(Gelächter bei der CDU – Christian Piwarz, CDU: Habe ich versucht zu erklären, Sie haben es nicht verstanden!)
Ich habe es nicht verstanden, Herr Piwarz. Der althergebrachte Beamtengrundsatz, das haben wir immer schon so gemacht und das hat sich bewährt, ist kein Argument, jedenfalls keines, das meine Fraktion akzeptieren würde.
Mit der Regelung werden neuen Parteien und bis vor einer Stunde auch noch Wählervereinigungen ohne zwingenden Grund erhebliche Hindernisse in den Weg gelegt. Es könnte – es könnte! – der Eindruck entstehen, die etablierteren Alt- und Konsensparteien wollen sich möglicherweise unliebsame Konkurrenz auf kommunaler Ebene vom Leib halten.
Sollten Sie unter die Fünf-Prozent-Hürde fallen, könnten Sie die mühsamen Erfahrungen im Jahr 2024, die wir im Jahr 2014 bei der Sammlung von Unterstützungsunterschrift gesammelt haben, selbst erleben, Herr Lippmann.
Denn selbstverständlich brauchen Parteien keine Unterstützerunterschriften einzuholen, wenn sie bereits im Landtag oder im Gemeinderat vertreten sind. Warum dieses Privileg nur auf Parteien beschränkt sein soll, war bis vor einer Stunde nicht ersichtlich.
Es besteht kein Grund – allerdings nur bis vor einer Stunde –, Wählervereinigung, die als Vereine organisiert sind, in dieser Hinsicht schlechterzustellen als Parteien. Dieses Anliegen des Änderungsantrages – Herr Piwarz, dafür lobe ich Sie –,
haben Sie im heutigen Tagesordnungspunkt 4 und jetzt in der Beschlussfassung zu Tagesordnungspunkt 4 tatsächlich berücksichtigt.
Sie sind auf eine Petition eingegangen und haben das in ein Gesetz aufgenommen. Das ist ein sehr, sehr seltener Vorgang in unserem Freistaat.
Aber wir hatten einen Antrag ja eingebracht, und dies zeigt erneut: Nur wahrhaft blaue Politik, Herr Piwarz, ist schlaue Politik.
Herr Piwarz, wir erklären daher den Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf, zu Ziffer I, für erledigt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme zum Schlussappell. Die von uns vorgeschlagenen Änderungen haben für fast alle Beteiligten erhebliche Vorteile, nur für die etablierten Alt- und Konsensparteien nicht. Wenn Sie unserem Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag zustimmen, dann leisten Sie einen wesentlichen Beitrag zur Chancengleichheit bei Kommunalwahlen und reden
(Beifall bei der AfD – Aloysius Mikwauschk, CDU: Das ist was für die „heute-show“! – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)
Kollege Barth hat für seine Fraktion die erste Runde eröffnet. Jetzt spricht für die CDU-Fraktion Kollege Anton.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will es etwas versachlichen; wir sind ja nicht im „Theaterstadel“.
Wahlvorschläge sollen als Voraussetzung für ihre Zulassung ein Mindestmaß an Unterstützung in der Wählerschaft nachweisen. Bei Parteien und Wählervereinigungen, die bereits im Landtag oder im Gemeinderat vertreten sind, ist dies durch den vorangegangenen Wahlerfolg ausreichend belegt. Für alle anderen ist der Nachweis durch die Beibringung einer angemessenen Anzahl an Unterstützungsunterschriften zu führen. Diese Grundsätze werden von dem Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, auch nicht infrage gestellt, ebenso wenig wie die Zahl der erforderlichen Unterstützungsunterschriften.
Aber was ist der Sinn und Zweck dieser Regelung? Es geht um nicht weniger als darum, eine völlige Zersplitterung von Parlamenten zu verhindern, die deren Arbeitsfähigkeit gefährden würde. Mit Blick auf die wichtigen Aufgaben der kommunalen Ebene, gerade in der Daseinsvorsorge, ist mit Sicherheit der Arbeits- und Handlungsfähigkeit entsprechender Schutz beizumessen. Auch in diesem Punkt sind wir uns, denke ich, einig.
Aber wenn dem so ist, dann müssten wir uns auch darüber einig sein, dass die Anforderungen an die Unterstützung eines Wahlvorschlags so ausgestaltet sein müssen, dass das Ziel, eine Zersplitterung der Kommunalparlamente zu verhindern, tatsächlich erreicht wird. Die Hürde muss also verhältnismäßig, aber auch geeignet sein, dieses Ziel zu erreichen.
Die derzeitige Regelung im Sächsischen Kommunalwahlgesetz, wonach Unterstützungsunterschriften persönlich in der Gemeindeverwaltung zu leisten sind, hat sich insoweit bewährt. Zu einer Zersplitterung, die die Arbeitsfähigkeit gefährden würde, ist es bisher in sächsischen Kommunen nicht gekommen. Es ist eine andere Qualität der Unterstützung, wenn jemand in der Tat einen gewissen Aufwand auf sich nimmt, um persönlich in der Gemeindeverwaltung vorstellig zu werden. Die Entscheidung ist dann regelmäßig wohlüberlegt, weil sie nicht spontan getroffen wurde. Dieses Verfahren schafft zudem ein Höchstmaß an Rechtssicherheit.
Meine Damen und Herren von der AfD! Mit Ihrem Gesetzentwurf wollen Sie die bestehende Rechtslage dahin gehend ändern, dass künftig die Unterstützungsunterschriften durch Straßensammlungen beigebracht
werden können. Etwaige Unterstützer müssten dann zum Beispiel an der Haustür nur noch ein Formblatt unterzeichnen. Ich habe hierbei erhebliche Bedenken. Die Qualität der Unterstützung ist in jedem Fall nicht dieselbe, wie sie die jetzige Regelung garantiert. Mich erinnert das ein wenig an den Verkauf von Zeitungsabonnements. Man muss nur an genügend Haustüren klingeln, bis man jemanden findet, der nicht Nein sagen kann.
Bei einer gegebenen Unterstützungsunterschrift gibt es im Gegensatz zum Zeitungsabonnement noch nicht einmal ein Widerrufsrecht. Die Gefahr von Überrumpelungseffekten kann man schlichtweg nicht wegdiskutieren. Da hilft auch der Verweis auf die Regelung bei der Bundes- und Landtagswahl nicht; denn im Gegensatz zu den Kommunalwahlen gibt es, orientiert an Sinn und Zweck einer solchen Regelung, ein zweites Korrektiv, die sogenannte Sperrklausel, die berühmte Fünf-Prozent-Hürde, die eine Zersplitterung bisher wirksam verhindert. Eine solche Sperrklausel ist dem Sächsischen Kommunalwahlgesetz eben fremd.
Meine Damen und Herren, nicht umsonst hat die Mehrheit der Bundesländer eine mit Sachsen vergleichbare Regelung getroffen. Gerade das Beispiel NordrheinWestfalen, das Sie als Beleg angeführt haben, zeigt nämlich, was passieren kann, wenn man dem Vorschlag der AfD folgen würde: Dort sind nicht wenige Kommunalparlamente mittlerweile so zersplittert, dass sich kaum noch Mehrheiten für die notwendigsten Entscheidungen finden. Der nordrhein-westfälische Landtag hält deshalb eine Sperrklausel von 2,5 % für unbedingt notwendig, um die Handlungsfähigkeit der kommunalen Ebene wieder zu gewährleisten. Nur hat der dortige Verfassungsgerichtshof diese Sperrklausel vergangenen Monat kassiert. Dort gibt es ein echtes Problem.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Nicht zuletzt angesichts solcher Entwicklungen sollten wir uns sehr genau überlegen, ob wir ohne Not die bewährte sächsische Regelung über Bord werfen. Es ist schlichtweg Unsinn, wenn behauptet wird, dass das Sächsische Kommunalwahlgesetz in Bezug auf das Verfahren zur Leistung der Unterstützungsunterschriften zu stark in den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit eingreifen würde.
Ich vermag hier keine unverhältnismäßige Ungleichbehandlung zu erkennen. Das zeigt schon der Vergleich mit dem streng formalisierten Verfahren der Bewerberaufstellung, das für Parteien und mitgliedschaftlich organisierte Wählervereinigungen gilt. An der Bewerberaufstellung kann dort nur mitwirken, wer persönlich an der Aufstellungsversammlung teilnimmt. Auch hier wird also jedem Einzelnen ein gewisser Aufwand abverlangt.
Hinzu kommt die niedrige Zahl der erforderlichen Unterstützungsunterschriften. Bei Gemeinden mit bis 2 000 Einwohnern sind es beispielsweise gerade einmal 20 Unterstützungsunterschriften, die beigebracht werden müssen. Insgesamt ist die Hürde also wahrlich nicht zu hoch bemessen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, im Ergebnis sind wir gut beraten, an unseren bewährten sächsischen Regelungen festzuhalten. Wir werden Ihren Gesetzentwurf deshalb ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich ja hier um einen recht überschaubaren Gesetzentwurf mit überschaubarem
Regelungsgehalt, und damit wir hier in der Sitzung vorankommen und ich der CDU auch eine kleine Freude machen kann, will ich mich sehr kurz fassen. Ich kann mich ausnahmsweise meinem Vorredner weitgehend anschließen, will auf unnötige Wiederholungen verzichten und möchte zunächst noch einmal auf Folgendes verweisen.
Herr Piwarz hatte zu Recht angeführt, dass die AfDFraktion immerhin über 5 000 Drucksachennummern benötigte, bevor sie aktiv geworden ist. Es kommt aber noch eines hinzu: Der Gesetzentwurf stammt aus dem Mai des Jahres 2016. Der AfD war also dieser Gesetzentwurf derart wichtig, dass es über anderthalb Jahre gedauert hat, bis er hier im Plenum zur Behandlung gekommen ist. Ich glaube, das spricht für sich hinsichtlich der Bedeutung dieses Gesetzentwurfes.