gefangene 20 Stunden und mehr allein in ihrem Verwahrraum sitzen und nicht einmal die Möglichkeit des Kontakts zu Mitgefangenen haben? Wie soll es da Resozialisierung geben? Das betrifft auch die Arbeiterinnen und Arbeiter, die früh ausrücken. Da haben wir Zuschriften an uns als Abgeordnete oder an den Anstaltsbeirat, dass Arbeiterinnen nach einem harten Arbeitstag auf die Station zurückkommen und ihnen keine Zeit zum Duschen bleibt, weil die Aufschlusszeit gerade endet.

Sport- und Freizeitangebote, Therapieangebote und weitergehende Lockerungsmaßnahmen werden gekürzt. Das geschieht alles nicht aus bösem Willen, sondern deshalb, weil es an Personal fehlt.

Dabei ist die JVA Chemnitz bei Weitem kein Einzelfall, weder was die Verkürzung der Aufschlusszeiten angeht noch was die Überbelegung der Anstalten betrifft. Es gab zum 01.09.2017 in acht von zehn Justizvollzugsanstalten eine Überbelegung, wenn man von den 90 % Belegung